Titel: | Ueber den Stearingehalt des aus den verschiedenen Theilen der Hausthiere gewonnenen Fetts; von J. L. Lassaigne. |
Fundstelle: | Band 121, Jahrgang 1851, Nr. XCIII., S. 383 |
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XCIII.
Ueber den Stearingehalt des aus den verschiedenen
Theilen der Hausthiere gewonnenen Fetts; von J. L. Lassaigne.
Aus dem Journal de Chimie médicale, Mai 1851, S.
266.
Lassaigne, über den Stearingehalt des Fetts der
Hausthiere.
Man weiß zwar seit langer Zeit, daß das Fett verschiedener Thiere in seinem
physischen Aussehen sich unterscheidet; aber vergleichende Versuche, ob auch das
Fett verschiedener Theile eines und desselben Thieres verschieden sey, waren bis
jetzt noch nicht angestellt worden.
Ich wollte durch directe Analyse die Verhältnisse des Stearins und Oleins in den
Fetten aus verschiedenen Körpertheilen desselben Thieres bestimmen, überzeugte mich
aber bald, daß so keine hinlänglich genauen Resultate gewonnen werden können. Es ist
schon durch Chevreul's Arbeiten bekannt, daß die Trennung
dieser beiden Körper nur schwer und unvollkommen erfolgt, daher auch in dem 1823
erschienenen Werk dieses Chemikers keine Erwähnung vorkommt, in welchem Verhältniß
die Fette der Thiere das Stearin und Olein enthalten.
Meine Versuche, wobei ich die geschmolzenen Fette mit Schwefeläther behandelte, gaben
zwar keine so genauen Resultate als ich gewünscht hätte, sie gestatten jedoch die
Fette mittelst der unter gleichen Umständen aus denselben erhaltenen Producte
untereinander zu vergleichen.
Von den physischen Eigenschaften der Fette hatte ich deren Schmelzpunkt im Auge, als
eine Eigenschaft, welche mit ihrem relativen Gehalt an Stearin und Olein in
Beziehung stehen muß. Die unten über die Schmelzpunkte mitgetheilte Tabelle
bestätigt wirklich die Resultate, welche man aus den durch Behandlung jedes Fetts
mit Aether abgeschiedenen Stearinmengen abzuleiten berechtigt ist.
Das von mir gewählte Verfahren ist leicht ausführbar; man läßt das zu untersuchende
Fett in einer Flasche bei gelinder Wärme schmelzen und gießt sein doppeltes Volum
reinen Schwefeläther darüber, welcher es beim Umschütteln vollständig auflöst. Wenn
man dann die verstopfte Flasche langsam erkalten läßt, so scheidet sich ein Theil
des Stearins aus. Nach 24 Stunden sammelt man die abgesetzten weißen Nadeln von
Stearin auf einem Filter aus weißem Löschpapier, preßt dieses Filter zwischen
mehreren Lagen Löschpapiers aus, und löst endlich das getrocknete Stearin in Form
weißer Plättchen davon ab. Bei vergleichenden Versuchen mit Fetten aus demselben Thier ist es nöthig
bei gleicher Temperatur zu operiren, weil die Auflöslichkeit des Stearins im Aether
nach der Temperatur sehr verschieden ist.
Den Schmelzpunkt bestimmte ich möglichst genau, indem ich einen Celsius'schen
Thermometer (mit auf die Röhre gravirter Scala) in jedes geschmolzene Fett tauchte
und den Zeitpunkt der Erstarrung sorgfältig beobachtete.
Hinsichtlich des Pferdefetts, welches bei + 15° C. in der Form eines mehr oder
weniger gestandenen Oels erscheint, bei welchem ein Theil des Oleins über dem
abgesetzten Stearin schwimmt, half ich mir auf die Art, daß ich deren
Volumverhältniß bei gleichem Temperaturzustand (+ 14° C.) bestimmte.
Tabelle über den Schmelzpunkt und den
Stearingehalt des Stier-, Ochsen-, Schwein- und
Pferdefetts.
Textabbildung Bd. 121, S. 384
Theile, aus welchen das Fett
genommen ist; Farbe und Consistenz des Fettes; Schmelzpunkt; Gewichtsprocente
des Stearins; Stier (zweijährig); Nieren an der Schulter; Gelblichweiß; feste
Consistenz Weiß; von geringerer Consistenz; Cels; Ochs (aus Cholet) sieben Jahre
alt, für die Schlachtbank bestimmt; Gekröse Nieren Kreuz; Weiß; fest deßgl.;
Gelblich; Schwein (aus der Bretagne) ein Jahr alt, für die Speckkrämer bestimmt;
Gekröse Nieren Speck unter der Haut.;Verhältniß des gestockten zum flüssigen
Theil.; Pferd, gesund, bei einer Feuersbrunst erstickt; Gekröse Nieren Unter d.
Rippen; Gelblich; halbflüssig; flüssiger
Aus diesen Thatsachen geht hervor:
1) daß das Fett eines Thieres in den verschiedenen Theilen seines Körpers nicht
einerlei Zusammensetzung hat;
2) daß der Gehalt an Stearin und Olein bei demselben Fett verschieden ist;
3) daß der Schmelzpunkt der aus Thieren gezogenen Fette in der Regel bei denjenigen
Fetten höher ist, welche um tiefer liegende Organe herum liegen;
4) daß die Stearinmengen, welche den Fetten durch Auflösungsmittel entzogen werden,
sich umgekehrt wie die Schmelzbarkeit dieser Fette verhalten.