Titel: | W. Lassell's Maschine zum Poliren der Spiegel. |
Fundstelle: | Band 121, Jahrgang 1851, Nr. XCVIII., S. 404 |
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XCVIII.
W. Lassell's Maschine zum Poliren der
Spiegel.
Aus dem Mechanics' Magazine, 1851, Nr.
1436.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Lassell's Maschine zum Poliren der Spiegel.
Seit mehreren Jahren widmete Hr. Lassell zu Starfield bei
Liverpool seine Aufmerksamkeit der Construction von Spiegelteleskopen, und sein
Erfolg in der Anfertigung von Spiegeln aus freier Hand bis zu 9 Zoll Durchmesser und 9
Fuß Brennweite leitete ihn auf den Gedanken, ein Teleskop mit einem Spiegel von 2
Fuß Durchmesser und 20 Fuß Brennweite zu verfertigen.
Hr. Lassell besichtigte zunächst Lord Rosse's Laboratorium, und fand sich durch die Leistungen
der dort aufgestellten Maschine zum Schleifen und Poliren der Spiegel so befriedigt,
daß er sich entschloß, zum Poliren seines zweifüßigen Spiegels eine ähnliche
Maschine anzuwenden. Da es ihm jedoch nach mehrmonatlichen Versuchen nicht gelang,
ein befriedigendes Resultat zu erzielen, so dachte er sich eine Maschine aus, welche
so genau wie möglich die freien Handbewegungen nachahmen sollte, mit denen er
gewohnt war, bei kleineren Spiegeln vollkommene Flächen herzustellen. Er theilte die
Idee seinem Freunde James Nasmyth zu Patricroft bei
Manchester mit, und dieser construirte nach der gegebenen Anleitung die schöne
Polirmaschine, welche in Fig. 29 in
perspectivischer Ansicht dargestellt ist.
Die Kraft wird durch einen Riemen der Rolle A
mitgetheilt, welche die Bewegung vermittelst der endlosen Schraube B auf das Rad C überträgt.
An die Spindel D des Rades C
ist eine Kurbel oder ein Arm E befestigt, welcher ein
Getriebe F enthält, und somit dieses veranlaßt, um die
gezahnte Peripherie des an den Träger H befestigten
Rades G zu rotiren, und zwar während eines Umganges der
Kurbel so oft, als sein Umfang in dem Umfang des Rades G
enthalten ist, nämlich fünfmal.
Da an dem unteren Ende der Spindel des Getriebes F ein
Rad K befestigt ist, so theilt dieses Rad die Bewegung
auf ähnliche Weise dem Getriebe L mit, welches sich um
einen adjustirbaren Centralzapfen dreht, und da die Tförmige Rinne, in welcher dieser Zapfen läuft, zum Rade K concentrisch ist, so kann dieses Getriebe L, ohne mit dem Rade K außer
Eingriff zu kommen, auf jeden Grad der Excentricität gestellt werden.
An der unteren Seite des Getriebes L ist eine Kurbel M befestigt, deren Zapfen gleichfalls in einer Tförmigen Rinne verschiebbar ist, und daher in jedem
Grade der Excentricität festgestellt werden kann, so daß wir in diesen beiden
excentrischen Bewegungen die Mittel haben, dem Zapfen N
jede beliebige zusammengesetzte Bewegung zu ertheilen.
Der Polirer besteht aus Holz und ist mit Pech überzogen und in Quadrate eingetheilt.
Derselbe bewegt sich frei um den Zapfen N, während
dieser den Polirer veranlaßt über die Spiegelfläche mit einer
Fig. 30
ähnlichen Bewegung hinzugleiten. Damit jeder Theil der Spiegelfläche fortwährend
seine Lage rücksichtlich der Bewegungen des Polirers verändere, erhält der Spiegel
eine langsame Drehung, indem eine endlose Schraube P in
die Zähne des Rades R greift, welches die Unterlage des
Spiegels bildet. Der Spiegel ist an neun Stellen unterstützt, wodurch jede Gefahr
einer Verbiegung beseitigt ist. Am besten ist es, den Spiegel in der Zelle selbst zu
poliren, in welche er im Teleskop wirklich zu liegen kommt, weil durch die
Versetzung des Spiegels aus der Maschine in ein anderes Lager eine Verbiegung
möglich wäre.
Mit Hülfe dieser vortrefflichen Maschine kann ein Spiegel von verschieden
hyperbolischer Form corrigirt und vollkommen parabolisch oder sphärisch hergestellt
werden.
Der wesentliche Unterschied zwischen der Maschine des Lord Rosse und des Hrn. Lassell besteht darin, daß
bei der ersteren das Polirholz mit einer hin- und hergehenden Längenbewegung
über den Spiegel geführt wird, während es bei der letzteren eine continuirliche
Epitrochoidal-Bewegung hat, deren Bahn von den Adjustirungen der Theile L und M abhängt. Das
Polirholz des Hrn. Lassell bestand aus zwei Lagen
Kiefernholz mit gekreuzten Fasern; dasselbe bedurfte wegen seiner Leichtigkeit
keines Gegengewichtes, und da es hinreichend nachgab um sich der Form des Spiegels
einigermaßen anzuschmiegen, so zeigte sich ein einziger Pechüberzug genügend; das
Poliren wurde mit feuchtem Pulver vollbracht.
Die Vollkommenheit des durch diese Maschine polirten Spiegels bestätigt sich durch
den Umstand, daß Hr. Lassell mit dem Teleskop, woran
dieser Spiegel angebracht war, den Trabanten des Neptun und den achten Trabanten des
Saturn entdeckte und die Trabanten des Uranus beobachtete, welche seit W. Herschel von keinem andern Beobachter gesehen worden
waren. In Betracht des hohen Werthes der Lassell'schen
Maschine für die Bereicherung der Wissenschaft erkannte die k. astronomische
Gesellschaft Hrn. Lassell die goldene Medaille für das
Jahr 1848 zu.