Titel: | Bericht über die auf der Ausstellung in London ausgestellten Handelswaagen (commercial balance); von Dr. Mohr in Coblenz. |
Autor: | Dr. Karl Friedrich Mohr [GND] |
Fundstelle: | Band 122, Jahrgang 1851, Nr. XXX., S. 161 |
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XXX.
Bericht über die auf der Ausstellung in London
ausgestellten Handelswaagen (commercial balance); von Dr.
Mohr in
Coblenz.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Mohr's Bericht über die auf der Ausstellung in London ausgestellten
Handelswaagen.
Bei der großen Menge von Gegenständen und deren Trennung nach Nationen, wodurch die
gleichartigen Gegenstände sehr weit von einander und in eben so vielen Abtheilungen
vertheilt waren, als Nationen darin vertreten waren, wurde es sehr schwer sich eine
übersichtliche Anschauung eines besonderen Zweiges zu verschaffen. Erst nach
mehreren Wochen täglichen Besuches der Ausstellung gewann man diejenige
Ortskenntniß, welche erforderlich war, um hintereinander die Gegenstände derselben
Art an demselben Tage aufzusuchen. Man mußte sich deßhalb diejenigen Gegenstände,
für welche man ein besonderes Interesse hatte, eigentlich, wenn man auf sie stieß,
herausheben, und einer sorgfältigem Betrachtung unterziehen. Ich habe mir
vorgenommen hier einige Skizzen über die ausgestellten Handelswaagen mitzutheilen,
und denselben diejenigen eigenen Betrachtungen anzureihen, welche die Natur des
Gegenstandes mit sich bringt. Ich will nicht behaupten, daß Alles, was mir hier neu
erschien, neu ist. Manches habe ich schon hier und dort erwähnt und beschrieben
gefunden. Ohne Zweifel aber ist in dem Besten, was die Ausstellung in diesem Zweige
darbot, für viele meiner Landsleute manches Neue, da mir eigene Anschauung gezeigt
hat, daß nur wenige Systeme von Waagen bei uns in Anwendung sind.
Wir wollen vom Einfachen Bekannten zum Complicirteren und Neueren übergehen. Lücken
in der Darstellung müssen zum Theil der kurzen Zeit des Beschauens und der unruhigen
bewegten Stimmung zugeschrieben werden, worin man die Beobachtungen macht.
Die gewöhnliche gleicharmige Schalenwaage wiederholt sich im englischen Departement
häufig. Alle Waagen dieser Art haben eine gleiche Form und Construction, und aus
dieser Gleichförmigkeit ersieht man, daß diese Form in England besonders beliebt
ist, und daß Abweichungen davon ungern gesehen werden. Der Balken dieser Waage ist
sehr massiv, schwarz angestrichen, mit der Feile reichlich verziert und stark
vergoldet. Die Schneide ist sehr massiv, schön polirt und hat keine Stoßscheiben.
Die Zunge, nach oben, ist klein, und gibt deßhalb auch kleine Ausschläge. Sie ist
rund gedreht, mit vielen Ringen und Rundstücken verziert und sehr massiv. Ihre
Spitze ist in einer ringförmigen Erweiterung der Schere frei sichtbar, worin sie
gegen den von oben kommenden festen Stift, der ganz ihre eigene Form hat, spielt.
Meistens ist der Balken an den Enden in die Höhe gebogen und wieder herabgekrümmt,
und trägt seine unverschiebbare Schneide in seiner eigenen Masse. Ein gebogener
Haken ruht mit seiner harten unteren Fläche darin.
Bei einigen Exemplaren waren die Enden des Balkens zu einer hohlen Kapsel
geschmiedet, worin der Haken hing. Man sieht, daß diese Construction gar nichts
neues darbietet. Sie besitzt ganz den Charakter des Londoner Kaufmannes, solid,
reich, alt herkömmlich, und nicht übermäßig empfindlich in Kleinigkeiten. Die
Schnelligkeit, womit eine minder empfindliche Waage Anzeigen gibt, entschädigt durch
Zeitgewinn, was an der übermäßigen Genauigkeit des Gewichtes abgeht. Es kommt eben
im Großhandel nicht auf eine Kleinigkeit der Waare, wohl aber der Zeit an.
Brückenwaagen der gewöhnlichen Construction waren nicht ausgestellt, dagegen mit
einer leichten Abänderung, indem der lange Arm des Waagebalkens, worin die
Gewichtsschale hängt, nicht in der Verlängerung der Lastschale, sondern senkrecht
auf diese Linie angebracht ist. Es wird dadurch die Waage etwas kürzer. Doch ist
dieser Vortheil sehr unerheblich. Eine zweite Veränderung an diesen Waagen besteht
darin, daß der lange Arm der Waage, woran die Lastschale hängt, eingetheilt ist, und
durch Versetzung eines kleinen Läufers erlaubt, die Unterabtheilungen mit einem und
demselben Gewichte zu bestimmen. Dieses Princip ist gut, und gewährt bedeutende
Zeitersparniß; allein wenn es nicht auf Kosten der Genauigkeit angewendet seyn soll,
muß die Eintheilung des Waagebalkens mit großer Sorgfalt und durch Wägungsversuche
geschehen; dieses ist hier nun nicht der Fall, sondern die Eintheilungen sind auf
den Balken eingehauen.
Die Eintheilungen der Gewichte richten sich nach dem landesüblichen Gewichte. Bei den
englischen Waagen ist die große Gewichtseinheit der Centner (Cwt. bezeichnet) = 112 Pfd., der 4tel Centner (Quarter) = 28 Pfund. Für uns würde der Centner in den meisten Fällen = 50
Kilogrammen, = 107 preußischen Pfunden, = 100 Darmstädter Pfunden seyn. Diese 100
Pfunde sind alsdann halbe Kilogramme oder Zollpfunde. Wenn nun die Waage eine
Decimalwaage ist, so stellen 10 wirkliche Pfunde einen Centner vor, 1 wirkliches
Pfund 10 Pfund dar. Theilt man jetzt den Waagebalken in zehn gleiche Theile, so ist
ein Hänggewicht, welches 1 Pfd. wiegt, hinreichend, auf den verschiedenen Strichen 1
bis 10 Pfd. zu markiren. Theilt man nun ferner jede Abtheilung in vier gleiche
Theile ein, die durch dünnere Striche bezeichnet werden, so geben diese 4tel eines
Pfundes an, welches im Ganzen die letzte Größe ist, wornach man auf Brückenwaagen
auszuwägen pflegt. Will man aber noch weiter gehen, so stelle man ein zweites
Hänggewicht dar, welches absolut 1/10 Pfund wiegt; dieses zeigt nun auf denselben
Strichen, ohne der Unterabtheilung in Viertel zu bedürfen, geradezu 10tel Pfunde an.
Es ist in der Praxis streng darauf zu halten, daß die Decimalgewichte genaues
absolutes Gewicht darstellen, damit man sie immer controliren könne. Diese Gewichte
werden dann auch auf anderen gleicharmigen sehr empfindlichen Waagen, ganz
unabhängig von der Decimalwaage, fertig gemacht, und nachher der Balken der
Decimalwaage so regulirt, daß die fertigen richtigen Gewichte genaue und richtige
Anzeigen geben. Dieß thun sie, wenn der kleine Arm der Waage genau 1/10 von der
Länge des großen ist, und diese Bedingung erreicht man, wenn der Balken mit zwei
Schalen versehen wird, und man nun eine Schneide so lange verschiebt, bis 10
richtige Pfunde am kleinen Arm einem richtigen Pfunde am großen Arm genau das
Gleichgewicht halten. Zu richtiger Beurtheilung dieser Verhältnisse fehlt es unsern
Mechanikern häufig an der nöthigen Intelligenz, wodurch denn unsere Decimalwaagen
sehr schwer controlirbare Instrumente werden, die zuweilen bei hohen Belastungen
bedeutende Fehler zeigen. Ueber die Mittel den Balken genau in zehn gleiche Theile
einzutheilen, werde ich an einem andern Orte handeln.
Eine zweite Abänderung der Decimalwaage besteht darin, daß man sie nach Umständen
auch als Centesimalwaage gebrauchen kann.Diese Beranger'schen Waagen sind bereits in diesem
Journal (Bd. CXIX S. 172) behandelt; ich muß jedoch wegen einiger
Bemerkungen noch einmal darauf zurückkommen.
In dem vorliegenden Falle wird die Last nur an einem andern Haken aufgehangen, und
die Gewichte zeigen dann das 100fache ihrer eigenen Größe an; dieser Zweck wird
durch Verbindung zweier Decimalbalken erreicht.
Der obere Balken Fig.
1 ruht mit seiner Schneide in der Schere a und
der Arm ab ist 1/10 von dem Arm ac; folglich wird eine an der Schneide b Hangende Schale m,
Gleichgewicht vorausgesetzt, die zehnfache Last von dem auf der Schneide c liegenden Gewichte tragen. So lange man die Last auf
die Schale m legt, ist die Waage eine Decimalwaage,
indem nun der untere Waagebalken B nicht mitwirkt.
Dieser Balken hat seinen festen Drehpunkt in d und liegt
mit seiner Schneide e in einem Loche der Schere, die auf
der Schneide b des obern Balkens hängt. Die dritte
Schneide des untern Balkens ist auf 1/10 seiner Länge angebracht; eine darauf
liegende Last wirkt also bei e zehnmal schwächer als sie
auf f wiegt; da sie aber, auf e ruhend bei b schon zehnmal schwächer als bei
c wirkt, so wirkt sie im Ganzen bei f hundertmal schwächer als bei c.
Das Princip ist also vollkommen klar; der obere Balken ist ein zweiarmiger, der
untere ein einarmiger Hebel; ein dritter Balken würde die Last vertausendfachen.
Was die praktische Ausführung dieser Waage betrifft, so kann sie für einen denkenden
Mechaniker keine Schwierigkeiten haben. Der obere Balken wird allein fertig gemacht
und justirt. Nachdem er mit zwei Schalen versehen und ins Gleichgewicht gebracht
ist, prüft man die richtige Stellung der Schneiden, indem man die Schale auf b mit 10 Pfd., die Schale bei c mit 1 Pfd. belastet. Eine von den drei Schneiden wird durch bekannte
Mittel so lange verschoben, bis unter diesen Bedingungen genaues Gleichgewicht
eintritt. Die Bedingung der Empfindlichkeit wird ebenfalls wie bei der gleicharmigen
Waage gesucht, und erreicht.
Der untere Balken wird mit Hülfe des obern adjustirt. Er kann nicht mit zwei Schalen
versehen werden, weil er nur eine Schneide nach oben und zwei nach unten gerichtet
hat. Seine Empfindlichkeit läßt sich aus demselben Grunde nicht leicht prüfen. Durch
eine regelmäßige symmetrische Gestalt kann man erreichen, daß die drei in einer
Linie liegenden Schneiden auch nahe am Schwerpunkte des Balkens liegen. Man belaste
nun, nachdem Gleichgewicht hergestellt ist, die Achse f
mit 100 Pfd. richtigen Gewichtes und die Achse c mit 1
Pfd., und verschiebe eine der drei Schneiden des untern Balkens so lange, bis bei
dieser Belastung und
nach allenfallsiger Wiederherstellung des durch diese Operation gestörten
Gleichgewichts der leeren Waage, wieder Gleichgewicht eintritt.
Viel genauer erreicht man die Justirung des unteren Balkens, wenn man ihn nach
Anleitung von Fig.
2 mit einer guten gleicharmigen Waage in Verbindung bringt. In diesem
Falle wird die Schale a der gleicharmigen Waage, nach
Herstellung des Gleichgewichts, mit 1 Pfd., und die Schale b auf der mittleren Achse des unteren Balkens mit 10 Pfd. belastet und
jetzt durch Verschieben einer der drei Achsen des untern Balkens Gleichgewicht
erzielt. Die dritte Achse c ruht auf einer festen
Unterlage. Noch bequemer würde der Gebrauch dieser Waage, wenn man den oberen Balken
in zehn gleiche Theile theilte und nun mit Laufgewichten abwöge. Theilt man den
langen Arm des oberen Balkens in zehn gleiche Theile und nimmt das erste Laufgewicht
sammt Haken 10 Pfd. schwer, so geht die Decimalwaage bis 100 Pfd. und die
Centesimalwaage auf 1000 Pfd. Man bezeichnet die Theile des Balkens mit 1, 2, 3 bis
9 und hängt der Zahl, wenn man mit dem ersten Läufer wägt, eine Null an beim
Gebrauch der Decimalwaage, und zwei Nullen beim Gebrauch der Centesimalwaage. Ein
zweiter Läufer wiegt 1 Pfd. Der Zahl wobei er stehen bleibt, hängt man beim Gebrauch
der Decimalwaage nichts an, beim Gebrauch der Centesimalwaage aber eine Null. Der
große Läufer muß noch einen Haken unten haben, um allenfalls den kleinen Läufer
daran hängen zu können.
Gesetzt der große Läufer stände bei 7, der kleine bei 5, so zeigt dieß in der
Decimalwaage 75 Pfd., in der Centesimalwaage 750 Pfd. an.
Beim Gebrauche von Läufern müssen die Einschnitte im Balken in die gerade Linie
fallen, welche die drei Schneiden verbindet. Dieß ist sehr häufig bei diesen Waagen
übersehen.
Die Anwendung des Läufers macht aber, bei unverändertem Princip, die folgende
Anordnung des Ganzen nöthig, wie sie in Fig. 3 dargestellt
ist.
a und b sind die beiden
festen Punkte, an denen die Scheren der Waage hängen. An b hängt die mittlere Achse des ersten Balkens. Jede Last die an c angehängt wird, und folglich auch an der auf c hängenden Schere, ist das 10fache von den an der
Ziffer 10 hängenden Gewichten, oder das so vielfache des Läufers, als die Zahl,
woran er hängt, anzeigt.
Eine bei d hängende Last drückt nur mit 1/10 ihres
Gewichtes auf c, wiegt also 100mal so viel als ein
Gewicht bei der Ziffer 10, oder so vielmal das Hundertfache des Läufers, als die Zahl, bei
welcher er hängt, anzeigt.
Diese Waage hat die Bequemlichkeit, daß man beliebig mit Gewichten oder mit einem
Läufer auswiegen kann, und daß Last und Gewicht nicht so leicht mit einander in
Collision kommen, als bei der ursprünglichen Beranger'schen Vorrichtung. Bei größeren Dimensionen kann man den
eingetheilten Balken in ein eigenes Waagehäuschen hineingehen lassen, wie dieß in
Häfen und Ausladeplätzen üblich ist.
Alle diese Waagen haben Schalen die an Schnüren hängen. Dieß ist bei voluminösen und
schweren Körpern unbequem. Man hat deßhalb schon lange darnach gestrebt, die Schale
von unten zu unterstützen und dieß auch durch die Straßburger oder Quintenzwaage im
Großen, und durch die Waage mit doppeltem Balken im Kleinen erreicht. Von der
Quintenzwaage ist hier nicht weiter zu reden; sie besitzt und behält ihre anerkannte
Vortrefflichkeit unbestritten.
Die beweglichen Handverkaufswaagen mit gleicharmigen Balken haben jedoch zu
verschiedenen Bestrebungen sie zu verbessern, Veranlassung gegeben. Allein in allen
Fällen, die auf der Ausstellung vorkamen, war dieß nicht erreicht worden; im
Gegentheil, es waren die neuen Constructionen entschieden schlechter, als die
bekannte und am meisten angenommene. In einem Falle zählte ich zwölf Schneiden und
Lager an einer Waage (vergl. polytechn. Journal Bd. CXIX Tafel V, Fig. 19 und 20). Daß durch
solche Anordnungen die Darstellung der Waage außerordentlich erschwert, und die
Empfindlichkeit ebenso vermindert werde, läßt sich nicht bezweifeln.
Unter anderen war auch eine Waage ausgestellt, welche äußerlich die Gestalt von Fig. 4 hatte.
Es war eine Decimalwaage und sie glich einer Quintenzwaage ohne das Gestell. Die
Schale bewegte sich gerade in die Höhe und der Läufer wurde auf dem hervorragenden
Balken verschoben. Bei der Unmöglichkeit solche Gegenstände zu untersuchen, wo
überall ein Constabler oder der Eigenthümer aufpaßte, kann ich nur Vermuthungen über
die Construction dieser Waage aufstellen; doch glaube ich mit einiger Zuversicht die
Construction errathen zu haben. Sie ist in Fig. 5 und 6 dargestellt.
In Fig. 5 sieht
man den Durchschnitt der Waage und die alsdann im Kasten frei sichtbaren Theile, in
Fig. 6
eine Ansicht von oben nach Entfernung der Platform. Der Decimalbalken a geht durch einen Einschnitt des Kastens und seine
sämmtlichen Zahlen sind außerhalb des Kastens sichtbar. Eine hängende Waagschale
kann nicht angebracht werden, weil die Waage auf einem Tische stehen und nicht hoch seyn
soll. Der Balken hat auf der kurzen Seite, wie die Quintenzwaage, noch zwei nach
oben gerichtete Schneiden. Die Schneide b ist so weit
von der ruhenden Achse c entfernt, als jede der Zahlen
des Balkens von einander entfernt ist. Hat der Balken zehn solcher Längen, als b von c entfernt ist, so ist
es ein Decimalbalken, wie in der Quintenzwaage. Auf der Schneide b ruht die Wägeplatte mit einem nach unten gehenden
Säulchen und Lager.
Die Schneide d ist um ein beliebiges Verhältniß
entfernter von c als b. Wir
wollen annehmen d sey dreimal so weit von c als b.
Es muß nun durch den untern gabelförmig gespreizten Hebel m, wie seine Gestalt aus Fig. 6 erhellt, diese
größere Bewegung des Punktes d auf die Größe der
Bewegung des Punktes b zurückgeführt werden, damit alle
Theile der Wägeplatte w eine gleiche Bewegung machen.
Dieß wird nun einfach dadurch erreicht, daß man die Schneiden e in demselben Verhältniß der Entfernung von f, worauf der Hebel spielt, anbringt, als die Schneide b von c entfernt ist. Setzt man die Schneiden
e ebenfalls auf 1/3 der Länge des Hebels m, so machen die Punkte b
und e, e gleiche Bewegung. Eine Ebene wird aber durch
drei Punkte bestimmt; wenn also drei Punkte der Ebene w
dieselbe Bewegung haben, so haben alle Punkte dieser Ebene diese Bewegung, und das
ist es, was hier erreicht werden soll. Es nicht nöthig, daß der Hebel m eine bestimmte Länge habe, nur muß e auf 1/3 seiner ganzen Länge sitzen; man kann sich von
der Richtigkeit dieser Darstellung leicht überzeugen, wenn man bedenkt, daß die
Bewegung von b gleich 1/3 der Bewegung von d ist, und die Bewegung von e gleich 1/3 von der Bewegung von g ist; nun
müssen sich aber d und g
gleich bewegen, weil sie durch eine feste Schlinge verbunden sind. Die Drittel von
zwei gleichen Größen müssen aber unter einander gleich seyn.
Diese Waage muß im Gebrauch sehr bequem seyn. Sie hat keine Schnüre; die Lasten
lassen sich also sehr bequem auflegen; sie erfordert nur wenige Gewichte, welche,
wenn der Balken nach der oben gegebenen Anweisung scharf getheilt ist, ein genaues
Resultat geben.
Eine sehr bequeme Federwaage mit Zeiger war von Nicholl in
London ausgestellt. Sie ist in Fig. 7 abgebildet. Die
Zeichnung erklärt alles fast auf einen Blick. Die Last wird auf die auf der Erde
ruhende Schale gebracht, und dann der Strick a kräftig
angezogen Dadurch wird das Ende b des obern Hebels
herunter gezogen undnnd das Ende c in die Höhe. Es wird dadurch die
Schale vom Boden entfernt, und die hinter dem Zifferblatte befindliche Kraftfeder
gespannt. Der Zeiger bewegt sich dadurch im Kreise und bleibt an der Zahl stehen,
die dem Gewichte der Last entspricht. Diese Waagen haben allerdings ein Maximum, wie
die Läuferwaagen ebenfalls haben. Allein innerhalb dieses Maximums geben sie sehr
schnell Antwort, indem der Zeiger nicht so lange spielt, wie die Zunge einer
Hebelwaage. Daß die Schale bei Nichtbelastung auf dem Boden ruht, ist ein großer
Vortheil, weil sich so jede Last am besten auf die Schale bringen läßt, ohne daß
diese ins Schaukeln geräth.
Wieder eine Waage mit Platformschale zu großen Lasten, beliebig als Decimal-
oder Centesimalwaage zu construiren, war von denselben Fabrikanten ausgestellt.
Das äußere Ansehen der Waage ist in Fig. 8 abgebildet. Die
innere Construction konnte man nicht sehen. Ich kann also auch über diese Waage nur
meine Vermuthungen mittheilen, glaube aber auch hier entweder die Construction
selbst errathen, oder eine eigene neue, ihr ganz gleichartige, aufgestellt zu
haben.
Die innere Anordnung der Theile ist in Fig. 9 von der Seite, in
Fig. 10
in der Ansicht von oben dargestellt. Die hohle Säule a
steht auf einer festen Unterlage. Sie trägt oben einen Decimalbalken, dessen kurzer
Arm also 1/10 von der Länge des langen Armes ist. Die durch die Säule gehende Stange
pflanzt also diese Bewegung in unveränderter Größe an die Schneide des unter dem
Boden liegenden geraden Hebels b fort. c bewegt sich also 1/10 von den bei m aufgelegten Gewichten.
Der Hebel b ruht auf seiner hinteren Schneide d fest auf, und trägt bei e
eine nach oben gerichtete Schneide auf 1/10 seiner Länge. Die Schneide e macht also 1/10 von der Bewegung von c, und da c schon 1/10 von
der Bewegung bei m macht, so macht e 1/100 von der Bewegung bei m. Alle Schneiden eines Hebels müssen in einer Ebene oder geraden Linie
liegen, sowohl hier als bei den andern mitgetheilten Constructionen. Auf der
Schneide e ruht nun die Platform P mit einer festen Säule, und nimmt dadurch ebenfalls an der Bewegung von
e, gleich 1/100 der bei m, Theil. Wir haben nun noch zwei andern Punkten der Platform P dieselbe Bewegung zu ertheilen, damit diese horizontal
und parallel mit ihrer ursprünglichen Lage aufsteige. Dieß geschieht durch den
untern Gabelhebel f. Derselbe hängt mit einer Schlinge
von Eisen an dem Hebel b auf der Schneide g. Ihre Lage ist keine absolute, sondern beliebig. Wir
wollen annehmen eg sey dreimal so groß als d
e, alsdann macht die Schneide g eine viermal so große Bewegung als die Schneide e; wenn nun der
untere Gabelhebel (f, f in Fig. 10) seine Schneiden
h auf 1/4 seiner Länge von den Stützpunkten i, i entfernt hat, so machen auch die Schneiden h, h 1/4 von der Bewegung von g, welche durch die Schlinge unverändert an die letzte Schneide k des Gabelhebels fortgepflanzt wird. Also machen e, h, h ganz gleiche Bewegungen. Man stütze also die
Platform mit zwei Säulen, welche unten Pfannen tragen, auf die beiden Schneiden h, h, so wird die Bedingung des horizontalen Aufsteigens
der Platform P gegeben seyn.
Die Gewichte sind aufgeschlitzte Ringe (Fig. 11) von Gußeisen von
gleicher Größe, welche gezählt werden. Der Waagebalken trägt eine Eintheilung, auf
welcher ein Läufer sich bewegt, um die Unterabtheilungen des Gewichtes zu geben. 1
Pfd. Gewicht hält 100 Pfd. Last das Gleichgewicht. Mit zehn solcher Scheiben wiegt
man also 1000 Pfd. aus. Hat der Balken eine Theilung in 10 Theile, so zeigt ein
Läufer von 1 Pfd. absolutem Gewicht das Zehnfache der Zahl an Pfunden an, welche an
der Stelle des Läufers steht. Ein zweiter Läufer von 1/10 Pfd. absolutem Gewicht
zeigt auf dem Balken so viele ganze Pfunde an, als die Zahl bedeutet, an welcher er
steht.
Mit diesen beiden Läufern wiegt man ganze Pfunde aus, welches bei einer Tonnenwaage
hinreichend ist. Ein Läufer von 1/20 Pfd. absolutem Gewichte würde halbe Pfunde
anzeigen.
Die Waage Fig.
8 ist auf Rädern angebracht und dadurch leicht in einem Magazine zu
transportiren.
Eine ähnliche Waage von noch größeren Dimensionen ist in Fig. 12 abgebildet. Die
Platform ist ganz in der Ebene des Fußbodens; man kann also mit großer Leichtigkeit
schwere Fässer darauf hinrollen. Der obere Hebel, welchen der Arbeitende
hinunterdrückt, dient dazu die Waage spielen zu lassen. Wie das geschieht, konnte
man natürlich auch nicht sehen.
Eine sehr niedliche und bequeme Waage war in der englischen Abtheilung unter den
landwirthschaftlichen Geräthen ausgestellt. Sie war auch wohl zu solchen Zwecken
bestimmt, indem die Schale recht die Form hatte, um einen Sack Weizen darauf zu
setzen. Nach den flüchtig in den Refreshment rooms
gemachten Skizzen und aus der Erinnerung gebe ich die Construction so wieder.
Abbildung Fig.
13 und 14.
Auf einer festen Bodenplatte, die auf kleinen Rädern beweglich ist, ruht ein
Rahmenhebel mit zwei Schneiden. Es sind eigentlich zwei gleicharmige Waagebalken,
die weit aus einander mit runden eisernen Stangen verbunden sind, wodurch sie sich gleichartig
bewegen müssen. Die Schneiden sind in der Mitte in beiden Figuren bei a. Die vier Endschneiden b, b, b,
b liegen natürlich in einer Ebene. Linkerhand ruht auf den beiden
Endschneiden b das Tischelchen für die Gewichte, c. Fig. 15 zeigt, wie der
Fuß dieses Tisches unten gabelförmig auseinander geht, um mit seinen Pfannen auf den
beiden Schneiden b, b (links) sich aufzusetzen. Hiermit
würde dieser Tisch noch keinen festen Stand haben, sondern senkrecht auf die Ebene
der beiden Gabelenden nach beiden Seiten umkippen können. Das ist jedoch durch eine
am oberen Theile des Trägers angebrachte Lenkstange d
vermieden. Dieselbe hat genau die halbe Länge von den Waagebalken am Boden, ist also
gleich der Entfernung ab. Die Lenkstange d erhält einen festen Punkt, in welchem sie sich drehen
kann, in einer Oese, welche an der unteren Fläche des festen Tisches m, welcher stabil auf der Säule s ruht, befestigt ist. Die Lenkstange d dreht
sich also um f, und da sie so lang wie ab ist, so ist auch ihre Winkelbewegung gleich
jener der Schneiden b, b. Setzt man nun die Gewichte auf
den Tisch c, so werden sie je nach ihrer Stelle
denselben umzuziehen streben; dieser aber wird von der Lenkstange d verhindert zu fallen, und kann bloß mit ihr sich
auf- und abwärts bewegen; er muß sich also, wenn er ursprünglich horizontal
war, parallel mit sich selbst aufwärts bewegen. Im Zustande des Gleichgewichtes
haben die beiden Tische c und m gleiche Höhe. Dieß ist die Zunge an der Waage und zwar eine recht
sichtbare. Beide Tische haben eine bequeme Höhe vom Boden, so daß man die Gewichte
leicht von dem festen Tische m auf den beweglichen c bringen kann. Gewicht und Schale habe ich niemals
näher und bequemer beisammen gesehen. Die Gewichte auf dem Tische c geben das Gewicht der Last an, da, wie man gesehen
hat, der Waagebalken gleicharmig ist.
Die Last ruht rechts auf einem mit dickem Draht umgebenen Sessel mit demselben eben
beschriebenen Mechanismus. Die zwei Pfannen am Boden sind außen angebracht, und
ruhen unmittelbar auf den beiden Schneiden b, b rechts.
Die Leitstange e führt den Sessel, wie oben die
Gewichtsschale. Sie ist ebenfalls = ab und muß
also genau dieselbe Winkelbewegung um g machen, wie die
Schneiden b, b. Die Last und das Gewicht ruhen auf den
Schneiden b, b, b, b; es wird also der Schwerpunkt der
belasteten Waage nicht höher gebracht, obgleich die Last über den Drehpunkten sich
befindet. Die Leitstangen d und e haben selbst keinen Theil der Last zu tragen.
Zu einem Einwurf gibt die Form der Leitstangen eine Veranlassung. Je nachdem das
Gewicht rechts oder links steht, wird die Leitstange rechts oder links anstreifen
und sich drehen. Ihre Länge wird dadurch nicht verändert, weil immer die
entsprechenden Enden sich bewegen, allein der Drehpunkt verschiebt sich rechts und
links um die Dicke des Gelenkes der Leitstange. Auch dieses ließe sich leicht
beseitigen, wenn man den Leitstangen die Form des unteren Waagebalkens in der
Ladentischwaage gäbe, worin die Stoßschneiden nach beiden Seiten hin in einer
geraden Linie liegen, wie dieß in Fig. 16 dargestellt ist.
Die schraffirten Theile stellen hier den festen Stahlkörper vor, gegen welchen die
beiden Schneiden a und b
sich anlehnen. Mag nun die Stoßstange nach rechts oder links schieben, der
Angriffspunkt wird immer in der geraden Linie m liegen.
Mit dieser Vorrichtung wird die Geradlenkung der beiden Schalen mit großer
Sicherheit und sehr geringer Reibung vor sich gehen.
Sehr leicht läßt sich auch diese Construction zu einer Decimalwaage anwenden. Man hat
nur den einen Arm des Rahmenhebels im Boden und seine zugehörige Leitstange zehnmal
so groß als den andern zu machen; die Gewichtsschale kann alsdann um vieles kleiner
werden.