Titel: | Ueber die Concurs-Locomotiven für die Semmering-Bahn; von dem k. k. technischen Rath Hrn. W. Engerth. |
Fundstelle: | Band 122, Jahrgang 1851, Nr. XXXI., S. 172 |
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XXXI.
Ueber die Concurs-Locomotiven für die
Semmering-Bahn; von dem k. k. technischen Rath Hrn. W. Engerth.
Aus der Zeitschrift des niederösterreichischen
Gewerbevereins, 1851, Nr. 43.
Engerth, über die Concurs-Locomotiven für die
Semmering-Bahn.
In der Versammlung des niederösterreichischen Gewerbevereins vom 20 Mai d. J. habe
ich in Bezug auf die Preis-Ausschreibung für die entsprechendste Construction
einer für die Semmering-Bahn geeigneten Locomotive einen VortragMitgetheilt im polytechn. Journal Bd. CXX
S. 155. über den Zweck derselben, die geschehenen Anmeldungen und den muthmaßlichen
Erfolg gehalten; jetzt bin ich in der Lage das Ergebniß dieser
Preis-Ausschreibung mittheilen zu können.
Es ist nicht meine Absicht, einen detailirten Bericht über die Art der Vornahme der
Prüfung der Locomotiven zu erstatten, die Detail-Resultate mitzutheilen oder in eine genaue
Erörterung des Baues der Maschineneinzugehen, um so weniger, als in kurzem sehr
genaue, auf die Protokolle der Prüfungs-Commission basirte Berichte
veröffentlicht werden; ich beabsichtige bloß, in einer kurzer Skizze über das
Geschehene zu referiren und mit ein paar Worten meine individuelle Ansicht über den
erzielten, nach meiner Ansicht großen Nutzen des Concurses mitzutheilen.
Von den programmmäßig angemeldeten acht Concurrenten sind von der PreisbewerbungPreisbewerbnng vier zurückgetreten, und zwar die drei englischen Bewerber und Keßler in Karlsruhe.
Dem Vernehmen nach haben die englischen zwei Concurrenten, welche keine eigene
Maschinenbau-Anstalt besitzen, die nöthigen Mittel sich nicht verschaffen
können; der dritte englische Concurrent Sharp brothers,
so wie C. Keßler knüpften an die Concurrenz Bedingungen,
welche gegen das veröffentlichte Programm waren, und daher nicht berücksichtigt
werden konnten.
Concurrirt haben: Maffei in München mit der Locomotive
„Bavaria,“ John Cockerill in
Seraing mit der Locomotive „Seraing,“ W. Günther in Neustadt mit der Locomotive „Neustadt“ und
endlich die Wien-Gloggnitzer-Fabrik mit der Locomotive
„Vindobona.“
Nach dem Programm war der 15. Julius als der Termin angesetzt, bis zu welchem die
Locomotiven in Peyerbach nächst Gloggnitz im fahrbaren Zustande aufgestellt seyn
sollten; da aber an diesem Tage keine der vier Maschinen im fahrbaren Zustande sich
befand, so wurde der Termin bis zum letzten Julius Abends 6 Uhr festgesetzt, an
welchem Tage sich die Prüfungs-Commission, zusammengesetzt aus dem
Commissionsleiter, Regierungsrath Adam Ritter v. Burg,
dem Hrn. Ober-Maschinenmeister Kirchweger aus
Hannover und Exter aus München, so wie dem Hrn.
Maschinendirector Felsenstein und dem Ingenieur F. X. Wurm, zur Constatirung der vorhandenen Maschinen nach
Peyerbach begab.
Aber auch an diesem Tage war die Maschine „Neustadt“ noch nicht
vollkommen montirt.
Da aber die übrigen Concurrenten nicht nur gegen die Zulassung der Maschine
„Neustadt“ zum Concurse wegen dieses Umstandes keine
Einsprache thaten, sondern sogar den Wunsch der Zulassung aussprachen, so wurde sie
unter die Zahl der Concurs-Maschinen mit aufgenommen.
Ich will nun versuchen, ein flüchtiges Bild dieser vier Locomotiven zu entwerfen.
Die Locomotive „Bavaria“ ist eine achträderige Maschine mit
einem beweglichen Vordergestelle, bei welcher der Feuerkasten zwischen den beiden
gekuppelten Treibachsen liegt. Der Kessel hat so lange Feuerröhren, wie die
gewöhnlichen Staatsbahn-Maschinen, d. i. 14 1/2 Fuß englisch, aber einen sehr
großen Feuerkasten und einen in Deutschland ungewöhnlich großen Durchmesser von
circa 5 Fuß; der Kessel hat 229 Stück Röhren und 1823 Quadratfuß Heizfläche. Die
Cylinder sind zur Benützung der angebrachten Mayer'schen
Expansion entsprechend groß, 20'' im Durchmesser, und haben 30'' Hub; alle Räder
sind 3'6'' hoch. Die Locomotive hat daher in ihrem Baue nicht viel Neues und ist mit
Ausnahme des beweglichen Drehgestelles ähnlich den englischen Lastzugsmaschinen; die
Dimensionen sind aber alle viel größer; obgleich sie bei ihrer sehr guten Proportion
der einzelnen Theile zwar den Eindruck einer kräftigen – ich möchte sagen
– stämmigen Maschine macht, wird man ohne directen Vergleich mit einer
gewöhnlichen Locomotive aber nicht leicht gewahr, daß sie um so viel größer ist.
– Das Neue an der Locomotive besteht in der Kuppelung der Räder des
Drehgestelles, so wie der Tenderräder mittelst Ketten mit den Triebrädern.
Auf der Achse des zweiten Laufrades, nämlich an den beiden Triebrädern und an der
ersten Tender-Achse, befinden sich Zahnräder, über welche die beiden von
Stahl gefertigten Vaucanson'schen Ketten geschlagen sind. – Die Kettenglieder
sind 3' 8'' lang, die Bolzen 1'' englisch stark; ein Fuß der Kette wiegt circa 15
1/4 Pfund, und eine solche Kette dürfte auf 250 bis 300 fl. zu stehen kommen.
– Die Locomotive wiegt 880 Ctr., der zugehörige Tender sammt Wasser circa 360 Ctr., zusammen 1240 Ctr., welches Gewicht auf
Adhäsion wirkt, während bei den Lastzugsmaschinen dritter Kategorie der Staatsbahn
die Belastung der Triebräder nur 350 Ctr. ist.
Da das Constructions-Princip dieser Locomotive von einem Muster entlehnt ist,
welches eigentlich nicht für so scharfe Krümmungen construirt ist, als sie in der
Semmeringer Bahn vorkommen, so suchte der Constructeur diesem Uebelstande durch
Spiel in den Lagern und Anbringung von stark conischen Rädern zu begegnen.
Die Locomotive „Neustadt“ unterscheidet sich in ihrem Baue von
allen andern Maschinen; sie hat zwei bewegliche Drehgestelle, jedes Drehgestell ist
mit vier gekuppelten Rädern und zwei Dampfcylindern versehen, und auf diesen beiden
Gestellen liegt ein schmaler, aber langer Kessel. Es sind also zwei vierräderige Locomotiven unter
einen Kessel gebracht.
Diese Disposition bedingt aber viele neue Constructionen, und besonders sinnreich und
einfach ist die Zuleitung des Dampfes aus dem festen Kessel in die mit den Gestellen
beweglichen Dampfcylinder. Der Kessel besitzt 180 Stück 20 1/2 Fuß lange Röhren,
also beinahe zweimal so lange, als sie bis jetzt namentlich für Kohksfeuerung üblich
sind und circa 2000 Quadratfuß Heizfläche; auch die
Dampfabnahme aus dem Kessel, welche durch einen siebartigen Canal geschieht, ist neu
und hat sich als sehr zweckmäßig bewährt. Die Locomotive hat keinen separaten
Tender, sondern faßt das Holz gleich auf der Standplatform des Locomotivführers, und
längs des langen Kessels sind zwei Behältnisse für das Wasser angebracht. Die ganze
Maschine ist 39' lang, 9' breit und wiegt sammt Wasser circa 1100 Ctr., welches ganze Gewicht für Adhäsion benützt ist. –
Die Locomotive hat ein gefälliges Aeußere und hat unstreitig unter allen
Concurs-Locomotiven das meiste Originelle und ist für scharfe Krümmungen
gebaut.
Der Locomotive „Seraing“ liegt derselbe Gedanke zu Grunde, doch
ist die Construction eine andere. Auch diese Maschine hat zwei bewegliche
Untergestelle, um die scharfen Krümmungen leicht zu durchlaufen, und jedes
Untergestell ist mit zwei Dampfcylindern versehen, nur ist die Anordnung der
Cylinder jene, wie bei den englischen Maschinen mit Krummzapfenachsen, während bei
der Maschine „Neustadt“ das amerikanische Princip der außen
liegenden Cylinder angewendet wurde. Auf diesen zwei Gestellen, welche wieder
eigentlich zwei vierräderige Locomotiven sind, liegt ein aus zwei Kesseln
zusammengesetzter Dampfkessel. Der Dampfkessel ist nämlich so construirt, als ob
zwei gewöhnliche Kessel mit den Heizthür-Flächen zusammengestellt und die
Heizthüren von der Seite angebracht würden; der Dampfkessel hat daher zwei
Heizthüren von der Seite und zwei Schornsteine, von welchen auf jedem Ende des
Kessels sich einer befindet, zusammen 340 Stück 10 1/2' lange Röhren, 1760
Quadratfuß Heizfläche; der Wasser- und Dampfraum ist in beiden Kesseln
gemeinschaftlich. Das Holz wird auf beiden Seiten des Kessels auf einer Platform
aufgelegt und auch das Wasser sollte in einem, am Kessel angebrachten Behälter
aufgenommen werden; da aber auf ein Rad eine größere, als die im Programm gestellte
Belastung von 125 Ctr. entfiele, so wurde für das Wasser ein eigener Tender
angehängt. – Bei dieser Anordnung konnte die Maschine sehr solid und doch
sehr gelenkig gebaut werden; die ganze Ausführung, so wie die
Detail-Construction ist des guten Rufes der Fabrik John Cockerill würdig, die Schmiede-Arbeit der Untergestelle wie der
Räder ist ausgezeichnet, und es ist zu bedauern, daß einige speciell die
Holzfeuerung, welche in Belgien nicht üblich ist, betreffende Constructionen, welche
aber bei der Preisbestimmung, die bloß den Holzverbrauch berücksichtigte, maßgebend
waren, mangelhaft sind, wodurch die Maschine nicht so entsprochen hat, als sie bei
einiger Modification entsprechen konnte.
Ebenso ist auf die schiefe Stellung des so langen Kessels auf der bedeutenden
Steigung von 1/40 nicht genügend Rücksicht genommen worden.
Die Locomotive ist 990 Ctr. schwer und so lang, wie die Maschine
„Neustadt.“
Die Locomotive „Vindobona“ kam zum Concurs als eine
sechsräderige gekuppelte Maschine, bei welcher aber nicht alle sechs Räder vor dem
Feuerkasten, sondern ein Räderpaar hinter demselben sich befindet, wodurch die
Achsenstellung der äußersten Räder 15', fast die Hälfte mehr beträgt, als bei den
gewöhnlichen sechsräderigen Maschinen. Da aber die Belastung auf den vorderen Rädern
größer war, als es das Programm gestattet, so wurden vom Concurrenten mit
nachträglicher Zustimmung der anderen Bewerber noch ein paar Triebräder
eingeschaltet und die Maschine zu einer achträderigen Locomotive umgewandelt.
Der Kessel ist sehr stark elliptisch, hat nach Muster der englischen Kessel einen
getheilten Feuerkasten mit zwei Heizthüren und 286 Stück 10' 8'' lange Feuerröhren.
Die zwei außen liegenden Dampfcylinder haben bloß 16'' Durchmesser, 22'' Hub, und
die Räder sind bloß 3'' im Durchmesser, während jene aller andern Concurrenten 3'
6'' haben. Die Locomotive hat ein gedrängtes ungewöhnliches Aussehen, hat gußeiserne
volle Räder, Baillie's Patent, Voluten-Federn und
statt der gewöhnlichen Bremsvorrichtungen können die Dampfcylinder zu einer
Luftbremsung benützt werden. Die Locomotive ist 844 Ctr. schwer und bei den
Probefahrten waren davon 638 Ctr. als Adhäsionsgewicht benützt.
Mit allen vier Locomotiven wurden zuerst Vorproben vorgenommen. Es wurde nämlich
untersucht, ob die im Programme bestimmten Constructionsbedingungen erfüllt sind,
daß die Maschinen auf die Steigung von 1/40 wenigstens 2500 Cntr. mit 1 1/2 Meilen
Geschwindigkeit ziehen
können, ob sie die scharfen Krümmungen von 100° Radius ohne Anstand
durchlaufen, beim Bergabfahren mit vier Meilen Geschwindigkeit auf dem größten
Gefälle auf höchstens 80° halten können etc. etc. – Bei diesen
ProbefahrtenMan vergl. den Bericht darüber in diesem Bande des polytechn. Journals S.
71. hat sich herausgestellt, daß alle Concurs-Maschinen mehr als 2500
Centner ziehen, und zwar zog die Locomotive „Bavaria“ bei sehr
günstiger Witterung 4000 Ctr.; „Seraing“ bei ziemlich
ungünstiger Witterung 3750 Ctr., wornach man, ohne zu fehlen, ebenfalls 4000 Ctr.
bei günstiger Witterung annehmen kann; „Neustadt“ als die
äußerste Gränze 3700 Ctr. und „Vindobona“
circa 2600 Ctr. mit Ausschluß des Gewichtes der
Locomotive und des Tenders.
Beim Bergabfahren haben alle vier Maschinen auf dem Gefälle von 1/40 sehr schnell
gehalten, und zwar bei einer Geschwindigkeit von 4 Meilen pr. Stunde schon auf eine
Entfernung von 30 bis 40 Klft. und bei fünf Meilen Geschwindigkeit auf 60 bis 70
Klft. In den scharfen Krümmungen von 100° Radius sind nicht alle gleich
leicht durchgegangen; am beweglichsten hat sich die Maschine
„Seraing“ bewährt, und die steifste war, wie zu erwarten,
die „Vindobona.“
Nach diesen Vorproben haben die eigentlichen Preisfahrten auf der Bahn zwischen
Peyerbach und Abfaltersberg (Eich-Kogel) begonnen. Diese 3250 W. Klafter
lange Strecke gehört in Bezug auf den Betrieb zu den schwierigsten Strecken der
Bahn. Das Programm schreibt vor, daß wenigstens 12 und höchstens 20 Fahrten gemacht
werden sollen, worunter aber 12 Fahrten gelungen seyn müssen.
Der Zweck dieser Preisfahrten war bloß das nöthige Holzquantum zu ermitteln, welches
die Locomotive für die Einheit der Leistung nöthig habe, oder umgekehrt zu
bestimmen, wie viel Centner Last kann die Locomotive mit einer Meile Geschwindigkeit
auf der Probestrecke hinauf fördern, bei einem Verbrauch von Einem Centner Holz.
– Jene Locomotive, welche nach gemachter Reduction bei Einem Centner
Holzverbrauche die größte Last mit einer Meile Geschwindigkeit herauf fördert,
erhält den Preis ohne Rücksicht auf ihre sonstige Construction.
Während der Preisfahrten wurde deßfalls nur gewogenes, in Bündeln von 50 Pfd.
gebundenes Holz verbraucht und dieses eben so wie die Fahrzeit notirt; die gezogene Last mit der
mittleren Geschwindigkeit multiplicirt und durch das Gewicht des Holzes dividirt,
gab die oben angeführte Verhältnißzahl, welche als Maßstab der Preiszuerkennung
diente.
Das Ergebniß der Preisfahrten war folgendes: Die Locomotive
„Bavaria“ machte ihre Preisfahrten mit einer Belastung von
2500, 3000 und 3400 Ctr.; von den oben erklärten Verhältnißzahlen war die kleinste
451, die größte 521, die mittlere aus den zwölf besten Fahrten 485 1/2.
„Neustadt“ machte die Preisfahrten mit einer
Brutto-Last von circa 2500 Ctrn.; die Zahlen
waren: die kleinste 196, die größte 417, mittlere 375.
„Seraing“ ist mit circa 2500
Centnern gefahren; die Zahlen waren: die kleinste 241, die größte 353, die mittlere
322. Bei der „Vindobona“ waren die Zahlen, bei ihrer mit circa 2500 Ctrn. gemachten Preisfahrt: die kleinste 224,
die größte 325, die mittlere 275.
Die Leistungen bei Einem Centner Holz haben sich daher verhalten bei den Locomotiven:
Bav.: Neust.: Serg.: Vindob. = 176 : 136 : 117 : 100, oder die Bav. hat 76 Proc.,
Neust. 36 Proc. und Serg. 17 Proc. mehr geleistet, als die
„Vindobona“, wornach der Preis der Locomotive
„Bavaria“ zufällt und „Neustadt“ die
nächste an der Preismaschine ist.
Bei den Preisfahrten der „Vindobona“ hat sich auch
herausgestellt, daß sie nicht genug gelenkig ist und einen zu kleinen Dampfraum
besitzt, welche Mängel vor einer möglichen Benützung der Locomotive behoben werden
müssen.
Bei der Locomotive „Bavaria“ wurde nach den Preisfahrten, im
Ganzen einer Fahrstrecke von circa 40 Meilen, die Kette untersucht; die Zähne waren
sichtbar abgearbeitet, die Kettenglieder theilweise abgenützt und die Bolzen
zum Theile schräg gebogen. Es dürfte zweckmäßig seyn, die Kette für so kräftige
Maschinen in etwas stärkeren Dimensionen zu bauen.
Interessant sind auch die Versuche, welche mit einer von den, auf den Staatsbahnen im
Gebrauche stehenden stärksten Lastzugs-Maschinen, sogenannter Locomotiven
dritter Kategorie, auf der Semmeringer Probebahn gemacht wurden. Es war dieß eine
der besten Locomotiven der k. k. südlichen Staatsbahn,
„Quarnero“, 472 Ctr. schwer, welche 358 Ctr. Belastung auf
ihren Triebrädern hat; der dazu gehörige Tender wiegt gefüllt 208 Centner. Es ist
dieß eine solche Locomotive, als ich in meinem Eingangs erwähnten, im März gehaltenen Vortrage
als Beispiel anführte, und derselben auf der Steigerung von 1/40 bei einer Belastung
von 320 Ctr. auf den Triebrädern, nur eine Leistung von 1300 Ctrn. zumuthete.
Diese Locomotive zog auf der Probestrecke 1217 Ctr. mit einer mittleren
Geschwindigkeit von 2,6 Meilen; bei einer angehängten Last von 1500 Ctr. war schon
sowohl die nöthige Adhäsion, als auch die Zugkraft der Maschine erschöpft, so daß
1400 bis 1450 Ctr. als Maximum der Leistung bei vollkommen günstiger Witterung
angenommen werden können. Die Differenz von den gerechneten 1300 und erprobten 1400
Ctrn. ist aus dem wirklich stattgehabten größeren Druck auf die Triebräder von 338
Ctrn. gegen den angenommenen Druck von von 320 Ctr. erklärlich. Der Holzverbrauch
wieder auf die Einheit der Leistung reducirt, war ungefähr so groß wie bei der
Maschine „Neustadt“, kleiner als bei
„Seraing“ und größer als bei der
„Bavaria“.
Da die Locomotive „Quarnero“ sammt Tender 680 Ctr. schwer ist,
so wiegen die Concurs-Locomotiven sammt ihren Tendern nicht das Doppelte,
sind aber im Stande eine dreimal so große Last fortzuschaffen, als die
„Quarnero“.
Aus diesen eben angeführten Resultaten ist zu entnehmen, daß der beabsichtigte Zweck
der Preis-Ausschreibung nicht verfehlt wurde.
Im Verlaufe von einigen Wochen wurden an diesen vier Maschinen, von welchen jede
anders construirt ist, Erfahrungen über den Bau von Gebirgs-Maschinen
gemacht, wie sie unter gewöhnlichen Umständen ein Jahre langer Betrieb nicht erzielt
hätte. Man hat dabei die Ueberzeugung erhalten, daß, während unsere gegenwärtigen
stärksten Lastzugs-Maschinen bei günstigster Witterung am Semmering nur circa 1400 Ctr. ziehen, es keinem Anstande unterliegt,
Maschinen zu bauen, welche nicht das Doppelte wiegen, aber das Dreifache ziehen, und
nicht mehr aber weniger Holz consumiren.
Man hat die Einsicht gewonnen, daß Locomotiven, welche nicht ihr ganzes Gewicht für
Adhäsion nutzbar machen, für eine Gebirgsbahn unzweckmäßig gebaut sind; daß es aber
keinem Anstande unterliegt, solche Maschinen zu bauen.
Die größte voraussichtliche Schwierigkeit war die Erbauung einer so großen und doch
so gelenkigen Locomotive, daß sie die unvermeidlichen scharfen Krümmungen
anstandslos durchgeht; auch diese Schwierigkeit ist behoben; für die Bedienung
dieser großen Maschine hat es sich gezeigt, reicht dasselbe Personal hin, welches für
eine kleine Maschine nöthig ist.
Der Betrieb mit einer mäßigen Anzahl von Zügen und solchen großen Maschinen ist daher
gesichert, und dieses Resultat hängt nicht etwa von dem ferneren Bewähren irgend
eines Maschinentheils ab; das gewonnene Resultat ist nicht gefährdet, wenn sich
selbst die Kette der „Bavaria“ für die Dauer nicht genügend
haltbar oder die langen Röhren der Maschine „Neustadt“ sich als
nicht praktisch zeigen sollten: denn die an den gesammten Concurs-Locomotiven
gemachten Erfahrungen geben hinlänglich feste Anhaltspunkte, um auch ohne diese
Hülfsmittel die Maschinen von besprochener Leistung bauen zu können –
Anhaltspunkte, welche man vor der Preisausschreibung nicht hatte.
Es wurde manchmal geäußert, daß es einfacher wäre, statt einer großen Locomotive zwei
oder drei kleine zu nehmen; das klingt sehr einfach und natürlich, ist aber im
Betriebe denn doch etwas anders. – Die kleinen Maschinen bringen den Zug an
den Fuß des Semmerings in Zügen von 4000 Ctr.; um ihn über den Semmering zu
schaffen, braucht man drei solche Maschinen. Manchmal bringen der
Witterungsverhältnisse halber diesen Zug schon zwei Maschinen, dann wären für den
Semmering sechs Maschinen nöthig, was nicht ausführbar ist, und es wäre dann eine
Theilung der Züge nothwendig. – Wenn man nun Locomotiven haben kann, welche
nicht das Doppelte schwerer sind, aber dreimal so viel ziehen, welche für ihre
Bedienung nicht mehr brauchen, als eine bloß 1/3 wirkende Locomotive, wenn überdieß
diese Maschinen für dieselbe Leistung nicht mehr Holz brauchen, als die kleinen
Maschinen; bieten solche nicht große Vortheile dar? kann man dann den Gebrauch
kleiner Locomotiven für Gebirgsbahnen rechtfertigen? Diese Erfahrungen und die
Erkenntniß des Weges, auf welchem dieses Resultat zu erreichen ist, bleiben das
Ergebniß der Preisausschreibung.
Wien, den 13 October 1851.