Titel: | Verbesserungen in der Photographie auf Knochenleim; von A. Poitevin. |
Fundstelle: | Band 122, Jahrgang 1851, Nr. XXXIX., S. 213 |
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XXXIX.
Verbesserungen in der Photographie auf
Knochenleim; von A.
Poitevin.
Aus den Comptes rendus, Juni 1851, Nr.
26.
Poitevin's Verbesserungen in der Photographie auf
Knochenleim.
Ich war bemüht, das von mir im vorigen Jahre veröffentlichte Verfahren – um
auf Knochenleim durchsichtige negative Lichtbilder zum Uebertragen auf
photographisches Papier zu erhaltePolytechn. Journal Bd. CXVII S.
226. – möglichst abzuändern, um in kürzerer Zeit und mit sichererem Erfolg
die mit Leim überzogene Glasplatte herstellen zu können.
1. Wahl des Leims, Verfahren ihn zuzubereiten und in dünner
Schicht auf der Oberfläche der Glasplatten auszubreiten. – Nicht
jeder im Handel vorkommende durchsichtige Leim eignet sich gleich gut für die
Photographie; manche Sorten enthalten Spuren von Eisensalz (ohne Zweifel salzsaurem
Eisen) und diese sind zu verwerfen, weil sie durch die Gallussäure schwarz gefärbt
werden; andere gestehen nicht gut zu einer Gallerte, wenn man sie aufgelöst und auf
die Oberfläche der Glasplatten gegossen hat.
Folgende Verhältnisse von Leim, Jodkalium und salpetersaurem Silber habe ich seit
December v. J. bis zum April d. J. angewandt, wo ich bei einer Temperatur von 10 bis
12° R. operirte.
Nachdem man den Leim in kleine Stücke zerschnitten hat, nimmt man davon 1 Gramm,
welchen man in eine kleine Porzellanschale mit 30 Grammen destillirten Wassers
bringt; nachdem man ihn wenigstens zehn Minuten weichen ließ, läßt man ihn bei
gelinder Wärme zergehen; hierauf schäumt man die Auflösung ab und versetzt sie mit
15 Tropfen einer gesättigten Auflösung von Jodkalium (14,3 Gram. Jodkalium auf 10
Gram. destillirtes Wasser). Man vermischt vollkommen mit einem Spatel aus weißem
Holz, schäumt neuerdings ab, und, wenn der Leim unrein ist, filtrirt man die
Auflösung durch Leinwand, dann versetzt man sie mit 4 bis 5 Tropfen einer Auflösung
von Jod in einer verdünnten Lösung von Jodkalium; dieß ist aber nicht absolut
nothwendig. Mit einer Saugröhre nimmt man 10 bis 12 Kubikcent. Leimauflösung und
läßt sie auf die Oberfläche der Glasplatte auslaufen, welche horizontal auf einem
Träger angebracht ist und die man mit der Lampe schwach erwärmt, damit der Leim auf
ihr so flüssig bleibt, daß man ihn mit dem Spatel auf der ganzen Oberfläche
verbreiten kann; man hebt dann die Platte an einem ihrer Ecken auf und läßt in die
Schale den überschüssigen Leim ablaufen, von welchem nur beiläufig 5 Kubikcentimeter
zurückbleiben dürfen, wenn die Glasfläche die Größe einer halben Platte hat. Man
läßt hierauf den Leim auf der Oberfläche anziehen und legt dann die Glasplatte auf
eine horizontale und kalte Fläche (z.B. eine Marmorplatte), damit der Leimüberzug
consistenter wird.
Wenn man die in der Schale zurückgebliebene Leimauflösung wieder etwas erwärmt, kann
man eine neue Platte zubereiten, und so fort.
Nachdem die Glasplatte auf der horizontalen Tafel 10 bis 15 Minuten gelegen hat, ist
die Leimschicht hinreichend consistent; bei wärmerer Witterung würden 15 Minuten
nicht hinreichen, weil die Leimauflösung weniger schnell zu einer Gallerte gesteht;
in diesem Falle kann man
statt 1 Gram. Leim 1 1/2 oder 2 Gram. auf 30 Gram. Wasser anwenden.
Wenn die dünne Leimschicht zu einer Gallerte erstarrt ist, legt man die Glasplatte,
die geleimte Fläche gegen unten gerichtet, auf ein gewöhnliches Jodirkästchen, und
zwar 4 bis 5 Minuten lang, wenn die Jod-Entwicklung nicht sehr stark ist; es
ist besser, zu wenig als zu stark zu jodiren, weil sonst die Gallussäure auf dem
Bilde Flecken verursacht.
2. Auftragen der empfindlichen Schicht. – Nachdem
die Platte jodirt ist, neigt man sie auf ein Bad von salpetersaurem Silber, welches
sich in einer Schale mit plattem Boden befindet; dieses Bad besteht aus 10 Gr.
salpetersaurem Silber in 100 Gr. destillirtem Wasser aufgelöst. Wenn man aber die
Menge des Leims in der Auflösung, wie angegeben, erhöhte, so muß man diejenige des
salpetersauren Silbers in dem Bade vermindern; so ist auf 2 Gr. Leim, welche in 30
Gr. Wasser aufgelöst wurden, eine Auflösung von 6 Gr. salpetersaurem Silber in 100
Gr. destillirtem Wasser sehr zweckmäßig. Man muß diese Auflösung an einem kühlen und
gegen das Licht geschützten Orte aufbewahren, oder die Flasche, worin sie enthalten
ist, vor dem Gebrauch in kaltes Wasser tauchen. Dasselbe muß mit der
Gallussäure-Auflösung geschehen, von welcher ich später sprechen werde. Um
die Platte gut durch das salpetersaure Silber zu passiren, sind gewisse
Vorsichtsmaßregeln zu beobachten. Man hält die Glasplatte so, daß die mit Leim
überzogene Fläche nach unten gerichtet ist, legt ein Ende der Platte gegen eine
Seite der Schale, und indem man das andere Ende der Platte dann mit einem kleinen
gläsernen Haken faßt, neigt man die Platte regelmäßig auf das Bad, bis die
Flüssigkeit deren ganze Oberfläche befeuchtet hat; man zieht hierauf die Platte
– ohne daß ihre Oberfläche den Boden der Schale berührt hat – heraus,
und taucht sie mit nach oben gerichteter Leimfläche in das Bad. Dieses Eintauchen
kann 10 bis 12 Secunden dauern, worauf man die Platte herausnimmt und die nicht mit
Leim überzogene Oberfläche abtrocknet; man legt nun die Platte in den Rahmen der
dunkeln Kammer so, daß die Leimschicht gegen das Objectiv gekehrt und die Rückseite
der Platte durch ein Brettchen gegen das Licht geschützt ist. Die Auflösung von
salpetersaurem Silber muß man nach gemachtem Gebrauch filtriren.
Man kann das Eintauchen auch auf andere Weise vornehmen: dazu gibt man die
Silberauflösung in ein schmales und sehr tiefes Gefäß von Glas oder Porzellan,
welches also wenig von der Auflösung enthält und in das man die Glasplatte hineingleiten lassen
kann; dieses Verfahren ist sogar dem ersteren vorzuziehen.
Nachdem die Glasplatte in dem Rahmen angebracht ist, muß man letztern in horizontaler
Lage lassen, bis man ihn in die dunkle Kammer bringt.
3. Exposition in der dunklen Kammer; Uebergießen mit
Gallussäure und Fixiren des Bildes. – Um eine gut beleuchtete
Landschaft mit dem einfachen Objectiv abzubilden, muß man 1 oder 1 1/2 Minuten
exponiren; für Porträte ist mit dem doppelten Objectiv ziemlich dieselbe Zeit
erforderlich. Ich muß hier bemerken, daß sich mit dem Leim alle bisher
vorgeschlagenen beschleunigenden Substanzen anwenden lassen, jedoch mit Ausnahme der
Essigsäure, welche der Leimlösung die Eigenschaft benimmt zu einer Gallerte zu
gestehen. Ich habe gefunden, daß die Schicht empfindlicher wird, wenn man der
Leimlösung ein wenig arabisches Gummi zusetzte.
Nachdem die Exposition in der dunklen Kammer beendigt ist, legt man die Glasplatte
auf einen Träger, und gießt auf die Oberfläche eine Gallussäure-Auflösung,
welche höchstens einen halben Gramm Gallussäure in 100 Grammen destillirten Wassers
enthält: man läßt das Bild dann zum Vorschein kommen bis die Schatten intensiv genug
sind. Um das Bild zu fixiren, wascht man die Platte mit vielem Wasser ab, dann
taucht man sie in eine Auflösung von unterschwefligsaurem Natron, bis alles
Jodsilber, welches dem Leim ein milchichtes Ansehen gibt, gänzlich verschwunden ist,
was bisweilen ziemlich lang dauert. Hierauf behandelt man die Platte im gewöhnlichen
Bad, um ihr das unterschwefligsaure Salz zu entziehen, eine oder zwei Stunden lang;
dann gießt man destillirtes Wasser auf ihre Oberfläche, und endlich läßt man die
Leimschicht trocknen.
Man übertragt diese negativen Bilder auf das gewöhnliche positive Papier. Bei allen
diesen Operationen ist die Dunkelheit nur für das Tränken der Platte mit der
Silberauflösung und mit der Gallussäure durchaus nothwendig. Destillirtes Wasser
wird nur zur Bereitung der Auflösungen und für das letzte Abwaschen des Bildes
angewandt.