Titel: | Ueber die Rolle des Joddampfs beim Copiren von Kupferstichen etc. nach Niepce's Verfahren; von Hrn. Benard. |
Fundstelle: | Band 122, Jahrgang 1851, Nr. LXXVII., S. 367 |
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LXXVII.
Ueber die Rolle des Joddampfs beim Copiren von
Kupferstichen etc. nach Niepce's Verfahren; von Hrn. Benard.
Aus den Comptes rendus, Juli 1851, Nr.
2.
Benard, über die Rolle des Joddampfs beim Copiren von Kupferstichen
etc.
Hr. Niepce sagt in einer
Abhandlung über die eigenthümlichen Eigenschaften mehrerer chemischen Agentien und
insbesondere des Joddampfs: „er habe zuerst entdeckt, daß das Jod die
Eigenschaft besitze sich an den dunkeln Stellen eines Kupferstichs, einer
Schrift etc. anzulegen und die weißen Stellen frei zu lassen.“ Eine
derartige Wahlverwandtschaft des Joddampfs war mir nicht wahrscheinlich, und ich
stellte daher Versuche an, um zu erforschen ob sich die fragliche Erscheinung nicht
nach dem allgemeinen Gesetz der chemischen Verwandtschaften erklären lasse, was sich
auch herausstellte.
Auf einem Kupferstich, welcher nach dem von Hrn. Niepce angegebenen Verfahren vorbereitet worden
warPolytechn. Journal Bd. CVII S. 58 und
111., verbreitete ich eine gewisse Menge Jod als seines Pulver; nach Verlauf von
einer oder zwei Secunden beseitigte ich das Jod und schüttelte den Kupferstich
schwach, um das nicht an ihm haftende Jod zu entfernen. Der so behandelte
Kupferstich wurde auf ein mit Stärke imprägnirtes Papier gelegt und angedrückt; er
lieferte mir ein Bild, ganz so wie es Hr. Niepce beschreibt. Offenbar kann hier die Gegenwart des Jods auf den
weißen Stellen nicht bestritten werden.
Man könnte jedoch noch sagen: weil das Jod eine größere Verwandtschaft zu dem Schwarz
habe, hätten es beim Schütteln des Kupferstichs bloß die schwarzen Stellen
zurückgehalten, worauf die Reproduction des Bildes beruhe. Um die Gewißheit zu
erhalten, daß auf der ganzen Oberfläche des Papiers eine Jodschicht gleichförmig
zurückblieb, habe ich folgendes Verfahren angewandt: ohne jede vorhergehende
Vorbereitung verbreitete ich Jod auf einem gewöhnlichen Kupferstich, brachte ihn
dann auf stärkehaltiges Papier, und das Resultat war keines, d.h. alles, Schatten
und Lichter, fand sich verwischt. Ich wiederholte dieselbe Operation, aber diesesmal
brachte ich auf den Kupferstich ein nicht geleimtes, mit alkalischem Wasser
getränktes Papier, und das Bild reproducirte sich vollkommen. Es war nun klar, daß man die
Abbildungen der Kupferstiche der Zubereitung des Papiers zuschreiben muß, und nicht
einer eigenthümlichen Eigenschaft des Joddampfs.
Nach diesem Versuch, welchen ich öfters unter abgeänderten Umständen wiederholte, war
ich überzeugt, daß man unmöglich annehmen kann, das Jod sey bloß auf den schwarzen
Stellen vorhanden. Wir wollen nun sehen, wie die Reproduction der Bilder
stattfindet.
Man kann auf zweierlei Art operiren, indem man nämlich den Kupferstich entweder
vorbereitetMan legt ihn nämlich einige Minuten lang in schwach ammoniakalisches Wasser,
zieht ihn dann durch Wasser welches mit Schwefelsäure angesäuert ist, und
läßt ihn trocknen. oder nicht.
Macht man die Operation mit einem nicht vorbereiteten
Kupferstich, so müssen sich die ersten Theile von Joddampf welche auf die weißen
Stellen gelangen, mit dem Papier oder mit dem Leim des Papiers verbinden, denn sonst
könnte offenbar keine Abbildung erfolgen. In der That färben sich auch die weißen
Stellen bei längerer Behandlung des Kupferstichs mit Joddampf, und man erhält nur
dann gute Copien, wenn dieser Ueberschuß von Jod vermieden wird. Wollte man meine
Meinung bestreiten, so könnte ich fragen, welches die Gränze der Zuneigung des Jods
zum Schwarz ist, weil ein Zeitpunkt eintritt, wo es sich auf die weißen Stellen
wirft. Für mich tritt diese Gränze ein, wenn das Jod sich nicht mehr mit dem Papier
verbindet; aller dann noch zuströmende Joddampf bleibt frei.
Wenn man die Entwicklung des Joddampfs in dem rechten Zeitpunkt aufhält, wo das
Papier kein Jod mehr absorbirt und gebunden zurückhält, so findet die Reproduction
statt, weil in diesem Falle die weißen Stellen das Jod zurückhalten werden. Läßt man
diesen Zeitpunkt verstreichen, so findet die Reproduction, wie Hr. Niepce bemerkt, erst nach
mehrmaligem aufeinanderfolgenden Andrücken an das stärkehaltige Papier statt, wegen
der Ungleichförmigkeit der Jodschicht, welche Ungleichförmigkeit ich auch zugebe,
aber durch die Verbindung der ersten Jodtheilchen mit dem Weißen des Papiers
erkläre; alsdann tritt nämlich ein Zeitpunkt ein, wo noch Jod auf den schwarzen
Stellen zurückbleibt, während es auf den weißen Stellen allerdings auch vorkommt,
aber in gebundenem Zustand.
Wir wollen nun sehen, wie der Joddampf auf einen präparirten Kupferstich wirken wird. Dieß geht aus dem was ich gesagt habe, schon hervor: nach
der Natur der Körper, auf welche er trifft, wird er verschieben wirken. Der Joddampf
gelangt sowohl auf die weißen als auf die schwarzen Stellen. Mit dem Weiß, welches
mit Ammoniak gesättigt ist, bildet er ein fixes Jodür, welches durch Stärke nicht
zersetzbar ist (das Alkali entzieht im Gegentheil der Jodstärke das Jod). Auf dem
Schwarz hingegen wird sich das Jod entweder ablagern und im Zustand der Freiheit
bleiben (in diesem Falle begreift man daß es sich mit der Stärke verbindet), oder es
wird sich eine wenig beständige Verbindung bilden, welche zerstört werden muß wenn
man den Kupferstich auf das stärkmehlhaltige Papier andrückt, nämlich durch die
freie Säure, womit dieses Papier behufs der Operation getränkt wurde. Die
Reproduction auf Metall erklärt sich auf dieselbe Weise.