Titel: | Die Dampfmaschinen auf der Londoner Industrie-Ausstellung. |
Fundstelle: | Band 122, Jahrgang 1851, Nr. LXXXIV., S. 402 |
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LXXXIV.
Die Dampfmaschinen auf der Londoner
Industrie-Ausstellung.
Die Dampfmaschinen auf der Londoner
Industrie-Ausstellung.
Der Charakter der größeren englischen und schottischen Dampfmaschinen, welche zum
Fabrikbetrieb benutzt werden, ist noch immer Niederdruckdampf und Mangel der
Expansion. Die Ursache dieser Beharrlichkeit bei dem Alten liegt theils in der noch
immer vorherrschenden Verehrung für den großen Erfinder James Watt, theils in der Wohlfeilheit des Brennmaterials, sodann aber auch in
dem Umstande, daß Niederdruckmaschinen ohne Expansion sich vorzüglich zur
Hervorbringung der gleichmäßigen Bewegung eignen, welche zum Betriebe von
Spinnmaschinen und überhaupt für die Bearbeitung der Faserstoffe unumgänglich
nothwendig ist. Man ist, und zwar mit Recht, in dieser Hinsicht so weit gegangen,
daß eine Anzahl von Spinnereien statt Einer Maschine, sich schon zweier an einer und
derselben Welle arbeitenden Dampfmaschinen bedienen. Die Krummzapfen sind dann, wie
bei den meisten Schiffsdampfmaschinen, unter rechten Winkeln gegen einander
gestellt; in neuester Zeit haben indessen einige Maschinenbauer, z.B. Hall in Dartford, Easton und
Amos und J. und G. Rennie
in London, Hick und Sohn in
Bolton und Mac Naught in Glasgow, angefangen
Hochdruckmaschinen mit Expansion und Condensation in die Fabriken einzuführen. Diese
Ingenieure bedienen sich dabei eines kleineren Hochdruck- und eines größeren
Niederdruckcylinders nach Woolf's Princip, weil die Expansion in zwei Cylindern, obgleich eine
größere Abkühlung des Dampfes und größere Friction bedingend, die Kraftäußerung
während jedes einfachen Hubs der Maschine weniger ungleichmäßig macht.
Von diesen größeren Fabrikdampfmaschinen oder stationären Maschinen, wie sie zum
Unterschiede von Schiffsmaschinen und Locomotiven genannt werden, ist auf der
Ausstellung keine vorhanden. Sie steht in dieser Hinsicht unbedingt hinter der
Berliner zurück, wo wir doch mehrere Maschinen von 16 bis 20 Pferdekräften sahen,
welche sich in Hinsicht der Construction und Ausführung recht wohl mit den
englischen messen konnten. Dagegen finden wir eine Unzahl kleiner Hochdruckmaschinen von 1 bis 6 oder 8 Pferdekräften, von denen
viele im Gange sind und zum Betriebe der ausgestellten Arbeitsmaschinen dienen. Den
Dampf liefern drei in einem besondern Kesselhause aufgestellte Hochdruckkessel von
nicht besonders merkwürdiger Construction.
Die Zwecke, welche die Erbauer dieser kleinen Maschinen augenscheinlich zu erreichen
strebten, sind Einfachheit, Beschränkung auf einen geringen Raum und Wohlfeilheit.
Man hat demgemäß den Balancier vermieden und die Maschinen direct wirkend gemacht,
so daß entweder die Bläuelstangen geradezu auf den über oder unter dem Cylinder
liegenden Krummzapfen wirken, oder daß vermittelst oscillirender Cylinder auch die
Bläuelstangen beiseite gelegt sind, und die Kolbenstange unmittelbar mit dem
Krummzapfen verbunden ist. Liegende Cylinder erinnere ich mich nur bei einer
besonderen Classe gesehen zu haben. Ebensowenig kann ich sagen, daß alle diese
kleinen Maschinen vor denen gleicher Art, welche in Deutschland üblich sind, den
geringsten Vorzug verdienen. Man hat sich hier wie dort keine Mühe gegeben, das
todte Gewicht des Kolbens, der Kolbenstange, der Bläuelstange und des Krummzapfens,
welches bei dem Hinaufgehen des Kolbens sich der Bewegung entgegensetzt und sie bei
dem Hinabgehen desselben fördert, auf irgend eine andere Weise als etwa durch ein
schwereres Gewicht oder schnelleren Umlauf des Schwungrades auszugleichen. Ferner
fehlt eine Vorrichtung, den Dampf expandirend zu benutzen, mit einer oder zwei
Ausnahmen überall, und sodann ist nicht einmal der Versuch gemacht, das Speisewasser
vorzuwärmen, und noch weniger, mit der Erwärmung des Speisewassers zugleich eine
wenigstens theilweise Condensation des Dampfes zu verbinden. Und doch hätten die
Engländer mit Hülfe einer eben so sinnreichen als nützlichen Erfindung unseres
Landsmanns J. W. Siemens von den London works, Birmingham, ihren kleinen Hochdruckmaschinen diesen Vortheil
vollständig und ohne alle eigene Mühe aneignen können. Siemens' patent regenerative Condenser, so genannt, weil er einen Theil
der in dem gebrauchten Dampfe noch enthaltenen Wärme während der Condensation
desselben wiedergewinnt, hat folgende Einrichtung: das Rohr, welches den gebrauchten
Dampf aus der Maschine abführt, mündet in einen gußeisernen Kasten, der in seinem
oberen Theile viereckig und rechtwinkelig, im untern aber cylindrisch ist. Der an dem obersten Ende
des Kastens befindlichen Mündung des Abströmungsrohrs gerade gegenüber befindet sich
eine gewöhnliche hangende Auslaßklappe und hinter dieser ein Warmwasserkasten. Der
Raum zwischen dem Ende des Ausströmungsrohrs und der Auslaßklappe ist frei.
Unterhalb dieses Raumes ist der viereckige Theil des Condensors mit 1/12 Zoll
starken, senkrechten, und 1/16 Zoll von einander abstehenden Kupferplatten
ausgefüllt. Die Kupferplatten werden durch einige dünne Bolzen und zwischengelegte
kleine Scheiben, welche die Zwischenräume so wenig als möglich verengen, in den
verlangten Abständen zusammengehalten. Unmittelbar unterhalb der Platten mündet das
Injectionsrohr, welches dem Condensor das nöthige kalte Wasser zuführt. In dem
cylindrischen Theile des Condensors befindet sich ein metallener Kolben ohne
Verpackung, dessen Kolbenstange nach unten durch den Boden des Condensors geht, und
welcher für jeden einfachen Hub der Maschine einen Doppelhub machen muß. Der
Condensorkolben muß so mit einem der sich bewegenden Theile der Maschine verbunden
seyn, daß er kurz vor dem Ende jedes einfachen Hubs der Maschine seinen höchsten
Standpunkt eingenommen hat und eben die niedergehende Bewegung antritt. In dem
Augenblicke nun, wo der gebrauchte Dampf aus der Maschine abzuströmen beginnt, hat
der Condensorkolben das durch das Injectionsrohr eingelassene Wasser in die
Zwischenräume der Platten hinausgedrängt, und ein Theil desselben steht sogar über
den Platten. Der Dampf findet also nur einen geringen Raum im Condensor, er
entweicht großentheils, indem er die Auslaßklappe öffnet, und wirft zugleich das
über den Platten stehende Wasser in den Warmwasserkasten. Inzwischen beginnt der
Condensorkolben seine niedergehende Bewegung; das Wasser tritt aus den
Zwischenräumen der Platten zurück, und der nicht entwichene Dampf verdichtet sich an
den kälteren Oberflächen der Platten, indem er seine latente oder gebundene Wärme an
dieselben abgibt. Der obere Theil der Platten wird dadurch auf die Temperatur von 78
oder 79° R. gebracht. Da nun vermöge der Bewegung des Condensorkolbens das
Wasser immer mehr aus den Zwischenräumen der Platten zurückweicht, der noch
vorhandene Dampf also immer kältere Flächen findet, an denen er sich verdichten
kann, so sinkt sein Druck schnell beträchtlich unter den Druck der Atmosphäre hinab,
letztere und das eigene Gewicht schließen die Auslaßklappe, und es entsteht im
Condensor ein Vacuum, welches nicht bloß frisches Injectionswasser herbeizieht,
sondern auch der Arbeit des Maschinenkolbens wesentlich zu Hülfe kommt. Während der
zweiten Hälfte des einfachen Hubs der Maschine geht der Condensorkolben wieder hinauf, und stellt so den
zuerst beschriebenen Zustand im Condensor wieder her. Der Sachverständige sieht
leicht, daß das Vacuum, welches dieser Condensor bildet, besonders einer mit
Expansion in einem Cylinder arbeitenden Maschine sehr nützlich seyn muß. Ein Theil
des ausgeworfenen, nahe zum Siedepunkte erhitzten Wassers dient als Speisewasser für
den Kessel und spart somit Brennmaterial, der übrige kann zu andern Zwecken verwandt
werden. Der Condensorkolben nimmt keinen Kraftaufwand für seine Bewegung in
Anspruch. Da dieser Apparat auch in Preußen patentirt ist, so werden deutsche
Maschinenbauer Werkzeichnungen desselben leicht aus Berlin beziehen können. Die
geringen Beschaffungskosten sollten der Anwendung einer so nützlichen Erfindung
nicht im Wege stehen.
Ueberhaupt muß ich mich gegen den Grundsatz, nur wohlfeil zu bauen, welchem, wie die
Ausstellung zeigt, viele englische Verfertiger von Dampfmaschinen nicht weniger
nachhängen, als ein großer Theil der Deutschen, auf das Entschiedenste erklären.
Nicht bloß bei großen, sondern selbst bei der kleinsten Dampfmaschine ist zu große
Sparsamkeit in den Anlagekosten reine Verschwendung. Man drängt die Maschine,
unbekümmert um die richtigen Verhältnisse der einzelnen Theile, in so kleine Räume
zusammen, als wünschte man sie gelegentlich in die Tasche stecken zu können, oder
wenigstens, als wäre sie nicht werth, überhaupt einen Platz in der Fabrik
einzunehmen, deren belebendes Princip sie doch seyn soll; und man handelt bei dem
Ankaufe um einige Thaler weniger für die Pferdekraft, obgleich man selbst vollkommen
überzeugt ist, daß man, was man am Preise abgedungen, binnen wenigen Monaten durch
Mehrverbrauch an Brennmaterial und durch Stillstände und Reparaturen doppelt und
dreifach werde einbüßen müssen. Dieß ist sicherlich verkehrte Welt, und diejenigen,
welche sich die Thorheit in den Kopf gesetzt haben, sind eben so tadelnswerth als
diejenigen, welche gegen besseres Wissen zu ihrer Ausübung die Hand reichen.
Da es verlangt werden könnte, so will ich wenigstens einige der besseren zur
Ausstellung gebrachten kleineren Dampfmaschinen nennen. Zuerst die von Hick und Sohn in Bolton,
welche die von Hibbert, Platt und Söhnen ausgestellten Spinnmaschinen treibt. Eine achtpferdige direct
wirkende von Fairbairn in Manchester, Cylinder und
Bläuelstange in einer die Krummzapfenwelle tragenden durchbrochenen Säule; in der
zweiten Ausgabe von Tredgold abgebildet. Eine
Doppelcylinder-Expansionsmaschine von Mac Naught
in Glasgow, mit Seitenbalanciers, wie eine Schiffsmaschine, der Kolben des kleineren
Cylinders nach dem
Patent des Ausstellers auf die Mitte der hinteren Hebelarme der Balanciers wirkend.
Diese Construction hat den Vortheil, den Druck auf den Balancier besser zu
vertheilen, so daß derselbe und seine Zapfenlager nicht ganz so stark zu seyn
brauchen, als wenn die Kolbenstangen beider Cylinder auf dem nämlichen Hebelarm
angreifen. Eine Hochdruckmaschine mit Expansion und Condensation von Craddock, Ranelaghworks, Pimliko. Eine kleine
Hochdruckmaschine, welche die schönen Werkzeugmaschinen von Whitworth und Comp. treibt, von Ransome und May nach Penn's Patent ausgeführt, hat das
Eigenthümliche, daß statt der Kolbenstange eine mittelst Stopfbüchsen durch beide
Cylinderböden gehende oben und unten offene Röhre angewandt ist. Die Bläuelstange
umfaßt mit ihrem oberen Auge einen in der Mitte der Röhre befestigten horizontalen
Zapfen und wirkt nach unten auf den Krummzapfen. Man spart auf diese Weise die
Geradeführung der Kolbenstange, welche durch die Stopfbüchsen besorgt wird, und
gewinnt beliebig entweder eine etwas längere Kolbenstange, oder geringere Höhe der
Maschine. Daß die nach unten gehende Stopfbüchse Wasser oder Dampf durchlassen
müsse, wie man gewöhnlich glaubt, ist, wie längst erwiesen, nicht der Fall, aber die
hohle Röhre, welche sich mit ihren Enden aus dem Cylinder hinausschiebt, vermehrt
auf eine hier, wo es nicht an Raum gebricht, ganz unnöthige Weise die den Dampf
abkühlenden Flächen.
Unter den ausgestellten kleinen oscillirenden Maschinen
wird der deutsche Ingenieur-Mechaniker durchschnittlich nur alte Bekannte
wiederfinden, ob auch mit besonderer Freude begrüßen, steht freilich dahin. Die
berühmte Butterlei-Compagnie hat eine dergleichen ausgestellt; ich glaubte
diejenige Maschine zu sehen, welche Hoppe im Jahre 1845
auf die Berliner Ausstellung gebracht hatte, denn die Anordnung der Theile und die
Steuerung sind ganz die nämliche, aber das Gestell ist besser verbunden. Diejenige
oscillirende Maschine, welche Robinson und Russell in Verbindung mit ihrer patentirten großen
Zuckermühle ausgestellt haben, kann unter den Abbildungen in Dr. Alban's Werk
über Hochdruckmaschinen nachgesehen werden, und eine Alban'sche Pendelmaschine haben Joyce und Comp. in Greenwich geliefert. Bei beiden ausgestellten
Maschinen ist aber der Rahmen, welcher bei Alban am
Cylinder befestigt ist, und auf dessen Zapfen dieser schwingt, weggelassen, und der
Cylinder bewegt sich auf den hohlen Ein- und Ausströmungszapfen: eine
Vereinfachung allerdings, aber für Hochdruckmaschinen eine sehr zweifelhafte
Verbesserung. Ueberhaupt hat Dr. Alban's Buch, von dem in England eine
Uebersetzung erschienen
ist, den dortigen Maschinenbauern Veranlassung zu mancherlei Studien gegeben,
obgleich die Ausfälle des Verfassers gegen seine englischen Fachgenossen nicht
besonders demüthig hingenommen worden sind.
Es sind auf der Ausstellung eine Menge von kleinen
Hochdruckmaschinen vorhanden, welche speciell zum Gebrauche der
Landwirthschaft bestimmt sind. Da die englischen Landwirthe nicht wie die unsrigen
neben dem Ackerbau und der Viehzucht noch Brennereien, Brauereien, Stärke-
und Zuckerfabriken betreiben, so können diese Maschinen auf den Gehöften nur zum
Betriebe von Dreschmaschinen, Stroh- und Rübenschneidern, oder zum Schroten
des Futterkornes dienen, und für diese Zwecke könnten sie unbedenklich an einem
bestimmten Orte fest aufgestellt werden. Man hat aber seit einiger Zeit Vortheil
darin gefunden, flüssigen Dünger zu bereiten, und denselben durchdnrch Pumpwerke und Schläuche von Gutta-percha auf die Aecker zu
vertheilen. Damit nun die Dampfmaschine, wenn sie auf dem Gehöft nichts zu thun hat,
auch diese für Menschenkräfte beschwerliche Arbeit verrichten könne, haben die
Erbauer es zweckmäßig gefunden, sie nach Art kleiner Locomotiven einzurichten, nur
natürlich mit dem Unterschiede, daß die Maschine nicht sich selbst fortbewegt,
sondern durch Pferde an den Ort ihrer jedesmaligen Bestimmung gebracht werden muß.
Sie ruht deßhalb auf einem hölzernen, mit vier Rädern versehenen Wagengestell, und
das Brennmaterial und Speisewasser muß ihr auf einem Karren nachgefahren werden.
Diese Maschinen, es sind ihrer wohl ein Dutzend vorhanden, sind alle nach dem
nämlichen Zuschnitt gebaut, und können etwa vier, höchstens sechs Pferdekräfte
ausüben, was auch für ihre beschränkten Zwecke völlig ausreichend ist. Der Kessel
ist bei allen ein kleiner Locomotivkessel, mit Feuerbüchse, Feuerröhren und
niedrigem Schornstein. Der Cylinder liegt horizontal, entweder gerade auf dem
Kessel, oder mehr längs der rechten Seite desselben, völlig frei und der Abkühlung
und der Nässe völlig ausgesetzt; ebenso das Gestänge, welches die Bewegung auf den
Krummzapfen überträgt. Die Schwungradwelle liegt quer über dem Kessel in Lagern,
welche auf diesem letzteren befestigt sind, und sie trägt ihrerseits ein oder zwei
kleine Schwungräder, deren abgedrehte Außenflächen die Treibriemen aufnehmen. Die
Maschinen sind nicht schlecht gearbeitet und mit lebhaften Farben angestrichen. Wie
lange sie bei dem Gebrauch unter freiem Himmel und in den Händen der ländlichen
Bevölkerung ihre Feierkleider tragen werden, ist leicht zu ermessen. Inzwischen bin
ich weit entfernt, von dem Gebrauch der Dampfkraft auf Aeckern und Wiesen
abzurathen. Ich glaube vielmehr, daß eine Zeit kommen muß, wo der Landwirth die Bewässerung für ebenso
nothwendig und unentbehrlich halten wird, wie die Entwässerung; und es ist klar, daß
er die erstere an vielen Stellen nur mittelst der Dampfmaschine wird bewirken
können.
Eigentliche Wasserhaltungsdampfmaschinen, wie sie z.B. in
größter Vollkommenheit in den Bergwerken von Cornwall gebraucht werden, sind auf der
Ausstellung leider nicht einmal im Modell vorhanden. Die berühmten
Ingenieur-Mechaniker von Cornwall, Männer wie Harvey und West und Simms haben es verschmäht, ihre schönen Werke anderswo als an dem Orte
ihrer Kraftäußerung zu zeigen. Es ist dieß ein höchst fühlbarer Mangel an der
Vollständigkeit der Ausstellung, und dem fremden Ingenieur entgeht dadurch eine der
besten Gelegenheiten der Belehrung. Glücklicherweise ist indessen eine in Cornwall
gebaute Hochdruckmaschine mit 80zölligem Cylinder an dem der Ausstellung
entgegengesetzten Ende von London vorhanden. Sie betreibt die East London waterworks zu Old Ford, und ihr Ingenieur, Hr. Wicksteed, ist nicht bloß freundlich
genug, sie dem Fremden zu zeigen, sondern hat sie auch in einem besondern Werke
ausführlich beschrieben und gezeichnet. Der Dampf für die Cornwallmaschine wird
jetzt meistentheils in cylindrischen, 7 Fuß weiten und 36 Fuß langen, mit zwei
dreifüßigen Feuerröhren und inneren Feuerungen versehenen Kesseln erzeugt, und im
Cylinder mittelst vier- bis achtfacher Expansion benutzt. Auf die Vermeidung
der Abkühlung des Kessels und der Dampfleitungsröhren sowie auf die Erhaltung des
Dampfes bei seiner ursprünglichen Temperatur, während er durch Expansion im Cylinder
wirkt, ist die größte Sorgfalt verwendet. Die Steuerungsventile öffnen und schließen
sich leicht und schnell, und ein besonderer Wasserregulator, Cataract genannt, hat
den Zweck, die Bewegungen der Maschine mit der Menge des zu hebenden Wassers in
vollkommener Uebereinstimmung zu erhalten. Durch diese Einrichtungen ist man dahin
gelangt, daß die besten Maschinen dieser Art nicht etwa bloß bei einzelnen
Versuchen, sondern Wochen und Monate lang für jedes Pfund verbrauchter Steinkohlen
eine Million Pfund Wasser einen Fuß hoch heben, oder mit andern Worten, daß sie
nicht mehr als 2 Pfd. Steinkohlen für jede während einer Stunde wirklich und nutzbar
ausgeübte Pferdekraft gebrauchen. Wenn also auch die auf der Ausstellung
befindlichen stationären Maschinen keine wesentlichen Vorzüge vor den unsrigen
beanspruchen können, so werden doch unsere Maschinenbauer wohlthun, sich stets daran
zu erinnern, wie weit sie noch den Ingenieuren von Cornwall nachstehen Der WunschWnnsch, dem Dampfe eine unmittelbar umdrehende Bewegung abzugewinnen, liegt so
nahe, und die Mittel, diesen Zweck zu erreichen, sind dem ersten Anscheine nach so
einfach, daß es sich gewissermaßen von selbst versteht, daß sich viele Mechaniker
mit der Lösung dieses Problems beschäftigt haben müssen. In der That ist auch der
erste Entwurf einer Dampfmaschine, welchen die Geschichte uns aufbewahrt hat,
derjenige nämlich, welchen Hero von Alexandrien 250 Jahre
vor Christi Geburt machte, eine solche rotirende Maschine. Hero's Maschine, wesentlich ganz wie ein Segner'sches Wasserrad gebaut, ist kein bloßes Spielzeug,
wie einige Schriftsteller meinen, sondern es läßt sich nach diesem Princip eine
wirklich brauchbare Maschine von beliebiger Kraftäußerung herstellen, noch mehr, es
sind dergleichen in Amerika durch Avery von
New-York und in England gebaut und in Anwendung gebracht worden. Ihr
Hauptfehler ist nur, daß sie ungeheuer schnell umlaufen müssen, und daß sie im
Verhältniß zu ihren Leistungen zu viel Dampf verbrauchen. Die auf der Ausstellung
befindlichen rotirenden Maschinen sind von anderer Art.
Die erste Art rotirender Maschinen, welche mit Einschluß
der Modelle in drei oder vier Eremplaren vertreten ist, besteht wesentlich aus
folgenden Theilen: einem an beiden Enden mit Deckeln und Stopfbüchsen versehenen
Cylinder; einer Welle oder Hauptachse, welche durch die Stopfbüchse der
Cylinderdeckel hindurchreicht; einem Flügel, welcher mit einer Seite an der Welle
befestigt ist, mit der entgegenstehenden die Cylinderwand, und mit den beiden
anderen Seiten die Cylinderdeckel im Innern berührt und an den Berührungsstellen
mittelst einer Verpackung von Hanf oder Metall dampfdicht gemacht ist; aus einem
Schieber, welcher in einem Schlitz liegt, sich in demselben senkrecht gegen die
Längenachse der Welle hin- und zurückbewegt, den innern Raum des Cylinders in
zwei Hälften theilt und dem Dampfe, welcher den Flügel und die Welle umdrehen soll,
als Stützpunkt dient und dessen dampfdichter Verschluß gegen die Mitte des Cylinders
hin gewöhnlich durch einen über die Welle gesteckten excentrischen Ring vermittelt
wird; endlich aus einem außerhalb des Cylinders befindlichen über den Dampfpforter
liegenden Schieber, welcher die Einströmung und den Abfluß des Dampfes regulirt.
Viele Mechaniker, welche sich mit dieser Art von Maschinen beschäftigten, waren und
sind noch heute der Meinung, daß durchdnrch die unmittelbar umdrehende Bewegung eine größere Nutzwirkung von dem
Dampfe zu erlangen sey; andere, und unter ihnen Tredgold,
durch den schlechten Erfolg aller rotirenden Maschinen abgeschreckt, suchten das
gerade Gegentheil mathematisch zu beweisen. Jene Hoffnungen und diese Beweise sind
natürlicherweise gleich unbegründet und falsch. Die gesunde Vernunft lehrt, daß
abgesehen von größerer oder geringerer Friction, Erschütterungen u. dgl., ein
mechanisches Werkzeug die auf dasselbe ausgeübte und ihm doch nur zur Fortpflanzung
und Anwendung übergebene Kraft eben so wenig aus sich selbst heraus vermehren, als
in sich selbst vermindern, verschlucken und tödten könne. Der Fehler der rotirenden
Maschinen liegt einfach darin, daß sie weit mehr und unter weit ungünstigeren
Umständen dampfdicht zu machende und zu erhaltende Flächen besitzen als die
gewöhnlichen Cylindermaschinen. Letztere verlangen den dampfdichten Verschluß des
Kolbens, der Stopfbüchse und der Steuerungsventile, erstere fordern die nämliche
Eigenschaft von dem Flügel an drei Seiten, an dem eben so großen als Stützpunkt für
den Dampf dienenden Schieber an drei Seiten, von dem excentrischen Ringe an seinen
beiden Endflächen, von zwei Stopfbüchsen, endlich von dem Vertheilungsschieber.
Schon hieraus ergibt sich, daß Reibung, Dampfverlust und Abnutzung viel größer seyn
müssen. Nun ist es aber eine praktische Unmöglichkeit, die Seitenkanten des Flügels
und die Endflächen des excentrischen Ringes, welche sich an den inneren Flächen der
Cylinderdeckel reiben, auf die Dauer vor ungleichmäßiger Abnutzung zu bewahren. Ich
kenne manchen sonst tüchtigen Mechaniker, der durch das Bestreben, die rotirenden
Maschinen zu verbessern, Zeit und Geld verschwendet hat. Wer von der
Hoffnungslosigkeit solcher Versuche sich nur durch den Augenschein überführen lassen
will, der verschaffe sich zwei mit aller möglichen Sorgfalt auf einander
geschliffene Platten, befestige sie drehbar in ihrem Mittelpunkte auf einander,
drücke sie durch aufgelegte Gewichte stark zusammen, bringe Wasser zwischen die sich
berührenden Flächen, und drehe die obere Platte einen Monat lang täglich zehn bis
zwölf Stunden auf der unteren herum. Wenn er am Ende des Experiments noch findet,
daß die Platten genau auf einander passen, möge er mit dem Bau der rotirenden
Maschine fortfahren, zugleich aber wohl bedenken, daß er bei diesem Versuche noch
lange nicht alle Ursachen des Mißlingens seiner Maschine erschöpft, z.B. nicht die
Platten stark erhitzt hat.
Von der beschriebenen wesentlich abweichend ist die sogenannte Scheibenmaschine, disc engine, 1837 von Henry
Davies erfunden, dann von Bishopp, und im vorigen Jahre von Farey und
Bryan Donkin verbessert. Es sind zwei Exemplare davon
vorhanden, das eine von Pennie, nach Bishopp, im Modell, das andere von Donkin, der zugleich eine eben so gebaute Wasserpumpe ausgestellt hat.
Hier bewegt sich eine Scheibe schaukelnd und rollend in einer Kugelzone, deren Enden durch Kegel, welche
mit ihren Spitzen nach innen weisen, geschlossen sind. Zwischen den ausgehöhlten
Spitzen der Kegel und zugleich im Mittelpunkte der Scheibe befestigt, liegt eine
Kugel, durch welche die Betriebswelle hindurchgeht. Da die Scheibe stets schief auf
den Aequator der Kugelzone steht, so beschreibt das Ende der durch die im
Mittelpunkte des Systems liegenden Kugel gehenden Welle einen Kreis, der um so
größer wird, je weiter das Ende der Welle von der Kugel entfernt ist. Dieses Ende
der Welle nun greift in das äußere Auge einer Kurbel, deren Welle die Bewegung
weiter fortleitet. Die Maschine, welche im Gange einen höchst fremdartigen Anblick
darbietet, hat etwas weniger Friction als die gewöhnlichen rotirenden Maschinen, sie
ist aber sowie diese letzteren nicht ohne einen todten Punkt, verlangt also ein
kleines Schwungrad und ist ungemein schwierig herzustellen. (Gewerbevereinsblatt der Provinz
Preußen, 1851 Lief. 4.)