Titel: | Die Fabrication des Zinkweißes; beschrieben von Professor Payen. |
Fundstelle: | Band 122, Jahrgang 1851, Nr. XCVI., S. 425 |
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XCVI.
Die Fabrication des Zinkweißes; beschrieben von
Professor Payen.
Aus dessen Précis de Chimie industrielle. Paris
1851.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Payen, über die Fabrication des Zinkweißes.
1. Fabrication des Zinkweißes. – Obwohl die bei der
Bereitung des Bleiweißes in der neuern Zeit eingeführten VerbesserungenMan vergleiche darüber polytechn. Journal Bd. CXVI S. 138. die Schädlichkeit der Operationen sehr vermindert haben, so blieben doch
noch einige Ursachen der Ungesundheit, namentlich bei der Anwendung und dem
Abkratzen der Farben. Guyton de Morveau war einer der
ersten, welche vorschlugen, statt des kohlensauren Bleies das Zinkoxyd anzuwenden,
und es wurden sogar mit letzterem Versuche mit gutem Erfolg gemacht; die Gründung
des neuen Industriezweiges der Fabrication des Zinkweißes und der Farben, deren
Grundlage dieses Oxyd ist, verdankt man jedoch Hrn. Leclaire.Ueber die Verfahrungsarten desselben wurde im polytechn. Journal Bd. CXII S. 266 berichtet.
Dieser neue Industriezweig ist sowohl wegen seiner großen Bedeutsamkeit als wegen
seiner außerordentlichen Einfachheit merkwürdig. Den Rohstoff bildet das Zink in
Blöcken; man braucht dieses Metall nur so stark zu erhitzen, daß es sich verflüchtigt, und dann
seinen Dampf zu entzünden, um in dem Luftstrom einen feinen Staub von weißem Oxyd zu
erhalten, welcher das gewünschte Product bildet.
In den Figuren
1 bis 7 sind die Apparate und Oefen abgebildet, mittelst welcher diese
Operationen ausgeführt werden.
Die Destillirgefäße oder Muffeln zum Verdampfen des Zinks Fig. 1 und 2 sind ähnlich den
Gasretorten, nämlich gedrückte Cylinder aus Glashäfenmasse, deren Gestalt Fig. 1 im
senkrechten Längendurchschnitt und Fig. 2 in einer Endansicht
zeigt; sie sind ungefähr 70 Centimeter lang, 25 Centimeter breit, 16 Centimeter
hoch, und ihre Wände 6 Cent. dick; durch ihre 10 Centimeter breite und 5 Cent. hohe
Mündung b werden die Zinkblöcke oder Stäbe eingeschoben
und entweichen auch die Zinkoxyddämpfe.
Solcher Retorten werden acht oder zehn in zwei Reihen neben einander in einem
Flammofen (Fig.
3, 4
und 5)
angebracht. Dieser Ofen wird durch einen Herd C geheizt,
von welchem aus die Flamme bei C, c' über den Retorten
und zwischen den beiden Retortenreihen hinstreicht, worauf sie durch die Canäle e, e, e unter dieselben nach f,
f, g gelangt und zuletzt durch die Esse in den Hauptkamin h, h' entweicht.Diese Retorten könnten auch wie die Steinkohlengasretorten erhitzt
werden. Wenn die Hitze bis zum Weißglühen gesteigert ist, werden in jede Retorte
1–2 Zinkblöcke gebracht; das Metall schmilzt, kömmt bald ins Kochen und wird
nach und nach und nach in Dampf verwandelt, welcher durch die Mündung b der Retorten austritt.
Ein in gußeisernen Röhren (durch die verlorene Wärme) auf etwa 300° C.
(240° R.) erhitzter Luftstrom tritt unterhalb dieser Mündungen heraus und
bewirkt die Verbrennung des Zinkdampfs zu Zinkoxyd oder Zinkweiß.
Das gebildete Oxyd wird durch den Luftstrom in die über den Mündungen befindlichen
Röhren K, K' geführt und setzt sich dann in den Kammern
L ab, welche es vermittelst der Oeffnungen l, wodurch sie miteinander in Verbindung stehen,
nacheinander durchstreicht. Die Figuren 6 und 7 zeigen die
Anordnung: A ist der Ofen mit acht Retorten, B sind die zu den Kammern führenden Röhren. Die letzte
Oeffnung M jeder Reihe ist mit einem, über einen
eisernen Rahmen gespannten Drahtgewebe bedeckt, welches weit genug ist, um die Gase
hindurchzulassen, jedoch das Oxyd zurückhält; man kann in den Canälen
G, G, welche die Luft in die Esse H abführen, noch zwei ähnliche Drahtgewebe anbringen, wo man dann jedem
gegenüber ein Fensterchen anbringt, um sich von Zeit zu Zeit überzeugen zu können,
ob die Maschen des Drahtgewebes sich nicht mit Oxydtheilchen verstopften, worauf man
sie reinigen und nöthigenfalls mit neuen vertauschen müßte.
Wenn das angewandte Zink nur Spuren fremder Metalle enthält, so ist das Zinkweiß in
allen Kammern von schöner Farbe. Nur in den ersten Recipienten o. (Fig. 3), unmittelbar unter
den Retortenmündungen ist es von geringerer Qualität, weil es fremdartige Oxyde
enthält, sowie auch Zinktheile welche der Verbrennung entgingen; dieses Product muß
daher durch ein Sieb geschlagen und zu ordinären Anstrichen verwendet werden.
Da das Zinkoxyd feuerbeständig ist, so kann es nur mechanisch durch den Luftstrom
mitgerissen werden; es leuchtet daher ein, daß die dem Rande der Retortenmündungen
durch Berührung anhängenden Theilchen auch noch andere zurückhalten und in
verschiedenen unregelmäßigen, manchmal röhrenförmigen Gestalten, bald den Durchgang
verstopfen müßten, wenn die Mündungen nicht mittelst einer eisernen Stange von Zeit
zu Zeit wieder frei gemacht würden.
Das in den andern Theilen des Apparats sich ablagernde Zinkoxyd ist leicht
aufzusammeln, indem man nur unter die den Boden der Kammer bildenden Trichter
Fäßchen zu stellen und dann den Schieber zu öffnen braucht, damit der Recipient sich
sogleich anfüllt; man thut gut, vorher einen Schlauch aus dicht gewebtem Zeug mit
seinem untern weitern Ende über die Mündung des Fasses und mit seinem oberen engeren
Ende über die Mündung m zu schieben, damit kein
Oxydstaub davonfliegen und sich in der Luft verbreiten kann.
Wenn das Oxyd aufgesammelt ist, muß es zusammengedrückt werden, um sein Volum und
dadurch die Verpackungs- und Versendungskosten zu vermindern; dieß ist leicht
dadurch zu bewerkstelligen, daß man ein offenes Faß unter eine eiserne
Schraubenpresse bringt, mittelst deren, nachdem eine Portion Zinkweiß eingefüllt
ist, ein Stempel von nur wenig geringerem Durchmesser wie der des Fasses, in
dasselbe eingetrieben und so fortgefahren wird.
Drei Oefen, deren jeder acht Retorten enthält, können täglich (jeder 60 Kil.) also 60
× 24 oder 144 Kil. Zinkoxyd erzeugen; würde nichts verloren gehen, so müßten
100 Kil. Zink (im Verhältniß von 33 zu 41 den Aequivalenten des Metalls und des Oxyds) 124,2
Zinkweiß liefern; man erhält aber nur ungefähr 112 Kil.
2. Bereitung der Zinkweißfarben. – Wie bekannt,
sind zur gewöhnlichen Bereitung der Anstrichfarben trocknende Oele erforderlich, und
man bedient sich zu weißen Farben des Mohnöls, für mehr oder weniger dunkle Farben
aber des Leinöls; diese Oele müssen mit Bleiglätte gekocht werden, damit der
Anstrich in drei Tagen trocknet; im Winter müßte also mehr Bleioxyd darin aufgelöst
werden, weil in dieser Jahreszeit die Trocknung langsamer stattfindet.
Natürlich würde aber die Anwendung der mit Bleiglätte gekochten Oele den Farben
einigermaßen die schädliche Wirkung auf die Gesundheit mittheilen, welche den
Bleioxyden eigen ist, und außerdem den Uebelstand verursachen, daß die Anstriche
durch schwefelwasserstoffhaltige Dünste (Leuchtgas, Abtrittdünste) geschwärzt
werden. Es blieb also noch die Aufgabe, die Oele für das Zinkweiß trocknend zu
machen, ohne ihnen Bleioxyd zuzusetzen.
Courtois und Guyton de Morveau dachten nicht an diese
Schwierigkeit, H. Leclaire aber erkannte und besiegte
sie. Er macht die Oele dadurch trocknend, daß er sie acht Stunden lang mit 5
Gewichts-Procenten feingepulverten Braunsteins kochen läßt; zur Winterszeit
nimmt man etwas mehr Braunstein, im Sommer etwas weniger; im Vergleich mit der
Anwendung der Bleiglatte werden durchschnittlich 5 Procent an Kosten erspart.Chevreul hat vor Kurzem durch Versuche dargethan,
daß die Oele, dünn ausgebreitet der Sonne ausgesetzt, sich entfärben und
trocknend werden; daß acht Stunden lang in Berührung mit 5 Proc. Braunstein
bei + 70° C. (56° R.) erhaltenes Oel sehr trocknend wird; daß
drei Stunden langes Kochen des Oels in Berührung
mit 15 Proc. Bleiglätte ihm die Eigenschaft zu trocknen im höchsten Grade
verleiht; daß beim Zinkweiß das kohlensaure Zink als Trocknenmittel dienen
kann; daß endlich, wenn man 2 Theile trocknendes Oel mit 1 Theil nicht
trocknendem Oel vermischt, dem letzteren dadurch die Eigenschaft zu trocknen
mitgetheilt wird und es dann Sauerstoff aus der Luft bis zu 2 Proc.
absorbirt.
Orangegelb wird durch Anreiben der Oele mit Schwefelantimon erhalten; Citronengelb
bereitet man mit chromsaurem Zinkoxyd; Grün mit chromsaurem Zinkoxyd in Verbindung
mit einigen Procenten Kobaltoxyd (Rinmanns-Grün); Eisenoxyde, Manganoxyde,
Kobaltblau, Ultramarin, Kienruß und noch mehrere andere Farben, welche kein Blei enthalten, lassen
sich zu Wasserfarben sowohl als Oelfarben mit dem Zinkoxyd anwenden.Hr. Sorel macht das
Zinkoxyd dadurch trocknend, daß er ihm ein
Hundertfünfzigstel Harz-Bleioxyd in Pulverform beimischt; er bereitet
dieses harzsaure Salz durch Erhitzen von basisch-essigsaurem Blei mit
Harz, bis das Aufbrausen aufhört.
3. Vergleichung der Gestehungskosten der Anstrichfarben mit
Zinkweiß und Bleiweiß. Um die Kosten dieser Farben vergleichen zu können,
müssen in Rechnung gezogen werden: 1) die gegenwärtigen Preise, 2) das Verhältniß
des Oels, 3) die damit bedeckten Oberflächen.
Bleiweiß
100 Kil.
zu 72 Frc.
= 72 Frc.
Oel
30 „
„ 140 „
= 42 „
–––––––
–––––––
130 Kil.
kosten
114 Frc.; sonach 100 Kil. 87 Frc. 67 Cent.
Zinkweiß
100 Kil.
72
Oel
60 Kil.
zu 140 Frc.
= 84
–––––––
–––––––
160 Kil.
kosten
156 Frc.; sonach 100 Kil. 97 Frc. 50 Cent.
Ein gleiches Gewicht der Zinkweißfarbe kommt also höher zu stehen, allein diese Farbe
deckt mehr: 100 Kil. decken eine ebenso große Fläche wie 130 Kil. Bleiweißfarbe; um
folglich eine ebenso große Fläche zu decken, wie bei Anwendung von 100 Kil.
Zinkweißfarbe, welche 97 1/2 Frc. kosten, sind 130 Kil. Bleiweißfarbe erforderlich,
die (100 Kil. zu 87 Fr. 67 Cent. gerechnet) 113 Fr. 97 Cent. kosten würden.
Die Zinkweißfarbe käme mithin etwas wohlfeiler zu stehen; es ist aber zu erwarten,
daß die Concurrenz dieses neuen Products den Preis des Bleiweißes herabdrücken und
die Preise der beiden Farben sich bald gleichstellen werden; vielleicht steigt auch
der Preis des Zinkweißes wegen der Schwierigkeit sich hinreichend reines Zink
wohlfeil genug zu verschaffen. Nun wollen wir sehen, welche Vortheile die neue Farbe
bei gleichen Preisen gewährt.Es ließen sich übrigens wohlfeilere Verfahrungsweisen zur Fabrication des
Zinkoxyds auffinden; wahrscheinlich würde, wenn man geschmolzenes Zink in
dünnen Strahlen auf einen glühenden, mit trockner Steinkohle gefeuerten Herd
hinabfallen ließe, die überschüssige Luft bei der hohen Temperatur das
Metall verbrennen und das Oxyd durch den Luftstrom in die Kammern geführt
werden; man könnte dabei den Kohlenverbrauch sehr verringern, indem man die
Verbrennung mittelst zum lebhaften Glühen erhitzter Luft bewirkt. So hat Sorel schon einen sehr ökonomischen Apparat
construirt, welcher aus drei den Gasretorten ähnlichen Retorten besteht, die
so in einem Ofen angebracht sind, daß die Feuerluft sie nach einander
umspielt; das vorher auf einer Platte geschmolzene und bis 500° C.
(400° R.) erhitzte Zink gelangt in die erste Retorte, es fließt von
dieser in die zweite, worin seine Temperatur immer höher steigt, und gelangt
alsdann in die dritte Retorte, welche unmittelbar über der Feuerung liegt.
Sorel erhitzt übrigens das Zink nicht so
stark daß es sich verflüchtigt, sondern er entflammt das Metall und
unterhält dessen Verbrennung, indem er einen Luftstrom dazuleitet, der in
einem Rohr mittelst der abziehenden Feuerluft auf 250° C.
(200° R.) erhitzt wurde; eine mechanische Rührvorrichtung, ein
eiserner Rechen, erneuert die Oberfläche, schäumt das Metall ab und
beschleunigt die Verbrennung. Ein Theil des Oxyds (etwa 50 Proc.) wird durch
den Gasstrom in die Kammern geführt, worin es sich absetzt; das in der
Retorte gebliebene und mittelst des Rechens herausgezogene Oxyd fällt in
einen besondern Behälter. Sorel hat bemerkt, daß
die zuerst gebildete Portion des Zinkoxyds minder weiß und schön ist, als
die folgenden Portionen, und daß man durch getrenntes Aufsammeln der
letzteren ein schöneres Product erhält; er zieht daher das Verarbeiten
getrennter Portionen von Zink dem continuirlichen Zufließenlassen desselben
vor.
4. Einfluß des Zinkweißes auf die Gesundheit der Arbeiter.
– Ein Hauptvortheil der Ersetzung des Bleiweißes durch das Zinkweiß, besteht
in der Gesundheit der Luft in den Fabriken, wo das neue Product erzeugt, und in den
Gebäuden, wo es von den Malern verbraucht wird. Wenigstens wäre sehr viel Zinkoxyd
erforlich, um eine nachtheilige Wirkung auf die Gesundheit hervorzubringen.
Allerdings ist die Bleivergiftung lange nicht mehr von so großer Bedeutung, seitdem
man in den Bleiweißfabriken geschlossene Apparate eingeführt hat, welche die
Arbeiter vor dem Bleistaub schützen; immer noch sind jedoch in Folge Mangels
gehöriger Sorgfalt und Aufsicht Unglücksfälle möglich; die Maler können sich nicht
leicht vor jeder Berührung des Bleiweißes hüten, und endlich lassen mit Bleiweiß
überzogene Gegenstände, welche man häufig gebraucht, z.B. glasirte Karten,
Cartonnagen, immer noch zufällige Vergiftungen befürchten, besonders in Händen von
Kindern.
5. Anwendungen. – Das Zinkweiß wird, wie man es aus
den mit Trichter versehenen Kammern erhält, ohne vorheriges Auswaschen oder
Zerreiben mit Oel und Terpenthingeist angerührt. Diese Farbe wird für sich allein,
oder mit verschiedenen Oxyden oder sonstigen Farbstoffen gemischt, auf Holz,
Malerleinwand etc. aufgetragen; auch bedient man sich dieses Oxyds, ohne Oelzusatz,
zur Bereitung eines Kitts, welchen man auf Pappendeckel aufgetragen zwischen die
Fugen der Röhrenleitungen von Dampfkesseln etc. bringt.
Das Zinkweiß wird auch, mit Leim oder Kleister angemacht, zum Ueberziehen glasirter
Karten und in den Tapetenfabriken als Grund für feine Farben angewandt; ferner zum
Tuschen und Malen mit Wasserfarben; endlich bereitet man damit weiße Pasten zum Appretiren von
Spitzen etc.
6. Dauerhaftigkeit der Zinkweiß-Anstriche. –
Die Anstriche mit Zinkweiß, welche bisher in mehr als 2000 Häusern und Gebäuden
gemacht wurden, worunter mehrere schon vor sechs Jahren, halten sich sehr gut; in
gewissen Fällen müssen sie unfehlbar über die Bleiweißfarben den Sieg davontragen,
z.B. in Laboratorien, Amphitheatern, Häusern mit Schwefelbädern, Zimmern oder
Wohnungen welche dem zufälligen Austritt von Steinkohlengas oder zeitweisen
Ausdünstungen der Abtritte ausgesetzt sind; in allen diesen Fällen können
Bleiweißanstriche schnell und gänzlich verdorben werden, weil die weiße
Bleiverbindung sich in schwarzes, undurchsichtiges Schwefelblei verwandelt, während
unter denselben Umständen die Zinkweiß-Anstriche aushalten und ihre ganze
Weiße oder ursprüngliche Farbe behalten, indem schwefelhaltige Gase oder Dünste auf
dieselben keinen Einfluß haben.