Titel: | Ueber die Bereitung reiner Barytverbindungen; von Heinrich Wurtz. |
Fundstelle: | Band 125, Jahrgang 1852, Nr. LXVII., S. 275 |
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LXVII.
Ueber die Bereitung reiner Barytverbindungen; von
Heinrich Wurtz.
Aus dem New
York Journal of Pharmacy durch die Chemical Gazette, 1852, Nr. 234.
Wurtz, über die Bereitung reiner Barytverbindungen.
Bisher waren Barytverbindungen in absolut reinem Zustande nur für chemische Analysen
erforderlich; die Zeit dürfte aber nicht mehr fern seyn, wo reine Barytverbindungen
auch zu technischen Zwecken verlangt werden. So wurde bereits der chlorsaure Baryt in der Pyrotechnik angewandt, um ein
grünes Feuer von unvergleichlicher Schönheit hervorzubringen, und der reine
kohlensaure Baryt kam vor einiger Zeit in England bei der Fabrication vorzüglicher
Sorten von Spiegelglas und Krystallglas in Gebrauch. Der präcipitirte schwefelsaure BarytBayt oder der gereinigte Schwerspath wird als Wasserfarbe dem Bleiweiß
vorgezogen, weil er viel dauerhafter ist als letzteres. Ich will hier einer
praktischen Anwendung des kohlensauren Baryts erwähnen, aufweiche ich verfiel. Ich
habe gefunden daß der schwefelsaure Kalk aus seiner Auflösung
durch Zusatz von kohlensaurem Baryt gänzlich gefällt wird, indem sich
schwefelsaurer Baryt und kohlensaurer Kalk bilden; man braucht nur das äquivalente
Verhältniß von künstlich bereitetem oder von fein gepulvertem natürlichem
kohlensaurem Baryt (Witherit) mit der Auflösung des schwefelsauren Kalks zu
vermischen. Wahrscheinlich könnte man diese Eigenschaft des kohlensauren Baryts
benutzen, um den schwefelsauren Kalk aus dem Quellwasser oder Seewasser zu
entfernen, womit man die Dampfkessel speist, um die Krustenbildung in denselben zu verhüten. Auf dieselbe
Weise ließe sich der schwefelsaure Kalk aus der Soole entfernen und dadurch auf den
Salinen ein reineres Salz erzeugen.
Unter den Barytsalzen kommt nur der schwefelsaure Baryt (Schwerspath) in großer Menge
im Mineralreich vor, und da er allgemein zur Verfälschung des Bleiweißes angewandt
wird, so können die Chemiker denselben in jeder Quantität und bereits fein gepulvert
zur Bereitung der Barytverbindungen von den Bleiweißfabriken beziehen.
Der schwefelsaure Baryt wird stets zu Schwefelbaryum reducirt, wenn man ihn innig
gemengt mit einer kohlenstoffhaltigen Substanz (Holzkohlenpulver, Harz, Oel oder
Mehl) der Rothglühhitze aussetzt. Es ist jedoch sehr schwierig, wo nicht unmöglich,
auf diese Weist eine vollständige Zersetzung desselben zu bewirken, meistens dürfte
die Hälfte des angewandten schwefelsauren Baryts unzersetzt bleiben. Eine
beachtenswerthe Abänderung des bisherigen Verfahrens wurde von Dr. Wolcott Gibbs
vorgeschlagen, nämlich über den schwefelsauren Baryt bei der Rothglühhitze einen
Strom gewöhnlichen Steinkohlengases zu leiten. Offenbar läßt sich auf diesem Wege
leicht eine vollständige Reduction bewirken, besonders wenn der gepulverte
Schwerspath während der Operation umgerührt wird, um frische Oberflächen mit dem Gas
in Berührung zu bringen.
Die reducirte Masse wird mit siedendem Wasser behandelt; die entstandene Auflösung
enthält nach Professor Heinrich
Rose
Poggendorff's Annalen, Bd. LV S. 416. hauptsächlich Barythydrat und schwefelwasserstoffsaures Schwefelbaryum, BaS, HS, welche durch die Reaction gleicher Aequivalente
von Wasser und Schwefelbaryum gebildet werden. Sie enthält fast immer auch eine
gewisse Menge Kalk, wahrscheinlich in Form von schwefelwasserstoffsaurem
Schwefelcalcium oder von Kalkhydrat, weil mit dem Schwerspath meistens zugleich Gyps
vorkommt. Die Gegenwart dieses Kalks bildet die Hauptschwierigkeit beim Bereiten
reiner Barytverbindungen mit Schwerspath. Will man z.B. kohlensauren Baryt
darstellen, indem man die Auflösung mit kohlensaurem Natron oder einem Strom von
kohlensaurem Gas zersetzt, so fällt zugleich kohlensaurer Kalk nieder. Bei der
Untersuchung vieler Proben von käuflichem salzsaurem
Baryt (welcher mit dieser Auflösung bereitet wird, indem
man sie mit Salzsäure versetzt, dann kocht, um den Schwefelwasserstoff zu verjagen,
hierauf filtrirt, um den niedergeschlagenen Schwefel abzusondern und endlich
krystallisiren läßt) fand ich in denselben stets eine kleine Menge Chlorcalcium,
welches ich durch wiederholtes Umkrystallisiren nicht abzusondern vermochte. Man hat
vorgeschlagen, das Chlorcalcium vom Chlorbaryum mittelst sehr starken Weingeists zu
trennen, in welchem das wasserfreie Chlorbaryum unauflöslich ist. Diese Methode ist
aber kostspielig und mühsam, weil man die Auflösung des salzsauren Baryts zur
Trockne verdampfen, den Rückstand glühen, dann sehr fein pulverisiren und mit
starkem Weingeist digeriren muß.
Nach einigen vorläufigen Proben – wobei ich fand daß eine wässerige Auflösung
von kleesaurem Baryt den salzsauren Kalk fällt, aber
nicht den salzsauren Baryt – versuchte ich den Kalk aus einer wässerigen
Auflösung von salzsaurem Baryt durch Zusatz von kleesaurem Baryt oder bloß ein wenig
Kleesäure zu fällen; ich fand aber bald, daß der kleesaure Kalk in einer Auflösung
von salzsaurem Baryt etwas löslich ist, so daß eine Auflösung von kleesaurem Baryt
in einer gemischten Auflösung von salzsaurem Baryt und salzsaurem Kalk keinen
Niederschlag gab. Auch fand ich daß der Niederschlag, welchen ein wenig Kleesäure in
Kalkwasser bildete, durch Zusatz von salzsaurem Baryt wieder aufgelöst werden
konnte. (Bei dieser Gelegenheit will ich auch erwähnen, daß der kleesaure Kalk in
Auflösungen von salzsaurem Kalk, von Aetzammoniak und von salzsaurem Ammoniak
löslich ist.)
Die bekannte Eigenschaft des kohlensauren Baryts – den Kalk aus seiner
Auflösung bei hinreichend langer Berührung damit vollständig niederzuschlagenProf. H. Rose hat von
derselben eine wichtige Anwendung zur Trennung der Phosphorsäure von Basen
gemacht. Die Auflösung der phosphorsauren Verbindung in einer Säure, am
besten in Salzsäure, wird, mit Wasser verdünnt, einige Tage kalt mit
kohlensaurem Baryt digerirt, alsdann filtrirt, und das Ungelöste mit kaltem
Wasser ausgewaschen. Das Filtrat enthält die Basen, die mit der
Phosphorsäure verbunden waren, mit Ausnahme von Thonerde, Eisenoxyd und
anderen schwachen Basen, welche nebst aller Phosphorsäure vollständig
ausgefällt wurden. (Poggendorff's Annalen, Bd. LXXVIII S. 217.) – liefert uns jedoch eine ganz leichte und wohlfeile Methode die
salzsaure Barytlösung zu reinigen. In der That fand ich eine Auflösung von
salzsaurem Baryt, welcher salzsaurer Kalk zugesetzt worden war, nachdem ich sie zwei
Tage mit ein wenig kohlensaurem Baryt hatte stehen lassen, wobei sie nur
gelegentlich geschüttelt wurde, nach dem Filtriren frei von Kalk. Man kann dieser Methode nur den Vorwurf
machen, daß sie eine beträchtliche Zeit erfordert. Dr.
Wolcott Gibbs hat mir eine zweckmäßige Abänderung
derselben mitgetheilt; er versetzt nämlich die Auflösung von salzsaurem Baryt,
welche Kalk enthält, zuerst mit ein wenig Barytwasser, und leitet dann einen Strom
kohlensaures Gas hindurch; der sich sogleich bildende Niederschlag enthält allen
Kalk.
Außer Kalk enthält der käufliche salzsaure Baryt fast immer eine Spur von Blei,Wahrscheinlich wird der käufliche salzsaure Baryt in bleiernen Pfannen zur
Krystallisation abgedampft. bisweilen aber soviel, daß seine Auslösung durch Schwefelwasserstoff
augenblicklich geschwärzt wird. Das Blei kann man jedoch sehr leicht abscheiden,
entweder vor oder nach der Trennung des Kalks mittelst des Verfahrens von Dr. Gibbs; man braucht dazu
nur ein wenig Schwefelwasserstoffgas in die Auflösung zu leiten, sie kurze Zeit
gelinde zu erwärmen, und dann zu filtriren.
Mit dem so gereinigten käuflichen salzsauren Baryt kann man leicht reinen
kohlensauren Baryt bereiten, indem man ihn mit kohlensaurem Ammoniak fällt, oder mit
kohlensaurem Natron welches frei von Kieselerde, Schwefelsäure und Phosphorsäure
ist.