Titel: | Verfahren zur Werthbestimmung der Seife; von Dr. Bolley. |
Fundstelle: | Band 125, Jahrgang 1852, Nr. LXXXVI., S. 386 |
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LXXXVI.
Verfahren zur Werthbestimmung der Seife; von Dr.
Bolley.
Aus dem schweizerischen Gewerbeblatt, 1852, Nr.
13.
Mit Abbildungen.
Bolley's Verfahren zur Werthbestimmung der Seife.
Es kommt bei der Werthbestimmung einer Seife in Betracht: 1) der Trockengehalt, 2)
das Verhältniß von Fettsäure zum Alkali, 3) die Natur des Alkali und die der
Fettsäure oder der das Fett vertretenden Substanz, 4) die absichtliche oder
unabsichtliche Beimengung fremder unorganischer oder organischer Substanzen.
In den häufigsten Fällen beschränkt sich der Consument auf die Kenntniß der Menge des
in einer Seife eingeschlossenen Wassers, weil das die gewöhnlichste, fast nicht zu
umgehende Beimengung ist, und eine solche, die bekanntlich, ohne das äußere Ansehen,
Festigkeit des Productes u.s.w. entsprechend zu ändern, in sehr starkem Verhältniß
darin enthalten seyn kann. Die Mittel, den Trockengehalt zu bestimmen, sind: 1)
Trocknen einer abgewogenen Menge geschabter Seife im Wasserbad, und 2) Aussalzen,
d.h. Eintragen der Seife in gesättigte Kochsalzlösung, wodurch sie sich beim Kochen
zu einer festen wasserarmen Masse zusammenballt. In Betreff des erstern Verfahrens
mag wohl schon mancher die Erfahrung gemacht haben, daß die Seife, wenn sie im
Wasserbad längere Zeit erhitzt worden und zu schmelzen angefangen hat, nicht nur
kein Wasser mehr abgibt, sondern sehr hygroskopisch wird und schnell wieder
Feuchtigkeit anzieht.
Alte Marseiller-Seife war 6 Stunden lang in einer Temperatur von 30° C.
gehalten worden und hatte 3,2 Proc. Feuchtigkeit verloren; nach zweistündigem
Belassen in einer Temperatur von nahe 100° verlor sie nichts mehr; über Nacht
stehen gelassen, wog sie 1 Proc. mehr als am Anfang. Mehrere andere Proben zeigten,
daß solche bis 100° erhitzte Seife während des Wägens zunahm. Werden solche
Versuche von ungeübten Händen ausgeführt, so liegen Täuschungen sehr nahe. Das Verfahren des
Ausfalzens mag in etwas größerm Maaßstab, z.B. 1/2 Pfd. Seife, ausgeführt, sich
besser eignen, um Aufschluß über den Gehalt an eigentlicher Seife zu erhalten. Aber
mit der Bestimmung der trocknen Seife ist die Untersuchung noch nicht einmal auf die
in unserer an Verfälschungen so reichen Zeit naheliegende Frage nach fremden
Beimengungen ausgedehnt, noch weniger hat man über die oben angeführten Punkte 2)
und 3) Aufklärung.
Es ist nicht schwierig die Menge des Alkali und die des Fettes in einer Seife zu
bestimmen, aber zeitraubender und umständlicher wird der Versuch doch, wenn zugleich
darüber entschieden werden soll, ob und wie viel Alkali im gebundenen Zustand, und
ob und wie viel Fett frei, nicht an das Alkali gebunden, sich vorfindet. Indessen
möchte diese Frage in der Regel nicht eine sehr erhebliche seyn, da beide Fehler
kaum mit betrügerischer Absicht sich finden werden und ihrer Quantität nach doch nur
einen kleinen Spielraum haben. Man kann das unverbundene Alkali bei festen
(Natron-) Seifen bestimmen, wenn man die sehr fein geschabte Seife an der
Luft stehen läßt, so daß das Alkali Kohlensäure aufnehmen kann, dann in starkem
Alkohol löst und den ungelösten Rückstand (der noch andere Salze oder unlösliche
Stoffe enthalten kann) auf das kohlensaure Alkali untersucht. Weniger umständlich
ist ein von Stöckhardt angegebenes Verfahren; einer
heißen concentrirten Seifenlösung Weinstein zuzusetzen, bis die Fettsäure beginnt
sich auszuscheiden. Je größer die Menge des dazu nöthigen Weinsteins, um so größer
die Menge freien Alkalis. Das gibt freilich nur einen vergleichungsweisen Maaßstab,
wenn mehrere Seifensorten auf dieß Verhalten untersucht werden sollen. Daß zuweilen
unverseiftes Fett vorkomme, ist nicht unwahrscheinlich. Dumas bestimmt es durch Abscheiden allen Fettes mit Salzsäure,
wiederverseifen mit Barytwasser und Ausziehen der Barytseife mit Weingeist, wobei
nur das unverseifte Fett gelöst wird.
Die hier zu beschreibende Methode nimmt auf die Menge des freien und gebundenen
Fettes und des freien und gebundenen Alkali keine Rücksicht, schließt aber alle die
vier genannten Bedingungen, die den Werth einer Seife bestimmen, in sich, und ist
eben so fördernd als leicht
ausführbar.
Man wägt sich 1 Gramm der Seife ab (bei nicht ganz frischer und nicht vollkommen
ausgetrockneter wird zweimal 1 Gramm abgewogen, um den Unterschied des
Trockengehaltes der äußern und der innern Schichten zu erfahren und das Mittel
ziehen zu können); feste Seife im geschabten Zustand; von Schmierseifen wird nur
eine ungefähr
1 Gramm betragende
Menge genommen, weil das Wegnehmen und Zugeben bis zu genau 1 Gramm größere
Schwierigkeiten macht, als die Reduction der Resultate auf 1 Gramm durch Rechnung.
Die Seife bringt man in ein schwedisches Gläschen Fig.
1 von höchstens 1 Unze Gehalt.
Fig. 1., Bd. 125, S. 387
Darin übergießt man dieselbe mit etwas Aether, in welchem die
Auflösung nicht stattfindet, und fügt dazu ein etwas geringeres Volum von reiner
Essigsäure. Es bilden sich zwei Schichten: die Lösung der Seife erfolgt sehr schnell
und man hat in der obern Schichte den Aether und das Fett (oder Harz) mit etwas
Essigsäure, in der untern: Wasser, Alkali an Essigsäure gebunden, freie Essigsäure,
die gewöhnlich bei der Seifendarstellung sich ergebenden Salze, Kochsalz,
schwefelsaures Alkali, und endlich die fremden Zusätze, ob sie in Wasser lösliche
oder unlösliche seyen. Findet sich Sand, Bimssteinpulver, Thon, Talg, Schwerspath
u.s.w. unter den letztern, so sind sie, am Boden liegend, ausgeschieden. Andere,
organischen Ursprungs, Stärkmehl u.s.w., sind suspendirt, in der Flüssigkeitsschicht
unter dem Aether.
Man hat nun ein Glas von nachstehender Form und Größe, Fig.
2.
Man kann sich dasselbe leicht aus einem gläsernen Stechheber durch Erweitern der
obern Oeffnung zu einem kleinen Trichter und durch doppeltes Biegen der untern Röhre
und Ausziehen derselben in eine Spitze darstellen.
In dieses Glas, eine Art Scheidetrichter bildend, gießt man die Flüssigkeiten aus dem
schwedischen Glase mit der Sorgfalt, daß alle schweren Theilchen am Boden des Glases
Fig. 1 zurückbleiben, während man die zugespitzte
Mündung b mit dem Zeigefinger der linken Hand
verschlossen hält. Die obere Mündung a ist nur so weit,
daß man ohne Hülfe eines Trichters und ohne Gefahr vor Verlust eingießen kann, aber
nicht weiter, um noch mit dem Finger verschlossen werden zu können. Man hält b so lange verschlossen, bis die Flüssigkeit sich in
zwei Schichten gesondert hat. Sobald nun erst geöffnet wird, ist keine Gefahr, daß
in den Schenkel c etwas von der ätherhaltigen
Flüssigkeit trete. Das schwedische Glas und das Glasstäbchen werden nun mit Aether
und Wasser nachgespült, und diese Flüssigkeit zu dem übrigen wieder mit Zurücklassung schwerer
ungelöster Theile hinzugefügt. Nun läßt man durch Neigung des Scheidegefäßes oder
durch leichtes Einblasen von Luft durch die Oeffnung a
so viel von der untern Flüssigkeit zwischen c und d auslaufen, daß von dem Aether nichts in den Schenkel
c übertreten kann.
Fig. 2., Bd. 125, S. 388
Man hält, sobald das eintreten will, mit dem Ausgießen ein und
läßt durch Anziehen mit dem Munde die Flüssigkeit in den bauchigen Theil
zurücktreten. Jetzt wird etwas destillirtes Wasser von a
aus eingegossen. Dasselbe wird sich unmittelbar unter die Aetherschichte lagern; man
gießt wieder aus wie vorhin und wiederholt den Wasserzusatz noch einmal; dadurch,
weil das destillirte Wasser immer die oberste Schichte ist, wird die Salzlösung
vollständig zur Oeffnung b hinausgedrängt. Ist das
erreicht, so läßt man die Aether und Fett enthaltende Schichte sammt dem wenigen
noch darunter befindlichen Wasser (das wenig Aether und Essigsäure aufgenommen hat)
in das schwedische Glas Fig. 1 zurücklaufen. Den
Scheideapparat spült man aus mit einem Gemisch von starkem Alkohol und Aether und
gießt diese Flüssigkeit ebenfalls in das Glas Fig. 1.
Dadurch erreicht man einen großen Vortheil, nämlich, daß die kleine Wasserschichte
unter dem Aether von dem Alkohol aufgenommen wird und mit der ätherischen
Flüssigkeit sich beim Umrühren mit dem Stabe vollständig mischt. Man muß das
vollkommen zu erreichen suchen, was durch Zusatz einiger Tropfen Alkohol nie fehlen
kann. Es ist aber deßhalb gut, beim Uebergießen des Aethers und Wassers aus dem
Scheideglas in das Glas Fig. 1 Sorge zu tragen, daß
vom Wasser so wenig als möglich mit hinübergehe. Das Glas Fig. 1 ist, wenn man es immer wieder zu der Untersuchung der Seife
brauchen will, tarnt und die Tara mit dem Diamant darauf geschrieben. Es wird auf
das Wasserbad gebracht und dort gelassen, bis Alles mit Ausnahme des Fettes oder
Harzes, das, ohne die Grundzüge des Verfahrens ändern zu müssen, sich leicht erkennen läßt, verdunstet
ist. Wenn eine Spur wässeriger Flüssigkeit unter dem Fett bleibt, ist diese schwer
durch Abdampfung wegzubringen; der Alkohol dem Aether zugesetzt, bietet gegen diesen
Uebelstand ein ganz geeignetes Hülfsmittel. Wenn der geistige Geruch nach Aether,
Weingeist und Essigsäure nur noch sehr schwach ist, wird abgewogen und die Abwiegung
nach einiger Zeit des Wiedererwärmens wiederholt. Selten erfolgt, nachdem dieser
Geruch sehr schwach geworden, eine weitere Gewichtsabnahme. Wenn mehrere Versuche
mit derselben Seife nach einander vorsichtig gemacht werden, so zeigt sich eine
Uebereinstimmung des Fettgehaltes, die bis auf die Procente in der Regel zutrifft,
und nur in den Tausendteln finden sich die Abweichungen. Die Fettsäure von 1 Gramm
Seife liefert eine Schichte von der Dicke, daß bei einiger Neigung des Glases die
Kugel eines kleinen (nur von 10–50° C. graduirten) Thermometers darin
untergetaucht und so der Erstarrungspunkt des Fettes bestimmt werden kann, ein
Mittel, um sich einigen Aufschluß über die Art der Fettsäure zu verschaffen. War im
Glase Fig. 1 etwas Ungelöstes zurückgeblieben, so
wird die Menge dieser Substanz durch Sammeln auf dem Filter, Trocknen und Abwägen
bestimmt, und natürlich, falls dieß nicht bekannt wäre, auch die Art dieser
Bestandtheile untersucht. Die gelöste wässerige Flüssigkeit, die man aus dem
Scheideglas ausgoß, bringt man in eine kleine Schale (eine Platin- oder
Silberschale von 2 Zoll Durchmesser mit einem Silberdeckelchen, so daß sie als
Abdampfschale und Tiegel dienen kann, vereinfacht sehr die Arbeit) und dampft sie
sorgfältig über dem Wasserbad oder einem schwach erhitzten Sandbade bis zur Trockne
ab. Man bestimmt das Gewicht des Rückstandes (der nicht geschwärzt seyn und bei
wiederholtem Wägen nichts mehr verlieren darf), wenn man organische Beimengungen,
Schleim, Stärkmehl, Quark, darin aufzusuchen hat. Auf erstern und das zweite wird
man schon beim Abdampfen durch ihre gelatinöse Beschaffenheit aufmerksam. Stärkmehl
läßt sich erkennen durch einen Tropfen Jodtinktur, der blau gefärbt wird, Quark
(Käse von abgerahmter Milch) durch den thierisch brenzlichen Geruch beim Erhitzen.
Auch andere Dinge werden leicht erkennbar seyn. Die Menge derselben wird annähernd
durch Glühen bestimmt, was in der Schale über einer Weingeistlampe geschehen kann
und wobei der Gewichtsverlust notirt wird. Erkennt man aus der vollkommenen Klarheit
der wässerigen Lösung, aus der geringen Menge trockenen Rückstandes, aus der
strahlig krystallinischen Beschaffenheit desselben, daß man nur mit Salzen zu thun
hat, so ist eine Abwägung zu umgehen und man glüht den wohlgetrockneten Rückstand
sogleich. Er soll in
diesem Falle nur sehr wenig Kohle in der Asche zeigen. Nach dem Verbrennen der Kohle
kann die Asche je nach Bedürfniß auf die Art der Salze, die sie enthält, und deren
Menge untersucht werden. Kieselsäure, wenn diese als Kieselgallerte zugesetzt war,
ist jezt unlöslich geworden und kann durch Filtration getrennt und ihrem Gewicht
nach bestimmt werden. Im Filtrat sind schwefelsaures Kali und Kochsalz aufzusuchen
und zu bestimmen, wenn man deren Menge für größer zu halten Grund hat, als daß sie
von nicht ganz reiner Soda oder Potasche, oder von dem aus dem Sude herrührenden
Kochsalz abgeleitet werden könnte. Um die Gesammtsumme der Alkalien, falls man die
genannten Beimengungen nicht bestimmen will, zu bestimmen, setzt man zu dem
geglühten Rückstand Salzsäure, dampft zur Trockne ab, glüht, wägt ab und berechnet
aus dem Chlorkalium oder Chlornatrium die Menge des Kali oder Natron. Es müssen,
wenn nöthig erscheint zu untersuchen, ob neben Kali auch Natron oder umgekehrt sich
findet, sowie manches Obige, z.B. die Bestimmung des Kochsalzes und schwefelsauren
Kali, vielleicht noch andere Seitenpartien der Seifenprüfung nach den Regeln der
analytischen Chemie vorgenommen werden, die wir hier nicht wiederholen wollen, weil
wir dem der Chemie Kundigen nur ein abkürzendes Verfahren zur Ergründung der
Haupteigenschaften einer Seife geben wollten, dessen Ausführung in das Einzelne, die
dadurch nicht gehindert, sondern zweckmäßig angebahnt ist, ihm überlassen bleibt,
und weil wir den, welcher mit den Methoden der analytischen Chemie nicht bekannt
ist, nicht durch Aufzählung einer Menge untergeordneter Rücksichten irre machen
durften.
Zu dem gewöhnlichen Zwecke also bestimmt man nach der angeführten Methode den
FettgehaltDer Fettgehalt fällt etwas größer aus als er wirklich ist, da die
ausgeschiedene Fettsäure wasserhaltig ist, während sie an Kali oder Natron
gebunden wasserfrei ist. Das wird bei Seifenuntersuchungen gewöhnlich
übersehen. Wegen der hohen Mischungsgewichte der Fettsäuren ist der Einfluß
nicht sehr groß und kann darum noch um so eher übersehen werden, weil dieser
Fehler allen Seifenanalysen anhängt. und dessen Erstarrungstemperatur. Man bestimmt das unlöslich Gebliebene
(Sand, Schwerspath, Bimsstein etc.) auf die angegebene Art. Man findet leicht die
ungefähre Menge organischer Beimengungen durch den Glühverlust. Die zurückbleibenden
Salze werden in Chlorverbindungen durch Salzsäure verwandelt und bei Natronseifen je
58 Theile Rückstand als 31 Natron und bei Kaliseifen 74 Chlorkalium als 47 Theilen Kali
entsprechend in Rechnung gebracht. Die Summe dieser Bestandtheile (in Centigrammen)
von 100 abgezogen gibt den Wassergehalt.