Titel: | Neues Verfahren hohe Temperaturen zu messen, von John Wilson in Bridgewater. |
Fundstelle: | Band 125, Jahrgang 1852, Nr. XCIV., S. 432 |
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XCIV.
Neues Verfahren hohe Temperaturen zu messen, von
John Wilson in
Bridgewater.
Aus dem Civil Engineer's Journal, Juli 1852, S.
210.
Mit Abbildungen.
Wilson's Verfahren hohe Temperaturen zu messen.
Es wurden verschiedene Methoden vorgeschlagen, um Temperaturen zu messen, welche den
Siedepunkt des Quecksilbers übersteigen.
Wedgwood's Pyrometer. – Er gründet sich auf die
Eigenschaft des Thons, sich bei hohen Temperaturen
zusammenzuziehen. Diese Wirkung, welche anfangs durch die Verflüchtigung des Wassers
hervorgebracht wird, hernach aber durch die eintrende theilweise Verglasung, welche
die Thontheilchen einander mehr zu nähern strebt, kann einigermaßen als ein
Anzeichen der Temperatur welche das Schwinden verursachte, betrachtet werden. Der
Apparat besteht aus zwei metallenen Linealen von 24 Zoll Länge, deren Seiten
convergiren, so daß ihr Abstand oben 1/2 Zoll und unten 3/10 Zoll beträgt. Der Thon
wird in kleine Cylinder oder abgestumpfte Kegel geformt, welche, nachdem sie zum
Rothglühen erhitzt wurden, in den Anfang dieser Nuth passen; ihr späteres Schwinden
durch die Hitze wird dadurch bestimmt, daß man sie in der Nuth hinabgleiten läßt,
bis sie an einer Stelle derselben stecken bleiben. Wedgwood theilte die ganze Länge der Nuth in 240 Grade, deren jeden er
gleich 130° F. annahm, während der Nullpunkt seiner Scala dem 1077sten Grade
von Fahrenheit's Thermometer entsprechen sollte.
„Wedgwood's
Pyrometer wird von den Physikern nicht mehr angewandt, weil man sich auf dessen
Angaben nicht verlassen kann. Jede Beobachtung erheischt ein besonderes
Thonstück, und man ist niemals sicher, daß das zweite Stück in gleicher Hitze
genau um eben so viel schwindet wie das erste, besonders da man sich nicht
leicht Thone verschaffen kann, deren Zusammensetzung in jeder Hinsicht dieselbe
ist. Dieß erklärt die verschiedenen Resultate, welche verschiedene Beobachter
erhielten; so machte Guyton de Morveau jeden Grad 62
1/2° Fahrenheit entsprechend, anstatt 130° wie Wedgwood festsetzte.“ (Turner's Chemie.)
Daniell's Pyrometer.Polytechn. Journal Bd. XLIII S. 189,
B. XLVI S. 174 u. 241. – Die Temperatur wird bei demselben durch die Ausdehnung einer Eisenstange gemessen, welche in einem Gehäuse
eingeschlossen ist. Das Gehäuse besteht aus einer Stange von Reißblei (einer
Mischung von reinem Graphit und Thon), in welche ein Loch von 3/10 Zoll Durchmesser
und 7 1/2 Zoll Tiefe gebohrt ist. In dieses Loch wird eine cylindrische Stange von
Platin oder Stabeisen von fast demselben Durchmesser und 6 1/2 Zoll Länge gesteckt,
so daß sie auf dem Boden des Lochs ruht; auf das äußere oder freie Ende der
Metallstange wird ein 1 1/2 Zoll langer Porzellancylinder gesteckt, der Index genannt, welcher durch einen Platinstreifen und
einen kleinen Keil von Steingut fest an seiner Stelle erhalten wird. Wenn nun das
Instrument erhitzt wird, so dehnt sich das Metall bei jeder Temperatur mehr aus, als
das Reißblei-Gehäuse, und drückt den Index empor, welcher in Folge des Drucks
durch den Streifen und Keil an der Stelle bleiben muß auf welche er getrieben worden
war, wenn man das Instrument aus dem Feuer nimmt und erkalten läßt. Es wird dann
eine Scala angebracht, um die genaue Ausdehnung zu
messen, auf welche der Index durch die Metallstange emporgeschoben wurde; und sie
zeigt so die scheinbare Verlängerung der Stange an, nämlich die Differenz zwischen
ihrer Verlängerung und derjenigen des Reißblei-Gehäuses worin sie enthalten
ist.
„Damit die Angaben dieses Instruments genau würden (so daß gleiche
Ausdehnungen auch gleiche Zunahmen der Hitze anzeigen), müßten sich die Stange
und das Gehäuse gleichförmig ausdehnen. Die Gesammt-Ausdehnung des
Reißblei-Gehäuses ist aber so klein, daß wenn an den Zwischenpunkten
keine Gleichförmigkeit stattfindet, dieß unmöglich entdeckt werden kann.
Anderseits sind die Ausdehnungen der Metallstange nicht genau gleichförmig,
geben aber noch einen guten praktischen Index der relativen Intensität
verschiedener Feuer ab; sie würden ein genaues Maaß darbieten, wenn das
Ausdehnungs-Verhältniß genau bestimmt werden könnte.“
(Turner's Chemie.)
Luft-Pyrometer. – Man hat auch versucht
hohe Temperaturen mittelst einer hohlen Platinkugel zu messen, welche mit einer
feinen Röhre versehen ist, woraus die Luft entweicht; je größer die Hitze ist
welcher man die Platinkugel aussetzt, desto mehr Luft entweicht; letztere wird über
Wasser gesammelt und gemessen. In denjenigen Fällen wo sich dieses Instrument
anwenden läßt, kann es sehr genaue Resultate liefern. (Man sehe Pouillet's Versuche in seinem Lehrbuch der
Physik und Meteorologie.)
Neuer Pyrometer. – Man setzt ein Stück Platin von
bekanntem Gewicht einige Minuten dem Feuer aus, dessen Temperatur gemessen werden
soll, und taucht es dann in ein Gefäß welches Wasser von bekanntem Gewicht und
bekannter Temperatur enthält; nachdem das Platin seine Wärme dem Wasser mitgetheilt
hat, notirt man die Temperatur welche das Wasser erreichte, und berechnet daraus die
Temperatur welcher das Platin ausgesetzt wurde. Wenn z.B. das angewandte Platinstück
1000 Grains wog, und das Wasser in welches es getaucht wurde, 2000 Grains, und
dessen Temperatur 60° F. betrug, welche durch das hineingebrachte heiße
Platin auf 90° stieg, so hat man 90° – 60° = 30°;
welche, multiplicirt mit 2 (weil das Wasser zweimal so viel wiegt als das Platin),
60° als die Temperatur ergeben, auf welche ein gleiches Gewicht Wasser
gesteigert worden wäre. Wir wollen als zweites Beispiel annehmen, das Wasser habe in
einem anderen Gefäß 40° zugenommen, so bezeichnet 40° × 2 =
80° die Temperatur wie sie mit dem Pyrometer gemessen wurde. Um die Grade
dieses Instruments in Fahrenheit'sche Grade umzusetzen, müssen wir sie mit 31,25
oder 31 1/4 multipliciren. So würden 80° × 31 1/4 geben 2500°
Fahrenheit. Und 60° × 31 1/4 = 1875°. Der Multiplicator 31,25
ist die Zahl welche die specifische Wärme des Wassers im
Vergleich mit derjenigen des Platins ausdrückt, letztere gleich 1 angenommen.
Textabbildung Bd. 125, S. 434
W, Wasser; P, Platin; T,
Thermometer; C, Stourbridge Thon.
Um nach dieser Methode sehr genaue Resultate zu erhalten, muß man ähnliche
Vorsichtsmaßregeln beobachten wie bei Bestimmung der specifischen Wärme der Körper;
man muß nämlich die Zerstreuung von Wärme durch Leitung und Strahlung verhindern. Der Apparat
besteht aus einem polirten cylindrischen Gefäß, welches 3 Zoll hoch und 2 Zoll weit
ist; man stellt es in einen concentrischen Cylinder, welcher von dem
eingeschlossenen Gefäß beiläufig 1/4 Zoll absteht. Auf diese Weise geht während des
Versuchs nur wenig Wärme durch Strahlung oder Leitung verloren. Anfangs hielt ich es
für nöthig ein beträchtliches Verhältniß von Wasser anzuwenden, und nahm daher 25mal
soviel als das Platin wog; ich fand aber, daß selbst bei sehr hohen Hitzegraden das
Platin die Temperatur des Wassers nur um 4 bis 5° erhöhte, so daß ein Irrthum
von 1°, in Fahrenheit'sche Grade umgesetzt, 400° entsprach. Um in
engeren Fehlergränzen zu bleiben, mußte ich also ein viel kleineres Verhältniß von
Wasser anwenden; und zuletzt fand ich, daß das doppelte
Gewicht Wasser im Verhältniß zum Platin in allen Fällen hinreichend ist.
Es findet kein merklicher Verlust an Wärme durch Dampf-Entwicklung statt, wenn
das heiße Platin in Wasser getaucht wird; wahrscheinlich erfolgt keine wirkliche
Berührung mit dem Wasser, bevor sich das Platin ganz am Boden des Wassers befindet.
Wir haben hier in der That den umgekehrten Fall von demjenigen, wenn man Wasser auf
ein stark erhitztes Platin- oder Eisenblech
tropft, wobei das Wasser, anstatt plötzlich als Dampf zerstreut zu werden, die
Kugelgestalt annimmt und über das Blech weglauft, ohne mit der heißen Oberfläche
desselben in Berührung zu kommen; erst nachdem die Temperatur des Metalls sehr
gesunken ist, wird das Wasser rasch in Dampf verwandelt. Soviel steht fest, daß man
die Tiefe des erwähnten Wassergefäßes nicht zu vergrößern braucht, um einen
Wärmeverlust durch Verdunstung oder Entweichen von Dampfblasen zu vermeiden.
Beim Bestimmen der Temperaturen mittelst dieses Pyrometers muß man eine Correction
machen für denjenigen Theil der Gesammtwärme, welcher absorbirt wird 1) von dem
Quecksilber des Thermometers in dem Wasser; 2) von der Glaskugel und dem Stiel des
Thermometers; 3) von dem eisernen Gefäß, welches das Wasser enthält; 4) endlich für
die Wärme, welche von dem Platinstück zurückgehalten wird. Der Theil der
Gesammtwärme, welcher von diesen verschiedenen Körpern absorbirt wird, in
Vergleichung mit dem Theil, welchen das Wasser aufnahm, wird im Verhältniß ihrer
respectiven Gewichte und der specifischen Wärme eines jeden (in Bezug auf das
Wasser) seyn.
AequivalenteGrains Wasser.
Quecksilber
200 Grains × 1/30stel
specifischer Wärme =
7
Glas
35 Grains ×
1/6tel
„
6
Eisen
658 Grains × 1/9tel
„
73
Platin
1000 Grains × 1/32tel
„
31
––––––––––––
Summe
117
Die Wirkung dieser Körper ist daher äquivalent dem Zusatz von 117 Grains zu den 2000
Grains Wasser, oder es muß 1/17tel als Correction zu allen mit diesem Instrument
erhaltenen Temperaturen addirt werden; mit anderen Worten, der Multiplicator muß von
31 1/4 auf 33 bei diesem Instrument erhöht werden, und bei allen ähnlichen wo die
Gewichte des Quecksilbers und Glases vom Thermometer, und des eisernen Gefäßes,
dieselben wie oben angegeben sind.
Ich theile nun einige von den Resultaten mit, welche ich mit diesem neuen Pyrometer
erhielt. Bei den betreffenden Versuchen bestimmte ich die Schmelzpunkte auf die Art,
daß ich beiläufig 2 Unzen des Metalls in eine Kapelle brachte, welche neben einer
andern Kapelle stand, die das Platinstück enthielt; in dem Augenblick wo das Metall
flüssig wurde, zog ich das Platin weg, und bestimmte die Temperatur auf angegebene
Weise. Das Platin und der geschmolzene Körper sollen einander möglichst nahe seyn,
aber ihre Berührung muß man vermeiden, weil sonst
entweder eine Legirung entstehen oder ein Theil der geschmolzenen Substanz an dem
Platin hängen bleiben würde. Zum Wegnehmen des Platins von der Kapelle benutzt man
eine Zange, welche zum Rothglühen erhitzt ist, um jede
Entziehung von Wärme während der augenblicklichen Berührung zu verhüten.
Temperaturen von Schmelzpunkten in Fahrenheit'schen
Graden.
Wilson.
Pouillet.
Daniell.
Neuer Pyrometer.
Luftpyrometer.
Eisenpyrometer.
Silber
1890°
1832°
1873°
Kupfer
2220°
–
1996°
graues Gußeisen
2320°
2210°
2780°
Kupferschmelzofen
3128°
–
–
Mondglas
2244°
–
–
Krystallglas
2145°
–
–
Kupferschlacke
2046°
–
–
Anstatt des Platins, welches der kostspieligste Theil des
Apparats ist, könnte man für alle praktischen Zwecke ein kleines Stück gebrannten Stourbridge Thons anwenden; ich habe gefunden,
daß ein Stück Stourbridge Thon, welches 200 Grains wiegt, wenn es auf den Schmelzpunkt des Silbers erhitzt und dann in das 2000 Grains Wasser
enthaltende Weißblechgefäß getaucht wird, die Temperatur des Wassers um 41°
erhöht. Wenn man nun 1890° Fahrenheit (den vorher gefundenen Schmelzpunkt des
Silbers) mit 41 dividirt, so erhält man 46° als die Zahl, welche 1°
dieses Pyrometers entspricht; und 46 wird daher der richtige Multiplicator seyn,
wobei jede Correction für die von dem Thermometer, dem Weißblechgefäß, oder dem
Thonstück aufgenommene Wärme wegfällt. Die Temperatur aller Arten von Oefen und
Feuerzüge von Dampfmaschinen etc. läßt sich leicht mit einem Stück Stourbridge Thon
ermitteln; man braucht nur das Thonstück in eine kleine Kugel oder Höhlung am Ende
eines Eisenstabes zu bringen, welcher sich leicht in den Feuercanal durch ein
kleines Loch in der Seite desselben stecken läßt; nachdem man ihn darin lange genug
gelassen hat, um sicher zu seyn, daß er die Temperatur desselben ganz erreicht hat,
zieht man den Eisenstab heraus und läßt das Thonstück augenblicklich in das
Wassergefäß fallen, ohne daß es von einem andern Körper berührt wurde. Ich habe
dasselbe Thonstück achtmal angewandt, ohne irgend eine Veränderung zu finden, und es
ist zu erwarten, daß man es hundertmal wird benutzen können; man braucht sich nur
gewöhnlichen reinen Thon zu verschaffen und die Stücke vorher gut zu brennen;
dieselben sollten nicht über 1/2 Zoll dick seyn, damit der Thon als ein schlechter
Wärmeleiter durch und durch gleichförmig erhitzt wird.Das vom Verfasser angewandte Princip hat schon Clement-Desormes benutzt, um die
Temperatur sehr heißer Schornsteine annähernd zu bestimmen (polytechn.
Journal, 1829, Bd. XXXIII S. 145); er empfahl, in der Mitte des Schornsteins
ein Stück Eisen von bekanntem Gewicht so lange
aufzuhängen, daß es die Temperatur des Schornsteins annehmen kann, es dann
herauszuziehen und in Wasser zu werfen, dessen Gewicht und Temperatur
bekannt sind; das Eisen verliert darin allen überschüssigen Wärmestoff und
man untersucht mit dem Thermometer, um wie viel sich die Temperatur des
Wassers dadurch erhöht hat. Angenommen das Eisen wiege 1 Kilogr. und man
werfe es in 10 Kilogr. Wasser von 0°, dessen Temperatur es auf 7
1/2° C. erhöhe; das Eisen enthielt dann eine Quantität Wärme, welche
hinreicht um 10 Kilogr. Wasser von 0° auf 7,5° zu bringen,
also sein gleiches Gewicht Wasser auf 75° C.; 7,5 × 10 = 75;
da aber die Capacität des Wassers für den Wärmestoff achtmal größer ist als
diejenige des Eisens, so muß man 75 noch mit 8 multipliciren, was die innere
Temperatur des Schornsteins zu 600° C. ergibt. A. d. Red.
Die mit diesem Pyrometer erhaltenen Resultate sind nicht als absolut richtig zu betrachten, weil dabei die specifische Wärme des
Platins als bei allen Temperaturen constant angenommen wird, was nicht streng wahr
ist. Dessenungeachtet kommen diese Resultate der vollkommenen Genauigkeit eben so
nahe, wie diejenigen, welche die Quecksilber-Thermometer und alle anderen auf dem Princip
der Ausdehnung beruhenden Instrumente geben.