Titel: | Ueber die chemische Zusammensetzung und den Ernährungswerth der thierischen Nahrungsmittel; von Ed. Schwarz. |
Fundstelle: | Band 126, Jahrgang 1852, Nr. XXVII., S. 128 |
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XXVII.
Ueber die chemische Zusammensetzung und den
Ernährungswerth der thierischen Nahrungsmittel; von Ed. Schwarz.
Der Société industrielle de
Mulhouse am 28. Januar 1852 eingereicht.
Schwarz, über die chemische Zusammensetzung und den Ernährungswerth
der thierischen Nahrungsmittel.
Einleitung. – Nur wenige Personen haben klare
Begriffe von der chemischen Wirkung der Nahrungsmittel im thierischen Körper und
deren relativem Werth. Folgendes ist ein Abriß der Resultate, welche die zahlreichen von den
ausgezeichnetsten Chemikern unserer Zeit in dieser Hinsicht angestellten
Untersuchungen geliefert haben.Die Mülhauser Industriegesellschaft veröffentlichte diese Abhandlung als eine
populäre Belehrung, in welchem Sinne wir sie ebenfalls mittheilen; wir
erinnern an die frühere Abhandlung des Hrn. Verfassers „über die
Theorie der Pflanzenernährung,“ im
polytechn. Journal Bd. CX S.
120.A. d. Red.
Ueberblick der Pflanzenchemie. – Man kann die
Pflanzensubstanzen (die näheren Bestandtheile der Organismen) in zwei Classen
eintheilen:
1) diejenigen welche nur aus drei (in ihrem isolirten Zustande) gasförmigen Elementen
bestehen, nämlich: aus Sauerstoff, Wasserstoff und Kohlenstoff;
2) diejenigen welche außerdem Stickstoff enthalten.
Die Pflanzenkörper der ersten Classe zerfallen wieder in drei Gruppen:
1) die neutralen Stoffe;
2) diejenigen mit vorwaltendem Sauerstoff;
3) diejenigen mit vorwaltendem Wasserstoff.
Die erstem enthalten zwei Atome Wasserstoff auf 1 Atom Sauerstoff, nebst einer
wandelbaren Menge Kohlenstoff, z.B. das Holz, Stärkmehl,
Gummi, der Zucker. Die zweiten enthalten mehr Sauerstoff als die erstern,
z.B. die Essigsäure, Weinsteinsäure, Citronsäure,
Aepfelsäure, Pektinsäure etc. Die letzten
endlich enthalten mehr Wasserstoff als die erstern, z.B. die Fette, das Wachs, die Harze, die wesentlichen Oele und die geistigen
Flüssigkeiten.
Was die stickstoffhaltigen Pflanzensubstanzen betrifft, so können dieselben in zwei
Reihen getheilt werden:
1) Die Gifte welche man Alkaloide nennt, die eine
bedeutende Menge Stickstoff mit dem Sauerstoff verbunden enthalten, den Wasserstoff
und Kohlenstoff aber in nicht sehr abweichenden Mengenverhältnissen, z.B. das Chinin, Strychnin, Morphin, Atropin etc.
2) Die plastischen Nahrungsmittel, welche weniger Stickstoff enthalten als die
Alkaloide und immer mit einer gewissen Menge Schwefel verbunden sind, nämlich
a) der Kleber (Gluten,
Pflanzenfibrin) welchen die Getreidearten liefern;
b) das Legumin
(Pflanzencaseïn), in den Erbsen und Linsen enthalten;
c) das Pflanzeneiweiß
(Albumin) welches man fast in allen Pflanzen findet.
Diese drei Stoffe allein sind es, welche die Kräfte bei Menschen und Thieren wieder
herzustellen vermögen.
Es gibt außerdem noch Varietäten dieser drei Substanzen; ihre
Molecular-Constitution ist so unbeständig, daß sie sich außerordentlich
leicht zersetzen und dadurch in der Organisation der mit ihnen in Berührung
befindlichen stickstofffreien Substanzen eine Störung hervorrufen. Dieß sind die Gährungsstoffe (Fermente),
welche man so nannte, weil sie die erste Ursache der geistigen, sauren und faulen
Gährung sind.
Sehen wir nun, auf welche Weise die Pflanzen sich die in ihre Zusammensetzung
eingehenden Elemente aneignen, und beobachten wir zunächst den im Samenkorn während
der Entwickelung des in ihm enthaltenen Keims vorgehenden chemischen Proceß.
Alle Getreidekörner enthalten Stärkmehl in Verbindung mit einem Ferment, welches oft
eine der obengenannten drei nahrhaften Substanzen ist. Das Stärkmehl ist dazu
bestimmt, der werdenden Pflanze zur Nahrung zu dienen; dazu muß es aber vorher durch
die Wirkung des Ferments und unter dem Einfluß von Wärme und Feuchtigkeit in Zucker
verwandelt werden. Die meisten Körner enthalten außerdem eine fette oder harzige
Substanz, welche zum Conserviren des Stärkmehls dient. Endlich hat man auch erdige
Stoffe darin entdeckt, welche das Skelett des schwachen Gewebes der jungen Pflanze
bilden müssen.
Die Vorsehung hat in dem Samenkorn die dem Pflanzenkeim nothwendige Menge
Nahrungssubstanz so geregelt, daß sie eben hinreicht, um ihn auf den Punkt der
Entwickelung zu bringen, wo er sich seine Nahrung aus der Erde und der Luft selbst
zu verschaffen vermag. Alsdann beginnt eine neue Reihe chemischer Vorgänge.
Das Pflanzengewebe besteht aus Sauerstoff, Wasserstoff, Kohlenstoff, Stickstoff,
Kali, Kieselerde, Phosphor, Kalk, Schwefel etc., und die erdigen Substanzen sind
darin, je nach der Natur der Pflanze, verschieden. Die vier gasförmigen Substanzen
werden sowohl aus der Luft als aus dem Boden geschöpft. Die Kohlensäure, welche
durch die Wurzeln im Boden eingesogen und durch die Blätter der Luft entzogen wurde,
zersetzt sich nämlich unter dem Einfluß des Lichts, so daß der Kohlenstoff zurückbleibt und
der Sauerstoff sich entbindet. Oft wird der Sauerstoff der Luft von dem
Pflanzengewebe angezogen und bringt darin eine Veränderung des Safts hervor. Noch
öfter ist es das Ammoniak der Luft, welches sich in den grünen Theilen der Gewächse
fixirt, oder es gelangt das Ammoniak des Bodens vermittelst der Wurzeln in
dieselben, wodurch sie den Stickstoff und Wasserstoff erhalten.
Einige Chemiker behaupten, daß aller in den Pflanzen enthaltene Stickstoff von dem
Ammoniak der Luft und des Bodens geliefert wird; die neuesten Versuche scheinen
jedoch darzuthun, daß die Pflanzen nur eine geringe Menge von diesem Gase direct aus
der atmosphärischen Luft absorbiren.
Lange wußte man nicht, durch welches chemische Agens die erdigen Substanzen aufgelöst
und in das Pflanzengewebe geführt werden. Jetzt weiß man, daß dieß durch das im
Regenwasser enthaltene Kohlensäuregas geschieht.
Aus obigem geht hervor, daß die Luft und die Erde gemeinschaftlich den Pflanzen die
zu ihrem Wachsthum erforderlichen Stoffe liefern, und daß das Licht, die Wärme und
das Regenwasser bei den chemischen Processen der Vegetation eine wichtige Rolle
spielen.
Ehe wir uns mit den Nahrungsmitteln des Menschen und der Thiere beschäftigen, wollen
wir, um die chemische Rolle, welche sie bei der Ernährung spielen, verständlicher zu
machen, einen Blick auf die Functionen unserer Verdauungsorgane und die darin
enthaltenen auflösenden Agentien werfen.
Theorie der Ernährung des Menschen und der Thiere.
– Wir zermalmen zuerst die Nahrung mit unsern Zähnen, indem wir ihr Speichel
beimischen; letzterer enthält eine Art Ferment, welches die Eigenschaft hat, das in
unsern Nahrungmitteln enthaltene Stärkmehl in Zucker zu verwandeln, worauf es sich
erst assimiliren kann. Hierauf verweilt der Speisebrei einige Stunden lang im Magen,
wo er ein zweites Ferment (die Schleimhaut des Magens) vorfindet, welches mit
Beihülfe zweier Körper (der Salzsäure und Milchsäure) alle stickstoffhaltigen
Substanzen auflöst.
Nach ihrem Austritt aus dem Magen, werden die Nahrungsmittel mit einer gewissen Menge
Galle vermischt, welche zum Theil die Auflösung der Fette bewirkt. Späterhin
vollendet der Bauchspeichel (pancreatische Saft), indem er sich mit den
zurückbleibenden Substanzen vereinigt, die Auflösung der Fette, und vervollständigt
die Wirkung des Speichels auf das Stärkmehl. Endlich zieht der Saft, welchen die Eingeweide absondern,
die letzten nahrhaften Theile aus, die sich in dem Speisebrei befinden.
Es ist zu bemerken, daß die Galle, der Bauchspeichel und der Darmsaft freies Natron
enthalten, welches den Zweck hat die von der Verdauung im Magen herrührenden Säuren
zu sättigen.
Die Flüssigkeiten, welche die auflösende Wirkung dieser verschiedenen chemischen
Agentien hervorbringt, werden gleich bei ihrem Entstehen aufgesaugt und in die zu
den Lungen reichenden Blutgefäße geführt. In den Lungen wird durch den Sauerstoff
der Luft, welche wir einathmen, die Blutbildung vollendet. Das Blut, welches sich in
Berührung mit dem Sauerstoffgas roth färbt, wird hierauf durch die mechanische
Wirkung des Herzens in die Hauptschlagadern (Arterien) getrieben, aus denen es durch
unendliche Verzweigungen im ganzen Körper vertheilt wird.
Wir haben noch zu erklären, wie die im Blut enthaltenen Substanzen zum Wachsthum des
Körpers, zur Wiederherstellung der durch die Arbeit erschöpften Kräfte und zur
Erzeugung der thierischen Wärme beitragen.
Betrachten wir zuvörderst die Bestandtheile des Bluts: vor allem finden wir darin Fibrin und Albumin (Faserstoff
und Eiweißstoff). Das erstere ist eine faserige Substanz, welche sich, sobald das
Blut aus dem Körper getreten ist, sogleich vom flüssigen Theil abscheidet. Das
zweite bleibt in der Flüssigkeit aufgelöst, und gerinnt erst bei einem gewissen
Wärmegrad, ganz wie das Weiße vom Ei, mit welchem es gleiche Zusammensetzung hat.
Merkwürdig ist, daß das thierische Fibrin und Albumin fast ganz zusammengesetzt sind
wie das Fibrin, Albumin und Caseïn der Pflanzen.
Das Blut enthält wohl auch Caseïn, welches identisch mit dem
Pflanzencaseïn ist; hauptsächlich findet man aber diese Substanz in der
Milch, welche lediglich in eine nährende Flüssigkeit umgewandeltes Blut ist.
Ferner findet man in dem flüssigen Theil des Bluts: Kochsalz, phosphorsaures Natron,
phosphorsaure Magnesia, phosphorsauren Kalk, schwefelsaures Kali und sogar
Kieselerde. Endlich enthält es das Fett und den Zucker, welche bei der Verdauung
assimilirt wurden, und manchmal eine kleine Menge kürzlich absorbirter geistiger
Flüssigkeiten.
Der Farbstoff des Bluts besteht in einer besondern Substanz, welche Eisenoxyd in
Verbindung mit organischen Stoffen zur Grundlage hat.
Die stickstoffhaltigen und die stickstofffreien Bestandtheile des Bluts haben, wie
wir sogleich sehen werden, einen sehr verschiedenen Zweck.
Es ist erwiesen, daß der Zucker, die geistigen Flüssigkeiten und ein Theil der Fette
im Blute verschwinden, ohne eine Spur zurückzulassen; während man die
stickstoffhaltigen Materien in allen Organen des Körper wieder trifft; die Chemiker
haben jetzt auch die Gewißheit erlangt, daß die stickstofffreien Bestandtheile
unserer Nahrungsmittel keine andere Bestimmung haben, als von dem Sauerstoff,
welcher dem Blute beigemischt ist, verbrannt zu werden, und so die thierische Wärme zu erzeugen. Das Fett ist der einzige
stickstofffreie Körper, welcher nicht ganz zerstört wird; denn ein Theil desjenigen,
welches wir mit der Nahrung zu uns nehmen, setzt sich im Fettgewebe, in der
Hirnsubstanz und in der Milch, wenn solche secernirt wird, ab.
Das pflanzliche und thierische Albumin, Fibrin und Caseïn, welche ohne irgend eine Veränderung in das
Blut übergehen, sind zur Erneuerung der Muskeln, der Nerven, der Sehnen, der
Membranen bestimmt, und aller Organe, welche sich durch körperliche Anstrengungen
oder durch geistige Arbeit erschöpfen.
Die Kieselerde, welche man besonders im Blute der Vögel findet, dient zur Bildung
ihres Gefieders, welches eine beträchtliche Menge Kieselerde enthält.
Die im Blut aufgelösten Kalksalze bilden das Knochengerüst, und man findet sie auch
im Muskelfleisch zugleich mit den Kali- und Magnesiasalzen.
Was die Phosphorsäure anbelangt, so wird sie im Körper theilweise reducirt, und der
so entstandene Phosphor setzt sich in großer Menge im Gehirne ab.
Wir wollen nun aus dem Vorhergehenden einige Schlüsse ziehen und zuvörderst folgende
Erfahrungssätze aufstellen:
1) Dem arbeitenden Menschen oder Thier können seine Kräfte nur durch
stickstoffhaltige Nahrung ersetzt werden, und zwar ist von solcher eine der
verrichteten Arbeit proportionale Menge erforderlich. Einem aus irgend einem Grunde
unthätigen Wesen hingegen genügt eine ganz stickstofffreie oder mit wenigen
stickstoffhaltigen Bestandtheilen vermischte Nahrung.
2) Die Existenz des Thierreiches ist von derjenigen des Pflanzenreichs abhängig, weil
der thierische Organismus für sich selbst keinen seiner plastischen Nahrungsstoffe
schaffen kann, und sie im Pflanzenreich fertig vorfindet, welches sie mit den in der Luft, dem
Wasser und der Erde enthaltenen Materialien zusammensetzt.
Man hat beobachtet, daß der Bär und das Murmelthier, welche den Winter über schlafen,
mehrere Monate lang aller Nahrung entbehren können; aber während ihres Schlafes
verbrennt der Sauerstoff, welchen sie einathmen, das Fett, welches sie den Sommer
über in ihrem Körper angehäuft haben, und gerade die durch diese innere Verbrennung
entstehende Wärme setzt sie in Stand die Kälte des Winters zu ertragen.
Die Erfahrung lehrte den Menschen den relativen Werth aller Nahrungsmittel, und die
Chemie hat dargethan, daß dieser Werth von ihrem Stickstoffgehalt abhängt. Ehe wir
in die Details über diesen Gegenstand eingehen, wollen wir untersuchen was aus den
im Blut enthaltenen Stoffen wird, nachdem sie ihre Wirkung gethan haben.
Die Chemie lehrt uns, daß die Verbrennung des Stärkmehls, des Gummis und des Zuckers
nur Kohlensäure erzeugt, während die Verbrennung der Fette und der geistigen
Flüssigkeiten überdieß Wasser erzeugt.
Der Erfolg ist derselbe, wenn diese Körper im Blut verbrennen; dieß beweist die große
Menge Kohlensäure, welche wir durch die Lungen von uns geben, während durch die Haut
ein Quantum Wasser verdunstet, wovon sich nur wenige Personen einen Begriff
machen.
Die stickstoffhaltigen Materien werden, nachdem sie zur Erneuerung unserer Organe
gedient haben, endlich ebenfalls im Blut verbrannt, und erzeugen durch ihre
Vereinigung mit Sauerstoff den Harnstoff, den Hauptbestandtheil des Harns, welcher
sich vom Blute in den Nieren absondert, diesem wahrhaften Filter, in welchem das
Blut, ehe es in die Circulation zurückkehrt, alle Stoffe absetzt, die in ihm unnütz
oder schädlich geworden sind. Die Blase nimmt endlich alle diese Rückstände auf, um
sie nach außen zu ergießen.
Wir wollen uns endlich specieller mit den Substanzen beschäftigen, welche zum
Unterhalt des Lebens und zur Wiederherstellung der Kräfte beitragen. Dieß sind die
Luft, das Wasser, die Milch, die Eier, das Fleisch, die Gräser (Gramineen), Hülsenfrüchte (Leguminosen), Kartoffeln, die
Gallerte und dann noch nebenbei der Wein, Thee und Kaffee.
Die Luft. – Wir wissen jetzt, daß die ganze
Wirkung der Luft beim Athmungsproceß dem Sauerstoff zuzuschreiben ist; auch wurde
ermittelt, daß ein erwachsener Mensch, welcher gesunde Lungen hat und sich Bewegung macht, in 24
Stunden 750 Liter oder beiläufig 1 Kilogr. Sauerstoff in sich aufnimmt. Wenn er
weniger einathmete, so würde er, indem er fortführe Nahrung zu sich zu nehmen, bald
ernstlich erkranken, weil sich Substanzen im Blut anhäufen würden, welche in
demselben verbrannt werden müssen, um sich entleeren zu können.
Da ein Theil des von uns eingeathmeten Sauerstoffs im Körper in Kohlensäure
verwandelt wird, welche durch die Lungen austritt, so muß die Luft eines Zimmers
durch das Athmen der darin sich befindenden Personen verdorben werden, daher es
nothwendig wird, sie zu erneuern.
Welche Temperatur die Luft auch haben mag, so erhält sich die Wärme des menschlichen
Blutes doch bestänig zwischen 38 und 39° C. (30 2/5 und 31 1/2° R.);
auch müssen wir, um den Wärmeverlust des Körpers im Winter auszugleichen, unserer
Nahrung mehr brennbare Substanzen beimischen, als im Sommer; in unserm Clima
gebraucht man hiezu die geistigen Getränke, welche diese Wirkung hervorbringen,
während gewisse nordische Völker denselben Zweck dadurch erreichen, daß sie eine
große Menge von Fett verzehren. Im Sommer hingegen erzeugt sich im Körper mehr Wärme
als erforderlich ist, um das Blut auf seinem normalen Wärmegrad zu erhalten; es
verdunsten dann die wässerigen Theile in größerer Quantität durch die Haut, wir
empfinden das Bedürfniß sie zu ersetzen und trinken mehr Wasser als im Winter.
Ein zu Bett liegender Kranker, welcher keine Kraft verbraucht und keinen Wärmeverlust
erleidet, kann mit einer sehr kleinen Menge stickstoffhaltiger Nahrung leben; da er
jedoch beständig athmet, so muß er stickstofffreie Nahrung, wie Gummi oder Zucker,
nehmen, bloß um dem eingeathmeten Sauerstoff eine verbrennliche Materie zu
liefern.
Wir müssen die Gesetze bewundern, welche das Gleichgewicht der Elemente in der Natur
beherrschen, wenn wir wahrnehmen, daß die von den Thieren ausgeathmete Kohlensäure
das luftförmige Nahrungsmittel der Pflanzen ist, und daß die Pflanzen, indem sie den
Kohlenstoff dieses Gases sich einverleiben und der Atmosphäre ihren Sauerstoff
zurückgeben, zum Lebensunterhalt der Thiere beitragen; in Folge dieses gegenseitigen
Austausches bleibt sich auch die Zusammensetzung der Luft beständig gleich.
Die Luft ist das natürliche Vehikel aller sowohl pflanzlichen als thierischen
Ausflüsse; so sehr sie zur Vermehrung unserer Genüsse beiträgt, führt sie uns daher
doch nicht selten Krankheitskeime zu.
Je mehr die Luft mit Feuchtigkeit geschwängert ist, desto mehr nimmt sie von
fremdartigen Körpern auf; daher haben die Jagdhunde für das Wild nie einen feinern
Geruch als bei feuchter Witterung.
Nichts ist der Gesundheit nachtheiliger als eine kalte und feuchte Luft, denn sie
verhindert die Transpiration der Haut und treibt eine Quantität Feuchtigkeit, welche
auf diesem Wege austreten sollte, in den Körper zurück.
Die durch unser eigenes Athmen erzeugte Kohlensäure, sowie die durch Beleuchtung und
Heizung unserer Wohnungen in der Luft verbreitete, ist ein wahres Gift; daher die
Blässe und schwache Gesundheit der Personen, welche den Tag über schlafend, ihre
Nächte in mit Menschen angefüllten Räumen zubringen, wo viele Lichter brennen; daher
auch das Kopfweh, welches man empfindet, wenn man die Klappe der Ofenröhren zu früh
schließt, weil dann das durch die langsame Verbrennung der Kohlengluth sich
erzeugende Gas nicht in den Schornstein aufsteigen kann und sich im Zimmer
verbreitet.
Auch den Geruch der Abtritte muß man in Wohnungen zu verhüten suchen, weil er von
einem giftigen Gas, dem Schwefelwasserstoff, herrührt.
Das Vorhergehende genügt, um den Einfluß der Luft auf die Gesundheit des Menschen und
der Thiere nachzuweisen, und zu zeigen, wie wichtig es ist, von unsern Wohnungen
alles fern zu halten, was die Reinheit dieses für unser Leben unentbehrlichen
Elements beeinträchtigen könnte.
Das Wasser. – Zwei Volume Wasserstoff, mit einem
Volum Sauerstoff verbrannt, bilden die im organischen Reich am meisten verbreitete
Substanz, das Wasser. Der Körper der Thiere und der Pflanzen ist als eine
Vereinigung von Gefäßen zu betrachten, in welchen unaufhörlich sehr verschiedene
Flüssigkeiten circuliren, die zur Unterhaltung des Lebens beitragen; auch beträgt
das Wasser drei Viertel des Gewichts vom Körper der Thiere; die Gemüser enthalten
davon bis vier Fünftel ihres Gewichts. Das Wasser dient aber nicht nur dazu, den
organischen Materien Beweglichkeit zu geben, sondern es ist auch ein Vehikel für
viele Substanzen, welche es aus dem Boden zieht und den Pflanzen und Thieren
zuführt.
Das Wasser enthält oft mehr als das Viertel seines Volums Luft, welche überdieß viel
reicher an Sauerstoff ist als die atmosphärische Luft. Man kann sich hiernach einen
Begriff von der großen Menge Sauerstoff machen, die in den Körper desjenigen kömmt, der
viel Wasser zu trinken pflegt. Falls die Lebensorgane schwach sind, wo ein solches
Uebermaaß von Sauerstoff schädlich seyn könnte, muß man in das Wasser, ehe man es
trinkt, eine glühende Kohle werfen, um ihm einen Theil seines Sauerstoffs zu
entziehen und es zugleich etwas zu erwärmen.
Das Wasser enthält auch Kohlensäure in wandelbarer Menge, wovon man sich überzeugen
kann, wenn man etwas klares Kalkwasser hineinschüttet, wodurch ein Niederschlag von
kohlensaurem Kalk entsteht.
Durch Vermittelung der Kohlensäure kann das Wasser viele Substanzen aufgelöst
erhalten, die sich sonst nicht darin auflösen würden, wie Kreide, Gyps, Eisen,
Kieselerde etc.
Es ist erwiesen, daß der kohlensaure Kalk, welchen Menschen und Thiere durch das
Wasser in sich aufnehmen, für die Bildung der Knochen unentbehrlich ist, namentlich
wenn die Beschaffenheit der Nahrungsmittel dieser Lebensbedingung nicht ganz genügt.
Der Gyps kann dazu nicht dienen, was ihn nicht nur unnütz, sondern dem Verdauungsact
noch schädlich macht.
Wenn das Wasser zu viel Kalksalze enthält, so werden diese dem Kochen gewisser Gemüse
hinderlich; diesem Uebelstand ist aber leicht dadurch abzuhelfen, daß man das
Wasser, ehe man das Gemüse hineinthut, kochen läßt, oder ihm etwas krystallisirtes
kohlensaures Natron zusetzt.
Wenn das Eisen im Wasser durch Kohlensäure aufgelöst ist, so ist es der Gesundheit
eher nützlich als schädlich, weil bekanntlich dieses Metall ein Bestandtheil des
Bluts ist. Ist es aber durch Schwefelwasserstoff aufgelöst, so schmeckt das Wasser
nicht nur unangenehm, sondern ist auch ungesund.
Kieselerde ist in vielen fließenden Wässern aufgelöst; ihre Gegenwart ist
vortheilhaft zur Bewässerung der Wiesen, indem sie zur Entwickelung der Gramineen
(Gräser) ebenso beiträgt, wie die Kreide zum Wachsen der Hülsenfrüchte.
Alle Brunnenwässer enthalten Kochsalz, sowie Magnesia- und Kalisalze, welche
alle in der thierischen Oekonomie eine mehr oder weniger große Rolle spielen.
Man glaubte zu beobachten, daß ein starker Magnesiagehalt des Bodens die Entwickelung
des Kropfes begünstige; zum Glück befindet sich in den meisten Gegenden das
Heilmittel neben dem Uebel, indem das Wasser Jod enthält, welches die Wirkung der
Magnesia wieder aufhebt.
Man trifft selten ein Wasser, welches nicht auch thierische und pflanzliche Stoffe
aufgelöst enthielte; dadurch verdirbt es in den Gefäßen, worin man es aufbewahrt,
allmählich, in welchem Falle es mittelst Filtrirens durch Kohle und Bimsstein
gereinigt werden kann.
So oft wir viel Wasser trinken, sey es reines oder in Form eines Tranks oder
Aufgusses, wird die Harn- und die Hautabsonderung angeregt; dadurch wird das
Wasser ein sehr einfaches Mittel gegen gewisse Uebel; doch muß es in solchen Fällen
ein gesundes seyn.
Man sieht also, daß das Wasser in der thierischen Oekonomie eine bedeutende Rolle
spielt, und die Gesundheit der Menschen und Thiere von demselben viel abhängiger ist
als man gewöhnlich glaubt.
Die Milch. – Da die Milch von Natur aus dazu
bestimmt ist, den Menschen und den Säugethieren bis zu einem gewissen Alter zur
ausschließlichen Nahrung zu dienen, so muß sie allen Bedingungen einer vollständigen
Ernährung entsprechen; und wirklich enthält dieselbe einen stickstoffhaltigen
Bestandtheil, Caseïn genannt, welcher sich im Körper durch bloße Umsetzung
der Molecüle in Albumin und Fibrin verwandeln kann. Ferner enthält sie die zur
Erzeugung thierischer Wärme erforderliche Menge Zucker; außerdem enthält sie so viel
Fett, als nöthig ist um alle Organe zu bilden, die solches in großer Menge führen;
endlich enthält die Milch verschiedene Salze, nämlich phosphorsauren Kalk, aus welchem sich die Knochen bilden, phosphorsaure Magnesia und phosphorsaures Kali, welche
die Bestandtheile der Muskelfaser ergänzen, sogar phosphorsaures Eisen, um das Blut zu färben, und Kochsalz, um die Elemente der Verdauung zu liefern.
100 Thle. Kuhmilch enthalten 4 Thle. Caseïn, 4 1/2 Thle. Zucker, 3 1/2 Thle.
Butter, 1/2 Thl. verschiedener Salze; der Rest ist Wasser.
Die Frauenmilch ist etwas minder nahrhaft, enthält aber mehr Zucker als die Kuhmilch.
Ziegenmilch ist nahrhafter und zugleich fetter und zuckerreicher. Eselsmilch enthält
viel weniger nahrhafte Bestandtheile, aber viel mehr Zucker.
Das Caseïn wird in der Milch durch Natron aufgelöst erhalten, während der
fette Theil sich nur in Gestalt kleiner Kügelchen schwebend darin befindet, welche
mittelst des Mikroskops deutlich gesehen werden können.
Der Milchzucker verwandelt sich leicht in Milchsäure, bloß durch eine andere
Gruppirung seiner Atome. In dem Maaße als diese Säure sich bildet, sättigt sie das
Natron, welches das Caseïn in Auflösung erhält, so daß letzteres in geronnenem Zustand
niedergeschlagen wird. Ein ähnlicher Proceß findet bei der Käsebereitung statt,
wobei das Natron durch die in der Magenschleimhaut junger Kälber enthaltene Säure
gesättigt wird; zu diesem Behufe wird die Milch aber erhitzt, wodurch ein
compacterer Niederschlag als in der Kälte erzeugt wird. Der Käse ist ein Gemenge von
Butter und Caseïn, welches allen phosphorsauren Kalk und einen Theil des
phosphorsauren Natrons der Milch enthält, was die Nahrhaftigkeit des Käses erklärt.
Der Geruch, welchen der Käse annimmt, wenn er älter wird, rührt von der Zersetzung
der Butter her, und ist hauptsächlich der Buttersäure und Caprinsäure
zuzuschreiben.
Um Butter zu machen, wird die Milch gerührt, damit die Fettkügelchen sich aneinander
hängen und in Masse vereinigen; dieß kann aber nur erreicht werden, wenn die Milch
10–12° C. (8–12° R.) Temperatur hat. Ist sie wärmer, so
sind die Kügelchen zu weich um zusammenzuhangen, während sie, wenn die Milch zu kalt
ist, nicht klebend genug sind.
Um das Sauerwerden der Milch oder ihr Gerinnen beim Sieden zu verhindern, muß man ihr
ein wenig Natronbicarbonat zusetzen.
Ein Mittel, um die Güte der Milch genau zu bestimmen, besitzt man noch nicht. Das
Aräometer kann irre führen, weil es bei einer fetten Milch ebenso weniger Grade
anzeigt, wie bei einer mit Wasser verdünnten. Auch kann man aus der Butter, welche
auf einer Milch nach einiger Zeit sich ansammelt, nicht auf deren absoluten
Buttergehalt schließen, weil mit Wasser gestreckte Milch die Butter leichter abgibt,
als unverfälschte Milch.
Da die Butter keine stickstoffhaltigen Bestandtheile enthält, so kann sie nicht als
ein die erschöpften Kräfte wiederherstellendes Nahrungsmittel betrachtet werden; sie
spielt im Organismus nur die Rolle aller anderen Fette.
Das Ei. – Da der flüssige Theil des Eies die
Bestimmung hat, den Embryo zum vollkommenen Thiere zu entwickeln, so könnte man das
Gelbe und das Weiße vereinigt als ein normales Nahrungsmittel betrachten, wenn sie
Zucker oder Stärke enthielten. Dieses zur Unterhaltung des Athmungsprocesses
dienende Nahrungsmittel fehlt hier, weil das im Ei eingeschlossene Thier durch seine
Schale hindurch Sauerstoff absorbirt, aber nicht um zu athmen und natürliche Wärme
zu erzeugen, sondern um die Zusammensetzung seiner Organe vollständig zu machen.
Vergleicht man die im Ei enthaltenen Stoffe mit der Milch, so ergeben sich folgende
Resultate: statt Caseïn ist Albumin (Eiweißstoff) durch Natron aufgelöst; statt
fertig gebildeter phosphorsaurer Salze findet man Phosphor im freien Zustand,
namentlich im Eigelb, worin er mit einem Fett verbunden ist, welches als das
Aequivalent der Butter in der Milch betrachtet werden kann. Im Uebrigen enthält das
Ei die Kali-, Natron-, Kalk- und Magnesiasalze, welche zur
Bildung aller Lebensorgane nöthig sind. Fassen wir alles zusammen, so kann das Ei
nur dann als ein vollkommenes Nahrungsmittel betrachtet werden, wenn es in
Verbindung mit Zucker oder einer stärkehaltigen Substanz consumirt wird.
Das Fleisch. – Die gasförmigen Elemente des
Muskelfleisches sind jenen des Bluts der Natur und den Mengenverhältnissen nach so
gleich, daß das Fleisch als festgewordenes Blut betrachtet werden kann. Doch findet
sich der Unterschied zwischen ihnen, daß das Fleisch durch die Milchsäure schwach
sauer, das Blut hingegen durch freies Natron alkalisch ist. Ferner sind im Fleisch
die Kalisalze vorherrschend, im Blut aber die Natronsalze; beide Körper enthalten
die phosphorsauren Salze von Kalk, Magnesia und Eisen in ziemlich gleichen
Mengenverhältnissen.
100 Thle. von seinem Fett befreites Muskelfleisch enthalten 15 bis 18 Thle. Fibrin, 3
bis 4 Thle. Albumin, 2 bis 3 Thle. auflösliche unorganische Substanzen und 77 Thle.
Wasser. Die Chemiker haben in allen Fleischarten eine eigenthümliche, nahrhafte
Substanz gefunden, welche sie Kreatin nannten; dieselbe
weicht in ihrer Zusammensetzung von den andern stickstoffhaltigen Substanzen etwas
ab und unterscheidet sich von denselben hauptsächlich durch ihre große
Auflöslichkeit in Wasser. Das Hühnerfleisch enthält am meisten Kreatin, dann kömmt
das Fleisch des Wildprets, dann das Rind-, Hammel-, Schweinfleisch und
zuletzt das Kalbfleisch und das Fleisch der Fische.
Die Meinung, daß die im organischen Gewebe des Fleisches enthaltene Gallerte die
Kräfte wieder herzustellen vermöge, ist ein Irrthum; die zur Respiration dienenden
Nahrungsmittel mag sie allenfalls vertreten; ihre Zusammensetzung ist aber von
derjenigen des Albumins und des Fibrins zu sehr verschieden, als daß sie diese
Substanzen im Körper ersetzen könnte. Durch positive Versuche, welche in Pariser
Spitälern angestellt wurden, hat man gefunden, daß die mit Knochen bereitete Brühe
durchaus nicht nahrhaft ist. Diese Substanz macht die Fleischbrühe zwar
gallertreicher und angenehmer, erhöht aber deren Nahrhaftigkeit nicht.
Ein Blick auf sämmtliche Bestandtheile des Muskelfleisches zeigt, daß die zur
Erzeugung thierischer Wärme dienenden Stoffe darin in zu geringem Verhältniß
enthalten sind. Der Mensch könnte ohne Gefahr für seine Gesundheit sich nicht
ausschließlich mit Fleisch ernähren, während dasselbe alle Bedingungen einer guten
Ernährung erfüllt, wenn er gleichzeitig stärkehaltige, schleimige, zuckerhaltige und
geistige Substanzen consumirt.
Die verschiedenen Fleischarten enthalten, ungeachtet ihres sehr verschiedenen
Aussehens und Geschmacks, dennoch Fibrin und Albumin in denselben
Mengenverhältnissen; nur das Fett und das Kreatin kommen darin in wandelbaren
Verhältnissen vor, und das Wasser ist im Fleisch der Fische in etwas größerer Menge
vorhanden als im Fleisch der Landthiere.
Bei Bereitung der Fleischbrühe kann auf zweierlei Weise
verfahren werden, je nach dem beabsichtigten Zweck:
1) Wenn man auf Kosten des Fleisches eine gute Fleischbrühe bekommen will, so muß man
das Rindfleisch in kaltes Wasser legen und das Wasser nur sehr langsam erwärmen,
damit das Kreatin, das Albumin, die Gallerte und die Kali- und Magnesiasalze
bis zu einer gewissen Tiefe des Stückes ausgezogen werden können, bevor die
Gerinnung des Albumins (Eiweißstoffes) eintritt; das bei diesem Verfahren faserig
und unverdaulich gewordene Fleisch enthält nur noch Fibrin, ein wenig geronnenes
Eiweiß und phosphorsauren Kalk.
2) Will man hingegen dem Fleische einen Theil seiner nährenden Bestandtheile und
seines Geschmacks erhalten, so muß man es sogleich in siedendes Wasser legen; das in
diesem Falle unmittelbar gerinnende Albumin verstopft alle Poren und verhindert das
Wasser bis in das Innere des Stücks einzudringen, welches dann nur die löslichen
Theile der Oberfläche verliert. Das so behandelte Rindfleisch ist zarter, saftiger
und nahrhafter; dagegen ist die Fleischbrühe minder gut. In beiden Fällen geht das
Eiweiß, welches sich im Wasser auflöst, verloren; denn die geronnenen Klümpchen,
welche es darin bildet, werden mit dem Schaumlöffel entfernt. Man macht also alle
Theile am besten zunutze, wenn man das Fleisch bratet.
Gräser (Gramineen), Hülsenfrüchte und Kartoffeln. – Wir besprechen
diese verschiedenen Nahrungsmittel in einem Capitel zusammen, um sie hinsichtlich
ihres plastischen Nahrungswerths besser vergleichen zu können. Dieser Werth hängt
ganz von ihrem Gehalt an Albumin, Fibrin und Pflanzencaseïn ab; denn wir wissen jetzt, daß der
Zucker, das Gummi, das Stärkmehl und das Fett nicht die Bestimmung haben, unsere
Kräfte wiederherzustellen, sondern thierische Wärme zu erzeugen.
Die Kartoffeln
enthalten
2 1/2
Procent
Albumin;
der Reis
enthält
8
„
Albumin und Fibrin;
das Türkischkorn
„
14
„
Albumin und Fibrin;
der Weizen
„
16–18
„
Albumin und Fibrin;
die Bohnen
enthalten
23
„
Caseïn;
die Erbsen
„
26
„
Caseïn;
die Linsen
„
37
„
Caseïn.
Alle diese Körper enthalten zwischen 40 und 80 Proc. Stärkmehl; die Kartoffel enthält
gar nur 20 bis 25 Proc. Stärkmehl. In allen hat man mehr oder weniger Fettsubstanz
gefunden; das Türkischkorn aber enthält davon am meisten. Die phosphorsauren Salze
von Kalk, Magnesia und Eisen, sowie Kali- und Natronsalze kommen ebenfalls in
allen vor, also dieselben Salze, welche sich auch im Fleische finden.
Wenn man in obiger Zusammenstellung den Weizen als Anhaltspunkt wählt, so findet man,
daß das Türkischkorn sich ihm im Nahrungswerth am meisten nähert, daß der Reis nur
die Hälfte, und die Kartoffeln ein Sechstel seines Werthes haben. Der Nahrungswerth
der Bohnen ist anderthalbmal und derjenige der Linsen zweimal so groß als der des
Weizens.
Die Rüben, der Kohl, die Gelbrüben und andere Gemüse enthalten nur 1 bis 1 1/2 Proc.
nährende Bestandtheile. Es ist eine in wissenschaftlicher Hinsicht merkwürdige
Thatsache, daß die Chinesen schon lange, ehe die Chemiker in den Erbsen das
Caseïn fanden, mit denselben Käse bereiteten. Zu diesem Behufe machen sie
damit eine durchgetriebene Brühe, aus welcher sie das Caseïn mit ein wenig
Gyps niederschlagen. Der erhaltene teigige Niederschlag wird gesalzen, geformt und
einer langsamen Gährung unterzogen, ganz wie unsere Käse.
Erfahrung und Theorie stimmen darin überein, daß ein arbeitender Mensch auf 1 Thl.
stickstoffhaltiger Nahrung 5 Thle. stärke- oder zuckerhaltiger Nahrung zu
sich nehmen muß, und dieses Verhältniß findet sich auch im Weizenmehl vor; demnach
kann das Brod als der Typus einer guten Nahrung der arbeitenden Menschen betrachtet
werden. Die Kartoffel hingegen ist, wo es sich um Wiederherstellung der erschöpften
Kräfte handelt, in keinem Falle ausreichend; wenn sie aber mit dem Fleisch verzehrt
wird, ist sie eine sehr zweckmäßige Nebenspeise.
Um das Brod zu bereiten, wird das Korn vor allem in Mehl verwandelt und zugleich die
Kleie abgesondert. In der Regel berücksichtigt man bei dieser Operation die Lehren
der Chemie nicht, wornach der stickstoffhaltige Bestandtheil (Kleber) in der Nähe
der Hülle des Kerns in größerer Menge vorkommt und gegen die Mitte zu immer abnimmt;
durch das Mahlen des Weizens werden nun 18–20 Proc. Kleie abgesondert, welche
zur Hälfte aus einem an stickstoffhaltiger Substanz zweimal so reichen Mehl besteht,
als das gewöhnliche Mehl ist, und außerdem 5 Proc. Fettsubstanz enthält. Darf man
sich also verwundern, daß die Kleie sich beim Mästen des Viehes so wirksam zeigt,
und ist nicht daraus zu schließen, daß das schwarze Brod, zu welchem gemahlene Kleie
verwendet wird, viel nahrhafter als das weiße ist?
Nachdem aus dem Mehle ein Teig bereitet ist, unterzieht man diesen der geistigen
Gährung, und wenn er sich genug gehoben hat, bringt man ihn in den Backofen. Um jene
Gährung anzuregen, wird dem Teig entweder Bierhefe oder Sauerteig zugesetzt. Die
erstere ist geistig (alkoholisch), die zweite sauer; jene wäre daher für den zu
erreichenden Zweck geeigneter, wenn der in ihr enthaltene Bitterstoff ihre Anwendung
nicht beschränken würde, daher man sich meistentheils des Sauerteigs bedient,
welcher aber, da er sauer ist, eine geschickte Behandlung erheischt, damit er im
Teige bloß die geistige Gährung veranlaßt.
Während der Gährung entwickelt sich kohlensaures Gas, welches durch das Kneten in der
Masse vertheilt wird; gleichzeitig trägt der Kleber, durch das Wasser aufgeschwollen
und der Wirkung des sich entbindenden Gases überall nachgebend, dazu bei, den Teig
im gehobenen Zustand zu erhalten, bis das Backen diesen Zustand bleibend macht. Der
innere Theil des Brods erreicht im Backofen niemals eine den Siedepunkt des Wassers
übersteigende Temperatur; diese Temperatur reicht hin, um das Stärkmehl in Gummi zu
verwandeln und verdaulicher zu machen.
Wir schließen dieses Capitel mit allgemeinen Betrachtungen über das Mästen der Thiere, wobei wir uns auf die vorhergehenden
Daten stützen.
Das Mästen ist eine abnorme Fütterungsweise, durch welche das Thier in einen
widernatürlichen Zustand versetzt wird; man muß dasselbe daher auch tödten, sobald
es den höchsten Punkt erreicht hat, weil es sonst zu Grunde gehen könnte. Die erste
Bedingung der Mästung ist – Ruhe; denn das Thier welches keine Kräfte
aufwendet, verbraucht auch keine Muskeln, und hat folglich nicht nöthig solche zu ersetzen; es verwendet
daher den größten Theil seiner Nahrung zur Vergrößerung seiner Lebensorgane und
Vermehrung des Zellgewebes; letzteres ist bestimmt das Fett aufzunehmen, welches zum
Theil von den verzehrten fetten Substanzen und zum Theil von den stärkehaltigen
Substanzen, die sich in Fett verwandelten, herrührt.
Diese Umwandlung der stärkehaltigen Stoffe in Fett müssen wir noch erklären: das
Stärkmehl, das Gummi und der Zucker enthalten Wasserstoff und Kohlenstoff in
demselben Verhältniß wie die Fette; alle drei aber enthalten viel mehr Sauerstoff
als letztere; die Verdauungsorgane haben sonach diesen Substanzen nur einen Theil
ihres Sauerstoffs zu entziehen, um Fett daraus zu machen. Da dieß aber nur dann
geschieht, wenn eine zur Bildung des Fettgewebes hinreichende Menge
stickstoffhaltiger Substanz assimilirt wird, so folgt, daß man beim Mästen das fette
oder stärkehaltige Futter immer mit der gehörigen Menge stickstoffhaltigen Futters
vermengen muß.
Nach diesen durch die Erfahrung bestättigten Grundsätzen ist die Kartoffel für sich
allein zum Mästen des Viehs nicht geeignet, während, wenn sie in Verbindung mit
Mehl, Kleie, Milch, Küchenrückständen etc. verfüttert wird, ihr Stärkmehl sich
theilweise in Fett verwandelt. Die Geschicklichkeit des Mästers besteht also darin,
die stickstoffhaltigen und die stickstofffreien Nahrungsmittel in gewissen
Verhältnissen und auf die vortheilhafteste Weise zu verbinden.
Der Wein. – Der geistige Theil des Weins ist das
Product der Zersetzung des im Traubensaft enthaltenen Zuckers; bei der Gährung
zersetzt sich nämlich 1 Atom Zucker in 1 Atom Alkohol und 2 Atome Kohlensäure, so
daß das Gewicht dieser zwei Producte zusammen wieder das Gewicht des Zuckers gibt.
Diese Zersetzung findet nur durch Vermittelung einer stickstoffhaltigen Substanz von
der Natur der sogenannten Fermente statt. Die kleinsten Theile (Molecüle) der
Fermente sind mit einander so schwach verbunden, daß sie sich beim Zutritt der Luft
leicht voneinander trennen und so in den Elementen des Zuckers, mit welchem sie sich
in Berührung befinden, eine Bewegung oder Störung hervorbringen.
Der Most läßt sich beliebig lang aufbewahren, wenn man ihn gegen den Zutritt der Luft
vollkommen verwahrt; darauf beruht auch die Kunst, Früchte und zuckerhaltige
Flüssigkeiten zu conserviren. Noch sicherer wird dieses Ziel erreicht, wenn man die
aufzubewahrende Substanz vorher auf den Siedepunkt bringt, weil bei diesem Wärmegrad
der Eiweißstoff
gerinnt, worauf der Sauerstoff der Luft weniger einwirken kann.
Bei der Gährung nimmt die stickstoffhaltige Substanz, indem sie sich mit Sauerstoff
verbindet, eine andere Beschaffenheit an, und wird unauflöslich; in diesem Zustand
bildet sie die sogenannte Hefe.
Die Gährungsstoffe sind im Traubensaft in sehr wandelbarer Menge enthalten, daher
derselbe Weine von sehr verschiedener Beschaffenheit liefert. Wenn die
Zusammensetzung des Bodens und seine Lage der Art sind, daß die Traube viel
stickstoffhaltige Substanzen aus ihm ziehen konnte und gleichzeitig sich wenig
Zucker in ihr entwickelte, so erhält man einen Wein, welcher leicht zu Essig wird;
denn dasselbe Ferment, welches die Weingährung hervorruft, veranlaßt bei
fortdauernder Einwirkung die Essiggährung; dahin gehören die meisten rothen Weine,
deren Farbstoff sehr stickstoffhaltig ist. Enthält hingegen der Most sehr viel
Zucker und wenig Ferment, so bekommt man einen Wein, der immer süß bleibt, wie
gewisse spanische und italienische Weine. Hieraus folgt, daß wenn man einen Wein
durch Zusatz von Zucker verbessern will, man ihm nicht mehr Zucker zusetzen darf,
als sich mit seinem Fermentgehalt verträgt.
Die Umwandlung des Zuckers in Alkohol und Kohlensäure ist nicht der einzige Vorgang
bei der Gährung; es findet außerdem eine Einwirkung der Pflanzensäuren auf den
entstehenden Alkohol statt, wodurch mehrere Aetherarten gebildet werden, die dem
Wein sein Bouquet geben, z.B. Oenanthäther, Essigäther, Butteräther. Diese
ätherartigen Producte entstehen nur bei niederer Temperatur, also bei langsamer
Gährung, daher der Geschmack des Weines stets leidet, wenn diese zwei Bedingungen
nicht erfüllt werden. Auch darf man die Trauben nicht zu reif werden lassen, damit
in ihnen die Pflanzensäuren nicht ganz verschwinden, welche bei der Erzeugung des
Weinbouquets eine so wichtige Rolle spielen. In den südlichen Ländern erhält man
sehr oft starke Weine ohne Bouquet, weil man die Trauben zu reif werden ließ.
Aus dem Vorhergehenden ersieht man, daß der Wein durchaus nicht geeignet ist die
Kräfte wiederherzustellen; durch seine stimulirende Wirkung auf die Verdauungsorgane
kann er jedoch eine vollständigere Assimilirung der Nahrungsmittel hervorrufen. In
geringer Menge thut er hierin ohne Zweifel bessere Dienste als in großer
Quantität.
Der Kaffee. – Die Bestandtheile des Kaffees,
welche unsere besondere Beachtung verdienen, sind 9 Proc. Pflanzencaseïn, 10
Proc. Fettstoffe
verschiedener Art und 4 Proc. Caffeïn, welches nach dem Harnstoff unter allen
organischen Substanzen am meisten Stickstoff enthält. Dasselbe wirkt sehr stark auf
die Nerven, weßhalb man den Kaffee als Gegenmittel gegen Opiumvergiftungen
anwendet.
Der Kaffee enthält soviel Pflanzencaseïn, daß man ihn hiernach als ein dem
Reis gleichkommendes Nahrungsmittel betrachten könnte, wenn man ihn eben so
gebrauchen würde wie einige orientalische Volker, welche ihn nur wenig rösten, in
feines Pulver verwandeln und den Aufguß mit dem Sah vermengt trinken, ungefähr wie
wir die Chocolade. Durch unsere Behandlung des Kaffees verlieren wir aber diesen
nahrhaften Bestandtheil, weil derselbe im Wasser unauflöslich ist. Uns ist es
vorzüglich um das Arom zu thun, welches durch das Rösten (Brennen) des Kaffees bei
einem gewissen Wärmegrad entsteht. Welcher Bestandtheil des Kaffees das aromatische
Princip desselben erzeugt, ist nicht ermittelt; jedenfalls trägt die Hornsubstanz
dieses Samens dazu bei, wahrscheinlich tragen aber mehrere Bestandtheile
gleichzeitig zur Bildung des Aroms beim Rösten bei.
Die Nervenaufregung, welche das Caffeïn hervorbringt, dürfte eine Ursache
seiner Consumtion seyn. Da nicht nur das Arom, sondern theilweise auch das
Caffeïn flüchtig ist, so muß man sowohl das Rösten als das Infundiren des
Kaffees in verschlossenen Gefäßen vornehmen, damit nichts verloren geht.
Kaffee mit Milch und Brod dazu, wird allgemein als eine gute Nahrung betrachtet,
nicht nur wegen der in der Milch und dem Brod reichlich enthaltenen Nahrungsstoffe,
sondern auch weil das Caffeïn die Verdauungsorgane zu einer vollständigeren
Assimilirung der nahrhaften Bestandtheile disponirt.
Der Thee. – Der Unterschied zwischen dem grünen
und schwarzen Thee beruht auf ihrer Behandlung beim Rösten. Ersterer wird durch
Dampf geröstet, letzterer in einem auf dem Feuer stehenden gußeisernen Becken; beide
Sorten werden, noch heiß, geknetet, damit die Blätter sich zusammenrollen.
Der Thee enthält 15 bis 18 Proc. eines Gerbestoffs, ähnlich jenem der Eichenrinde,
dann 1 1/2 bis 2 Proc. eines wohlriechenden Oels und 6 Proc. Theïn, welches
dieselben Eigenschaften und auch dieselbe chemische Zusammensetzung wie das
Caffeïn hat. Ueberdieß enthält der Thee 15 Proc. Pflanzencaseïn; da
dieser nahrhafte Bestandtheil aber in Wasser unlöslich ist, so geht er für die
europäischen Völker ganz
verloren, weil diese den Thee nur als Aufguß genießen, während die Chinesen im
Norden ein wahrhaftes Nahrungsmittel daraus bereiten, indem sie mit den dicksten
Theeblättern Kuchen anfertigen, welche sie dann an der Sonne trocknen und beim
Kochen auf verschiedene Weise zubereiten.
Die Wirkung des Theïns auf das Nervensystem ist die nämliche wie die des
Caffeïns; beim schwarzen Thee ist sie aber geringer als beim grünen, weil
sich beim Rösten im Becken aus ihm mehr verflüchtigt, als beim Rösten mittelst
Dampfes.
Da das aromatische Oel des Thees sehr flüchtig ist, so muß man ihn in verschlossenen
Gefäßen infundiren und sogleich consumiren.