Titel: | Ueber den jetzigen Zustand der Verfahrungsmethoden zur Darstellung des Silbers aus seinen Erzen; von Geh. Oberbergrath Dr. Karsten in Berlin. |
Fundstelle: | Band 126, Jahrgang 1852, Nr. LXVI., S. 355 |
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LXVI.
Ueber den jetzigen Zustand der
Verfahrungsmethoden zur Darstellung des Silbers aus seinen Erzen; von Geh. Oberbergrath
Dr. Karsten in Berlin.
Aus Karsten's Archiv Bd. XXV S. 174.
Karsten, über die neuen Methoden zur Silbergewinnung.
Die physikalischen Eigenschaften und das chemische Verhalten des Silbers
rechtfertigen die Bezeichnung desselben als edles Metall. Farbe und Glanz der
Silberarbeiten erfreuen, weit mehr als die Geräthe und Kunstwerke aus Gold, das Auge
durch die Abwechselung der matt gearbeiteten Flächen mit solchen die durch die
Politur den vollen Glanz erhalten haben. Dieß Verhalten zum Licht ist eine Folge der
Härte des Metalles, die jedoch nicht den Grad erreicht, um der Bearbeitung unter den
Händen des Künstlers hinderlich zu seyn. Nächst dem Golde übertrifft das Silber alle
anderen Metalle an Dehnbarkeit und Geschmeidigkeit. Im flüssigen Zustande sich in
alle Formen fügend, ist es weder so strengflüssig um die Schmelzung zu erschweren,
noch so leichtflüssig, um die erhaltene Form in schwacher Glühhitze wieder zu
verlieren. Es bewahrt an der feuchten Luft Glanz und Farbe und widersteht den
Einwirkungen der Pflanzensäuren.
So viele vortreffliche Eigenschaften, durch welche das Silber zu Kunstwerken und zu
Geräthen für häusliche Zwecke vorzüglich geeignet wird, erhöhen den Werth des
Silbers, der demselben als allgemeines Verkehrsmittel in der menschlichen
Gesellschaft schon seit Jahrtausenden beigelegt worden ist. Die dichterische
Bezeichnung der Zeitalter, in so ferne damit zugleich die Reihenfolge der Metalle,
in welcher sie zur Kenntniß des menschlichen Geschlechts und zu dessen Benutzung
gelangt sind, ausgedückt seyn möchte, dürfte freilich wohl einen Anachronismus
enthalten, denn ohne Zweifel ist das Kupfer den Menschen früher bekannt gewesen als
das Silber; aber die Kenntniß und die Anwendung dieses Metalles sind dennoch älter
als alle Geschichte. Das Gold, welches der Schutt zerstörter Gebirge kaum verhüllte,
als der Mensch die jungfräuliche Oberfläche der Erde betrat, mußte durch Farbe,
Glanz und Gewicht seine Aufmerksamkeit nothwendig auf sich ziehen. Auch das Kupfer
wird regulinisch in großen Massen auf der Erdoberfläche angetroffen, und es kann
kaum ein Zweifel darüber seyn, daß das eherne dem silbernen Zeitalter vorangegangen ist.
Die Gewinnung des Silbers setzt schon sehr vorgeschrittene metallurgische Kenntnisse
voraus, denn bescheiden verbirgt es sich in seinen Erzen in der Verbindung mit
anderen Mineralkörpern, welche erst entfernt werden müssen, um das edle Metall zu
erkennen und darzustellen. Das natürliche regulinische Silber scheint erst spät zur
Kenntniß der Menschen gelangt zu seyn, weil es nicht an der Erdoberfläche gefunden
und auch bei dem unterirdischen Bergbau nur als Seltenheit an das Licht des Tages
gebracht wird, wenn es auch an den wenigen Punkten, wo es bis jetzt angetroffen
ward, zuweilen in ansehnlichen Massen gewonnen worden ist. Die allgemeine
Verbreitung des mit anderen Mineralien verbundenen Silbers auf den verschiedensten
Lagerstätten, gleicht die Seltenheit des Vorkommens als regulinisches Metall
reichlich wieder aus. Die große Menge von Gold, welche Klein-Asien, der Ural
und der Altai, Peru, Brasilien und Californien, und bald vielleicht auch Australien
geliefert haben oder noch jetzt liefern, steht sehr zurück gegen die Quantitäten des
Silbers, welche aus silberarmen aber weit verbreiteten Erzen verschiedener Art in
allen Welttheilen jährlich gewonnen werden. Zu dieser Gewinnung trägt der preußische
Staat zwar nicht beträchtlich bei, indeß ist die jährliche Production nicht ganz
unbedeutend. In den zehn Jahren von 1840 bis 1849 sind in den verschiedenen
Provinzen des Staates 253,078 Mark, oder jährlich im Durchschnitt 25307,8 Mark
Silber gewonnen worden, welche mit 1905,8 Mark aus dem Schlesischen, mit 17500,7
Mark aus dem Sächsischen und mit 5901,3 Mark aus dem rheinischen Bergdistrict
erfolgt sind. Der Werth des in jenem Zeitraum im preußischen Staat gewonnenen
Silbers erreichte also durchschnittlich in einem Jahr nur die Höhe von 354,309
Thalern.
Die Geschichte hat den Namen desjenigen nicht aufbewahren können, welcher zuerst aus
dem silberhaltigen Bleiglanz das Silber darstellte, und noch weniger die Umstände
unter denen diese Entdeckung gemacht ward, welche eine lange Reihe von Jahrhunderten
hindurch die einzige Quelle für die Gewinnung der großen Silberschätze, von denen
Asien überströmte, geblieben ist. Der Bleiglanz, ausgezeichnet durch hohes
specifisches Gewicht und durch starken metallischen Glanz, mußte vor allen anderen
Erzen die Vermuthung erregen, daß er ein Metall verberge, und die Darstellung des
Metalles konnte, sobald erst die Aufmerksamkeit auf das Erz gerichtet war, bei der
einfachen Zusammensetzung desselben nicht schwierig seyn. Ein Fall aber muß zu der
absichtlich unternommenen Trennung des in dem gewonnenen Blei befindlichen Silbers geführt
haben, wenn auch diese Trennung zu den einfachsten metallurgischen Operationen
gehört und noch heute im Wesentlichen eben so ausgeführt wird, als es seit
Jahrtausenden geschehen seyn dürfte. In eine weit spätere Zeit fällt die Anwendung
der silberhaltigen Kupfererze zur Silbergewinnung, denn die Scheidung des Silbers
vom Kupfer in den silberhaltigen Kupfererzen gehört zu den schwierigen Aufgaben,
welche die Metallurgie zu lösen hat. Auch hier weiß die Geschichte nicht anzugeben
wann, wie und durch wen die Entdeckung gemacht ward, sich des Bleies oder des
Bleiglanzes zur Scheidung des Silbers aus den silberhaltigen Kupfererzen zu
bedienen. Leider weiß sie aber auch nichts von wesentlichen Verbesserungen und
Vervollkommnungen dieses Scheidungsverfahrens zu berichten, denn mit Beschämung muß
der praktische Metallurg das Bekenntniß ablegen, daß seit drei Jahrhunderten kaum
Schritte geschehen sind, um die unvollkommenen Schmelzprocesse behufs der
Silbergewinnung aus den Kupfererzen mittelst Anwendung des Bleies oder des
Bleiglanzes, durch zweckmäßigere und vollkommnere Verfahrungsarten zu ersetzen.
Das verschiedenartige Verhalten des Silbers, des Bleies und des Kupfers zum Schwefel,
welches der Behandlung der silberhaltigen Erze mit Blei und Bleiglanz zum Grunde
liegt, ist doch wenigstens seit dem Anfange dieses Jahrhunderts so genau bekannt,
daß jede Hoffnung zu einer reinen Silberscheidung und zu einer Verminderung des
großen Silber-, Kupfer- und Bleiverlustes, bei Schmelzprocessen, die
auf so mangelhaften Grundlagen beruhen, vollständig aufgegeben werden muß. Man wird
– wie es jetzt in der Grafschaft Mannsfeld mit dem günstigsten Erfolge
geschieht – genöthigt seyn, die Schmelzarbeiten auf das Rohschmelzen, nämlich
auf dasjenige Schmelzverfahren zu beschränken, mittelst dessen der Silber-
und Kupfergehalt der Erze mit Schwefel in Verbindung gebracht und die erhaltene,
unter dem Namen Stein oder Kupferstein bekannte Verbindung einer Behandlung
unterworfen wird, welche ursprüglich von einem, zuerst in Freiberg für die
eigentlichen armen Silbererze rühmlich durchgeführten modificirten amerikanischen
Amalgamationsverfahren abgeleitet worden ist und im Laufe der letzten 15 Jahre
wesentliche und wichtige Fortschritte erfahren hat.
Das amerikanische Amalgamationsverfahren bei armen Silbererzen verdient eine
besondere Beachtung; nicht wegen der Vollkommenheit des Processes, der vielmehr als
ein sehr mangelhafter anerkannt werden muß, sondern wegen der zusammengesetzten
chemischen Reactionen der dabei thätigen Stoffe. Es scheint geschichtlich nachgewiesen zu seyn, daß die
Europäer, bei ihrer ersten Ankunft in Amerika, diesen Proceß nicht vorgefunden
haben. Ebensowenig haben sie ihn aber dorthin verpflanzen können, weil er in Europa
nicht bekannt war. Nach einer Sage soll die Amalgamation der Silbererze um die Mitte
des 16ten Jahrhunderts durch einen Bergmann Medina in
Mexico erfunden seyn.
Die erste Kunde von dieser Methode das Silber aus seinen Erzen zu gewinnen, gelangte
erst in der zweiten Hälfte des 17ten Jahrhunderts nach Europa. Barba's Schrift blieb aber unbeachtet, weil man
Belehrungen aus Amerika nicht erwartete. v. Born in
Ungarn und Gellert in Freiberg erwarben sich fast
gleichzeitig, im achten Jahrzehent des vorigen Jahrhunderts, das Verdienst die
Amalgamation der Silbererze in Europa einzuführen. Zwischen der amerikanischen und
der europäischen Amalgamation findet bekanntlich der wesentliche Unterschied statt,
daß bei der ersteren das Quecksilber nicht bloß als Ansammlungsmittel für das
Silber, sondern auch zugleich als Zersetzungsmittel für die Silberverbindungen
dient, welche schon im Erz vorhanden sind oder durch Umbildungen mittelst des
Processes dargestellt werden, wogegen es bei der europäischen Amalgamation nur als
Ansammlungsmittel für das durch den Proceß gewonnene regulinische Silber verwendet
wird. Die großen Vorzüge der europäischen vor der amerikanischen Amalgamation
bestehen in der ungleich vollkommneren Ausscheidung des Silbers aus dem Erz und in
dem bedeutend geringeren Quecksilberverlust. Beide Vorzüge erklären sich vollständig
dadurch, daß bei der europäischen Methode der Schwefel einfach durch die Röstarbeit
entfernt und das im Erz befindliche Silber gleichzeitig in Hornsilber umgeändert
wird, welches durch einen zweiten Proceß mittelst Kupfer oder Eisen zerlegt und das
reducirte Silber von dem Quecksilber aufgenommen und in demselben angesammelt wird.
Bei der amerikanischen Methode muß der mit dem Silber verbundene Schwefel durch
zusammengesetzte chemische Reactionen abgeschieden, und das gleichzeitig sich
bildende Hornsilber durch Quecksilber zerlegt werden, während ein anderer Theil
Quecksilber zur Aufnahme des aus dem Hornsilber reducirten Silbers verwendet wird.
Der Grund, weßhalb die vortheilhaftere europäische Amalgamation in Amerika noch
nicht eingeführt ist, mag theils in dem Umstande zu suchen seyn, daß zur Ausführung
des unvollkommenen amerikanischen Processes weder besondere Gebäude noch
Maschinenvorrichtungen erforderlich sind, die dort schwer zu beschaffen seyn würden,
theils weil es an Brennmaterial fehlt, welches zur Ausführung des Röstprocesses nicht
herbeigeschafft werden kann.
Als ich vor 23 Jahren der königl. Akademie die Grundsätze vorlegte, auf welchen der
amerikanische Amalgamationsproceß beruht, machte ich auf die damals unbekannte
Wirkung des Kochsalzes aufmerksam, insofern es theils zur Bildung des Kupferchlorids
im Magistral, theils und besonders zur Auflösung des Hornsilbers verwendet wird und
den Proceß beschleunigt. Die Kenntniß dieses Verhaltens des Kochsalzes zum
Hornsilber ist nicht ohne Nutzen für die europäische Amalgamation geblieben, indem
Hr. Augustin in Eisleben die
ganz richtige Anwendung dieser Thatsache erfaßte und die Kochsalzauflösung selbst
als das Ansammlungsmittel für das Hornsilber benutzte. Es war überflüssig, das
Silber in der Kochsalzauflösung den Weg durch das Quecksilber nehmen zu lassen. Es
bedurfte nichts weiter als die silberhaltige Salzsolution durch Auslaugen mit neuer
gesättigter Kochsalzauflösung von der entsilberten Erzmasse zu trennen und das
Silber aus der Flüssigkeit durch Eisen und Kupfer unmittelbar zu fällen.
Dieß einfache Verfahren, bei welchem jeder Quecksilberzusatz überflüssig ist,
vertritt die Stelle der Amalgamation und ist mit großem Vortheil auf der
Gottesbelohnungshütte bei Hetstädt angewendet worden. Die Uebertragung dieses
Verfahrens auf die amerikanische Amalgamation, bei welcher die Incorporation der mit
Magistral und Kochsalz behandelten Montone mittelst einer gesättigten
Kochsalzauflösung, statt mit Quecksilber, vorzunehmen wäre, ist unausführbar, weil
das Quecksilber, wie vorhin erwähnt, nicht bloß als Ansammlungsmittel für das aus
dem Hornsilber reducirte Silber verwendet, sondern auch als Mittel zur Zersetzung
der Erze selbst benutzt werden muß. Die richtige Erkenntniß des amerikanischen
Amalgamationsprocesses hat also zu einer wesentlichen Vereinfachung des früheren
europäischen Amalgamations-Verfahrens führen können.
Heute bin ich genöthigt, die Reactionserfolge auf denen die amerikanische
Amalgamation beruht, noch einmal vertheidigen müssen. Eine umfangreiche und mit dem
größten Detail ausgestattete Abhandlung, gibt mir dazu die Veranlassung. Bei der
großen Wichtigkeit, welche eine richtige Ansicht der Erfolge bei dem Proceß der
Amalgamation dem Metallurgen gewährt, scheint es mir nothwendig, die Irrthümer in
welche der praktische Hüttenmann durch jene Abhandlung leicht gerathen könnte,
möglichst bald aufzudecken. Es kommt hierbei nur darauf an, die Reactionen zu
kennen, welche die bei dem Proceß der amerikanischen Amalgamation möglicherweise mit
einander in Wechselwirkung tretenden Körper auf einander ausüben. Wären die
Reactionen, welche von den Verfassern jener Abhandlung angegeben werden, die
richtigen, so würde die Theorie des Amalgamationsverfahrens ganz verkannt worden
seyn und auf ein neues Feld der Untersuchungen verwiesen werden müssen. Die
chemischen Reactionen der hier folgenden Körper umfassen alles was zur Erkenntniß
und Beurtheilung der Theorie des amerikanischen Amalgamationsprocesses erforderlich
ist. Die Versuche wurden sämmtlich in der mittleren Temperatur, zwischen 12 und
20° C. schwankend, angestellt.
Kupferchlorid und regulinisches
Silber. Ist das Chlorid in Ammoniak aufgelöst, so erfolgt keine Einwirkung.
Wird Wasser, oder eine Kochsalzauflösung in Wasser als Auflösungsmittel für das
Chlorid angewendet, so ändert sich das Silber in Hornsilber und das Chlorid in
Chlorür um.
Die Zersetzung erfolgt sehr langsam bei der Anwendung von Wasser und wird durch
Zusatz von Kochsalz ungemein beschleunigt.
Kupferchlorid und Kupfer. Das
Chorid mag in Ammoniak, in Wasser oder in einer Kochsalzauflösung aufgelöst seyn, in
allen Fällen nimmt die Flüssigkeit in kurzer Zeit so viel regulinisches Kupfer auf,
als zur Umänderung des Chlorids in Kupferchlorür erforderlich ist.
Kupferchlorid und Zink. Das
Zink schlägt unter allen Umständen das Kupfer regulinisch aus der Auflösung
nieder.
Kupferchlorid und Eisen. Ist
das Chlorid in Ammoniak aufgelöst, so zeigt sich nach Verlauf von mehreren Wochen
keine Einwirkung. Aus einer wässerigen oder mit Kochsalz versetzten Auflösung des
Chlorids wird das Kupfer nur langsam und unvollständig niedergeschlagen.
Ebenso wie das Eisen verhalten sich Blei, Wismuth, Zinn
und Arsenik zu den Auflösungen des Kupferchlorids in
Ammoniak. Die wässerige Auflösung des Kupferchlorids wird in Chlorür umgeändert,
insofern nicht – wie ich schon früher mitgetheilt habe – das Kupfer
regulinisch gefällt wird.
Kupferchlorid und Schwefelsilber. Ist das Chlorid in Ammoniak aufgelöst, so erfolgt keine
Einwirkung. Wenn Wasser als Auflösungsmittel angewendet ward, so ließ sich,
wenigstens nach Verlauf von vier Monaten und bei von Zeit zu Zeit vorgenommenem
Umschütteln des
Gemenges, eine Einwirkung nicht bemerken. Wird aber eine gesättigte
Kochsalzauflösung als Auflösungsmittel für das Kupferchlorid angewendet, so tritt
nach einigen Tagen eine sehr langsam fortschreitende unvollständige Zersetzung ein,
indem Hornsilber und Kupferchlorür gebildet und der Schwefel im Schwefelsilber
wahrscheinlich in Substanz abgesondert wird. Der Vorgang bei diesem langsam
fortschreitenden Zersetzungsproceß läßt sich schwer beurtheilen, weil auch das
Kupferchlorür in dem Verhältniß als es gebildet wird, auf das Schwefelsilber
einwirkt, wenn gleich die Einwirkung langsamer als die des Chlorides erfolgt.
Das Schwefelsilber war künstlich bereitet.
Kupferchlorid und Schwefelkupfer. Letzteres ebenfalls künstlich bereitet, also in dem
Verbindungsverhältniß des Kupfers zum Schwefel, wie es bei dem Kupferglanz
stattfindet. – Ist das Chlorid in Ammoniak aufgelöst, so war nach Verlauf von
zwanzig Wochen, während welcher Zeit das Gemenge oft umgeschüttelt ward, keine
Einwirkung zu bemerken. Die Auflösung des Chlorids in Kochsalzsolution gibt aber
bald eine Einwirkung durch Bildung von Kupferchlorür zu erkennen, welches unzersetzt
bleibt, wenn das Gefäß hinreichend fest verschlossen ist, um den Zutritt der
atmosphärischen Luft abzuhalten. Eine vollständige Zersetzung des Schwefelkupfers
hat nicht gelingen wollen und würde wahrscheinlich eine außerordentlich lange Zeit
erfordern. Ob der Schwefel in Substanz ausgesondert wird, oder ob sich ein Theil des
Schwefelkupfers auf eine höhere Schwefelungsstufe stellt, ist daher schwer zu
entscheiden.
Kupferchlorid und Schwefelzink. Natürliche Blende. Die Auflösung des Chlorids in Ammoniak, in
Wasser und in Kochsalz wird langsam zersetzt. Wahrscheinlich findet ein völliger
Umtausch der Bestandtheile statt, indem Chlorzink, Kupferchlorür und Schwefelkupfer
gebildet werden.
Kupferchlorid und Schwefelblei. Natürlicher Bleiglanz. Die Auflösung des Chlorids in Kochsalz
wird nur überaus langsam und unvollständig zersetzt, unter Bildung von Kupferchlorür
und Chlorblei.
Kupferchlorid und zusammengesetzte silberreiche
Schwefelmetalle. Die Auflösung des Chlorids in Kochsalz zersetzt schon in wenigen
Tagen das Spröd-Glaserz, das Rothgülden- und das Fahlerz. Letzteres
erfordert am meisten Zeit. Es werden Kupferchlorür und Hornsilber gebildet.
Kupferchlorid und Hornsilber
sind ohne Einwirkung auf einander, sie mögen in Ammoniak oder in einer concentrirten
Kochsalzauflösung aufgelöst seyn.
Kupferchlorür und Hornsilber.
Sind beide Substanzen, oder nur eine von ihnen in Ammoniak aufgelöst, so wird das
Kupferchlorür augenblicklich in Chlorid umgeändert und das Silber vollständig im
regulinischen Zustande niedergeschlagen. Ist einer von beiden Körpern in
concentrirter Kochsalzauflösung und der andere in Ammoniak aufgelöst, so ist der
Erfolg derselbe. Werden aber beide Körper in Kochsalz aufgelöst zusammengebracht, so
erfolgt ebensowenig eine Einwirkung als bei der Anwendung des reinen Wassers als
Auflösungsmittel für das Chlorid.
Kupferchlorür und Schwefelsilber. Ist Ammoniak zugegen, so hat sich nach Verlauf von sechs
Wochen keine Einwirkung gezeigt. War aber das Kupferchlorür in Kochsalzsolution
aufgelöst, so wird schon nach einigen Tagen Hornsilber in der Flüssigkeit und
Schwefelkupfer im Bodensatz angetroffen.
Kupferchlorür und Schwefelzink. Das Chlorür wird unter Bildung von Chlorzink zersetzt, das
Kupfer regulinisch und der Schwefel in Substanz abgesondert.
Kupferchlorür und Schwefelkupfer,
Schwefelwismuth, Schwefelantimon sind ohne Wirkung aufeinander.
Schwefelkupfer und Hornsilber. Ist letzteres in Ammoniak
aufgelöst, so tritt die Zersetzung bald ein, unter Bildung von regulinischem Silber,
von Chlorkupfer und Schwefelkupfer. War das Hornsilber in Kochsalz aufgelöst, so
findet keine Einwirkung statt.
Schwefelzink und Hornsilber.
Bei Anwesenheit von Ammoniak wird sehr bald Chlorzink gebildet; das Silber scheint
sich mit dem Schwefel zu vereinigen. Ist das Hornsilber in einer Kochsalzauflösung
mit dem Schwefelzink in Wechselwirkung gebracht, so wird die Einwirkung auf das
Schwefelzink verzögert.
Schwefelblei so wenig als Schwefelwismuth zeigen eine Einwirkung auf das Hornsilber, es mag Ammoniak
oder Kochsalz zur Auflösung desselben angewendet werden.
Aus diesen Erfolgen geht unzweifelhaft hervor, daß bei dem amerikanischen
Amalgamationsproceß nicht eine einzige Reaction stattfindet, bei welcher regulinisches Silber gebildet werden könnte, sondern daß die Bildung des
Hornsilbers das einzige Resultat des Processes ist. Die Theorie der Amalgamation
wird also, ungeachtet der ihr entgegenstehenden Angaben der Herren Malaguti und Durocher,
unverändert so bleiben, wie sie schon vor 23 Jahren begründet ward, nur bürste sie
hinsichtlich der damals übersehenen Reaction des Kupferchlorürs auf das
Schwefelsilber eine kleine, jedoch wenig wesentliche Erweiterung erleiden, denn das
Chlorür ändert sich, bei dem nicht zu verhindernden Zutritt der atmosphärischen
Luft, schnell in ein Oxydchlorür um, dessen Wirkung auf das Schwefelsilber noch
problematisch ist.
Verhält es sich aber so mit dem Verlauf des Processes, so leuchtet es ein, daß sehr
reiche Rückstände und ein sehr großer Quecksilberverlust die nothwendige Folge des
Verfahrens seyn müssen. Der größte Theil des aus dem Erz gewonnenen Silbers wird
unbezweifelt durch die unmittelbare Einwirkung des Quecksilbers auf das
Schwefelsilber in das Quecksilber gebracht. Selbst eine Vervollkommnung des
amerikanischen Amalgamationsprocesses erscheint sehr zweifelhaft, und könnte
vielleicht nur darin gefunden werden, daß die Incorporation der Montone erst nach
erfolgter Einwirkung des Kochsalzes und des Magistrals vorgenommen, also möglichst
lange verschoben und daß bei der Incorporation nicht bloß Quecksilber, sondern
zugleich ein Zusatz von Eisen, in der Gestalt von Feilspänen oder von zerstückten
Eisenblechen angewendet wird. Am wenigsten darf man sich der Hoffnung hingeben, die
Entsilberung der Erze durch Kochsalz und Magistral bewirken zu können und das
Quecksilber durch eine gesättigte Kochsalzauflösung zu ersetzen. Enthalten die durch
das amerikanische Amalgamationsverfahren zu entsilbernden Erze zugleich
silberhaltige Kupfererze, so werden die letzteren nur einen geringen Beitrag zu der
Silberausbeute liefern, nämlich nur in dem Verhältniß, in welchem die Zerlegung des
Erzes durch das Kupferchlorid erfolgt. Zu einer vollständigen Zerlegung würden aber
ungleich größere Zusätze von Magistral erforderlich seyn, als man mit Rücksicht auf
die eigentlichen Silbererze und zur Vermeidung eines außerordentlich großen
Quecksilberverlustes anwenden darf.
Aeußerst einfach und in hohem Grade vortheilhaft, sowohl hinsichtlich des
Silberausbringens als des Quecksilberverlustes – welcher nur durch
Verzettelung und nicht durch chemische Reactionen herbeigeführt wird – stellt
sich, im Vergleich mit der amerikanischen, die Freiberger
Silbererz-Amalgamation dar. Eine noch größere Vereinfachung würde diese ohne
Zweifel erhalten, wenn statt der Amalgamation die Extraction mit concentrirter
Kochsalzauflösung eingeführt würde. Es ist indeß zu berücksichtigen, daß die völlige
Umwandlung eines Verfahrens, welches mehr als ein halbes Jahrhundert lang mit
Vortheil angewendet ist, und zu dessen Ausführung die erforderlichen eigenthümlichen
und kostbaren Einrichtungen getroffen sind, nicht sogleich erfolgen kann. Bei aller
Vollkommenheit dieses Processes bleiben doch immer noch 1/4 bis 1/2 Loth Silber im
Centner der entsilberten Rückstände zurück. Dieser Silberverlust wird durch die
Röstarbeit herbeigeführt und wahrscheinlich dadurch veranlaßt, daß das Silber der
Einwirkung des Chlors entgeht. Das Silber wird daher entweder im regulinischen
Zustande, oder als Silberoxydsilicat in den Rückständen vorhanden seyn. Dieser
Silberrückstand ist daher durch die Extraction noch weniger als durch die
Amalgamation zu gewinnen, insofern sich annehmen läßt, daß die kleinen mit Schmutz
überzogenen Silberflimmern bei der Amalgamation doch wenigstens theilweise von dem
Quecksilber aufgenommen werden könnten. Durch eine sorgfältige Röstarbeit wird der
Verlust zwar vermindert, aber niemals ganz beseitigt werden. Wollte man die
Rückstände vollständig entsilbern, so würden sie mit Kupferchlorid zu behandeln und
dann mit gesättigter Kochsalzauflösung auszulaugen seyn. Die ökonomischen
Verhältnisse dieser Nacharbeit lassen sich im voraus nicht bestimmen.
Der überwiegend größere Theil des Silbers, welches jährlich, wenigstens in Europa
gewonnen wird, erfolgt nicht aus Silbererzen, sondern aus silberhaltigen
Blei- und Kupfererzen. Für die reichen Silbererze gibt es keine
vortheilhaftere Behandlung als die Verbleiung. Arme Silbererze werden, nach dem
jetzigen Erkenntnißumfange der metallurgischen Praxis, durch das
Extractionsverfahren am vortheilhaftesten zu entsilbern seyn. Das letztere Verfahren
ist es aber auch, welches bei den silberhaltigen Kupfererzen nur allein in Anwendung
kommen sollte, um die Verbleiungsarbeiten zu beseitigen, welche, sie mögen
unmittelbar bei dem Erzschmelzen, oder bei dem Steinschmelzen, oder bei der
Behandlung des Rohkupfers in Anwendung kommen, immer in gleicher Weise zu den
unvortheilhaftesten Resultaten führen und an die Kindheit der Metallurgie erinnern.
Die dem Extractionsverfahren vorangehende Rohschmelzarbeit gewährt außerdem den
großen Vortheil, daß dadurch der Silbergehalt der Erze am vollständigsten in dem
Kupferstein, also in dem Material für die Extrationsarbeit, angesammelt wird. Eine
noch größere Vereinfachung wird das mit der Roharbeit zu verbindende
Extractionsverfahren erhalten, und mit noch günstigerem ökonomischen Erfolge in
Anwendung gebracht werden, wenn – woran kaum mehr zu zweifeln ist –
bei der Röstarbeit auch die Umwandlung des Schwefelsilbers im Kupferstein im
Hornsilber umgangen und der bei der Röstarbeit aus dem Schwefelsilber dargestellte
Silbervitriol durch einfaches Auslaugen gewonnen wird. Es wird dann, statt der
gesättigten Kochsalzauflösung, nur des reinen heißen Wassers bedürfen, um eine
Auslösung des Silbervitriols zu erhalten, aus welcher das Silber durch Kupfer und
Eisen auf dem einfachsten Wege gefällt wird. Hr. Ziervogel auf der Gottesbelohnungshütte bei
Hetstädt hat von dem Verhalten des Silbervitriols, später und in höherer Temperatur
als die anderen beim Rösten sich bildenden schwefelsauren Metallsalze zersetzt zu
werden, die sinnreiche und richtige Anwendung gemacht, die Röstung nur bis zur
Zersetzung der mit dem schwefelsauren Silberoxyd sich bildenden schwefelsauren Salze
fortzuführen und die Röstarbeit zu unterbrechen, wenn die Zersetzung des
Silbervitriols eintritt.
Das vortheilhafte Verfahren setzt eine höchst sorgfältig geführte Röstarbeit voraus.
Bis jetzt hat eine vollständige Entsilberung des
Kupfersteins auf diesem Wege noch nicht stattgefunden, indem der Rückhalt an Silber
in dem aus den entsilberten Rückständen dargestellten Kupfer noch 1 1/2 Loth im
Centner betragen hat. Dieser Silberverlust ist unbezweifelt eine Folge der zu hoch
getriebenen Röstarbeit. Schwerlich wird er sich ganz vermeiden lassen. Der
abgeröstete Stein würde daher, ebenso wie die Rückstände von der
Silbererz-Amalgamation, mit Kupferchlorid und gesättigter Kochsalzauflösung
behandelt werden müssen, wenn der Silberückhalt gewonnen werden soll. Daß ein
solches Verfahren mit ökonomischem Vortheil durchzuführen wäre, ist fast zu
bezweifeln.
Mag nun die eigentliche Amalgamation, oder die Extraction des bei der Röstung
darzustellenden Hornsilbers mittelst gesättigter Kochsalzauflösung, oder die
Auslaugung des durch den Röstproceß gebildeten Silbervitriols durch heißes Wasser,
den jedesmaligen örtlichen Verhältnissen angemessen, zur Gewinnung des Silbers aus
den silberhaltigen Kupfererzen, oder aus dem durch die Rohschmelzarbeit daraus
erhaltenen Kupferstein in Anwendung gebracht werden, so bleibt doch eine andere Wahl
als unter diesen drei Methoden nicht übrig. Die Entsilberung durch Blei oder durch
Bleierze, so allgemein sie leider! jetzt besteht, wird bald nur noch in der
Geschichte der Metallurgie als eine Thatsache aufbewahrt bleiben müssen, welche
einen Beitrag zu der Erfahrung gibt, daß es nicht leicht war einem alten Irrthum zu
entsagen.
Zuletzt möge die Entsilberung der silberhaltigen Bleierze noch einer kurzen
Betrachtung unterworfen werden. Eine sorgfältige mechanische Trennung derselben von
den silberhaltigen Kupfererzen, wie die verschiedene metallurgische Behandlung für
beide Fälle sie durchaus erfordert, ist ohne Schwierigkeit zu bewerkstelligen. Die
Darstellung des silberhaltigen Bleies aus dem Erz gehört zu den einfachsten
metallurgischen Operationen. Nicht minder die Scheidung des Silbers vom Blei durch
den unter dem Namen der Treibarbeit bekannten, schon seit Jahrtausenden in
Ausführung gekommenen Oxydationsproceß. Nur ökonomische Rücksichten sind es, welche
die Anwendung dieses Oxydationsprocesses bei einem sehr geringen Silbergehalt des
Bleies unausführbar machen. Sehr gelegen kam daher die von Hrn. Pattinson vor einigen Jahren
gemachte Entdeckung, daß sich in dem Augenblick des Erstarrens des silberhaltigen
Bleies Massen zusammenballen, welche aus fast reinem Blei bestehen, während sich das
Silber in dem noch flüssigen Blei concentrirt. Die Ballen werden mittelst eines
Schaumlöffels aus dem Schmelzgefäß genommen, und das Blei in welchem sich der
Silbergehalt der ganzen Masse concentrirt hat, wird aufgesammelt, um zu einer
zweiten, dritten u.s.f. Umschmelzung und abermaligen Anreicherung des Silbergehalts
verwendet zu werden, bis der letztere in dem Grade in dem Blei concentrirt ist, daß
die Silberscheidung mittelst der Treibarbeit mit Vortheil erfolgen kann. Eine
gänzliche Trennung des Bleies von silberhaltigem Blei findet bei dem Pattinson'schen Verfahren nicht statt, sondern das zuerst
erstarrte Blei hält immer noch Silber zurück, ob in chemischer Vereinigung, oder nur
als mechanische Beimengung von einem Theil des Silberbleigemisches, ist schwer zu
entscheiden. Eine genügende Erklärung der ausfallenden Erscheinung, daß in einem
geschmolzenen Metallgemisch das leichtflüssigere Metall zuerst erstarrt und sich von
der noch flüssigen Masse des strengflüssigeren Metallgemisches trennt, ist noch
nicht gefunden. Dieser auffallende Erfolg wird ohne Zweifel auch zur Deutung mancher
geognostischer Probleme dienen können.
Mit dem Blei verbindet sich das Zink zwar in der Schmelzhitze, aber die schwache
Verbindung wird bei ruhigem Verweilen in der Schmelzhitze wieder aufgehoben und das
Zink, als das specifisch leichtere Metall, begibt sich auf die Oberfläche des
Metallbades. Eine absolute Reinheit des Bleies habe ich bei Schmelzversuchen in
Tiegeln nicht bewirken können, sondern das Blei hält im günstigen Fall noch fast 1/2
Procent Zink zurück, und das erstarrte Zink zeigt einen von oben nach unten
zunehmenden Bleigehalt, der in der obersten, also in der reinsten Schicht etwa 2 Procent beträgt.
Wird, statt des reinen, silberhaltiges Blei angewendet, so zeigt sich der
merkwürdige Erfolg, daß das Zink den ganzen Silbergehalt des Bleies aufnimmt,
welches nach der von Pattinson gemachten Erfahrung nicht
zu erwarten war. Die Trennung des Silbers vom Blei ist so vollständig, daß das
entsilberte Blei einen Rückhalt an Silber nur durch ein schwaches Opalisiren zu
erkennen gibt, wenn die salpetersaure Auflösung desselben mit Salzsäure versetzt
wird. Dieß Verhalten der drei Metalle zu einander würde zu einem einfachen
Scheidungsverfahren des Silbers vom Blei, also auch zum Concentriren des
Silbergehaltes im silberarmen Blei in einer geringen Quantität Zink dienen können,
wenn es gelingen sollte das Blei vollständig von Zink zu befreien, denn selbst der
geringe Zinkgehalt des Bleies von 1/2 Proc. ertheilt dem Blei eine Beschaffenheit,
durch welche es zu manchen Anwendungen unbrauchbar zu werden scheint. Die
Darstellung des im Zink concentrirten Silbers ist ohne einen erheblichen
Silberverlust ausführbar. Das Zink, welches aus der Legirung durch die Destillation
gewonnen wird, ist völlig frei von einem Silbergehalt.
Versuche im Großen über die Scheidung des Silbers vom Blei durch Zink und über die
dabei stattfindenden ökonomischen Verhältnisse haben zu einem recht günstigen
Resultat geführt, insofern ein Rückstand von 1/4 bis 1 Procent Zink in dem
entsilberten Blei nicht als eine Mangelhaftigkeit der Operation betrachtet wird.