Titel: | Ofen zum Cementiren von Eisenbahnschienen, Spurkränzen u.s.w., welchen sich Victor Coutant zu Paris am 15. April 1851 für England patentiren ließ. |
Fundstelle: | Band 126, Jahrgang 1852, Nr. LXXX., S. 408 |
Download: | XML |
LXXX.
Ofen zum Cementiren von Eisenbahnschienen,
Spurkränzen u.s.w., welchen sich Victor Coutant zu Paris am 15. April
1851 für England patentiren ließ.
Aus dem Mechanics' Magazine, 1851, Nr.
1472.
Mit Abbildungen auf Tab.
VIII.
Coutant's Ofen zum Cementiren von Eisenbahnschienen, Spurkränzen
etc.
Meine Erfindung hat den Zweck, den großen Verlust und die Nachtheile zu vermeiden,
welche durch schnelle und ungleiche Abnutzung der Schienen und der Zungen bei den
Eisenbahnen und deren Weichen, sowie bei den Spurkränzen der Locomotiven und
Waggons, überhaupt bei eisernen Oberflächen, die einer bedeutenden Reibung
ausgesetzt sind, vorkommen. Sie besteht in einem Apparat, um solche Oberflächen
theilweise, d.h. nur diejenigen Seiten zu Härten, welche der Reibung ausgesetzt
werden. Das gewöhnliche Verfahren eiserne Oberflächen zu harten, besteht in einer
Cementation oder in der sogenannten Einsatzhärtung; dieselbe ist aber bisher nur bei
kleineren Stücken angewendet worden, da es an hinlänglich großen Apparaten und
Vorrichtungen fehlte, um diese Härtung auf Stücke von so bedeutender Größe wie
Eisenbahnschienen, Spurkränze u.s.w. anwenden zu können. Bei der Cementation im
kleinen Maaßstabe müssen diejenigen Theile, welche nicht gehärtet werden sollen,
durch Ueberzüge von Thon oder Lehm geschützt werden. Mit Hülfe des von mir
erfundenen Apparates können Stücke von jeder Größe und Form, oder von jedem Gewicht,
durch Cementation oder Einsatz gehärtet werden, ohne daß man die nicht zu härtenden Flächen durch
Ueberzüge schützt. Der Apparat besteht aus vier verschiedenen Haupttheilen:
1. Aus einer kreisrunden Kammer, in welche die zu härtenden oder zu cementirenden
Stücke gelegt werden. Dieser Raum oder Behälter ist über einem Herde angebracht,
dessen Flammen rings um das Aeußere der Kammer circuliren.
2. Aus einem kreisrunden Ofen, von dessen Rost eine Anzahl von Zügen strahlenförmig
auslaufen. Durch dieselben ziehen Flammen und brennbare Gase, um den Cementirkasten
auf allen Seiten zu erhitzen.
3. Aus einem beweglichen Deckel oder einer Kuppel, welche dazu dient, die Wärme in
dem Cementirkasten zu concentriren. Ueber dieser Kuppel ist ein Krahn angebracht, um
den Deckel selbst abzunehmen oder hinzusetzen, oder die zu härtenden Stücke in den
Kasten zu legen oder aus demselben herauszunehmen, nachdem der Proceß beendigt
ist.
4. Aus einer mechanischen Einrichtung der Theile, mittelst deren die Cementation oder
Einsatzhärtung auf die beliebige Fläche beschränkt bleibt, ohne daß die übrigen
Seiten mit Thon überzogen zu werden brauchen, und mittelst deren die Tiefe der
senkrechten oder horizontalen Schicht von Holzkohlenpulver in dem Cementirkasten
nach Belieben vergrößert oder vermindert und nur mit demjenigen Theile in Berührung
gebracht werden kann, welcher cementirt oder gehärtet werden soll.
Fig. 24 ist
ein durchschnittlicher Aufriß von diesem Apparat, der zur Aufnahme von Spurkränzen
eingerichtet ist, und Fig. 25 ein horizontaler
Durchschnitt nach der Linie AD
Fig. 24.
Die Figuren 26
und 27
beziehen sich auf einen Ofen, der ausschließlich zum Härten von Stäben und
Eisenbahnschienen angewendet wird, und es ist Fig. 26 ein senkrechter
Durchschnitt durch die Mitte und Fig. 27 ein horizontaler
Durchschnitt nach der Linie AD
Fig. 26.
A ist die äußere Mauer des Ofens, welche entweder rund
oder quadratisch oder länglich-viereckig ist, je nach der Form der zu
härtenden Gegenstände. A', A'',
Fig. 24, sind
zwei innere Wände, die mit der äußeren drei Räume oder Abtheilungen bilden. Der
äußere Raum wird von der Flamme und den brennbaren Gasen eingenommen, während in dem
zweiten die zu härtenden Gegenstände liegen, und während der dritte oder mittlere
leer bleibt. A''' ist das Gewölbe über dem Herde,
welcher entweder rund, quadratisch oder länglich-viereckig ist. Dieses
Gewölbe ruht zu beiden Seiten auf den Grundmauern A, A.
In die Räume A, A werden die zu härtenden Stücke gelegt.
In der Mauer A befinden sich vier Oeffnungen oder
Schaulöcher zur Beobachtung der Fortschritte der Cementation, und um zu sehen, daß
die Flamme alle Punkte des Cementirkastens trifft. Es können aber auch diese Oeffnungen zum
Aus- oder Einströmen einer größeren oder geringeren Luftmenge angewendet
werden, je nachdem man sie weiter oder enger läßt. In A'
ist die Oeffnung, durch welche man das Brennmaterial auf den Herd bringt. B ist der bewegliche Deckel oder die Kuppel; B' die Esse, welche aus zwei Stücken gemacht werden
kann, von denen das eine an der Kuppel sitzt, das andere aber so befestigt ist, daß
es mit dem ersten zusammenpaßt. Die Kuppel ist beweglich, um die zu härtenden Stücke
in das Innere des Cementirkastens bringen zu können. Unten ist die Kuppel mit einem
eisernen Reif b versehen und steht auf Rollen, welche
sich auf den Schienen C, C, C bewegen, indem eine
Schiene an jeder Seite und die dritte in der Mitte befindlich ist. Auf diese Weise
kann die Kuppel leicht bewegt und mit Hülfe des Krahns ganz abgenommen werden. c, c sind hohle Ziegel oder bewegliche Züge. Nachdem nun
die Kuppel weggenommen worden ist, wird der Cementirkasten mit den zu härtenden
Gegenständen, z.B. mit Spurkränzen von Eisenbahnrädern, an seine Stelle gebracht.
Die Anzahl der über einander zu legenden Kränze oder anderer zu härtenden
Gegenstände hängt von der Höhe des Apparates ab. Das Holzkohlenpulver zum Cementiren
wird entweder von der Mitte des Ofens oder von oben in die Kästen gebracht, zu
welchem Ende auch die zu härtenden Gegenstände nicht dicht an der Wand liegen
müssen. Die nicht zu härtenden Seiten legt man aneinander oder an die Wände, besser
ist es aber noch sie mit einem Thonüberzug zu versehen, so daß die Kohle gar nicht
auf sie einwirken kann.
Der Apparat gestattet übrigens mehr oder weniger Abänderungen von der angegebenen
Form. Oefen zum Härten von Schienen können z.B. doppelt eingerichtet werden, wie
Fig. 28
zeigt. Die innere Wand kann auch nach Einbringung der zu härtenden Stücke aus Thon
aufgeführt werden; man kann sie von der ersten inneren Wand mehr oder weniger
entfernen, je nachdem es die Stärke der zu härtenden Stücke erfordert. Die
Schaulöcher können vermehrt werden, und man kann sie mit beweglichen Ziegelsteinen
oder mit eisernen Thüren verschließen. Die gleichartige Vertheilung der Wärme und
die Regulirung ihres Grades kann dadurch erleichtert werden, daß man mehr
Schürlöcher anbringt. Um außerdem in gewissen Fällen die Einwirkung des Kohlenstoffs
auf diejenigen Theile zu verhindern, welche nicht gehärtet werden sollen, kann man
einen Strom kalter Luft durch das Innere des Apparats streichen lassen, und man kann
auch Luft in den inneren, leeren Theil einführen; sie wird alsdann auf die eine
Seite der inneren Wand einwirken und dieselbe kalt erhalten. Endlich kann man auch
in verschiedenen Höhen des Kastens Oeffnungen anbringen, durch welche man Probestücke, mit
Holzkohlenpulver umgeben, einbringt, um durch dieselben die Beschaffenheit der
Cementation kennen zu lernen.