Titel: | Resultate der im Jahr 1852 in der Versuchs-Seidenzucht-Anstalt zu Ste.-Tulle vorgenommenen Zuchten behufs der Acclimatisirung neuer Seidenwürmer-Racen; von Guérin-Mèneville und Eugen Robert. |
Fundstelle: | Band 126, Jahrgang 1852, Nr. LXXXV., S. 425 |
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LXXXV.
Resultate der im Jahr 1852 in der
Versuchs-Seidenzucht-Anstalt zu Ste.-Tulle vorgenommenen Zuchten
behufs der Acclimatisirung neuer Seidenwürmer-Racen; von Guérin-Mèneville und Eugen Robert.
Aus den Comptes rendus, August 1852, Nr.
7.
Guérin-Mèneville, über Acclimatisirung neuer
Seidenwürmer-Racen.
Unvorhergesehene Umstände verhinderten uns die Versuche anzustellen, wozu uns im
vorigen Jahr die vom Präfect der Niederalpen ernannte Commission aufforderte, und
alle Arbeiten, die wir uns vorgenommen hatten, blieben bis zum 15. Mai unerledigt.
Wir mußten uns daher auf die Studien beschränken, welche in der Versuchsanstalt zu
Ste.-Tulle bei so weit vorgerückter Jahreszeit noch vorgenommen werden
konnten, und bedauern um
so mehr, zu Rousset nichts haben vornehmen zu können, weil die Muscardine daselbst
stärker als jemals hauste, so daß man daselbst von 25 Unzen (725 Grammen) Eier nur
60 Kilogr. Cocons erhielt.
In der Seidenzuchtanstalt zu Ste.-Tulle, wo unsere Verfahrungsarten eingeführt
sind, war der Erfolg ein vollkommen guter. Nicht ein einziger Muscardinekranker fand
sich vor, und 10 Unzen Eier lieferten ungeachtet der geringem Güte der Blätter in
Folge des Frühlingsfrostes, durchschnittlich 34,6 Kilogr. per Unze, also 346,40 Kilogr. die 10 Unzen. Die Race von Ste.-Tulle
lieferte 90,5 Kilogr. von 2 Unzen, also 45,25 Kilogr. per Unze von 25 Grammen. Es ist zu bemerken, daß wir mit 16 Loosen Eier
verschiedener Race und Ursprungs Versuche anzustellen hatten, die also abgesondert
gezogen werden mußten, um ihre Vermengung zu verhüten und die Resultate jedes Looses
beurtheilen zu können, was die Direction dieser Zucht sehr erschwerte.
Die kleine Race von Ste.-Tulle behauptete, wie immer, in jeder Hinsicht den
Vorrang vor allen andern. Am neunten Jahre ihrer Acclimatisirung angekommen, ist sie
jetzt so veredelt, daß die Würmer die Stadien ihres Lebens mit großer Regelmäßigkeit
durchmachen, ohne den Krankheiten so unterworfen zu seyn wie andere; daß ihre Cocons
von gleicher Form und gleichem Faden sind und die damit gewonnene Seide
unbestreitbare Vorzüge besitzt, indem dieses Jahr nur 10,95 Kilogr. Cocons
erforderlich waren, um 1 Kilogr. Seide von vorzüglicher Qualität zu erhalten,
während von den großen Cocons unserer Gegend 14,47 Kil. nur 1 Kilogr. sehr
mittelmäßiger Seide liefern.
Eine, in Briance gewöhnlich gezogene, schöne Race, deren Eier uns Graf Carlo Bassi von Mailand zugeschickt
hatte, gab vortreffliche, wiewohl den obigen nachstehende Resultate. Diese Race,
welche sich kaum erst zu acclimatisiren anfängt, weil wir sie erst im letzten Jahre
einführten, wird gewiß sehr schätzbar, wenn wir sie nur 5–6 Jahre lang durch
Acclimatisirung, wie die obige, verbessern und veredeln können.
Diese zwei Racen haben sich bei den meisten Seidenzüchtern, die solche Eier kauften
und bei denen der Zucht die gehörige Sorgfalt geschenkt wird, gleich gut
verhalten.
Unter den versuchten neuen Racen haben sich diejenigen von Briance und aus dem
Mailändischen, welche uns von den HHrn. Magretti und Gavazzi, großen Züchtern und Spinnern zu Mailand und Briance,
zukamen, sehr gut verhalten, und sichern uns, sofern sie beim Spinnen eben so gute Resultate liefern,
für die Zukunft eine vortreffliche Acquisition.
Die italienische Race des Hrn. Antonelli, von welcher uns Hr. v. Gasparin einige Gramme zukommen ließ, gab
ebenfalls ein sehr gutes Resultat. Diese Varietät gehört wie die vorige der in
Briance und fast in der ganzen Lombardei gezogenen schönen Race an. Von dieser Race
des Hrn. Antonelli wurde uns
versichert, daß sie niemals die Muscardine bekomme; da wir sie aber nicht in
getrennten und notorisch von der Krankheit inficirten Localen unterbringen konnten,
so bildete sie einen Theil der allgemeinen Zucht und zeigte die Muscardine nicht
mehr als diese.
Die Ardèche-Race gab gute Resultate, und könnte in der Provence, in den
bergigen Gegenden und auf unsern Hügeln acclimatisirt werden. Man sollte die
Versuche damit mehrere Jahre beharrlich fortsetzen.
Die chinesische Seidenwürmerrace, aus den im vorigen Jahr vom Ministerium vertheilten
Eiern gezogen, welche Race beinahe allen Züchtern fehlschlug, lieferte uns Cocons,
die bei der Untersuchung einen Seidengehalt zeigten, der den aller bekannten Racen
übertrifft. Da ihnen in der Anstalt zu Ste.-Tulle im vorigen Jahr eine ganz
besondere Pflege gewidmet wurde, so gab sie genug Cocons, daß wir damit wenigstens 1
1/2 Unzen Eier erhalten konnten. Dieses Jahr war die Zucht dieser Würmer sehr
schwierig; es gingen davon viele zu Grunde, und nur durch viele Mühe brachten wir
noch 4,3 Kilogr. Cocons davon, welche einer gelben Race angehören und die wir alle
zu Eiern verwendeten. Wie man sieht, acclimatisirt sich diese Race schwer.
Die chinesische Race mit weißen Cocons (Sancho-cho-foo), von welcher
wir die Eier durch das Ministerium und die Lyoner Handelskammer erhielten, erlitt
noch mehr Krankheiten, zeigte sich sehr empfindlich, und eine halbe Unze im vorigen
Jahr hier erzeugter Eier lieferte uns nur 600 Gramme Cocons, die wir wieder zu Eiern
verwendeten.
Die beiden Loose syrischer Eier waren noch unglücklicher, denn zwei Unzen Eier gaben
zusammen nur 108 Cocons der schönsten Art, wovon bloß fünf auskrochen, daher wir
davon keine Eier erhalten konnten.
Alle diese Versuchs-Zuchten lieferten zusammen nicht über 34 Kilogr. Cocons
von 10 Unzen Eier. Diese wurden zuerst sämmtlich in die gesunde Magnanerie gebracht;
der größte Theil der Hauptzuchten und der Eier mußte dann aber in die Nebenkammer
geschafft werden, wodurch sie jedoch keinen Schaden litten.