Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 126, Jahrgang 1852, Nr. , S. 311 |
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Miscellen.
Miscellen.
Ueber Reversions-Loupen.
In den „Unterhaltungen für Dilettanten und Freunde der Astronomie,
Geographie und Meteorologie, Leipzig 1852, Nr. 11 vom 13. März“ lesen
wir von Reversions-Loupen, auf welche Hr. Oertling in Berlin patentirt worden.
Die zweckmäßigste Einrichtung solcher Loupen besteht aus einer Verbindung der
gewöhnlichen Loupe mit einem Reflexionsprisma. Stellt man die Hypothenusfläche des
Prismas parallel zur Achse der Loupengläser, so wird der Gegenstand je nach seiner
Lage zur Ebene der Hypothenusfläche entweder von oben nach unten oder von rechts
nach links (einfache Reflexion) umgekehrt. Stellt man dagegen eine Kathetenfläche
parallel zur Achse der Loupengläser, so geschieht beides zugleich
(Total-Reflexion). – Die Benützung von Reflexions-Prismen zur
Umkehrung der Bilder ist aber keineswegs neu.
Die erstere Stellung des Prismas ist bei den Dissections-Mikroskopen mit
Prismen namentlich von Nachet in Paris oft angewendet
worden.
Der letzteren Einrichtung und zwar als vollendete Loupe bediente sich das
Fraunhofer'sche Institut schon seit Jahren bei seinen parallaktischen Aufstellungen,
wenn manchesmal die gar zu schiefe Lage der Limbusebene des Stundenkreises es nicht
gestattet, die Kreistheilung in senkrechter Richtung abzulesen, in welchem Falle
dann die Nummern der Theilung verkehrt gravirt werden. Dergleichen Reversionsloupen
sind für Kupferstecher, Lithographen, Schriftsetzer etc. sehr bequem.
(Schweizerisches Gewerbeblatt, 1852, Nr. 19 und 20.)
Collins' Verfahren Gußstahl zu fabriciren.
Der englische Civilingenieur William Collins ließ sich am
24. März d. J. hiezu folgendes Verfahren patentiren: Der Puddelofen wird mit
beiläufig 4 Cntr. grauen Roheisens beschickt, welches man auf gewöhnliche Weise mit
einer großen Quantität Eisensilicat schmilzt (zum breiartigen Zustande bringt). Die
erste Periode des Aufkochprocesses muß ohne ein Durcharbeiten des geschmolzenen
Eisens mit Brechstangen durchgeführt werden, im Gegensatz mit dem gewöhnlichen
Verfahren, wobei die geschmolzene Masse sogleich umgerührt wird; der Patentträger
läßt die geschmolzene Masse ruhig einem sehr hohen Hitzgrad ausgesetzt, wobei die
Verunreinigungen, mit Ausnahme des Kohlenstoffs, verbrannt (oxydirt) werden. Nach
dieser ersten Periode des Aufkochens, welches 15 bis 30 Minuten lang fortgesetzt
werden muß, je nach der Beschaffenheit des angewandten Roheisens, wird das Eisen
eine Neigung zum Aufsteigen zeigen; dann muß der Puddler anfangen das Eisen mit
Anwendung des höchsten Hitzegrads kräftig und ununterbrochen durchzuarbeiten, um es
sobald als möglich in balls für den Stirnhammer oder das
Präparirwalzwerk zu verwandeln. Das Product ist ein feinkörniges Eisen von großer
Reinheit, welches nach dem Zängen und Ausrecken zu flachen Stäben sich leicht mit
Kohlenstoff in verschiedenen Verhältnissen vereinigt. Dazu werden die erhaltenen
flachen Stäbe, ohne vorheriges Cementiren, in Tiegeln mit Zusatz von kohligen
Substanzen geschmolzen, wodurch man einen zu vielen Zwecken geeigneten Gußstahl
erhält. Je nachdem man mehr oder weniger Kohle zusetzt, wird dieser Stahl mehr oder
weniger hart. Eine bessere Qualität von Gußstahl, welcher für Meißel und andere
Werkzeuge geeignet ist, erhält man, wenn man die erwähnten Eisenstäbe mit einem
größeren Verhältniß von Kohle schmilzt, und das Product, welches stark gekohlter
spröder Gußstahl ist, mit frischen Stücken solcher Eisenstäbe umschmilzt. (London Journal of arts, Novbr. 1852, S. 317.)
Ueber die Wirkung des Kohlenoxydgases auf schwefelsaures Kali
und Natron; von A. Levol.
Hr. Dr. K. Stammer hat vor
einiger Zeit Versuche über die Wirkung des Kohlenoxyds auf mehrere Salze und andere
Verbindungen veröffentlicht (polytechn. Journal Bd. CXX S. 428); er bemerkt, daß bei der Temperatur einer Berzelius'schen Lampe das schwefelsaure Kali durch
Kohlenoxyd zu Schwefelkalium reducirt wird, wogegen das schwefelsaure Natron nicht
reducirt wird. Dieses Verhalten schien mir ein sehr einfaches Mittel darzubieten, um
bei Analysen das Kali vom Natron zu trennen, daher ich den Versuch wiederholte,
welcher die Angabe des Hrn. Stammer hinsichtlich des schwefelsauren Kalis aber nicht bestätigte.
2 Gramme eines wasserfreien Gemenges von schwefelsaurem Kali und schwefelsaurem
Natron, welche bei der dunklen Rothglühhitze in einem Strom von Kohlenoxyd erhitzt
wurden, widerstanden vollkommen. Ich war nicht glücklicher, als ich schwefelsaures
Kali allein anwandte und mittelst Kohlen die Temperatur so hoch steigerte, daß die
Glasröhre anfing zu erweichen, also bis zum lebhaften Rothglühen; im zweiten Fall
bildete sich, wie im ersten, nicht die geringste Spur von Schwefelmetall. (Journal de Pharmacie, October 1852, S. 289.)
Neues Kobaltsalz, eine gelbe Malerfarbe.
Ein junger Chemiker, Hr. G.
Saint-Evre übergab der franz. Akademie der Wissenschaften
seine Untersuchungen über eine neue Kobaltverbindung. Wenn man eine kalte und
concentrirte Auflösung von salpetersaurem Kali mit einer ebenfalls kalten Auflösung
von salpetersaurem Kobalt versetzt, so bemerkt man folgende Erscheinungen: es
entbindet sich Stickoxydgas und zugleich entsteht ein unauflöslicher Niederschlag
von eigenthümlicher gelber Farbe, wenn man die Flüssigkeit untersucht, worin der
Niederschlag entstand, so findet man darin eine beträchtliche Menge salpetrigsaures
Kali.
Man erhält den neuen Körper auch, wenn man das salpetersaure Kobalt mit einem
schwachen Ueberschuß von Aetzkali niederschlägt, bis sich das rosenrothe
Kobaltoxydulhydrat gebildet hat, und dann in das Gemisch einen Strom Stickoxydgas
leitet.
Die Verbindung ist glänzendgelb und von so lebhaftem Ton, daß sie den Typus des Gelb
in Chevreul's Farbenkreis
bildet, sie ist neutral gegen Lakmus. Unter dem Mikroskop betrachtet, zeigt sie
quadratische Prismen mit dreiflächigen Zuspitzungen an den Enden. In Wasser ist sie
merklich auflöslich, aber ganz unauflöslich in Aether und Alkohol. Kochendes Wasser
zersetzt sie, indem es bei ausgeschlossener Luft Stickoxydgas entbindet; beim
Zutritt der Luft aber mit Bildung von Salpetersäure; zugleich wird die Flüssigkeit
alkalisch und färbt sich rosenroth; man findet darin gewöhnliches salpetersaures
Kobalt und salpetrigsaures Kali. In Wasser suspendirt widersteht die neue Verbindung
lange Zeit einem Strom von Chlorgas oder von Schwefelwasserstoffgas;
schwefelwasserstoffsaures Ammoniak zersetzt sie aber augenblicklich, wobei schwarzes
Schwefelkobalt entsteht. Versetzt man die in Wasser suspendirte neue Verbindung mit
Säuren, so entwickelt sich Salpetergas; Aetzkalilösung scheidet daraus das
Kobaltoxyd-Oxydul als Hydrat ab. In Berührung mit Luft in einer Glasröhre
erhitzt, verändert die Verbindung ihre Farbe, welche einen orange-gelben Ton
annimmt; später schmilzt sie, und zersetzt sich, röthliche Dämpfe von
Untersalpetersäure entbindend, wobei Kobaltoxyd-Oxydul und salpetrigsaures
Kali als Rückstand bleiben. Die wahrscheinliche Zusammensetzung dieser neuen
Verbindung ist: Stickstoff, 15,34; Sauerstoff, 35,07; Kobaltoxydul, 20,82; Kali,
26,30; Wasser, 2,74; ihre Formel ist
Az⁴O¹⁶, 2 CoO, 2 KO, HO.
Der neue Körper ist also eine Verbindung von Salpetersäure und salpetriger Säure mit
Kali, Kobaltoxydul und Wasser.
Hr. Saint-Evre
vermuthete, daß dieses Kobaltgelb wegen der Schönheit seiner Nüance und weil es dem
Chlor und Schwefelwasserstoff so gut widersteht, mit Vortheil in der Malerei
angewendet werden könnte. Versuche, welche seit einem Jahr von mehreren Künstlern
begonnen wurden, beweisen, daß es sich ohne alle Veränderung in der Oel- und
Wassermalerei anwenden läßt, sowohl für sich allein, als im gemengten Zustande. (Cosmos, revue encyclopédique, Oct. 1852, Nr.
27.)
Ueber die unter dem Namen Bidery in Ostindien fabricirte
Legirung.
Unter den aus dem englischen Indien zur Londoner Ausstellung geschickten Waaren
bemerkte man mit Interesse verschiedene Gegenstände, die aus einer Legirung, Bidery genannt, gefertigt waren. Diese Legirung hat ihren
Namen von der Stadt Bider (ungefähr 9 Myrameter nordwestlich von Hyderabad gelegen),
wo man sie fabricirt. Sie wird, nach Dr. Heine, zunächst aus 16 Theilen Kupfer, 4 Theilen Blei und
2 Theilen Zinn zusammengesetzt, und diesen zusammengeschmolzenen Metallen fügt man
dann, auf je 3 Pfd. derselben, 16 Pfd. Zink zu, welches man damit zusammenschmilzt,
worauf die Masse zu Gefäßen gegossen wird. Um diesen die geschätzte schwarze Farbe
zu geben, taucht man sie in eine Lösung von Salmiak, Salpeter, Kochsalz und blauem
Vitriol. Dr. Hamilton sah
zusammenschmelzen: Zink 123,6 Theile, Kupfer 4,6 Theile, Blei 4,14 Theile, mit einer
Mischung von Harz und Wachs, die man in den Tiegel bringt, um die Oxydation zu
verhüten. Man gießt dann in Thonformen und vollendet die Artikel auf der Drehbank.
Die Künstler überziehen
sie dann mit Blumen oder anderen Ornamenten in Gold oder Silber. Zu diesem Zweck
beginnen sie damit, die Oberfläche mit blauem Vitriol und Wasser zu reiben, was der
Oberfläche eine schwärzliche Farbe ertheilt, die gestattet daß man die Zeichnung,
die man mit einer spitzen Stahlnadel darauf anbringt, besser unterscheiden kann.
Dann arbeiten sie die Figuren mit Grabsticheln und Meißeln aus und füllen mittelst
einer Punze und eines Hammers die Höhlungen mit kleinen Plättchen von Silber, die
der Legirung fest anhängen. Man polirt darauf und färbt, wie es vorhin angegeben
wurde. Die so angefertigten Gegenstände sind Vasen, Wasserkannen, Becher, Schalen,
Teller etc. Gewöhnlich sind diese Artikel mit Silber, zuweilen auch mit Gold
inkrustirt. Sie zeichnen ebenso durch die Schönheit ihrer Oberfläche, wie durch
Trefflichkeit der Formen sich aus. (Polytechn. Centralblatt 1852, S. 1230.)
Bleichen der Schweineborsten.
Nach Versuchen, die über diesen Gegenstand von Winkler und
Fink angestellt, und deren Resultate in dem
Monatsblatte des hessischen Gewerbevereins von 1847 mitgetheilt worden sind, wird
die Operation des Bleichens der Borsten auf die Weise am sichersten und besten
ausgeführt, daß die Borsten zuerst in einer Auflösung von Schmierseife in lauwarmem
Wasser tüchtig gewaschen, dann in kaltem Wasser gut abgespült und hierauf zwei bis
drei Tage in eine gesättigte wässerige Lösung von schwefliger Säure eingelegt
werden. Nach Verlauf dieser Zeit werden sie aus der Säure herausgenommen und mit
reinem Wasser tüchtig ausgewaschen und getrocknet. Die Borsten behalten nach dieser
Operation ihre Elasticität, erhalten eine sehr schöne Weiße und einen
eigenthümlichen Glanz. Die zu diesem Zweck erforderliche schweflige Säure läßt sich
ohne bedeutende Kosten aus Kohle und Schwefelsäure in einem einfachen Apparat
darstellen.
Die meisten gelben Borsten lassen sich auch dadurch bleichen, daß sie, stets
angefeuchtet, unter Glas dem Einfluß des directen Sonnenlichts ausgesetzt werden.
(Gelb gewordenes Elfenbein, sowie durch das Alter vergilbte Kupferstiche lassen sich
auf dieselbe Weise, d. i. durch Sonnenlicht im feuchten Zustande, völlig bleichen.)
Polnische und russische Borsten bleichen jedoch am Sonnenlichte nicht.
Fink gibt außerdem noch an, daß durch Befeuchtung der
Borsten mit einer sehr verdünnten Schwefelsäure (= 1 : 30 bis 40 Wasser) und
Aussetzen derselben an die Sonne selbst die schwärzesten Borsten gebleicht würden.
Winkler fand durch mikroskopische Untersuchung, daß
die durch diese Methode gebleichten Borsten sich in ihrer Substanz etwas verändert,
angegriffen zeigten, daher er die Bleichung mittelst schwefliger Säure vorzieht.
(Kunst- und Gewerbeblatt für Bayern, März 1852, S. 190.)
Ueber Besen und Bürsten aus der brasilianischen
Piassava.
Ueber die neue merkwürdige Substanz, welche unter dem Namen Piassava (Piacaba) im Handel vorkommt und zu mancherlei Zwecken den
Bürstenfabrikanten als Ersatz der Schweinsborsten zu empfehlen ist, enthält die
Beilage zu Nr. 296 der Allgemeinen Zeitung folgende interessante Notiz:
„Seit dem Jahr 1844 kennt man die Piassava in England. Ihre Einfuhr hat
sich seit dieser Zeit ungeheuer gesteigert, und soll sich in London allein auf
1500 bis 2000 Tonnen jährlich belaufen. Die daraus gefertigten Bürsten, welche
allen Abwechselungen von Trockenheit und Feuchtigkeit widerstehen und eine
erstaunliche Dauer zeigen, werden, da keine andere Art von Bürsten so gut und
vollkommen reinigt wie die aus diesen Fasern gefertigten, vorzüglich von
Schlächtern, Brauern etc. verwendet. Auch bei uns, wo in vielen Gegenden noch
die Gewohnheit herrscht die Fußböden zu fegen, werden Bürsten aus Piassavafasern
sich sehr empfehlen. Nur dürften dieselben nicht so kurz wie bei den
Borstenbürsten geschnitten werden, wenn die Einwirkung auf die Bretter des
Fußbodens eine nicht zu kräftige werden sollte.
Wer als Fremder Morgens in den Straßen Londons den Kehrmaschinen begegnet, wird
sicher die Frage stellen: welches Material ist es das zu ihrer Anfertigung
dient. Da jene Stoffe die wir vielleicht in Deutschland zu dem fraglichen Zweck
gebrauchen würden, wie Besenreisig, Ginster, zur Besetzung der in diesen
Kehrmaschinen wirkenden Walzen nimmermehr verwendet werden können, so glaubten
viele die Walzen seyen mit Fischbeinstäbchen besetzt. Allein die in den Londoner
Kehrmaschinen befindlichen Walzen sind mit etwa 8 bis 10 Zoll langen Stücken der
Piassava bürstenartig besetzt. Nach den Mittheilungen des Erfinders jener
merkwürdigen Straßenkehrmaschinen des Hrn. Whitworth, dauern solche Bürstenwalzen, wenn
gepflasterte oder macademisirte Straßen damit gekehrt werden, über ein Jahr.
Auch die Kehrmaschine, welche von dem Erbauer des Glaspalastes Paxton zur staublosen Reinigung jenes wunderbaren
Gebäudes verwendet wurde, soll mit Piassavawalzen versehen gewesen seyn.
Früher hat man die Piassava für eine brasilische Grasart gehalten, allein vor
zwei Jahren zeigte der berühmte Botaniker Sir William Hoocker daß es die Attalea funifera Mart.
sey, welche diese werthvolle Substanz liefere. Es sind nämlich die in den
Blattwinkeln befindlichen Fasern des genannten schönen Baumes. Bei der
Zurichtung der Piassava zu Zwecken der Bürstenfabrication bedient man sich
eiserner Rechen aus ziemlich starken Stäben, die etwa 2 bis 2 1/2 Zoll von
einander stehen, als Hecheln; die dadurch von einer äußern Oberhaut befreiten
Fasern werden sortirt, geschnitten und zu den verschiedenen Zwecken verwendet.
Es ist nicht unwahrscheinlich, daß eine im Verhältniß große Quantität
Kieselerde, welche sich in der Asche der Piassava nachweisen lassen wird, die
Eigenthümlichkeit dieser Faser bestimmt. Es gibt kaum eine vegetabilische
Substanz welche an Elasticität, Biegsamkeit, Festigkeit und Straffheit mit der
Piassava concurriren könnte. Da diese Palmenfasern in einer Länge von 10 bis 16
und mehr Fuß vorkommen, so müssen sie sich vortrefflich zu niedlichen
Flechtarbeiten verwenden lassen. Auch wird uns die Nürnberger Industrie, wenn
ihr einmal die Piassava verfallen ist, allerlei niedliche Spielereien damit
verfertigen. Es gibt noch eine andere, jedoch nicht so straffe brasilische
Palmenfaser, die unter dem Namen Monkey bekannt ist.
Außerdem liefert die Stammpflanze der Piassava noch jene kleinen festen
Cocosnüsse, deren sich die Knopfdreher, Beinarbeiter und die Verfertiger kleiner
Galanteriewaaren so häufig bedienen. Die Cocos-Eierbecher, welche uns das
betriebsame Berchtesgaden liefert, sind aus diesen Früchten gedrechselt, und die
Samen welche in ihnen befindlich sind, brennen entzündet längere Zeit fort. Die
Frucht ist sehr lange bekannt, und schon Gärtner hat
sie als Cocos lapidea beschrieben.“
Ueber das Bouquet der Weine.
Winkler in Darmstadt hat aus einer Reihe von
Untersuchungen über die Constitution der Pflanzen, welche zum Theil viel Neues und
Aufklärendes versprechen, dasjenige im Jahrbuch für praktische Pharmacie
mitgetheilt, was er als Hauptresultat bei der Untersuchung des Weines und der
Trauben fand.
Ohne andere der Technik ferner liegende Thatsachen, die bei dieser Untersuchung sich
ergaben, zu erwähnen, wollen wir nur von zwei Hauptergebnissen Bericht geben.
1) Er fand im Rückstand geringer 1851 Bergsträßer Weine nach Verdampfung des
Weingeistes über dem Wasserbad außer Weinsäure und Weinstein eine neue Säure, die er Paracitronensäure nennt, und welche die physischen Eigenschaften der
Aepfelsäure vereinigt mit dem chemischen Verhalten der Citronensäure besitzt.
2) Entdeckte er im Rückstand von mehrere Monate gelagerten Weinen, wenn er dieselben
über Kalk abzog und der Destillation unterwarf, einen stickstoffhaltigen basischen (amoniakähnlichen, oder den vielen
neuentdeckten flüchtigen Basen nahekommenden) Körper, der mit
Säuren das Bouquet des Weines darstellt.
Ueber die Darstellung und Eigenschaften dieses Stoffes sagt er: „Auf
folgende Weise läßt sich diese Verbindung aus dem Wein darstellen: 2–4
Pfd. Traubenwein werden im Wasserbade bis zur dünnen Syrupconsistenz, Entfernung des Alkohols,
Oenanthäthers und größten Theiles Wasser abgedampft, der Rückstand in 3–4
Unzen destillirtem Wasser aufgenommen und mit dieser Mischung die gleiche
Gewichtsmenge in einer geräumigen tubulirten Retorte befindlichen gröblich
gepulverten Aetzkalks übergossen, nachdem zuvor eine geräumige mit
Sicherheitsröhre versehene Vorlage luftdicht angepaßt, die Sicherheitsröhre mit
Wasser abgesperrt und für Abkühlung der Vorlage gesorgt ist.“
„Bei Anwendung von frischem gut ausgeglühtem Aetzkalk erfolgt die
Hydratbildung in sehr kurzer Zeit ohne Feuer, sogar oft stürmisch, und während
derselben destillirt eine flüchtige, sehr leicht bewegliche Flüssigkeit über,
welche stark basisch reagirt und einen eigenthümlichen, sehr angenehmen Geruch
besitzt.“
„Diese Verbindung läßt sich durch Säuren vollständig neutralisiren, und
die Lösung dieses neutralen Salzes besitzt den Geruch des der verwendeten
Weinsorte eigenthümlichen Bouquets im hohen Grade.“
„Mit Bestimmtheit ließ sich hiernach vermuthen, daß im Weine der Träger
dieser Base zu finden sey; in dem Kalkrückstand mußte sich das
Zersetzungsproduct desselben, eine Säure, finden. Der Kalkrückstand wurde
deßhalb nach dem Erkalten mit destillirtem Wasser ausgezogen, das Filtrat
eingeengt und mit der erforderlichen Quantität saurem schwefelsaurem Kali der
Destillation unterworfen. Das Destillat war eine Säure, welche mit der Base
neutralisirt ein neutrales Salz bildete, dessen Geruch genau mit dem des
Bouquets des verwendeten Weines übereinstimmte, das
„Bouquet“ des Weines darstellt.“
„Dieses Resultat veranlaßte mich zu vergleichenden Untersuchungen
verschiedener Traubenweinsorten; alle lieferten dieselbe Verbindung, aber von
ganz verschiedenem Geruch und Geschmack, alle waren stickstoffhaltig; der
Stickstoff macht sonach einen wesentlichen Bestandtheil des Weines aus, und ist
bestimmt die Ursache jener merkwürdigen chemischen Metamorphose, welche wir beim
längeren Aufbewahren des Weines auf dem Lager beobachten und mit dem Ausdruck
„das Veredlen“ der Weine auf dem Lager
bezeichnen.“ (Schweizerisches Gewerbeblatt, 1852, Nr. 19.)
Untersuchung des Brodes auf den Gehalt an Kleie; von Wetzel und van Haas.
Den genannten Chemikern wurde aufgegeben, zu untersuchen ob und in welcher Menge dem
Brode in betrügerischer Weise Kleie zugesetzt sey. Zur Beantwortung dieser Frage
mußte zuerst festgestellt werden, wie viel Kleie die verschiedenen im Handel
vorkommenden Sorten Korn enthalten. Es wurden demnach 6 Loth Roggenschrot auf dem
Dampfapparat bei 80° R. anhaltend mit Wasser ausgezogen, die Flüssigkeit mit
den löslichen Bestandtheilen öfters durch ein Haarsieb abgegossen und das Ausziehen
mit frischem Wasser so oft wiederholt, bis das Wasser klar und geschmacklos ablief.
Der unlösliche Rückstand wurde nun ausgepreßt und bei etwa 30 bis 36° R. im
Trockenschrank getrocknet. Als Mittelergebniß der angestellten Versuche erhielt man
aus 6 Loth Roggenschrot 194 Gran unlösliche trockene Kleie. 107 Gran unlöslicher
Kleie entsprachen 288 Gran gewöhnlicher Roggenkleie. Bei der Taxe des Schwarzbrodes
wurden 5 1/4 Pfund Roggenschrot von der Behörde zur Anfertigung eines
siebenpfündigen Brodes berechnet, welches nach diesem Ansatz 60 2/3 Loth gewöhnliche
Roggenkleie enthalten darf. Ob Weizen- oder Roggenkleie in betrügerischer
Weise zugesetzt sey, läßt sich nach dem Auskochen und Austrocknen sehr gut
entscheiden. Die Weizenkleie nimmt nämlich nach dem Austrocknen eine hellgelbe Farbe
an, während die von Roggenkleie viel dunkler erscheint; jene zeigt sich auch sehr
glatt und dünn, während diese mehr zähe und zusammengeschrumpft ist.
Für das praktische Leben ist übrigens diese Unterscheidung ziemlich gleichgültig; bei
einer gerichtlichen Untersuchung jedoch dadurch wichtig, daß der Gehalt an löslichen
und nahrhaften Bestandtheilen in beiden Kleiensorten so verschieden ist. Es
entsprechen nämlich 50 Gran trockener Weizenkleie nur 100 Gran gewöhnlicher, 50 Gran
trockener Roggenkleie dagegen 134 69/107 Gran gewöhnlicher Roggenkleie.
Zur Untersuchung des Brodes wird eine gewogene Menge des Roggenschrot ausgekocht und
der unlösliche getrocknete Rückstand gewogen. Aus diesem wird nun der Gehalt an
gewöhnlicher Kleie berechnet. Aus der Untersuchung von 13 Broden geht hervor, daß
bei einem betrügerischen Zusatz von Kleie das Brod eines größern Gehalts an Wasser
bedarf, wodurch der Betrug sich verdoppelt. Man kann annehmen, daß der Wassergehalt
bei einem schlechten Brode ungefähr soviel mehr betrögt, als Kleie betrügerischer
Weise zugesetzt ist. (Schweizerischen Gewerbeblatt, 1852, Nr. 20.)
Verbesserung der Landwirthschaft durch Flüssigmachen des
Düngers; von Hrn. Kennedy.
Die eingreifendste Verbesserung, welche in der letzten Zeit in der Landwirthschaft
versucht wurde, machte Hr. Kennedy, welcher den Pachthof Myer-Mill, südöstlich von der
Stadt Ayr in Schottland, bewirthschaftet.
Die Hauptproduction war früher auf Milch, später auf Mastvieh gerichtet. Die höchste
Zahl, welche letzteres erreichte, war 80–100 Rinder und 4–500 Schafe.
In Folge seines neuen Systems hält Hr. Kennedy jetzt das ganze Jahr hindurch durchschnittlich 200 Rinder,
140 Schweine und 12–1400 Schafe in Mastung, welche das ganze Jahr
ununterbrochen fortgesetzt wird, indem, was abgeht, sogleich durch magere Thiere
ersetzt wird. – Dazu kommen noch 5–15 Milchkühe für den
Hausbedarf.
Das System des Hrn. Kennedy
besteht in der Umwandlung alles Düngers in flüssigen
Dünger. Allerdings wird dieses Mittel in der Schweiz, in Holland, in den
Vogesen etc. längst angewandt, das Verfahren wurde aber von K. so verbessert, daß
das frühere nicht mehr darin zu erkennen ist.
Vier ungeheure bedeckte Reservoirs, welche zusammen 1,817,000 Liter fassen und mit
Rührvorrichtungen versehen sind, um das Absetzen der festen Theile zu verhindern,
empfangen alle Excremente des Viehes. Die Ställe sind so gebaut, daß die Excremente
aus denselben leicht in diese Reservoirs ablaufen, wo sie dann 3–4 Monate
bleiben, ehe sie angewandt werden. Es werden ihnen beträchtliche Mengen Guano's und
mit Schwefelsäure behandelter Knochen zugesetzt. Endlich wird ihnen vor ihrer
Anwendung, je nachdem das Wetter naß oder trocken ist, das gleiche bis vierfache
Volum Wasser zugesetzt.
Als Triebkraft, um die Rührer in Bewegung zu setzen, das Wasser herbeizuschaffen etc.
aber auch um das Getreide zu dreschen, Wurzeln zu schneiden, Korn- und
Preßkuchen zu pulvern, Futter und Stroh für das Vieh zu schneiden – dient
eine Dampfmaschine, wie sie auf keinem größern schottischen Pachthof fehlt.
Diejenige des Hrn. K. hat 12 Pferdekräfte, und verbraucht etwas über 5 Kilogr.
Steinkohlen per Stunde und Pferdekraft.
Ganz neu erscheint bei K's. System, daß er, um den Dünger auf die Felder zu führen,
Röhrenleitungen anwendet, wie man sie in den Städten für das Wasser und das Gas hat.
Gußeiserne Röhren von 2 bis 2 1/2 Zoll innerm Durchmesser gehen von dem Pachthof aus
nach allen Richtungen bis zu den fernsten Punkten. Diese Röhren liegen etwa drei Fuß
tief. Da ein Theil der Felder in gleichem Niveau oder höher als der Hof liegt, so
wird die Flüssigkeit mittelst einer Druckpumpe dorthin getrieben.
Behufs der Vertheilung der Flüssigkeit ist jede Röhre von Strecke zu Strecke mit
einem Aufsatz oder Kopf versehen, d.h. mit einem vertikalen Rohr, welches auf
Oeffnungen der Leitungsröhren aufgeschraubt und unten mit Vorrichtungen versehen
ist, womit die horizontale Leitung nach Belieben geschlossen werden kann, so daß die
Flüssigkeit durch das verticale Rohr austritt, dessen obere Mündung mit einem
aufgeschraubtem Deckel verschlossen ist.
Sollen nun die Felder, welche um ein solches vertikales Rohr herumliegen, gedüngt
werden, so begeben sich ein Mann und ein Kind dorthin, verschließen die
Leitungsröhren, öffnen deren Aufsatz, und schrauben auf letztern ein
Gutta-Percha-Rohr, an dessen Ende sich ein Mundstück wie bei den
Feuerspritzen befindet. – Auf ein von ihnen gegebenes Zeichen setzt der
Maschinist die Dampfmaschine mit der Druckpumpe in Verbindung, nachdem alle Röhren außer
derjenigen, welche wirken soll, verschlossen wurden.
Nach einigen Secunden langt die Flüssigkeit an, der Arbeiter hält das Mundstück
50–60° gegen den Horizont geneigt. Der Strahl steigt 36 bis 42 Fuß
hoch und fällt als feiner Regen auf den Boden herunter; direct gegen diesen wird er
niemals gerichtet.
Wenn die Kreisfläche, welche mit der ersten Röhre erreicht werden kann, hinlänglich
gedüngt ist, so thut der Arbeiter der Pumpe durch ein Signal Einhalt, nimmt das
Mundstück ab, paßt dafür zwei Schlauchlängen an, schraubt das Mundstück an dieselben
und beginnt das Begießen von neuem. Das Kind wird erst dann verwendet, wenn der
Schlauch schon eine ziemliche Länge erreicht hat; es bleibt dann bei dessen Mitte
stehen und hilft den Platz desselben verändern.
Das gewöhnliche Volum flüssigen Düngers für eine Düngung ist 43600 Liter per Hektare. Dieß entspricht einer Flüssigkeitsschicht
von etwas über 4 1/3 Millimeter Dicke und ist das durchschnittliche Aequivalent
eines mehrere Stunden dauernden Regens. Dieses Quantum ist gering im Vergleich mit
der gewöhnlichen Begießung mit 400 bis 1000 Kubikmetern per Hektare. Hinsichtlich der Anzahl der Düngungen bindet sich Hr. K. an
gar keine Regel; sie hängt von der Fruchtart und dem Boden ab. Durchschnittlich
düngt er ein Grundstück jährlich sechs- bis zwölfmal.
Wir kommen nun auf den Kostenpunkt.
Die Anschaffung der Reservoirs (7,500 Frks.), der Dampfmaschine (3,750 Fr.), der
Pumpen (2,000 Fr.), der gußeisernen Röhren mit ihren Aufsätzen (25,000 Fr.) und der
Vertheilungsschläuche von Gutta-Percha (1,400 Fr.), zusammen 39,650 Fr.
(18,503 fl. 20 kr.) berechnen sich, da der Pachthof 200 Hektaren mißt, per Hektare (2,9 bayer. Tagwerk) auf 198 1/4 kr. (92 fl.
– per Tagwerk beiläufig 31 fl.).
Die jährlichen Ausgaben betragen: Interessen des Capitals (zu 7 1/2% 2973,75 Fr.),
jährliche Löhne etc. (2,600 Fr.) und Brennmaterial (1,462,50 Fr.), zusammen 7,036,25
Fr. (3,283 fl. 35 kr.), was für die Hektare 35 Fr. 18 Cent. (für das bayer. Tagwerk
nicht ganz 6 fl.) macht.
Die oben in Zahlen angegebene Production bei diesem Düngungssystem steht zu diesen
Ausgaben in lohnendem Verhältniß. (Moniteur industriel,
1852, Nr. 1679.)
Eine neue Culturart des Weizens.
Ein englischer Landwirth veröffentlicht in einer Broschüre „A wor din season“ (ein Wort zu seiner
Zeit), von welcher schon die neunte Auflage erschienen ist, ein neues Verfahren, den
Weizen anzubauen. Die Thatsachen sind folgende: Von 4 Acres (Morgen) Land, welche zu
dieser Culturmethode dienen, baut er jedes Jahr 2 Acres an und läßt die andere
Hälfte brach liegen. Bei seiner Uebernahme des Gutes war
der Boden ganz erschöpft und hatte den Fruchtwechsel ganz durchgemacht; er ackerte
ihn einen Zoll tiefer um, als dieß gewöhnlich geschieht,
reinigte und nivellirte ihn und säete ihn ohne weitere Bearbeitung wie gewöhnlich
mit 9 Litern auf den halben Acre an; die Ernte betrug 58 Hektoliter guten, schönen
Weizens; ein, nach Abzug aller Kosten, reiner Nutzen von 37 Pfd. Sterl. 3 Shill. Bei
näherer Betrachtung wird man sich über dieses Resultat weniger wundern, als aus den
ersten Anblick; der Boden erhielt nur scheinbar keine Düngung; die anorganischen
Dünger sind nämlich in unerschöpflicher Menge im Unterboden enthalten, von welchem
bei diesem Verfahren eine so dicke Schicht an die Oberfläche gebracht wird, als der
Frost des Winters und die Hitze des Sommers sie durchdringen können. Die organischen
Düngerbestandtheile anbelangend, besitzt bekanntlich die Ackererde, und namentlich
der Thon, die Eigenschaft, das Ammoniak der Luft zu fixiren, wodurch der Weizen die
ihm erforderliche Menge von Kieselerde und Ammoniak erhält. Man mache daher das
Erdreich durch tieferes Umackern der Einwirkung der Luft und der Sonne zugänglich
und lasse den gehörigen Raum zwischen den Getreidestöcken, damit Licht, Luft und
Feuchtigkeit zwischen ihnen circuliren können, dann wird die Natur das Uebrige thun,
der Stickstoff kommt von selbst. Wie Hr. Barral gezeigt hat (S. 158 in diesem Bande des polytechn. Journals), verdichtet der
bloße Regen an Ammoniak und Stickstoff das Aequivalent einer reichen Düngung. (Cosmos, revue encyclopédique, 1852, Nr. 14.)
Zweckmäßige Getreideernte.
Um die Verluste zu verhüten, welche anhaltende Regengüsse in den Ernten herbeiführen,
ist das Verfahren anzuempfehlen, dessen man sich seit dreißig Jahren in der
Normandie und den angränzenden Gegenden beim Binden der Garben bedient.
So oft der Schnitter einen Armvoll geschnitten hat, hebt eine Frau davon auf, was sie
mit zwei Händen erfassen kann, und bindet es mit einem oder zwei Strohhalmen
unterhalb der Aehren zusammen, welche zu einem Büschel vereinigt sind; sie weitet
den Bund dann zu einem Kegel aus, dessen Basis sie auf den Boden aufstellt. Hierauf
nimmt sie wieder die Hände voll und bindet wieder zusammen, aber diesesmal nicht am
Ende der Aehre, sondern am entgegengesetzten Ende; sie erweitert den Bund wieder zu
einem Kegel, welchen sie dem bereits auf dem Boden stehenden wie einen Hut aufsetzt.
Auf diese Weise werden natürlich die Aehren des untern Kegels durch den obern vor
Regen geschützt und diejenigen des obern, mit nach unten gekehrter Spitze, sind
vermöge ihrer Richtung ebenso geschützt. Es müßte schon ein sehr heftiger Wind
blasen, wenn er diese kleinen Garben umzuwerfen im Stande wäre, namentlich wenn man
die Halme etwas in die Erde gedrückt hat. Diese Garben (vicillottes, demoiselles, auch manillottes
oder monillettes genannt) werden so ganze Monate lang
ohne alle Gefahr im Regenwetter auf den Feldern gelassen.
Sollte aber auch diese Vorsicht nicht angewandt worden seyn und die Körner
auszuwachsen (zu keimen) beginnen, so glaube man ja nicht, daß deßwegen die Ernte
verloren sey; der mehlige Eiweißkörper wird durch die Keimung des Embryo's nur in
dem Maaße, als diese in ihrer Entwickelung vorschreitet, also nach und nach,
verdorben. Wenn man daher diesen gekeimten Embryo absondern könnte, so würde das
gewonnene Mehl keinen schlechten Geschmack behalten. Dieser Zweck ist aber im Großen
durch die Umwandlung des Korns in Graupen, wie bei der
Gerste (Perlgerste), leicht zu erreichen. Es wird nämlich durch diese Operation das
Korn sowohl seines gekeimten oder nicht gekeimten Embryo's, als seiner
Rindensubstanz beraubt, deren Ueberreste in der Mühle die Kleie geben, und so
geperlter Weizen oder Gerste liefert beim Mahlen das schönste Mehl. F. V. Raspail. (Moniteur
industriel, 1852, Nr. 1690.)
Behandlung des ausgewachsenen Getreides.
Nachstehendes wurde vom königl. sächsischen Sanitätscollegium öffentlich bekannt
gegeben und verordnet:
1) Das ausgewachsene, angelaufene, dumpfige oder sonst durch Feuchtigkeit ausgeartete
Getreide darf nicht sogleich nach dem Dreschen gemahlen werden, sondern man muß es
vorher an der Luft, an der Sonne oder noch besser auf einer Malzdörre oder einem
Backofen austrocknen oder gar abdorren, den dabei abfallenden Auswuchs absondern und
es, wo möglich, mit gesünderem vermengen.
2) Das von diesen Körnern gewonnene, gewöhnlich etwas feuchtere Mehl darf nicht
gleich, nachdem es von der Mühle gekommen, verbacken werden, sondern muß, wenn es
irgend seyn kann, wenigstens 6 Tage, an einem trockenen Orte, leicht verdeckt,
stehen bleiben.
3) Bei dem Einteigen des Mehls darf man nicht zu viel und ja nicht zu heißes Wasser
hinzugießen; der Teig selbst muß, wenn es die Umstände erlauben, mit besserem,
wenigstens recht trockenem Mehle sorgfältigst durchknetet, etwas mehr als sonst
gebräuchlich, gesäuert, gesalzen, auch mit ein wenig Kümmel vermengt werden; er muß gehörig aufgehen,
des leichtern Ausbackens wegen in nicht zu große Brode
geformt und bei nicht jäher Hitze gebacken werden.
4) Man esse das Brod nie frischgebacken, sondern wo möglich erst am dritten Tag.
(Badisches Correspondenzbl.)
Krankheit der Knollen von Ullucus
tuberosus.
Die in öffentlichen Blättern ausgesprochene Vermuthung, daß für das durch die
bekannte Pandemie mit dem Untergang bedrohte Kartoffelgeschlecht ein Ersatzmittel in
den Knollen des Ullucus tuberosus zu finden seyn dürfte,
beweg mich, mit dieser schon längere Zeit in Quito cultivirten Portulakart
gleichfalls Versuche anzustellen. Ich bezog eine Anzahl von Knollen dieses Gewächses
von Hrn. Booth in Hamburg, und
pflanzte sie nach dessen Vorschrift theils in einen der Keuperformation angehörigen,
sandig thonigen, magern, theils in einen aus verwittertem Liasschiefer gebildeten,
lockern und wohlgedüngten Boden. In ersterem, in welchem der gemeine Portulak sehr
gut fortzukommen pflegte, trieb die Pflanze ein auffallend üppiges Kraut, allein sie
setzte im Herbst, mit Ausnahme eines einzigen haselnußgroßen Knollens, nur äußerst
wenige, meist erbsengroße Knöllchen an; aus letzterem dagegen erhielt ich ziemlich
viele kleine und mehrere wallnußgroße Knollen. Zu meiner Ueberraschung jedoch
zeigten einzelne sowohl der größern, als der kleinern Knollen ganz unzweifelhafte
Erscheinungen derselben Krankheit, welche meine in der Nähe stehende Kartoffelernte
heuer in betrübendem Grade und ganz im Gegensatz zu den anderwärts gemachten
Erfahrungen zerstört hatte, während die Blätter und kriechenden Stengel der Pflanze
anscheinend gesund sich erhalten hatten.
Ist somit diese neue Knollenart der gleichen Krankheit, wie die Kartoffeln,
unterworfen, so wird um so weniger der Fortsetzung ihrer Cultur das Wort geredet
werden dürfen, als ihre Ergiebigkeit überdieß als eine äußerst geringe erscheint und
ihr Geschmack, welcher ekelhaft rübenartig ist, sich bei weitem nicht mit dem der
Kartoffeln selbst vergleichen läßt.
Dagegen aber glaube ich ohne Anstand den Anbau des kleinen gelben Mais (Zea praecox, dwarf corn der Amerikaner) für kältere
hochgelegene Gegenden empfehlen zu dürfen. In einer Höhe von 1500 Fuß über der
Meeresfläche, wo frühere Versuche Mais zu pflanzen, durchaus mißglückt waren,
gerieth derselbe heuer, obgleich spät gesäet, sowohl nach Ergiebigkeit als Reifegrad
im Liasboden vorzüglich. Professor Autenrieth in Tübingen. (Riecke's Wochenblatt, 1852, Nr. 44.)
Mulder hat (von Scharlée ausgeführte) Untersuchungen über die Wurzel von Ullico tuberosus mitgetheilt. Im Mittel enthält die
frische Wurzel 87,9 Procent Wasser. Die feste Substanz der Wurzel besteht aus 3,1
Fett; 29,4 Fruchtzucker und Extractivstoff mit einem Harz; 4,0 Gummi; 33,3
Stärkmehl; 11,9 festem Eiweiß; 18,3 Cellulose und andern unlöslichen Theilen. Die
Asche (9,1 bis 9,7 der getrockneten Wurzel) enthält Kalk, Eisenoxyd, wenig Magnesia,
Natron, wenig Kali, Kohlensäure, Schwefelsäure, viel Phosphorsäure und Chlor, wenig
Kieselerde. (Liebig's Jahresbericht für 1850, S. 553.)