Titel: | Ueber die von Hrn. Cavé zu Paris aus Schmiedeisen verfertigten Tiegel zum Schmelzen des Silbers; von Jul. Gaudry. |
Fundstelle: | Band 127, Jahrgang 1853, Nr. VII., S. 36 |
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VII.
Ueber die von Hrn. Cavé zu Paris aus
Schmiedeisen verfertigten Tiegel zum Schmelzen des Silbers; von Jul. Gaudry.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement, August 1852, S. 547.
Cavé's Verfertigung schmiedeiserner Tiegel zum Schmelzen des
Silbers.
In der Maschinenbau-Werkstatt des Hrn. Cavé
wird jetzt eine Schmiedearbeit ausgeführt, welche durch ihre Schwierigkeit und durch
ihre glückliche Lösung interessant ist, indem sich die Silberschmelzer seit langer
Zeit damit beschäftigt haben, ohne je den Zweck vollkommen zu erreichen. Jeder
Silberarbeiter, oder wer, wie die Münzanstalten, Silber zu schmelzen hat, kennt die
Schwierigkeiten gute eiserne Tiegel zu erlangen. Aus vielen Erfahrungen, namentlich
denen, welche die Pariser Münze gemacht hat, geht hervor, daß eiserne Tiegel, die
aus mehreren zusammengelötheten Theilen angefertigt worden sind, und von denen das
Kilogramm 1 1/2 Fr. (das Pfund 6 Sgr.) kostet, im Durchschnitt nur zu 30
Schmelzungen benutzt werden können; daß sie nur bei den ersten Schmelzungen dicht
bleiben, bei den spätern aber oft bis 1/4 des eingeschmolzenen Silbers ausläuft,
weil die Löthnähte leicht undicht werden, wodurch ein bedeutender Verlust
entsteht.
Versuche, solche Tiegel aus einem einzigen Stück anzufertigen, wurden ohne Zweifel
häufig gemacht, allein unseres Wissens ist es nie gelungen brauchbare Tiegel von
einiger Größe auf diese Weise herzustellen, während kleinere allerdings
gelangen.
Nach vielen Versuchen ist es Hrn. Cavé gelungen die
Aufgabe zu lösen, und zwar mit einem bessern Erfolge, als er anfänglich selbst
glaubte, da die Schwierigkeiten, welche sich der Arbeit entgegenstellten, sehr
bedeutend waren. Die Tiegel werden mittelst des Stempelhammers durch Ziehen und
Austiefen verfertigt; obgleich sie doppelt so theuer sind als die gelötheten Tiegel,
so gewähren sie doch den Consumenten große Vortheile, weil sie im Durchschnitt,
statt 30 Schmelzen, deren 70 aushalten und nicht auslaufen; ja Hr. Cavé versichert, sie in der Folge so herstellen zu
wollen, daß sie 100 Schmelzungen auszuhalten vermögen.
Diese Fabrication der Tiegel zeichnet sich durch die dazu angewendeten einfachen
Mittel aus. Die sowohl aus Frankreich als auch aus fremden Ländern eingegangenen
Bestellungen sind noch nicht so bedeutend gewesen, um Hrn. Cavé zu vermögen, vollständige und besonders dazu bestimmte Werkzeuge anzuschaffen,
welche, wenn dieß mit Anwendung eines nicht unbedeutenden Capitals geschehen ist,
die Arbeit erleichtern und den Preis vermindern werden. Hr. Cavé hat bis jetzt sein gewöhnliches Schmiedematerial bei der
Verfertigung der Tiegel angewendet; nämlich einen Stempel- oder Dampfhammer
von 40 Ctr. Gewicht, einen Schweißofen, zwei Krahne, drei große Zangen zum Halten
und Tragen der Stücke, drei gußeiserne Matrizen oder Gesenke und eine besondere
Bahn, welche statt der gewöhnlichen an dem Hammer angebracht wird. Dieß sind die
einzigen Apparate, welche zur Tiegelfabrication erforderlich sind.
Hr. Cavé hält diesen neuen Fabricationszweig, den
er mit großen Opfern in Frankreich begründet hat, nicht allein nicht geheim, sondern
er hat Hrn. Gaudry autorisirt, das Verfahren möglichst
genau zu beschreiben. Wir wählen als Beispiel einen Tiegel von 420 Kilogramm. (8
Centner) Gewicht, welcher für die Münze in Chili bestimmt ist. Er hat die Form eines
großen Fingerhutes; seine innere Höhe beträgt 0,45 Met. (17 Zoll); sein oberer
Durchmesser ist = 0,60 Met. (24 Zoll) und der untere = 0,50 Met. (20 Zoll); die
Wandstärke beträgt oben 0,04 Met. (1 1/2 Zoll) und am Boden 0,05 Met. (1 3/4 Zoll).
Das Verfahren bei der Anfertigung ist folgendes:
1) Man beginnt mit dem Ausschweißen des Eisens nach dem gewöhnlichen Verfahren; man
bildet ein Packet von 50 bis 80 Stäben von körnigem Eisen, welches man nach dem
Ausschweißen in quadratische Blöcke theilt, von denen jeder etwa 500 Kilogr. oder 10
Centner wiegt, etwa 0,60 Met. (24 Zoll) im Quadrat groß und 0,18 Met. (7 Zoll) dick
ist. Jeder Block gibt einen Tiegel. Zuvörderst rundet man ihn dadurch ab, daß man
die Ecken abhaut, so daß er etwa 0,50 Met. (20 Zoll) Durchmesser erhält; darauf faßt
man diese große Scheibe in der Mitte mit einer Zange, welche zwei gegenüberstehende
Spitzen hat, und bringt sie nun aufrechtstehend unter den Hammer, indem man sie mit
Hülfe gewöhnlicher Schmiedezangen um die Spitzenzange, mittelst welcher man sie
hält, dreht. Dadurch wird die Scheibe vollkommen rund; dann legt man sie auch auf
die flache Seite, um sie auch da auszuschmieden. Hiermit ist die erste
Arbeitsperiode beendigt.
2) Es muß nun das Austiefen vorbereitet werden; zu dem Ende bringt man die Scheibe
mit der Spitzenzange abermals unter den Hammer und schmiedet sie an den Rändern
etwas dünner, ohne jedoch die Mitte zu berühren, der man die ganze ursprüngliche
Dicke läßt, damit sie am Ende der Operation und nach den vielen darauf geführten
Schlägen nicht dünner als 5 Centiment. oder 2 Zoll ist. Am Schluß dieser zweiten
Arbeitsperiode hat die
Scheibe einen Durchmesser von 1,20 Met. (3 Fuß 10 Zoll) erlangt; auf der einen Seite
ist die Scheibe platt geblieben, während die andere in der Mitte und etwa auf 1/3
des Durchmessers convex ist.
3) Während nun das Stück in den Schweißofen zurückversetzt wird, verändert man die
Hammerbahn, welche die Form eines Stempels erhält, der gleich dem Innern des Tiegels
ist und aus Gußeisen besteht. Den Amboß ersetzt man durch eine von den drei
erwähnten Matrizen; die Form derselben ist die einer großen kugelförmigen concaven
Calotte von 0,80 Met. (32 Zoll) Durchmesser und von nur 0,20 Met. (8 Zoll) Tiefe.
Zum Auswechseln der Hammer- und der Amboßbahn bedient man sich eines Krahns,
der überhaupt den Hammer bedient; ein anderer Krahn dient zur Handhabung des
Arbeitsstücks. Es beginnt alsdann die dritte Arbeitsperiode, welche das Austiefen
aus dem Groben umfaßt. Das vorbereitete Eisenstück wird in die Mitte der Matrize
gelegt, der platte Theil nach oben, und man führt alsdann kleine Hammerschläge, d.h.
man läßt den Hammer von einer geringen Höhe herabfallen auf das Stück, bis dasselbe
den Boden der Matrize erreicht hat. Darauf rückt man dieses so, daß es in Beziehung
auf den Stempel eine excentrische Lage erhält. Mehrere Arbeiter, von denen ein jeder
mit einer Zange mit gekrümmtem Maule versehen ist, halten den bereits aus dem Groben
bearbeiteten Tiegel, und drehen ihn dergestalt auf seinem Boden, daß nach und nach
jeder Punkt der Einwirkung des Hammers dargeboten wird. Indem man nun die Schale
nach verschiedenen Richtungen neigt, gelangt man dahin, daß jeder Punkt der innern
Oberfläche von dem Hammer getroffen wird, und daß sie nach und nach ganz vollkommen
die Form der Matrize annimmt. Man hat nun eine Schale von regelmäßiger Form, die
aber als Tiegel zu weit ist.
Es handelt sich nun darum, den Rand zu verengen, um die Schale so zu vertiefen wie es
die oben angegebenen Dimensionen des Tiegels erfordern, wobei man jedoch mit der
größten Sorgfalt jede Falte vermeiden muß, welche überhaupt das Austiefen zu einer
so schwierigen Arbeit machen. Diese Falten sind bei der Anfertigung starker Tiegel
so zu fürchten, weil die geringste Abweichung des Metalles hinreichend ist die
Fortsetzung der Arbeit unmöglich zu machen, bis man sie zum Verschwinden gebracht
hat. Dennoch gelangt man nicht immer dahin und muß daher die Schale als gänzlich
unbrauchbar zuweilen verwerfen, nachdem viele vergebliche Versuche gemacht worden
sind, um die Falten zu beseitigen. Aus diesem Grunde muß auch das Austiefen nur nach
und nach erfolgen, und es ist hauptsächlich der Gegenstand der vierten
Arbeitsperiode.
4) Man nimmt den Tiegel aus der Matrize mittelst einer Zange weg, deren beide sich
krümmende und kreuzende Schenkel ihn von unten fassen, und man schafft ihn nun in
den Schweißofen zurück. Während er warm wird, vertauscht man die Matrize oder das
Gesenk mit einem andern, dessen Form sich dem fertigen Tiegel mehr nähert, jedoch
nur am Boden, während der obere Theil wie bei der ersten Matrize weit ist, damit die
ganze Arbeit auf den untern Theil des Tiegels verwendet wird. Mittelst der
ebenerwähnten Zange nimmt man den Tiegel aus dem Ofen und stellt ihn in die neue
Matrize, nachdem dieselbe vorher in Beziehung auf den Stempel gehörig centrirt
worden ist. Man läßt nun die Hammerschläge so lange auf das Innere des Tiegels
fallen, bis derselbe an seinem unteren Theile genau die Form zwischen Stempel und
Gesenk angenommen hat; und es bleibt nun noch übrig, den oberen Theil nach und nach
einzuziehen, was dadurch bewirkt wird, daß man auf das Gesenk nach und nach immer
engere Ringe legt, durch welche der Tiegel zu gehen genöthigt wird, um den Boden des
Gesenkes zu erreichen. Diese Reihe von Arbeiten dient dazu, dem Tiegel die
verlangten Dimensionen zu geben.
Wenn man daher das zweite mit einem dritten Gesenk vertauscht, so hat dieß nur den
Zweck, den Tiegel zu vollenden und abzuschlichten, welches in einem Gesenk, das
genau die äußere Form des Tiegels hat, am zweckmäßigsten bewirkt werden kann. Der
Rand wird entweder mittelst Schmieden umgelegt, oder er wird auf der Drehbank egal
abgeschnitten, worauf der Tiegel fertig ist.
Wer nicht selbst Zeuge dieser Arbeit gewesen ist, sollte es kaum glauben, wie viele
Versuche erforderlich waren, um den Zweck vollständig zu erreichen, wie häufig der
Tiegel zerbrach, ehe man dahin gelangte, ihm die zweckmäßigste Form zu geben. Die
genaue Gestalt der Gesenke, die Anzahl und der Durchmesser der Ringe, der Grad der
Hitzen, die Dimension und die Vorbereitung des Eisenblockes mußten vollkommen
studirt werden; die Arbeiter mußten eine besondere Geschicklichkeit und
hauptsächlich eine gewandte Hand haben, Eigenschaften, welche bei so schwierigen
Schmiedearbeiten häufig vermißt werden, da recht geschickte und gewandte Schmiede zu
den seltensten Arbeitern gehören.
Unter die speciellen Verfahrungsarten bei Verfertigung der Tiegel, gehört eine sehr
bemerkenswerthe, um zu verhindern, daß der Tiegel weder an der Zange noch an dem
Gesenk hängen bleibt. Sie besteht einfach darin, Wasser in das Innere des Tiegels zu
gießen. In Folge der hohen Temperatur des Metalles verdampft das Wasser nicht,
sondern es bildet sich zwischen dem Stempel und dem Tiegel eine dünne Schicht
Flüssigkeit, welche hinreicht um die unmittelbare Berührung zu verhindern. Jeder Hammerschlag ist von
einer heftigen Detonation, sowie von einem Umherspritzen von Wasser nebst Glühspan
begleitet, wogegen sich die Arbeiter zu schützen haben.
Bei einem regelmäßigen Verlauf der Arbeit erfordert die Anfertigung eines Tiegels
einen Tag und ein Duzend Hitzen, die Vorbereitung der Eisenstücke ungerechnet. Zwei
Schmiede, von denen der eine Meister ist, vier Taglöhner, welche das Stück halten,
und der Maschinenwärter des Hammers bilden das Arbeiterpersonal.
Hr. Cavé wendet jetzt, nachdem er und seine
Arbeiter eine bedeutende Erfahrung erlangt haben, das Austiefen und Ausziehen
mittelst des Stempelhammers auch für andere Gegenstände an, bei denen Löthungen
nachtheilig sind, wie z.B. bei solchen der Artillerie.