Titel: | Ueber die Entsilberung des silberhaltigen Bleies durch Zink; vom Geh. Oberbergrath Dr. Karsten in Berlin. |
Fundstelle: | Band 127, Jahrgang 1853, Nr. VIII., S. 40 |
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VIII.
Ueber die Entsilberung des silberhaltigen Bleies
durch Zink; vom Geh. Oberbergrath Dr. Karsten in Berlin.
Aus Karsten's und v. Dechen's Archiv Bd. XXV S.
192.
Karsten, über die Entsilberung des silberhaltigen Bleies durch
Zink.
Schon im Jahr 1842, als ich meine Untersuchungen über Beimischungen, welche die
Festigkeit des Zinkes vermindern (im polytechn. Journal Bd. LXXXVI S. 111), veröffentlichte und dabei
zu dem Resultat gelangte, daß das Blei die Ursache der schlechten Beschaffenheit
desjenigen Zinkes sey (wenigstens dessen, welches in Oberschlesien dargestellt
wird), aus welchem bei der Bearbeitung unter den Walzen mürbe und brüchige
Zinkbleche erfolgen, machte ich auf die geringe Verbindungsfähigkeit beider Metalle und besonders daraus aufmerksam, daß der
Verbindungszustand des Bleies mit dem Zink ein
doppelter seyn müsse. Zink, welches weiche, feste und biegsame Bleche liefert, ward
schon damals bemerkt, enthält Verbindungen von Blei mit sehr wenig Zink, welche sich
mit der ganzen Masse des Zinks nur im mechanischen Gemenge befinden, wogegen in dem
Zink, aus welchem mürbe und wenig biegsame Bleche erfolgen, der ganze Bleigehalt des
Zinkes in einer innigeren Verbindung mit diesem Metall vereinigt ist. Der Grund
dieses doppelten Erfolges ward in der bei der Schmelzung und Erstarrung des Zinkes
angewendeten Temperatur nachgewiesen, und gezeigt daß das Zink, welches in hoher
Temperatur rasch geschmolzen und beim Ausgießen in die Formen schnell zum Erstarren
gebracht wird, sprödes Zink liefert, in welchem der ganze Bleigehalt mit der
Gesammtmenge des Zinks verbunden ist; wogegen dasselbe Zink, wenn es zwar ebenfalls
in hoher Temperatur eingeschmolzen wird, aber längere Zeit und bei sinkender
Temperatur in dem flüssigen Metallbade verweilt und sich beim Ausgießen in erhitzte
Formen langsam bis zum Erstarren in denselben abkühlt, die Eigenschaft erhält, bei
der Verarbeitung unter den Walzen nicht aufzureißen, sondern weiche und biegsame
Bleche zu liefern, weil der ganze Bleigehalt des Zinkes nicht mehr in der ganzen
Masse des Zinks vertheilt, sondern in einzelnen Partikeln ausgeschieden und daher in
jedem Fall nur mechanisch mit dem Zink vereinigt bleibt. Da das Zink, welches in
Oberschlesien gewonnen wird, stets mit mehr oder weniger Blei verunreinigt ist, so
ward schon damals als ein wesentliches Verbesserungsmittel für das Zink
vorgeschlagen, dasselbe durch den Flammenstrom in großen und tiefen Gruben auf dem
Ofenherde einzuschmelzen und in diesen Gruben längere Zeit in einer angemessenen
stets sinkenden Temperatur flüssig zu erhalten, ehe es in die erwärmten eisernen
Formen mit dem Gießlöffel eingefüllt wird.
Für den praktischen Erfolg bei der weiteren Bearbeitung des Zinkes ist die
Untersuchung der Frage: ob überhaupt eine chemische Verbindung von Blei und Zink,
– wie nicht einmal wahrscheinlich – vorhanden ist? von untergeordnetem
Interesse; denn das vorhin erwähnte Verhalten beider Metalle läßt sich auch durch
die Annahme vollständig erklären, daß bei einem raschen Einschmelzen und Erstarren
den im Zink zerstreuten Antheilen von Blei keine Gelegenheit gegeben wird sich zu
sammeln und zu Boden zu setzen, also ganz auszuscheiden, oder wenigstens sich in
größern Massen vor dem vollständigen Niedersenken zusammenzuziehen, so daß es bei
einem solchen Schmelz- und Erstarrungsverfahren in der ganzen Masse des Zinks
zwischen den Zinktheilchen abgelagert bleiben und dadurch in die Structur des
erstarrenden Zinks nachtheilig eingreifen muß. Aehnliche Erfolge mögen bei vielen
Metall-Legirungen eintreten, welche für wahre chemische Verbindungen gehalten
werden, ohne es zu seyn; bei dem Zusammenschmelzen von Blei und Zink lassen sich
diese Verhältnisse aber, bei der sehr bedeutenden Verschiedenheit im specifischen
Gewicht beider Metalle, leichter erkennen. Wie schwierig es ist Verbindungen von
Zink und Blei darzustellen, ist bereits in dem erwähnten Aufsatz gezeigt, aber es
sind – als zum Gegenstande jener Abhandlung unmittelbar nicht erforderlich
– die Erfolge der Schmelzversuche von Blei und Zink, in verschiedenen
Verhältnissen beider Metalle, nicht mitgetheilt worden. Die Versuche konnten nur im
Probirofen in kleinen Schmelztiegeln vorgenommen werden und gaben, in welchem Verhältniß
beide Metalle auch angewendet werden mochten, stets das Resultat, daß, bei langem
Verweilen der Metall-Legirung in der Schmelzhitze und bei einem langsamen
Erstarren in den Tiegeln, das Blei mit einem sehr geringen Zinkgehalt die untere und
das Zink mit einem sehr geringen Bleigehalt die obere Schicht in den Tiegeln
bildeten. Je höher die Schmelzhitze gewesen war und je länger die Tiegel dieser
Temperatur ausgesetzt blieben, desto schärfer schien die Gränze zu seyn, welche
zwischen beiden Metallen oder Metall-Legirungen, nämlich den Verbindungen von
vielem Blei mit wenig Zink und von vielem Zink mit wenig Blei gefunden wird. Rasche
Schmelzungen und ein plötzliches Erstarren der Metallgemische verlöschen jede
erkennbare Gränze, und es konnte nur ein allmählicher Uebergang aus dem zinkhaltigen
Blei in bleihaltiges Zink wahrgenommen werden. Bestimmte und feste
Verbindungsverhältnisse von Blei mit Zink, oder von Zink mit Blei, je nachdem das
eine oder das andere Metall in dem Gemisch vorwaltete, haben sich bei den Analysen
niemals ergeben.
Bei diesen Schmelzversuchen fügte es sich, daß der Vorrath von reinem Blei zu Ende
gegangen war und daß zu einem zufällig im Laboratorium vorhandenen Stück
silberhaltigem Blei (Werke von der Friedrichshütte bei Tarnowitz, welche 1 3/4 bis 2
Loth Silber im Centner Blei enthalten mochten) gegriffen werden mußte, indem
vorausgesetzt werden konnte, daß der sehr unbedeutende Silbergehalt des Bleies ohne
allen Einfluß auf die Resultate der Schmelzversuche des Bleies mit Zink bleiben
würde. Diese Voraussetzung ward auch durch den Erfolg bestätigt, allein bei der
Untersuchung des Zinkgehalts der Bleilegirungen zeigte sich in überraschender Weise,
daß der Silbergehalt des Bleies so gänzlich verschwunden war, daß die salpetersaure
Auflösung des Bleies bei dem Zusatz von Salzsäure nicht einmal eine bedeutende
Trübung veranlaßte. Der Silbergehalt des Werkbleies mußte daher an das Zink getreten
seyn, und wirklich hatte das Zink den ganzen Gehalt des Bleies an Silber
aufgenommen. Diese Thatsache war um so überraschender, als die Natur das Silber nach
anderen Gesetzen in den Erzen vertheilt zu haben scheint, denn bei dem
Zusammenvorkommen von Bleiglanz und Zinkblende, wie es so häufig stattfindet, ist es
der Bleiglanz und nicht die Blende, in welchem das Silber vorzugsweise aufzusuchen
ist. Mögen auch die regulinischen Metalle ein anderes Verhalten zu einander zeigen
als die mit Schwefel verbundenen; so bleibt es, bei der vorausgesetzten und durch
andere metallurgische Operationen bestätigten großen Verbindungsfähigkeit des Bleies
mit dem Silber, doch immer eine auffallende Erscheinung, daß das Zink in der
Schmelzhitze dem Blei den ganzen Silbergehalt zu entziehen vermag. Die Versuche wurden im Jahr 1842 nicht
weiter als bis zu dem Resultat verfolgt, daß das Blei seinen Silbergehalt um so
vollständiger an das Zink abzutreten scheint, je vollständiger den Bedingungen
entsprochen wird, unter denen die Absonderung des Bleies vom Zink in einem Gemisch
von beiden Metallen bewerkstelligt wird. Das Pattinson'sche Verfahren zur Entsilberung silberarmer Werke, welches mit
großem Recht eine sehr allgemeine Anwendung gefunden hat, schien allen Ansprüchen
auf eine wohlfeile und ziemlich vollkommene Entsilberung des Bleies von geringem
Silbergehalt so vollständig zu entsprechen, daß mir die Entsilberung der Werke durch
Zink keine besondere Berücksichtigung für die praktische Metallurgie zu verdienen
schien.
Erst als ich im Sommer 1851 durch eine mündliche Mittheilung des Hrn. Vivian erfuhr, daß man in Carmartenshire
(Süd-Wallis) versucht habe, die Silberscheidung aus dem silberhaltigen Blei
durch Zink zu bewerkstelligenWir verweisen auf das Patent von Parkes und die
Versuche von Gurlt im polytechn. Journal Bd. CXXIII S. 305.A. d. Red., nahm ich die Versuche aus dem Jahr 1842 wieder auf, und fand eine
vollständige Bestätigung der schon damals erhaltenen und für die praktische
Anwendung unbeachtet gebliebenen Resultate. Es ist mir nicht bekannt, ob man es in
Süd-Wallis nur bei einzelnen Versuchen hat bewenden lassen, oder ob die
Erfolge von dieser Silberscheidung dort nicht von der Art gewesen sind, daß sie zu
einer Fortsetzung und zur Einführung einer wirklichen Arbeitsmethode Veranlassung
gegeben haben. So einfach der Proceß nach den Versuchen im Laboratorium auch
erscheint, so ließen sich aus solchen Erfolgen doch die Schwierigkeiten nicht
übersehen, welche der Ausführung im Großen hindernd entgegentreten könnten,
besonders weil schon die Laboratorienversuche ergeben hatten, daß das Zink zwar ein
Mittel gewährt, eine völlig reine Silberscheidung zu bewirken, daß aber eine scharfe
Gränze zwischen dem entsilberten Blei und dem silberhaltigen Zink nicht vorhanden
ist. Außerdem war die Frage über die Scheidung des im Zink concentrirten Silbers zu
erörtern, und durch Versuche im Großen nachzuweisen, ob sich die aus Zink, Blei und
Silber bestehende Legirung durch den gewöhnlichen Zinkdestillationsproceß, ohne
bedeutenden Silberverlust, werde zerlegen und das Silber rein daraus darstellen
lassen. Sollte der Erfolg ungünstig ausfallen, so würde die Silberscheidung nur auf
dem nassen Wege mittelst Schwefelsäure zu bewerkstelligen gewesen seyn, und dieß
Scheidungsverfahren würde dann – bei der großen und deßhalb fast werthlosen
Menge des dabei abfallenden Zinkvitriols – die übrigen Vortheile des ganzen
Silberscheidungsverfahrens leicht wieder aufheben können.
Der Werth der Silberscheidungsmethode für die metallurgische Praxis ließ sich daher
nur durch Versuche im Großen feststellen. Der Hr. Minister für Handel, Gewerbe und
öffentliche Arbeiten hat die Güte gehabt, die Genehmigung zur Ausführung von
Versuchen im Großen auf der Friedrichshütte bei Tarnowitz in Oberschlesien zu
ertheilen. Mit bekannter Sachkenntniß und mit großem Eifer sind von dem Hrn.
Hüttenmeister Lange auf der Friedrichshütte die Versuche
nicht bloß geleitet, sondern auch die im Lauf der Versuche sich als zweckmäßig
ergebenden technischen Einrichtungen angeordnet worden, so daß es seinen Bemühungen
zu danken ist, wenn der Werth des neuen Silberscheidungsverfahrens für die
metallurgische Praxis mit einiger Zuverlässigkeit hat festgestellt werden
können.
Es sind besonders zwei Umstände, von denen man voraussetzen durfte, daß sie die
Ausführung des Processes begünstigen würden. Zuerst die große Differenz im
specifischen Gewicht, wovon schon oben die Rebe war, welche die mechanische
Absonderung des entsilberten Bleies von dem silberhaltigen Zink nothwendig
erleichtern mußte, und dann die Differenz der Temperaturen, in welchen das Blei noch
ganz flüssig bleibt, während die strengflüssigere Legirung von Zink mit Silber schon
längst erstarrt ist. Man glaubte darauf rechnen zu können, daß es gelingen werde,
die erstarrte Legirung von Zink mit Silber von dem darunter befindlichen und noch
flüssigen Blei so vollständig abzuheben, daß eine weitere Nacharbeit nicht
erforderlich seyn werde, als das entsilberte Blei entweder mit der Kelle aus dem
Schmelzkessel auszuschöpfen, oder den letztern durch ein unten am Boden desselben
befindliches und mit einem Hahn zum Ablassen versehenes Rohr von seinem Inhalt zu
befreien. Nothwendig erschien es nur, das Zink möglichst vollständig mit dem Blei in
Berührung zu bringen und dem Metallbade sodann, unter Beachtung der gehörigen
Temperaturen, die nöthige Ruhe zu gewähren, ehe die Absonderung des mit Silber
angereicherten Zinks von dem entsilberten Blei auf irgend eine Weise vorgenommen
ward.
Die ersten Versuche wurden in einem auf der Friedrichshütte schon vorhandenen
gewöhnlichen gußeisernen Kessel vorgenommen, welcher zur Entsilberung silberarmer
Werke nach dem Pattinson'schen Verfahren bestimmt ist. Es
ward derselbe nur noch mit einem aufrecht stehenden rechenartigen Rührwerk von
geschmiedetem Eisen versehen, welches mit Leichtigkeit rechts und links gedreht
werden konnte, um eine möglichst vollständige Mischung des silberhaltigen Bleies mit
dem Zink bewerkstelligen zu können, und welches sich nach beendigter Rührarbeit leicht aus dem Kessel
entfernen ließ, um dem aus dem Metallbade aufsteigenden silberhaltigen Zink kein
Hinderniß entgegenzusetzen.
1. Versuch. 20 Ctr. 4 1/4löthiges Werkblei wurden
eingeschmolzen, dann mit 1 Ctr. (5 Procent) Zink versetzt, mit Kohlenpulver bedeckt
und zwei Stunden lang in mäßiger Schmelzhitze erhalten, während welcher Zeit das
Rührwerk in steter Bewegung war. Nach Verlauf dieser Rührzeit blieb das Metallbad in
gleichbleibender und nur gegen das Ende verminderter Temperatur noch sechs Stunden
lang ruhig stehen und ward dann mit Wasser begossen, um die obere Metallschicht zum
Erstarren zu bringen. Alsdann ward das erstarrte Metall abgehoben und das flüssige
Blei mit Kellen ausgeschöpft. Es war vollständig entsilbert, indem es nur 1/64 Loth
Silber im Centner enthielt.
2. Versuch. 20 Ctr. 3löthiges Werkblei mit 1 Ctr. Zink
versetzt, wurden in starker Hitze, übrigens aber unter gleichen Umständen,
eingeschmolzen und behandelt. Die Rührzeit dauerte nur eine Stunde und das Metallbad
blieb nach erfolgtem Umrühren nur vier Stunden lang ruhig stehen. Nachdem die
Erstarrung erfolgt und das erstarrte Metall abgehoben worden war, ward das
entsilberte Blei ausgekellt und zeigte sich ganz frei von Silber.
3. Versuch. 20 Ctr. 3löthiges Werkblei wurden mit 2 1/2
Procent (1/2 Ctr.) Zink versetzt und in der hohen Temperatur wie bei dem Versuch 2
behandelt. Auch bei diesem Verhältniß des Zinkes zum Blei trat eine vollständige
Entsilberung ein.
4. Versuch. 20 Ctr. 2 1/2löthiges Werkblei wurden mit 3/4
Procent oder mit 3/16 Ctr. Zink versetzt und in derselben Art wie bei Versuch 2
behandelt. Das Blei war nicht vollständig entsilbert, sondern hielt noch 1/2 Loth
Silber im Centner zurück.
In ähnlicher Art wurden noch mehrere Versuche ausgeführt, um das Minimum von Zeit und
von Zink zu ermitteln, welche zur vollständigen (oder doch bis zu einem
Silberrückstand von nur 1/64 Loth im Centner des entsilberten Bleies führenden)
Entsilberung des Werkbleies erforderlich sind. Es zeigte sich, daß für die Methode
des Abhebens eine Stunde Rührzeit und 1 1/2 Procent Zink als die Minima betrachtet
werden müssen, und daß der Zeitraum der Ruhe des Metallbades, um die Trennung des
Zinkes vom Blei herbeizuführen, also der Zeitraum vom beendigten Rühren bis zum
Abheben der oberen Metallschichten, von der Menge des eingeschmolzenen Metalles abhängt und bei einem
Kessel, in welchem sich 25 Ctr. geschmolzenes Metall befinden, nicht unter vier
Stunden betragen darf.
(Die Fortsetzung folgt im nächsten
Heft.)