Titel: | Versuche über die Schalenhärtung oder den Hartguß; von Hrn. Guettier. |
Fundstelle: | Band 127, Jahrgang 1853, Nr. X., S. 47 |
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X.
Versuche über die Schalenhärtung oder den
Hartguß; von Hrn. Guettier.
Aus Armengaud'sGénie industriel, Sept. 1852, S.
163.
Guettier, über die Schalenhärtung oder den Hartguß.
Hr. Guettier, früher Vorstand der Gießerei der
Gewerbeschule zu Angers, jetzt Director des Hüttenwerks Marquise in Frankreich,
Verfasser eines Werks über Metallgießerei, welcher schon im Jahre 1847 Versuche über
den Schalenguß veröffentlicht hat,Moniteur industriel, Octobernummern 1847, daraus
in der berg- und hüttenmännischen Zeitung 1848, S. 8.A. d. Red. theilt jetzt über diesen wichtigen Gegenstand Folgendes mit.
„Bekanntlich kommt es bei den Eisenbahn-Wagenrädern besonders
darauf an, sie so dauerhaft als möglich zu machen, und dahin zu sehen daß die
äußere Oberfläche der Radkränze hart genug wird, um bei der immerwährenden
Reibung auf den Eisenbahnschienen nicht zu sehr abzunützen.
Um dieser doppelten Bedingung des Widerstandes und der Härte zu entsprechen, wenden
die Gießer bei dem Abguß solcher Räder sowohl graues als weißes Roheisen an, d.h.
sie gießen dieselben wie gewöhnlich in Sandformen ab, lassen jedoch die Oberfläche
des Kranzes aus Gußeisen bestehen, so daß sich das Roheisen dagegen abschreckt,
schnell erkaltet und weiß und hart wird, während der übrige Theil des Rades grau und
weich bleibt. Dieser Guß der Räder in Schalen hat jedoch Schwierigkeiten und gelingt
daher nicht immer. Entweder schrecken sich die Kränze zu wenig oder zu viel ab,
nützen sich im erstern Falle zu sehr ab, oder werden im zweiten zu hart und zu
spröde. Will man zu guten und sichern Resultaten gelangen, so muß man bei der
Auswahl des Roheisens zum Guß mit großer Sorgfalt verfahren. – Schwarzes
feinkörniges und graues grobkörniges Roheisen, ohne Einmischung von halbirtem, härten sich nicht oder erlangen bei der Berührung mit der
Schale eine kaum merkliche Härte. Die an der Schale abgeschreckte Oberfläche von
gutem schwarzen Roheisen läßt sich noch leichter mit der Feile angreifen, als die
mit dem Formsande in Berührung gekommene. In der Nähe der Schale verliert das Korn
an Größe, es wird dicht, fein, eben, schwarz und die Oberfläche bleibt vollkommen weich, wie die von
getemperten Stücken.
Halbirtes Roheisen mit weißem Grunde und mit grauen Flecken verändert seine Natur
gänzlich und krystallisirt bei der Berührung der Schale tief genug, so daß es in der
ganzen Dicke des Kranzes gleichförmig weiß wird und sich dieß bis in die Speichen
hinein erstreckt.
Man muß daher ein Roheisen wählen, welches zwischen diesen beiden Sorten die Mitte
hält. Den Vorzug verdient im Allgemeinen feinkörniges und dichtes graues Roheisen,
welches in das halbirte übergeht. Wählt der Gießer diese Roheisensorte, so werden
ihm die Güsse selten mißrathen. Es gibt ein eben so praktisches, als sicheres und
einfaches Mittel, sich von der Beschaffenheit des zum Schalenguß zweckmäßigen
Roheisens zu überzeugen, daß man gar nicht mehrere Stücke zu riskiren braucht, ehe
man das Roheisen genau kennt. Man braucht nur einen kleinen Einguß zu haben, darin
das zu probirende Roheisen auszugießen und die Wirkungen der Abschrekung zu
untersuchen.
Diese Probegüsse in einen gußeisernen Einguß sind nicht allein bei Hartgüssen,
sondern auch überall dann sehr zweckmäßig, wenn es sich darum handelt, die Qualität
des zu vergießenden Roheisens kennen zu lernen.
Es ist diese Vorsichtsmaßregel besonders bei dem Gießereibetriebe aus den Hohöfen
nothwendig, indem bei denselben Betriebs-Schwankungen und daher eine
Verschiedenartigkeit des Roheisens sehr häufig sind.Bei sehr vielen deutschen Hohöfen, aus denen gegossen wird, finden Proben,
jedoch in Sandformen, statt.A. d. Red. Nach der Untersuchung der Probe könnte man überzeugt seyn, daß wenn das
Roheisen nicht abgeschreckt ist, es an den Oberflächen, an den Faden und den
Gußnähten der Stücke nicht weiß seyn wird. Man hätte auf diese Weise für die Former
einen sicheren Rathgeber, damit dieselben zu Maschinentheilen, Balken und
dergleichen, welche hartes Roheisen nicht vertragen können, keine zweifelhafte Sorte
nehmen, welchen Fehler sie jetzt häufig begehen.
Wir bedienen uns seit einigen Jahren in der Hütte zu Marquise bei jedem Abstich
dieses Mittels, und wir haben gefunden daß es weit zweckmäßiger ist, als die Proben
in dem Sande des Herdes. Wir sehen übrigens gar nicht ein, warum man die Proben in
Sandformen nicht neben denen in gußeisernen Eingüssen beibehalten sollte, da man auf
diese Weise eine doppelte Sicherheit erlangt. Man findet dabei ohne alle Zweifel sehr nützliche
Vergleichungspunkte, und es läßt sich aus der Untersuchung und der Praxis eine
Erfahrung über die Unterschiede ableiten, welche ein und dasselbe Roheisen beim
Vergießen in Sandformen und in Schalen zeigt, und folglich auf den Grad der Neigung,
den dieses Roheisen hat, um grau oder weiß zu werden. Man würde darüber genaue
Angaben erlangen, die man auch dazu verwenden könnte, den Gang des Hohofens zu
verbessern, sobald das Roheisen eine zweifelhafte Beschaffenheit zeigt.
In meiner früheren kleinen Schrift über den Schalenguß habe ich unter anderem, als
sehr bemerkenswerthe Resultate und als zur Anwendung auf den Gießereibetrieb sehr
geeignet, die Anomalien nachgewiesen, welche das Schwinden der in Schalen gegossenen
und dann getemperten Stücke zeigt, und die außerordentliche Leichtigkeit, womit sich
das durch Berührung mit Schalen abgeschreckte Roheisen tempern läßt. Die nun
folgenden Erfahrungsresultate haben einen weit unmittelbarern Zweck in der
gewöhnlichen Praxis, indem sie auf sehr viele Stücke angewendet werden können,
welche jetzt in fast jeder Gießerei zur Ausführung kommen: Hartwalzen,
Eisenbahn-Wagenräder mit harten Kränzen, Eisenbahnschienen, und viele andere
Gegenstände, welche fest und hart seyn müssen.
Die bei meinen Versuchen angewendeten Eingüsse waren 0,25 Met. (10 Zoll) lang, 0,25
Met. breit und 0,5 Met. (20 Zoll) hoch, diese Maaße im Innern oder Lichten genommen
und die Schwindung zugerechnet. Ich hatte fünf Eingüsse, deren Dicke nach allen
Richtungen und am Boden 0,015, 0,020, 0,030, 0,040, 0,050 Meter (7, 10, 15, 20 und
24 Linien) beträgt.
Unmittelbar aus dem Hohofen vergossenes, graues, feinkörniges, etwas mattes Roheisen,
zu gleicher Zeit in die fünf Schalen gegossen, veränderte seine Beschaffenheit
nicht; auf etwa 8 bis 9 Millim. (4 bis 5 Linien) Dicke, erlangte es ein feineres
Korn und eine schwärzere Farbe, allein durchaus keine Härte, indem es sich eben so
gut als da feilen ließ, wo die Berührung mit der Schale nicht eingewirkt hatte.
Obgleich die fünf Proben in Schalen gegossen waren, deren Boden eine Verschiedenheit
der Dicke von 10 bis 35 Millimet. (1/2 bis 1 1/2 Zoll) zeigte, so war doch keine
härter als die andere. Nach dem Abguß ließen sich die Proben nicht anders aus den
Schalen nehmen, als indem man dieselben zerschlug.
Unmittelbar aus dem Hohofen vergossenes, feinkörniges, jedoch nicht halbirtes, aber
schlechteres Roheisen als das obige, zeigte in denselben Schalen Gußstücke mit einer 3
Millimeter dicken, vollkommen weißen und von dem übrigen Roheisen scharf
geschiedenen Rinde. Die obere, nicht abgeschreckte Schicht hat ebenfalls ein dichtes
Korn, ist aber nicht weiß, zeigt jedoch auf eine Dicke von 14 bis 15 Millimeter (7
bis 8 Linien) noch die Wirkungen der Abschreckung durch ein dichteres Korn. Die
Güsse ließen sich leicht aus den Schalen nehmen und zeigten eine Schwindung von 2
bis 3 Millimet.
Halbirtes Roheisen mit großen schwarzen Flecken und mit weißem porösen Grund, gab bei
den fünf Versuchen vollkommen weißes Roheisen, welches in etwas schiefen Nadeln
krystallisirte und der Länge nach, 3 bis 4 Millim. geschwunden war.
Umgeschmolzenes, graues und körniges Roheisen, von besserer Beschaffenheit als das
graue Roheisen des ersten erwähnten Versuchs, gab in den fünf Schalen Güsse von
derselben Beschaffenheit, wie oben erwähnt, nämlich: eine Verdichtung des Korns auf eine Dicke von 14 bis 15 Millim., nur erstreckte
sich dieselbe etwas weiter als bei den Versuchen mit Roheisen vom ersten Guß, und an
den Kanten waren die Güsse so hart, daß sie von der Feile nicht angegriffen wurden.
– Der Unterschied der Dicke der Schalen äußerte eben so wenig als bei den
obigen Versuchen einen Einfluß auf die Härte. – Die Güsse gingen nur schwer
aus den Schalen, und es mußten fünf von den dreien zerschlagen werden, obgleich sie
eine solche Verjüngung hatten, daß die Güsse hätten leicht herausgenommen werden
können, wenn sie sich nicht ausgedehnt hätten.
Aus diesen wiederholten Versuchen, nicht allein mit den erwähnten Roheisensorten,
sondern auch mit Roheisen von sehr verschiedener Beschaffenheit und aus sehr
verschiedenen Hütten, die in Schalen gegossen wurden, habe ich die nachstehenden
Resultate abgeleitet, welche mit den früher von Hrn. Cadiat erlangten vollkommen übereinstimmen: sie berichtigen manche falsche
Ansichten in den Eisengießereien, und werden zur Feststellung der Theorie und Praxis
des Schalengusses wesentlich beitragen:
1. Das Roheisen schreckt sich um so weniger ab, oder bleibt um so weicher, je grauer
es ist. Umgeschmolzen hat es bei übrigens gleicher Beschaffenheit, eine etwas
stärkere Neigung härter zu werden.
2. Das sich am besten härtende Roheisen ist das hellgraue, ins halbirte übergehende
Roheisen, welches jedoch die Gränzen des weißen nicht erreicht.
3. Das Schwinden des Roheisens in den Schalen ist um so bedeutender, je besser sich
dasselbe abschreckt, d.h. je weniger grau es ist.
4. Gießt man graues Roheisen in Schalen und gibt dem Guß eine gewisse Dicke, so läßt
sich das Gußstück noch leicht bearbeiten. – Es bleibt noch die geringste
Stärke der Stücke zu bestimmen, bei welcher man sie noch in der Schale gießen kann,
um auch dann noch das Princip beibehalten zu können.
5. Die Stärke der Schalen scheint keinen Einfluß auf die Schalenhärte auszuüben.
Daraus folgt, daß die Wandstärke hauptsächlich mit Rücksicht auf die Festigkeit der
Schale bestimmt werden muß, damit sie nicht zerspringt, oder sich nicht verzieht,
wenn sie häufige Güsse aushalten soll.
6. Die Beschaffenheit des zur Anfertigung der Schalen anzuwendenden Roheisens, ist in
Beziehung auf die dadurch hervorzubringende Wirkung ganz gleichgültig. In
ökonomischer Hinsicht ist es jedoch zweckmäßig, die Schalen weder von weißem
Roheisen zu gießen, indem sie sonst keine Dauer haben würden, noch von zu grauem,
weil sie sonst verbrennen. Das beste Eisen bleibt daher das hellgraue.