Titel: | Siemens' und Halske's elektromagnetischer Zeiger- und Drucktelegraph. |
Fundstelle: | Band 127, Jahrgang 1853, Nr. LV., S. 255 |
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LV.
Siemens' und Halske's elektromagnetischer
Zeiger- und Drucktelegraph.
Aus dem Practical Mechanics' Journal, Mai 1852, S.
25.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Siemens' elektromagnetischer Zeiger- und
Drucktelegraph.
I. Der Zeigertelegraph.
Fig. 1 stellt
den Zeigertelegraphen mit Wecker im Durchschnitt, Fig. 2 im Grundrisse mit
Hinweglassung des größeren Theils der Tastatur dar. Denkt man sich durch die Mitten
beider Ansichten eine senkrechte Linie gezogen, so gehört der Mechanismus links von
dieser Linie zum Telegraphen, der rechts von derselben zum Wecker. Beide Theile
werden durch einen und denselben Telegraphendraht in Thätigkeit gesetzt. Es ist
ferner zu bemerken, daß zwischen dem Nachricht gebenden und Nachricht empfangenden
Instrument kein Unterschied stattfindet.
Betrachtet man den Apparat von oben, so hat er das Aussehen eines Zifferblattes, mit
einem Zeiger a, welcher an einer senkrechten Spindel b befestigt ist. Das Zifferblatt ist von radialen Tasten
c umgeben, deren jede einen Buchstaben des Alphabets
enthält, mit Ausnahme von zweien, welche den Intervall zwischen zwei Worten
bezeichnen. Drückt nun irgend eine der Tasten nieder, so wird irgend einer der
schräg zugespitzten Stifte p mit hinabgedrückt; sobald
aber der Druck auf die Taste aufhört, wird der Stift durch eine der Federn e wieder in die Höhe gehoben. Die senkrechte Spindel b enthält ein Sperrrad R mit
eben so vielen Zähnen, als Tasten und Stifte vorhanden sind, und unmittelbar über
dem Rade befindet sich ein Arm f, dessen Lage stets mit
derjenigen des Zeigers a coincidirt.
Der Mechanismus, welcher das Sperrrad in Bewegung setzt, ist Fig. 3 besonders
dargestellt. C, C¹ sind die Pole eines
hufeisenförmigen Elektromagneten, dessen Kupferdrahtwindungen C², C³ in Fig. 1 sichtbar sind. Eine
Armatur A oscillirt frei zwischen denselben um ihre
Achse X. An die nämliche Achse ist ein Hebel H befestigt, mit einem Federhaken h und einem Einfall h¹, welche in das
Sperrad R greifen. Eine adjustirbare Feder F hat ein beständiges Bestreben, die Armatur A von den Polen des Elektromagneten hinwegzuziehen.
Unmittelbar unter dem Hebel H
befindet sich ein
anderer metallener Hebel S mit zwei senkrechten
Flanschen, zwischen denen der Hebel H oscillirt, wobei
er abwechselnd gegen die eine und die andere derselben anschlägt und dadurch den
Hebel S durch eine außerordentlich kurze Strecke um
seinen Stützpunkt d dreht, eine Bewegung, welche auf der
einen Seite durch eine Achatspitze E¹, auf der
andern Seite durch eine Metallspitze E begränzt wird.
K, Z bezeichnet die Batterie; L den Leitungsdraht, l und l¹ die Verbindungsdrähte. Wenn die Kette
geschlossen ist, so geht der elektrische Strom von dem Pol Z¹ durch den Draht L, durch die
Umwindungen des Hufeisenmagneten C², C³, von diesem durch den Draht l und den isolirten Hebel S
nach der Metallspitze E und von da durch den Draht l¹ nach dem Pol K in
die Batterie zurück. Indem der Strom den Elektromagneten C², C³ umkreist, zieht dieser
die Armatur an und bewegt daher den Hebel H bis er gegen
die senkrechte Flansche des Hebels S stößt und den
letzteren gegen die isolirte Schraubenspitze E¹
treibt. Der Federhaken des Hebels H hat in diesem Moment
einen andern Zahn des Sperrrades R ergriffen. Da nun der
elektrische Strom bei E unterbrochen ist, so hört die
magnetische Kraft auf und die Feder F bewirkt die
rückgängige Bewegung des Hebels H. Am Ende dieser
Bewegung stößt der letztere den Contacthebel S gegen die
Mittelspitze E, wodurch die Kette wieder geschlossen und
die Armatur A von neuem angezogen wird u.s.w. Es ist
einleuchtend, daß jede Oscillation der Armatur das Sperrad R um die Breite eines Zahns und den Zeiger auf dem Zifferblatt von einem
Buchstaben zum nächstfolgenden weiter bewegt.
Angenommen nun, der Telegraphendraht L sey durch
sämmtliche Apparate geleitet, und die Federn F seyen
alle nahezu gleich adjustirt, so werden, so wie der Strom eingeleitet wird,
sämmtliche Armaturen gleichzeitig angezogen. Jedes Instrument öffnet alsdann die
Kette für sich, und seine Armatur bewegt sich sogleich zurück, um sie wieder zu
schließen. Ein elektrischer Strom ist nicht eher möglich, als bis alle Instrumente
diese Bewegung vollbracht und somit die Kette geschlossen haben. Sogleich findet
eine zweite gleichzeitige Bewegung der Armaturen statt, wobei die Zeiger der
verschiedenen Zifferblätter offenbar eine übereinstimmende Bewegung machen müssen.
Diese Oscillationen folgen einander mit einer Schnelligkeit von 25 in einer Secunde.
Drückt man nun in einem der Instrumente eine Taste nieder, so wird der Hebel f durch den mit der Taste niedergedrückten Stift p in seiner Rotation aufgehalten, wodurch er die
rückgängige Bewegung des Hebels H verhindert. In den
übrigen Apparaten wird der Contact wieder hergestellt; da aber die Kette nicht vollständig geschlossen
ist; so sind sie so lange außer Thätigkeit, bis die niedergedrückte Taste wieder
frei wird. Die Zeiger der verschiedenen Instrumente werden daher jedesmal an dem
Buchstaben der niedergedrückten Taste anhalten. Somit wird die Transmission der
ganzen Depesche nach einer oder verschiedenen Stationen durch Hinabdrücken der
Tasten bewerkstelligt. Die nöthige Uebereinstimmung in der Stellung sämmtlicher
Zeiger ist leicht herzustellen. Der Telegraphirende an der Endstation drückt nämlich
nur die glatte buchstabenlose Taste nieder und die anderen bewegen die Zeiger ihrer
Instrumente auf das nämliche Zeichen, indem sie ihre Armaturen vermittelst eines
Knopfes M in Bewegung setzen. Der Wecker Fig. 4, welcher sich
rechts vom Telegraphen befindet, wird gleichfalls nur durch die Kraft des
elektrischen Stroms und vermittelst des nämlichen Telegraphendrahtes in Thätigkeit
gesetzt. Er hat den Zweck, die Aufmerksamkeit des Telegraphirenden an einer
entfernten Station zu erregen, während die Telegraphen selbst in Ruhe sind. Dreht
man nämlich den Arm eines Commutators aus der mit „Ruhe“ in die
mit „Telegraph“ bezeichnete Lage, so geht der Batteriestrom
durch die Windungen des Weckermagneten C⁴, C⁵ der entfernten Station. Der Mechanismus dieses
Weckers ist demjenigen des Telegraphen ganz ähnlich, nur daß, anstatt des Armes H des letzteren, hier die Armatur einen Hammer N in Bewegung setzt, welcher so lange an die Glocke
schlägt, bis der Commutator-Arm der andern Station sich auf
„Telegraph“ bewegt, worauf der Zeiger des Zifferblattes
seinen Umlauf beginnt.
II. Der Drucktelegraph.
Der Zeigertelegraph bildet einen vollständigen Apparat für sich und kann entweder
allein oder in Verbindung mit einer Druckvorrichtung, welche die ganze Correspondenz
jeder Station in gewöhnlichen Lettern druckt, angewendet werden.
Der Mechanismus des Druckapparates ist demjenigen des Zeigertelegraphen ähnlich. Fig. 5 stellt
ihn im Verticaldurchschnitt, Fig. 6 im Grundrisse ohne
Druckcylinder dar. A und B
sind zwei Elektromagnete, zwischen deren Polen die Armatur C oscillirt. Die senkrechte Spindel D der
Armatur enthält einen Hebel E, welcher mit einem
Federhaken und Einfall versehen ist, die in das Sperrrad R greifen. Dieses Sperrrad hat ebensoviel Zähne, als dasjenige des
Zeigerapparates; dasselbe enthält aber anstatt des Zeigers ein Letternrad
T, welches aus radialen Federn besteht, deren jede, mit
Ausnahme von zwei glatten Federn, welche den Intervall zwischen zwei Worten bezeichnen sollen,
einen Buchstaben des Alphabetes trägt. Ein Contacthebel S ist auf die nämliche Weise, wie bei dem Zeigerapparat angeordnet, nur
daß, hier beide Spitzen F und F¹ metallisch sind, die eine, um den Strom des Telegraphendrahtes
durch die Drahtwindungen A zu leiten, die andere, um
einen Localstrom durch die Drahtwindungen B
herzustellen, welcher die rückgängige Bewegung der Armatur veranlassen soll. Durch
diese Anordnung wird eigentlich der Dienst her Feder G
überflüssig, und sie ist auch nur der Adjustirung wegen beibehalten, was den
Vortheil gewährt, daß die zur Anziehung der Armatur erforderliche Kraft des Stroms
bedeutend vermindert wird. Unmittelbar über dem Letternrad ist ein geschwärzter
Druckcylinder zwischen den festen Lagern H und H¹ Fig. 6 angeordnet.
Zwischen dem Letternrade und dem Druckcylinder befindet sich ein Papierstreifen.
Würde nun die unmittelbar unter der Walze befindliche Letter durch einen Hammer
aufwärts geschlagen, so würde sie sich selbst auf dem Papierstreifen abdrucken,
indem sie den letzteren gegen die geschwärzte Walze drückte. Dieser Schlag geschieht
nun durch den Arm l eines weiteren Elektromagneten K in dem Moment, wo das Letternrad durch das
Hinabdrücken einer Taste des Zeigerapparates angehalten wird. Die Einrichtung ist
folgende.
Ein Winkelhebel L kann in zwei Lagen gebracht werden,
nämlich gegen die isolirte Spitze l und gegen die
metallische Spitze l¹. Bei der letzteren Lage
geht ein elektrischer Strom von einer Localbatterie durch den Elektromagneten K, vorausgesetzt, daß die Kette an der Stelle F, durch welche gleichfalls der Strom geht, nicht
unterbrochen ist. Dieser Strom veranlaßt einen Schlag des Hammers I. Da jedoch der Elektromagnet K und seine Armatur in Vergleich mit dem Magneten A und B sehr schwer sind, so hat der Strom ein
gewisses, wenn auch sehr kleines Zeittheilchen nöthig, bevor er eine Wirkung
erzeugt. Während das Letternrad umläuft, bleibt der Contact bei l¹ unverändert, bei F
jedoch öffnet und schließt sich die Kette in so rascher Reihenfolge, daß der Strom
auf den Magnet K keinen Einfluß äußern kann. Wird aber
eine Taste des Zeigerapparates niedergedrückt, so bleibt das Letternrad stehen und
die Kette bei F bleibt geschlossen. Einen Moment später
zieht der Elektromagnet K seine Armatur an und drückt
die Letter auf einen Papierstreifen. Der Arm I schlägt
gegen den gebogenen Hebel N und dieser bei seiner
Drehung gegen den Winkelhebel L, wodurch die Kette bei
l¹ unterbrochen wird, so daß der Hammer
direct zurückfallen und das Letternrad seine Bewegung fortsetzen kann. Das
Zurückfallen des Hammers I und der Armatur des Magneten K wird durch eine Feder O
bewerkstelligt. Jede Bewegung dieser Armatur veranlaßt vermittelst der Hemmung P die Druckwalze und das Papier, sich um die Breite
eines Buchstabens weiter zu bewegen. Durch eine innere Schraube wird die
Schwärzwalze auch in der Richtung ihrer Achse seitwärts bewegt, um nach und nach
ihre ganze Oberfläche der Letter darzubieten. Ist der elastische Sector des
Letternrades glatt, d.h. ohne Letter, so wird der Hammer auch nicht bewegt, dagegen
berührt ein Hebel Q die Glocke U und kündigt dem Telegraphirenden an dem Ende eines jeden Wortes an, daß
die Stellung des Letternrades mit dem des Zeigers coincidirt. Sobald der Schlag
erfolgt ist, kann das Letternrad seine Bewegung fortsetzen, und die erste
Oscillation des Hebels E bewegt den Winkelhebel L gegen den Berührungspunkt l¹ zurück, um den Druckmagneten K
wieder in Thätigkeit zu setzen. Die Stellung des Letternrades muß vor allen Dingen
nach derjenigen des Zeigers des Zeigerapparates adjustirt werden. Dieses geschieht
dadurch, daß man zuerst auf den Knopf drückt, welcher das Letternrad in einer
gewissen Lage mit Hülfe des gegen die Spitze n des
Knopfes v stoßenden Arms m
anhält. Wenn nun der Zeiger nicht an dem nämlichen Buchstaben anhält, so setzt man
durch wiederholtes Niederdrücken des Knopfes w entweder
das Letternrad oder den Zeiger in Umdrehung. Ist die Adjustirung einmal
bewerkstelligt, so bedarf der Druckapparat keiner weiteren Aufmerksamkeit von Seiten
des Telegraphirenden, welcher bei Beendigung der Operation die ganze Depesche
gedruckt vorfindet. Das Ende einer Depesche wird immer durch den Buchstaben P angezeigt. Findet sich dieser am Schluß der Depesche
wirklich abgedruckt, so darf der Telegraphirende moralisch überzeugt seyn, daß
sämmtliche Buchstaben richtig stimmen.