Titel: | Einfaches und billiges Mittel, die Bildung von Kesselstein bei Verwendung gypshaltigen Wassers zu verhüten; von Prof. R. Fresenius. |
Fundstelle: | Band 127, Jahrgang 1853, Nr. LX., S. 281 |
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LX.
Einfaches und billiges Mittel, die Bildung von
Kesselstein bei Verwendung gypshaltigen Wassers zu verhüten; von Prof. R. Fresenius.
Aus dem Journal für praktische Chemie, 1853, Nr.
2.
Fresenius, über ein einfaches Mittel, die Bildung von Kesselstein
zu verhüten.
In Bad Ems ist seit dem Frühjahr 1851 während der Sommermonate eine Dampfmaschine in
Thätigkeit, welche das Wasser der neugefaßten, auf der linken Seite der Lahn
gelegenen Quelle in die auf der rechten Seite liegenden Badehäuser treibt. Der
Kessel dieser Maschine wird mit dem Wasser der neuen Quelle selbst gespeist.
Da dasselbe im Pfund 21,899 Gran feste Bestandtheile enthält und zwar:
kohlensaures Natron
11,35488 Gran
schwefelsaures Natron
0,10790 „
Chlornatrium
7,27020 „
schwefelsaures Kali
0,43653 „
kohlensauren Kalk
1,24370 „
kohlensaure Magnesia
1,06890 „
kohlensaures Eisenoxydul
0,01728 „
„ Manganoxydul
0,00868 „
kohlensauren Baryt und Strontian
0,00215 „
phosphorsaure Thonerde
0,01090 „
Kieselsäure
0,37839 „
––––––––––––
Summa
21,89951 Gran
so hegte man von manchen Seiten die Befürchtung, man werde mit
sich bildendem Kesselstein viel zu kämpfen haben, indem die Menge der kohlensauren
alkalischen Erden, welche sich beim Kochen des Wassers absetzen, immerhin nicht
unbeträchtlich und bedeutender ist, als in vielen gewöhnlichen harten Wassern.
Aber diese Befürchtung erwies sich als völlig unbegründet. Der von Zeit zu Zeit
entleerte Kessel zeigte sich am Ende der Saison blank und frei von allem
Kesselstein. Was sich in ihm und dem Vorwärmer fand, wenn derselbe nach längerem
Gebrauche entleert wurde, war ein äußerst zarter Schlamm, der getrocknet das feinste
(aus kohlensaurem Kalk und kohlensaurer Magnesia, ein wenig Kieselsäure, geringen
Mengen von Eisen- und Manganoxyd etc. bestehende) Pulver darstellt.
Aus dieser Thatsache folgte mir der Schluß, daß die kohlensauren alkalischen Erden
bei der Bildung der steinartigen Kesselincrustationen nicht die wichtige Rolle
spielen, welche man ihnen oft zuschreibt. Dieselben scheiden sich zwar ab, aber sie
legen sich nicht rindenartig an, sondern lassen sich in Gestalt eines pulverigen
Niederschlages ohne Mühe entleeren. Der eigentliche Kesselsteinbilder ist vielmehr
der in dem Maaße als ihm sein Lösungsmittel – das Wasser – entzogen
wird, herauskrystallisirende GypsDiese Meinung hat auch Cousté ausgesprochen
in Betreff der Bildung der von kohlensaurem Kalk freien Incrustationen in
Dampfkesseln, welche durch Meerwasser gespeist werden (polytechn. Journal
Bd. CXXV S. 258)., und da solcher neben dem kohlensauren Natron des Emser Wassers nicht
bestehen kann, so bildet sich aus demselben kein Kesselstein.
Die mitgetheilte Betrachtung führte mich geradesweges zu der Ansicht, daß ein
geeigneter Zusatz von Soda (oder Potasche) das einfachste sicherste und beste Mittel seyn
müsse, die Bildung des Kesselsteins aus gypshaltigem Wasser zu verhüten. Ich theilte
diese Meinung dem mir befreundeten Besitzer der berühmten Chininfabrik in
Sachsenhausen bei Frankfurt a. M., Hrn. Dr. Conrad Zimmer mit, welcher in Folge des Gypsgehaltes des zum
Speisen seines Dampfkessels dienenden Wassers stets mit reichlicher
Kesselsteinbildung zu kämpfen hatte. Derselbe war sogleich bereit den Versuch
anzustellen, und hat mir jetzt, nachdem er das Mittel seit vielen Monaten anwendete,
mitgetheilt, daß das Resultat ein über alle Erwartung günstiges sey. Der Kessel,
welcher früher in verhältnißmäßig kurzen Zwischenräumen vom Pfannenstein befreit
werden mußte, bleibt jetzt völlig blank, ja selbst die alten Krustenreste, welche so
verhärtet waren, daß sie mechanisch nicht wegzubringen waren, sind völlig
verschwunden. Kalk (und Magnesia) setzen sich wie bei dem Emser Wasser in Form eines
zarten, leicht zu entleerenden Schlammes ab und zwar größtentheils in dem unter dem
Dampfkessel gelegenen Vorwärmer.
Ich kann somit einen geeigneten Zusatz von Soda allen denen mit Recht empfehlen,
welche in Folge eines Gypsgehaltes ihres Wassers mit Kesselsteinbildung zu kämpfen
haben. Es wird ein solcher Zusatz ohne Zweifel auch bei den Dampfkesseln die
erwünschte Wirkung thun, welche mit Meerwasser gespeist werden.
Was die Menge der zugesetzten Soda betrifft, so ergibt sich von selbst, daß diese
nicht für alle Wasser gleich seyn kann, indem sie abhängig ist von dem Gehalte des
Wassers an schwefelsaurem Kalk. Es werden nämlich 100 Theile wasserfreier Gyps durch
78 Theile reine oder 86,5 Theile neunziggrädige oder 92 Theile fünfundachtziggrädige
calcinirte Soda zersetzt. Das Auffinden der richtigen Menge ist nun zum Glück so
einfach und leicht, daß dieser Umstand nicht die mindeste Schwierigkeit
darbietet.
Man hat nämlich nur Sorge zu tragen, daß die Soda stets in geringer Menge vorwaltet
und somit das Wasser des Kessels von Zeit zu Zeit in dieser Hinsicht zu prüfen. Es
geschieht dieß noch besser und empfindlicher als mit Reagenspapieren auf die Art,
daß man eine, nöthigenfalls filtrirte, Probe des dem Dampfkessel entnommenen Wassers
in zwei Theile theilt und die eine Hälfte mit Sodalösung, die andere mit klarem
Kalkwasser versetzt. Bleibt jene klar und wird diese mäßig getrübt, so ist das
Verhältniß das richtige. Fände das Umgekehrte statt, so müßte Soda zugesetzt werden,
während deren Menge verringert werden kann, wenn die Trübung mit Kalkwasser sehr
stark ist.
Daß die Kessel und Vorwärmer von Zeit zu Zeit durch Ablassen von dem sich in ihnen
absetzenden feinen Schlamm befreit werden müssen, bedarf kaum der Erwähnung.