Titel: | Verfahren zur Fabrication von Stearinsäure mit Gewinnung von schwefelsaurer Thonerde als Nebenproduct; von Hrn. J. Cambaceres. |
Fundstelle: | Band 127, Jahrgang 1853, Nr. LXII., S. 301 |
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LXII.
Verfahren zur Fabrication von Stearinsäure mit
Gewinnung von schwefelsaurer Thonerde als Nebenproduct; von Hrn. J. Cambaceres.
Aus den Comptes rendus, Januar 1853, Nr.
5.
Cambaceres' Verfahren zur Fabrication von Stearinsäure.
Bis die Chemiker ein ökonomischeres Verfahren zur Fabrication der Fettsäuren (für
Kerzen) entdeckt haben, als das gegenwärtig gebräuchliche ist, besitzen wir keine
anderen Mittel die Fabricationskosten zu vermindern, als die jetzt gebräuchlichen
Methoden zu vervollkommnen und besonders die Verseifung zur Gewinnung eines
nützlichen Rückstands zu benutzen, während man bisher durch Zersetzung der Kalkseife
mit Schwefelsäure, ein werthloses Product, nämlich schwefelsauren Kalk, erhielt.
Nach meinem Verfahren erhält man bei der Stearinsäure-Fabrication als
Rückstand ein Thonerdesalz, welches für die Industrie einen ziemlichen Werth
hat.
Die Thonerde verseift bekanntlich die Fette nicht (sie kommt übrigens nicht in ganz
reinem Zustand in der Natur vor); wenn man aber als Zwischenagens Kali oder Natron
anwendet, so können alle Schwierigkeiten leicht gehoben werden.
Die Seifen mit Alkali als Basis, lösen nämlich die Thone auf, besonders wenn diese
Seifen mit einem Ueberschuß von Alkali dargestellt wurden. In dem Maaße als sich der
Thon auflöst, verbindet er sich mit der Fettsubstanz, und macht das Alkali frei, mit
welchem letztere verbunden war. Ein Ueberschuß von Alkali, oder eine Salzlösung,
oder eine große Menge Wasser scheidet dann die Thonerdeseife ab; da letztere Seife
in gallertartigem Zustand ist, so läßt sie sich durch eine Säure mit der größten
Leichtigkeit zersetzen. Was die Kieselerde betrifft, welche einen Bestandtheil des
Thons bildet, so trennt sie sich von der Thonerde, wenn man die Auflösung der
entstandenen schwefelsauren Thonerde abdampft, um das Salz in festem Zustand zu
erhalten.
Diese Eigenschaft der Thonerde, die Alkaliseifen zu zersetzen, rührt offenbar
einerseits von der Verwandtschaft der Thonerde zu den Fettsäuren, und andererseits
von der Unauflöslichkeit der entstehenden Thonerdeseife her.
In der Praxis könnte man (um die Operation zu beschleunigen und weniger Alkali als
Zwischenkörper verwenden zu müssen) schon am Anfang der Verseifung den Thon in
Berührung mit dem Talg und Alkali bringen.
Um ökonomisch zu verfahren, darf man natürlich in der Thonerdeseife nur die möglich
kleinste Menge Alkali zurücklassen. Wenn man die wiederholten Auswaschungen der
Thonerdeseife (um sie rein zu erhalten) zu weit treibt, so können die Kosten der
Handarbeit den Verlust an Alkali, welches in der Thonerdeseife zurückbliebe, mehr
als aufwiegen; übrigens bildet das in der Thonerdeseife zurückgebliebene Alkali bei
deren Zersetzung mit Schwefelsäure ein wenig Kali- oder Natronalaun, welcher
der schwefelsauren Thonerde beigemengt bleibt und bei deren Anwendungen in den
Färbereien und Zeugdruckereien ohne Nachtheil ist.
Wenn man nun bedenkt, wie schwer es ist die stärksten Säuren, z.B. die Schwefelsäure,
direct mit den in der Natur vorkommenden Thonsorten zu vereinigen, und daß diese so
einfach scheinende Operation viel Handarbeit, kostspielige Apparate und
Brennmaterial erfordert, so muß man es höchst wahrscheinlich finden, daß wenn man
die Stearinsäure-Fabrication mit derjenigen der schwefelsauren Thonerde
verbindet, die Vortheile dieser zwei Operationen zusammen die Gestehungskosten der
Producte (der Fettsäuren
einerseits und der schwefelsauren Thonerde andererseits) nicht unbedeutend
vermindern.
Diese Fabrication wird besonders in solchen Gegenden vortheilhaft seyn, wo ein von
Eisenoxyd freier Thon vorkommt, weil man dann unmittelbar reine schwefelsaure
Thonerde darstellen könnte. Man könnte sogar direct essigsaure Thonerde darstellen,
weil die Thonerdeseife, welche in gallertartigem Zustand ist, durch die Essigsäure
leicht in der Kälte zersetzt wird.
Die Frage ist also bloß noch, ob ein Verlust entsteht durch Anwendung des löslichen
Alkalis als Zwischenmittel zur Verseifung, anstatt des Kalks, welchen man bei der
Stearinsäure-Fabrication benutzt. Wenn man aber beachtet, einerseits daß die
Verseifung der Fette durch Kalk einen entsprechenden Verlust von Schwefelsäure
veranlaßt (10 bis 11 Kilogr. Säure von 66° B. auf 100 Kilogr. Talg); daß die
Zersetzung der Thonerdeseife mit der größten Leichtigkeit bewerkstelligt würde, was
bei der Kalkseife nicht der Fall ist, welche man dazu pulverisiren muß; daß der sich
bildende schwefelsaure Kalk immer einen Antheil Kalkseife zurückhält, so daß man den
Rückstand neuerdings behandeln muß, um einen merklichen Verlust an Fettsubstanz zu
vermeiden: so scheint die vorgeschlagene Fabrication entschiedene Vortheile
darzubieten, weil man nach der Theorie auf 100 Fettsäure 42 schwefelsaure Thonerde
erhielte; selbst wenn man aber von letzterer nur 33, also ein Drittel des Gewichts
der Fettsäuren bekäme, so wäre der Vortheil noch immer groß genug, um die
Stearinkerzenfabriken zu veranlassen die Darstellung der Thonerdesalze in Verbindung
mit derjenigen der Fettsäuren zu unternehmen. Um alle Zweifel hinsichtlich des
vorgeschlagenen Verfahrens zu heben, müssen jedoch einige Versuche im Großen
angestellt werden.