Titel: | Beschreibung einer von S. Müller zu Augsburg erfundenen, höchst einfachen, leicht herzustellenden, wohlfeilen und sehr wirksamen Kaminbürste zum Reinigen russischer Schornsteine. |
Fundstelle: | Band 127, Jahrgang 1853, Nr. LXX., S. 338 |
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LXX.
Beschreibung einer von S. Müller
Früher Uhrmacher und Mechanikus, jetzt Hausmeister der polytechnischen
Schule. zu Augsburg erfundenen, höchst
einfachen, leicht herzustellenden, wohlfeilen und sehr wirksamen Kaminbürste zum
Reinigen russischer Schornsteine.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Müller's Kaminbürste.
Bekanntlich werden die russischen Kamine, welche zu eng sind, um von dem
Schornsteinfeger bestiegen werden zu können, dadurch vom angesetzten Ruße befreit,
daß man durch ihre obere Mündung oder durch ein in der Nähe derselben angebrachtes
Thürchen eine zum Zweck der Reinigung besonders verfertigte Bürste einführt, die
unten durch ein angehängtes Gewicht beschwert, oben dagegen an ein Seil oder eine
dünne Kette angehängt ist, so daß dieselbe, nachdem sie in Folge des angehängten
Gewichtes durch den ganzen Kamin hinabgerutscht ist, mittelst des Seiles oder der
Kette wieder emporgezogen werden kann. Diese gewöhnliche Kammbürste besteht aus
einem nach der innern Form des Schornsteines sich richtenden entweder würfelförmigen
oder cylindrischen Kern von Holz, welcher mit Ausnahme seiner oberen und unteren Fläche
dicht mit Borsten besetzt ist. Diese Borsten sind nun bei der geringen Steifheit die
sie besitzen, wohl im Stande den leichten Muß, welcher sich in Form von Flocken
angesetzt hat, zu entfernen; bleiben aber ohne Wirkung auf den festeren
pechähnlichen Glanzruß, dessen Anhäufung gefährlich ist, und der bei den deutschen
Kaminen von Zeit zu Zeit abgepickt wird. Sind Schornsteine, was sehr häufig der Fall
ist, innen feucht oder naß, so wird beim Kehren mit der Bürste diese dadurch
verdorben, daß der feuchte, theerähnliche Ruß die Borsten in Bündeln zusammenklebt,
wodurch sie ihre Elasticität verlieren. Der Preis solcher Kaminbürsten ist ziemlich
hoch, und ihre wiederholte Anschaffung fällt Manchem sehr lästig.
Diesen Uebelständen war man schon von mehreren Seiten her abzuhelfen bemüht, wie dieß
aus einigen Apparaten hervorgeht, die zum Zweck der Reinigung russischer
Schornsteine construirt wurden, und auf der Londoner und Leipziger Ausstellung zu
sehen waren. Die bedeutenden Kosten solcher Apparate und ihre Complicirtheit mögen
wohl der Grund seyn, warum dieselben bei ihrer gewiß unbestrittenen guten Wirkung
noch nicht in allgemeinen Gebrauch gekommen sind.
Die von S. Müller erfundene, auf der letzten Augsburger
Industrieausstellung aufgelegte Kaminbürste zeichnet sich vor allen bisher zu
demselben Zweck angewandten durch ihre Einfachheit, leichte Herstellung, lange
Dauer, größere Wirksamkeit und Wohlfeilheit vortheilhaft aus, wobei auch das noch
sehr zu ihren Gunsten spricht, daß nasser Ruß sie nicht im geringsten beschädigt,
und ihre Handhabung ganz dieselbe wie bei den bedeutend theureren Borstbürsten
bleibt. Als Beweis ihrer größeren Wirksamkeit dient die Thatsache, daß die Müller'sche Bürste aus einem eben erst mit der
Borstbürste gekehrten Schornsteine noch eine bedeutende Menge Ruß zu entfernen im
Stande ist.
Sie besteht, wie die Figuren 17, 18, 19, 20 zeigen, aus einem
hölzernen Kern, welcher für eckige Schornsteine würfelförmig oder prismatisch, für
runde dagegen cylindrisch geformt ist. Dieser Kern ist nicht wie bei den
gewöhnlichen Bürsten aus einem Stücke gemacht, sondern dadurch hergestellt, daß
Brettchen von circa einem Zoll Dicke a, b, c, d, e, f
bis zur gewünschten Höhe auf einander gelegt werden. Jedes dieser Brettchen ist mit
Weißblech überzogen, und trägt, mit Ausnahme des untersten, auf seiner unteren
Fläche zwei hölzerne Zapfen g, welche in zwei in die
obere Fläche des darunter liegenden gebohrte Löcher passen, so daß, wenn die
Brettchen auf einander gelegt sind, eine Drehung des einen auf dem anderen nicht
mehr möglich ist. Um nun die einzelnen Brettchen zu einem ganzen festen Kern zu
vereinigen, geht mitten durch dieselben eine eiserne, an einem Ende zu einem Ringe
umgebogene Schraube h, auf deren anderes Ende, nachdem
vorher ein ringförmiger Handgriff k aufgesteckt wurde,
eine Mutter i festgeschraubt wird. An den einen dieser
Ringe wird das Gewicht angehängt, welches die Bürste in den Schornstein hinabziehen
muß, der andere dagegen dient zur Befestigung der Kette oder des Seiles, womit die
Bürste wieder in die Höhe gezogen wird. Statt der Borsten wendet Müller zwei bis drei Zoll lange Stückchen von
abgebrochenen Stockuhrfedern an, die eine Breite von 1/2 bis 1 Zoll haben, und vor
dem Befestigen auf die einzelnen Brettchen erst gerade gerichtet seyn müssen. Diese
Stahlfedern werden, wie dieß aus Fig. 18 und 19 zu ersehen
ist, je mit zwei Drahtstiften oder Nägeln in radialer Richtung auf die oberen ebenen
Flächen der Brettchen b, c, d, e, f aufgenagelt. Damit
nun die scharfen Enden der Federn mit allen Punkten der inneren Kaminfläche in
Berührung kommen, wird beim Aufnageln auf die Brettchen beachtet, daß auf den
Zwischenraum, welcher beim ersten Brettchen zwischen zwei Federn bleibt, eine Feder
des zweiten Brettchens trifft, so daß, wie man zu sagen pflegt, die Fugen gedeckt
sind, und der Grundriß der zusammengesetzten Bürste von Fig. 18 sich nur dadurch
unterscheidet, daß die äußere Contour zusammenhängende gerade Linien bildet. Fig. 18 ist
die obere Ansicht der mit Federn besetzten Brettchen b, d,
f, und Fig. 19 die der Brettchen c und e. Denkt man sich diese Brettchen, wie Fig. 17 zeigt,
übereinander gelegt, und durch die Schraube h
miteinander verbunden, so deckt je ein höher liegendes die Nagelköpfe des darunter
liegenden, und es ist keine Möglichkeit, daß eine der Federn auch nach noch so
langem Gebrauche ausfalle, da dieselben nicht nur durch die Nägel, sondern auch noch
dadurch festgehalten werden, daß sie durch die Schraube h zwischen die Brettchen festgeklemmt sind. Damit dieß auch für das
oberste mit Federn besetzte Brettchen b der Fall ist,
ist auf dasselbe das unbesetzte Brettchen a, Fig. 20,
aufgelegt. Da die Federn bedeutend steifer als Borsten, und an ihren abgeschnittenen
Enden ziemlich scharf sind, so läßt sich leicht denken, daß sie beim Auf- und
Abziehen durch einen Kamin auch den fester anhaftenden Ruß abkratzen. Die Erfahrung
zeigte, daß drei Federreihen vollkommen hinreichen, und in vielen Fällen einer
größeren Anzahl vorzuziehen sind, indem hierbei die Bürste eine geringere Höhe
bekommt, und deßhalb leichter durch etwas gebogene Kamine hindurchgeht. Der Preis
von drei-, vier- und fünfreihigen Bürsten ist 3, 4 und 5 Gulden, und
es sind solche von dem Erfinder zu beziehen.
W.