Titel: | Ueber die Vortheile der Wasserdämpfe beim Backen des Weißbrodes und Beschleunigung des Abbackens desselben. |
Fundstelle: | Band 127, Jahrgang 1853, Nr. LXXVIII., S. 362 |
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LXXVIII.
Ueber die Vortheile der Wasserdämpfe beim Backen
des Weißbrodes und Beschleunigung des Abbackens desselben.
Aus dem Wochenblatt des Gewerbver. zu Köln, 1852, S.
190.
Ueber die Vortheile der Wasserdämpfe beim Backen des
Weißbrodes.
Es ist eine durch die Erfahrung bekannte Thatsache, daß Wasserdämpfe (sogenannte
Schwaden), welche während des Abbackens der Waare in dem Ofen zurückgehalten werden,
vorzüglich geeignet sind, dem Weißbrod, namentlich den sogenannten Franzbrödchen das
schöne und glänzende Ansehen zu verschaffen, welches von den Kunden so sehr gesucht
wird. Zudem haben sie noch den Vortheil, die Kruste desselben während des Ausbackens
möglichst ausdehnbar zu erhalten und das Aufziehen zu befördern, und gleichzeitig
die oberflächlichen Theile aller unmittelbar der von den Wänden des Ofens
ausstrahlenden Wärme ausgesetzten Brode gegen das zu starke Bräunen zu schützen.
Durch die entweichenden Dämpfe aus der Waare wird solche einer beginnenden
Veränderung entgegengeführt, die in einer Art Caramelisirung besteht und welche bei
den organischen Substanzen durch eine anfangs leichte, hierauf allmählich dunkler
werdende braungelbe Färbung sich kund gibt. Hierbei ist nun besonders zu beachten,
daß die aus den feinen Weizenmehlwaaren sich entwickelnden Dämpfe möglichst
zusammengehalten werden, um der Waare den gewünschten Glanz zu ertheilen.
Die Kunst des Brodbackens besteht hauptsächlich darin, neben der Bildung der Kruste,
also des durch Röstung veränderten Theils, auch dafür zu sorgen, daß die eigentliche
Masse (Krume) während sie die gehörige Einwirkung der Hitze erfährt, die das
Stärkmehl auflöslich macht, nicht zu einer dichten, glasigen oder speckig teigigen
Masse einschrumpft, sondern sich vielmehr locker und schwammig aufbläht. Nur dann
ist eine rasche Zertheilung bei dem Genuß und eine leichte Verdauung möglich. Den
Zweck der Auflockerung erfüllt die Gährung durch eine Gasentwickelung, welche durch
sie in der Masse des Teiges hervorgerufen, und durch das Backen im Ofen vollendet
wird. Dadurch, daß die Waare einem Dunstkreis von Wasserdämpfen ausgesetzt wird,
wird die allzustarke und allzurasche Einwirkung der Hitze auf die Außenfläche
gemildert.
Aus dem eben Bemerkten wird es nun jedem Bäcker einleuchten, wie die Erzeugung von
Wasserdämpfen ihre Hauptsorge seyn müsse. Die Art und Weise, wie solches gewöhnlich
geschieht, besteht darin, daß entweder nasses oder grünes Holz in den Backofen
gelegt, oder Behälter mit Wasser gefüllt in den Ofen gestellt werden. Diese Methode
zeigt sich jedoch sehr mangelhaft, denn einestheils entstanden die Dämpfe in der
Regel zu spät, da dieselben gerade beim ersten Füllen des heißen Backofens mit
Franzbrödchen oder sonstiger Waare gerade am nöthigsten sind, sich aber erst später
entwickelten, anderntheils hat man auch den Uebelstand zu befürchten, daß die starke
Hitze das eingelegte Holz zu schnell ergreift und der dadurch entstehende Rauch
einen sehr unangenehmen Geruch verbreitet, welcher sich dem Weißbrod mittheilt und
ihm einen höchst widerlichen Geschmack ertheilt. Es ist daher wohl von Interesse,
diese Uebelstände zu beseitigen und zugleich die Vortheile, welche von der
Wirksamkeit der Wasserdämpfe bei der Weißbrodbäckerei zu erwarten sind, mit
Sicherheit festzuhalten, ohne vorheriges Abbacken von Roggenbrod, Franzbrödchen oder
sonstige Waare, welche Dämpfe erfordern, in der ersten Hitze gut und schön abbacken
zu können. Eine zweckmäßige Vorrichtung wäre daher folgende:
Man läßt vermittelst eines Rohrs, welches die Länge des Backofens hat, und welches
mit Trichteraufsatz versehen und vor Beginn des Backens in den Ofen so eingelegt
ist, daß 2 bis 3 Maaß Wasser, je nachdem der Ofen groß oder die Hitze stark ist,
durch dasselbe nach und nach eingegossen werden können, in eine Fuge, wo der Herd
mit dem Gewölbe nicht nahe zusammentrifft, in den als Lager dienenden heißen, ja
fast glühenden Sand einlaufen. Dadurch werden augenblicklich Wasserdämpfe sich
entwickeln und über die Waare im ganzen Ofen hinziehen, was bei der älteren Methode,
wo die Kessel mit Wasser in der Nähe der Ofenthüre stehen, nicht der Fall seyn
kann.
Eine besondere Einrichtung am Backofen ist wohl nicht erforderlich, da jeder in
Gebrauch stehende Ofen Fugen hat, wo das Wasser durchlaufen kann, um mit dem
glühenden Sand in Berührung zu kommen. Bei neu anzulegenden Backöfen kann eine solche Vorrichtung
durch Anbringung kleiner Rinnen angebracht werden. Es ist auch noch zu bemerken, daß
bei einem neu anzulegenden Ofen es nicht nöthig ist, demselben eine Steigung nach
hinten von 9 bis 11 Zoll zu geben, weil nach der allgemeinen Meinung dann der
Schwaden besser wirken soll, sondern man kann ohne Bedenken den Herd horizontal
legen, wodurch das Unangenehme wegfällt, daß derartige Waare, welche auf Platten
gebacken wird, unterlegt werden mußte, wodurch die Regelmäßigkeit und
Gleichmäßigkeit beeinträchtigt wurde. (Wir verweisen auf Loriot's Apparat, im polytechn. Journal Bd. CXXI S. 225. Die Redact.)
Eine andere Einrichtung ist dadurch zum schnelleren Füllen des Backofens mit kleinem
Weißbrod getroffen, daß beim Einschießen vier oder auch mehr Schießer gebraucht
werden, welche vor dem Oeffnen des Ofens mit kleinem Weißbrod belegt werden, und
sobald das Einschießen beginnt, kommt ein zweiter Arbeiter, belegt die leer
gewordenen wieder voll, wodurch der am Ofen beschäftigte Arbeiter fortwährend am
Einschießen bleiben kann. Dadurch wird viel Zeit gewonnen, die Hitze im Ofen mehr
zusammengehalten und das Weißbrod schöner und schneller gebacken. Dadurch wird die
Arbeit sehr erleichtert, was in größeren Bäckereien immer eine schwere Aufgabe ist,
daß ein Arbeiter ohne Hülfe am Ofen allein stehend das Einschießen verrichten muß.
Selten geht es dabei ohne schwarze Waare her, die zum Absah sich nicht mehr eignet.
Auch ältern Meistern, welchen diese Arbeit als die wichtigste schon schwer fällt
allein zu verrichten, werden diese Bemerkungen nicht unwillkommen seyn, was der
eigentliche Zweck dieser Mittheilung ist.