Titel: | Ueber die Zersetzung des schwefelsauren Bleioxyds; von dem Techniker Hrn. Rolle. |
Fundstelle: | Band 127, Jahrgang 1853, Nr. XCVII., S. 446 |
Download: | XML |
XCVII.
Ueber die Zersetzung des schwefelsauren
Bleioxyds; von dem Techniker Hrn. Rolle.
Aus den Verhandl. des Vereins zur Beförd. des Gewerbfl. in
Preußen, 1852, sechste Lieferung.
Rolle, über die Zersetzung des schwefelsauren
Bleioxyds.
Die bisher bekannt gewordenen Verfahrungsarten, dieses Nebenproduct bei der
Darstellung der essigsauren Thonerde in eine für die Praxis nutzbare Form
umzuwandeln, beschränkten sich fast darauf, eine geringere Sorte Chromgelb, oder
metallisches Blei darzustellen. Bei dem letzteren Verfahren wendete man zur
Zersetzung metallisches Eisen oder Zink an. Abgesehen davon, daß dieses Verfahren
längere Zeit erfordert, so ist die praktische Ausführung, um eine vollständige
Zersetzung zu erzielen, mit manchen Schwierigkeiten verknüpft.
Wichtiger für die Industrie, namentlich aber für die Kattunfabrikanten und Färber,
welche das schwefelsaure Bleioxyd als Nebenproduct gewinnen, sind die Verbindungen
des Bleioxyds mit den Säuren der Essigsäure und Salpetersäure, weßhalb ich denn auch
hauptsächlich mein Augenmerk dahin richtete, nicht metallisches Blei, sondern
Bleioxyd und zwar im Hydratzustande zu gewinnen, in welchem Zustande es leicht und
ohne Verlust an Säure in denselben löslich ist, und so auf eine leichte und wenig
kostspielige Weise eine Regeneration der zuerst angewendeten Materialien
gestattet.
Um die Zersetzung zu bewirken und die Schwefelsäure vom Bleioxyde zu trennen,
verwendete ich Kalk, aber weder ein Kochen mit Kalkwasser, noch ein Kochen mit
Kalkmilch war im Stande, die innige Verbindung zu lösen; ich erreichte aber meinen
Zweck aufs Vollständigste, wenn ich in eine Portion schwefelsauren Bleioxyds im
breiartigen Zustande ein Stück frisch gebrannten Kalk warf, heißes Wasser darüber
goß, und so den Kalk sich löschen ließ. Man bemerkt bald an der gelben Farbe, welche
die Mischung annimmt, daß die Zersetzung erreicht ist. In dem Augenblicke, wo der
Kalk unter der heftigsten Wärmeentwickelung das zu seiner Existenz im Hydratzustande
erforderliche Wasser aufnimmt, wo seine chemischen Eigenschaften einmal angeregt,
ihren höchsten Grad erreichen, wird eine Zersetzung erreicht, die auf eine andere
Weise nicht zu erlangen war. Es ist dieser Fall sowohl für die theoretische als die
praktische Chemie nicht
ohne Interesse, insbesondere wollte ich aber diejenigen, denen mehr Zeit und
Gelegenheit gegeben ist Versuche anzustellen, darauf aufmerksam machen, ob nicht auf
ähnliche Weise eine Zersetzung des schwefelsauren Natrons oder anderer
schwefelsaurer Salze möglich wäre, jedenfalls ist aber diese große chemische
Affinität, welche sich in allen den Fällen, welche die Chemiker mit dem Ausdruck
(„in statu nascente“)
bezeichnen, viel zu wenig untersucht und benutzt, als daß sie nicht für Wissenschaft
und Praxis manches Interessante in Aussicht stellte.
Nachdem man das schwefelsaure Bleioxyd auf die eben angegebene Art zersetzt hat, hat
man nur nöthig, durch Abschlämmen mit Wasser den Kalk und Gyps vom Bleioxyde zu
trennen. Da das Bleioxyd, vermöge seines bedeutenden specifischen Gewichts, fast
augenblicklich zu Boden fällt, so ist diese Operation sehr leicht. Vermittelst
Durchschlagen durch ein Sieb kann man die zusammengeballten Kalktheile noch mehr
zertheilen. Man erhält auf diese Weise ein Product, welches in Säuren gelöst
sogleich zur Darstellung von essig- oder salpetersaurer Thonerde brauchbar
ist, indem eine geringe Beimengung von essigsaurem oder salpetersaurem Kalt ohne
Nachtheil, und diese Salze in vielen Fällen zu Darstellung der entsprechenden
Thonerde-Verbindungen benutzt werden.
Verlangt man aber ein reineres Product, so ist dieß durch Krystallisation leicht zu
erlangen, da die Kalk- und Bleiverbindungen mit den genannten Säuren sich in
ihrem Löslichkeitsvermögen bedeutend unterscheiden; jedenfalls ist das Product frei
von Kupfergehalt, was für die Färberei wichtig und bei der Darstellung aus
Bleiglätte nicht zu vermeiden ist.