Titel: | Beschreibung einer neuen, sich selbst schmierenden Achsbüchse für Locomotiven und Eisenbahnwagen, ferner einer selbstwirkenden Federweiche; von Paul Hodge, Civilingenieur in London. |
Fundstelle: | Band 128, Jahrgang 1853, Nr. II., S. 8 |
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II.
Beschreibung einer neuen, sich selbst
schmierenden Achsbüchse für Locomotiven und Eisenbahnwagen, ferner einer selbstwirkenden
Federweiche; von Paul
Hodge, Civilingenieur in London.
Aus dem Civil Engineer and Architect's Journal, Januar
1853, S. 24.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Hodge, über eine sich selbst schmierende Achsbüchse für Locomotiven
und Eisenbahnwagen.
Sich selbst schmierende Achsbüchse für
Eisenbahnwagen.
Kein Theil der Eisenbahn-Maschinerie erfordert ein so unausgesetztes
Schmieren, als die Achsbüchsen der Locomotiven, Tender und Wagen, da die Erhitzung
einer einzigen Büchse in einem ganzen Zuge die traurigsten Folgen haben kann, nicht
allein, indem dadurch Verzögerungen, sondern auch Entzündungen entstehen, wodurch
das Leben der Reisenden in Gefahr kommt. Unerachtet der großen Aufmerksamkeit,
welche fortwährend auf diesen Punkt verwendet wurde, findet man doch, hauptsächlich
im Sommer, kaum einen Bahnzug, bei dem sich nicht eine oder mehrere Achsbüchsen
erhitzt haben. Der Verf. dieses Aufsatzes machte selbst die Erfahrung, daß durch
solche Erhitzungen ein Bahnzug mehrere Stunden aufgehalten wurde. Er wurde durch
diese Erfahrung von den Schwierigkeiten überzeugt, welche das Schmieren der Achsen
mit Fett darbietet, und da man in den Vereinigten Staaten Nordamerika's der Meinung
ist, daß Oel das beste Mittel zum Schmieren der Büchsen sey, während die Kosten
dafür nicht die Hälfte betragen, so wandte er sich an den Erfinder der besten
Schmierbüchse in Amerika
und veranlaßte dann einen Versuch mit derselben aus der nordwestlichen Bahn
Englands.
In den Vereinigten Staaten wird auf keiner Bahn Fett zum Schmieren angewendet, und
von den mannichfachen Patenten, die auf das Schmieren mit Oelen dort genommen
wurden, hat keine Achsbüchse eine so allgemeine Anwendung gefunden, als die
nachstehend beschriebene. Die durchschnittlichen Strecken, welche dort die Wagen
durchlaufen, ehe die Schmierbüchsen frisches Oel erhalten, oder ehe die Büchsen und
Achsschenkel untersucht werden, beträgt 8000 englische oder etwa 1800 deutsche
Meilen. Diese Thatsache ist durch die Versuche, welche auf der London- und
nordwestlichen Bahn angestellt wurden, vollständig bewiesen. Die ersten Büchsen
dieser Art wurden bei dem Tender der Locomotive Nr. 182 angewendet, welche sofort in
einen besonders starken Betrieb in der heißen Jahreszeit kam, indem sie häufig
Schnellzüge befördern mußte, zu andern Zeiten auch Lastzüge, so daß sie in vier
Monaten 6000 engl. Meilen zurücklegte, ohne daß frisches Oel hinzukam und während
die Büchsen und Achsschenkel sich in vollkommen gutem Zustande befanden.
Diese Achsbüchse ist in den Figuren 17 bis 20
dargestellt.
Fig. 17 ist
ein Längendurchschnitt;
Fig. 18 der
Querdurchschnitt;
Fig. 19
Aufriß von vorn;
Fig. 20
Aufriß von hinten.
A die Achse; B der
Achsschenkel; C, C ein schmiedeiserner Ring an der Achse
mit einer Kehle, welche das Leder D, D aufnimmt; E, E die Pfanne von Messing; F,
F der obere Raum, welcher mit Baumwollenabfall, Werg, Schwamm, oder mit
irgend einem andern capillaren Material ausgefüllt ist, welches das Oel aufnimmt und
es dem Achsschenkel zuführt. G der untere oder zweite
Raum, welcher das getrübte Oel aufnimmt, welches hinter der Brücke abläuft. Mittelst
einer Zapfenschraube am Boden kann man es von Zeit zu Zeit ablassen. H eine eiserne Platte, welche an der hintern Seite der
Schmierbüchse festgeschraubt ist, um die Lederplatten an ihrem Platz festzuhalten.
I eine Deckplatte, welche auf die vordere Seite der
Büchse festgeschraubt und die einzige Oeffnung zu der Büchse ist, mit Ausnahme des
Loches K zum Eingießen des Oeles, welches mit einer
Schraube verschlossen ist.
Nachdem der Tender, mit welchem dieser Versuch angestellt wurde, 5743 engl. Meilen
durchlaufen hatte, untersuchte man die Büchse und fand sie sammt dem Achsschenkel in
einem sehr guten Zustande. Während eines Zeitraums von vier Monaten war kein Oel
zugegossen; 10 (engl.) Quart Oel wurden auf sämmtliche Büchsen verwendet und 5 Quart wurden während
dieser Zeit nach und nach aus dem unteren Raume G wieder
abgelassen; letzteres war noch gut genug, um in der Werkstätte beim Bohren,
Schraubenschneiden u.s.w. verwendet werden zu können. Das in den Büchsen
zurückgebliebene Oel wurde für hinreichend erachtet, daß der Tender noch
3–4000 weitere Meilen fahren könne. Die Achsschenkel und die Pfannen waren
sehr egal abgelaufen; die Flächen erschienen wie polirt, und das ungleiche Ablaufen,
wie man es in den gewöhnlichen Büchsen, die mit Fett oder Talg geschmiert werden,
findet, zeigte sich durchaus nicht. Die Kosten des Schmierens werden durch die neue
Einrichtung offenbar sehr vermindert.
Die Vortheile dieser Achsbüchse gegen die bis jetzt im Gebrauche stehenden sind
folgende: 1) Mittelst des Leders und des schmiedeisernen Halses wird jeder Schmutz
und Sand von der Büchse abgehalten. – 2) Achsschenkel und Pfannen werden
stets feucht erhalten, indem das Capillarmittel, welches in einem getrennten Gefäß
vorhanden und von dem hintern Theile der Büchse durch die Brücke geschieden ist, die
Büchse stets voll erhält, während nur sehr wenig entweichen kann. – 3) Das
Vorhandenseyn des unteren Gefäßes zur Aufnahme des getrübten Oeles, welches
abgelassen, wieder gereinigt und abermals zum Schmieren, oder, wie bemerkt, in den
Werkstätten und zu vielen anderen Zwecken verwendet werden kann.
Selbstwirkende Zunge für Eisenbahn-Weichen.
Diese selbstwirkenden Zungen, gewöhnlich Froschzungen genannt, werden bei den
Eisenbahnen der Vereinigten Staaten ganz allgemein angewandt.
Wir brauchen die Schwierigkeiten und Gefahren, welche die jetzt angewendeten Weichen
bei schnell darüber fahrenden Zügen darbieten, den Eisenbahn-Ingenieuren
nicht speciell auseinander zu setzen, und wollen daher die vorliegende Verbesserung
derselben sofort beschreiben.
Fig. 21 ist
ein Grundriß von der einfachsten Construction der Federweiche und Fig. 22 der
Querdurchschnitt. A, A ist die Hauptlinie der Bahn, und
B, B die durchkreuzende; der Kreuzpunkt C hat ganz die gewöhnliche Einrichtung, aber die Zungen
D, D, welche sich wie gewöhnlich um Zapfen bewegen,
sind an der untern Seite mit zwei Stiften E, E versehen,
zu deren Aufnahme ein Schlitz in der Bodenplatte F, F
vorhanden ist. Ein Ring G, G von Kautschuk läuft um
beide Stifte und hält die beweglichen Zungen in genauer Berührung mit der Weiche, so daß die Schienen eine
ununterbrochene Oberfläche für die nach irgend einer Richtung gehenden Züge
darbieten, indem die Spurkränze der Räder die Zunge an der entgegengesetzten Seite
öffnen, welche sich darauf sofort wieder schließt.
Fig. 23 zeigt
den Grundriß einer anderen Construction der Weiche und Fig. 24 ihren
Querdurchschnitt. Dabei wirkt die Kautschukfeder G, G
wie eine Bufferfeder, indem sie auf einer horizontalen Spindel H angebracht ist, welche durch die beiden Knaggen E, E an den beweglichen Zungen D,
D geht, und an jedem Ende mit einer Stoßscheibe versehen ist, um die
Kautschukfedern zu beschränken, welche fortwährend die beweglichen Zungen gegen die
festen Kreuzpunkte drücken.
Der Hauptcharakter dieser beiden Constructionen besteht darin, daß sie den Rädern
einen vollständigen und ununterbrochenen Weg bei dem Uebergange von einem Geleise
zum andern gewähren und zu gleicher Zeit eine ganz sichere Wirkung haben, in welcher
Richtung sich auch der Zug bewegen mag.
Der einzige Unterschied zwischen den Buffer- und den ringförmigen Federn ist
der, daß die ersteren zusammengedrückt und die letzteren ausgespannt sind; beide
wirken aber gleich sicher und sind sehr dauerhaft.
––––––––––
Nachdem dieser Aufsatz in dem Institut der Maschinenbauer zu Birmingham vorgetragen
war, entstand eine Discussion, aus der wir das Wichtigste mittheilen.
Hr. Jones bemerkte, daß die Feder-Weichen nichts
Neues in England seyen; sie würden seit sechs Jahren auf der großen Westbahn, ferner
auch auf der Bristol- und auf der Exeter- und auf der
Süd-Waleser Linie fortwährend angewendet, ja auf der Hartlepool-Bahn,
wenn er sich recht erinnere, bereits seit 14 Jahren. Er selbst habe mehrere hundert
Weichen mit platten Stahlfedern gemacht, die ursprünglich seine eigene Erfindung
seyen. Die Figuren
25 und 26 stellen einen Grundriß und einen Querschnitt dieser Weiche dar, die
sehr gute Resultate gegeben habe. Die Stahlfedern hätten stets genügende Resultate
geliefert.
Der Vorsitzende, Hr. Robert Stephenson, redet den
Stahlfedern bei den Weichen nicht das Wort, und ist der Meinung, daß sie keine große
Dauer haben. Dagegen hält er die oben beschriebene Oelbüchse für eine sehr
wesentliche Verbesserung.
Hr. Allan erwähnte, daß die Anwendung von Schwamm beim
Schmieren der Achsbüchsen, wie ihn eine zehnjährige Erfahrung lehrte, hauptsächlich
eine große Ersparung an Oel veranlasse. Früher habe er zum Schmieren der zehn
Büchsen von Locomotive und Tender 6–8 Quart Oel auf der 100 (engl.) Meilen
langen Bahn zwischen Birmingham und Liverpool verbraucht, während er jetzt nur 1
Quart nöthig habe.
Hr. Mac Connell bemerkte, daß Schwamm sehr geneigt sey
beim Heißwerden der Achse hart zu werden, weßhalb Baumwollenabfall zweckmäßiger sey.
Seiner Meinung nach bestehe der größte Vortheil der neuen Achsbüchse darin, daß der
Oelbehälter unter und nicht über dem Achsschenkel vorhanden sey, so daß sich alle
Unreinigkeiten des Oeles auf dem Boden absetzen können und nicht mit dem
Achsschenkel in Berührung kämen, welches aber durchaus nicht vermieden werden könne,
wenn der Behälter über dem Achsschenkel befindlich sey. Der unten vorhandene
Oelbehälter gestatte auch das abfließende Oel aufzufangen und anderweitig zu
benutzen, und der daraus hervorgehende Vortheil sey nicht gering anzuschlagen. Auch
der Lederring sey eine wesentliche Verbesserung, indem er jede von außerhalb
kommende Unreinigkeit abhalte, die häufig einen sehr nachtheiligen Einfluß auf die
Achsschenkel habe.
Hr. Forsyth bemerkte, daß ein Umstand bei der Beschreibung
der neuen Achsbüchse nicht erwähnt worden sey, nämlich daß die Baumwolle von der
vordern Seite ziemlich dicht in die Büchse eingedrückt werde und nur an den Enden
der Achse lose läge. Die Baumwolle werde trocken in die Büchsen gebracht und nach
und nach mit Oel gesättigt, welches man von Zeit zu Zeit durch die obere Oeffnung
eingießt; die Baumwolle sauge mehrere Tage lang Oel ein. Wenn solche Büchsen etwa
6000 englische (oder 1500 deutsche) Meilen durchlaufen hätten und man die Büchsen
untersuche, erscheine die Baumwolle an dem Achsschenkel wie eine polirte metallene
Oberfläche, während der übrige Theil der Baumwolle gänzlich mit Oel gesättigt sey.
Das Leder werde 3/4 Zoll von der Achse entfernt unter rechtem Winkel abgeschnitten
und nicht abgeschrägt; ein Durchsickern des Oeles finde durchaus nicht statt, wenn
die Baumwolle nicht mit Oel übersättigt sey, auch komme das Oel gar nicht in
Berührung mit dem Leder.