Titel: | Ueber die mit Dampf und mit heißer Luft betriebenen Kraftmaschinen; von Hrn. Reech. |
Fundstelle: | Band 128, Jahrgang 1853, Nr. XXIII., S. 89 |
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XXIII.
Ueber die mit Dampf und mit heißer Luft
betriebenen Kraftmaschinen; von Hrn. Reech.
Aus den Comptes rendus, März 1853, Nr.
12.
Reech, über die mit Dampf und heißer Luft betriebenen
Kraftmaschinen.
Es ist erwiesen, daß man bei den Dampfmaschinen nur einen sehr kleinen Theil des
Maximums von Triebkraft realisirt, welches durch die zur Dampferzeugung verwendete
Wärme nach der Theorie erzielt werden könnte, abgesehen von der Wärmemenge welche
durch den Schornstein verloren geht, sowie in unseren Kesselöfen mit freiem
Luftzutritt und mit mehr oder weniger unvollkommener Verbrennung.
Die thermometrischen Gränzen, zwischen welchen der Wasserdampf in praktischer
Hinsicht vortheilhaft angewandt werden kann, sind zu wenig von einander entfernt,
als daß wir nicht eine sehr große Quantität Triebkraft verlieren sollten.
Die Expansionscurve des Wasserdampfs ist auch zu gedehnt und sie zieht sich bei
schwachen Pressionen zu langsam herab, als daß es uns möglich wäre, mit Vortheil
einen etwas beträchtlichen Theil von dem durch die Expansion des Dampfs erzeugten
Effect zu realisiren, abgesehen von dem Einfluß des Temperatur-Wechsels im
Innern des Cylinders, welchen man bisher bei der Theorie der Dampfmaschinen noch
nicht berücksichtigte und welcher den Dampfaufwand bei einer Maschine mit schwacher
Expansion um beiläufig 25 Procent erhöhen muß, selbst wenn der Cylinder in einem
Mantel steckt.
Hinsichtlich der Heizung der Dampfkessel bleibt zweierlei zu wünschen: einerseits daß
die Verbrennung immer eine vollkommene wäre, und andererseits daß die
Verbrennungsgase immer ganz kalt am Schornstein ankommen.
Damit die Verbrennung immer eine vollkommene ist, müßte sie in geschlossenem Gefäß
bewerkstelligt werden, durch Eintreiben von Luft mittelst eines Gebläses.
Damit die heißen Verbrennungsgase kalt am Schornstein anlangen, müßte man dem Kessel
die Form eines Röhrenofens geben, so daß die heißen Gase von dem Ofen gegen den
Schornstein in einem Centralcanal circuliren, um welchen herum die kalte Materie
(das Wasser) sich in entgegengesetztem Sinne bewegt, von dem Schornstein gegen den
Ofen. Bei einer solchen Anordnung würde es genügen, daß der Centralcanal eine hinreichende Länge hat,
und daß der Gegenstrom von kalter Materie reichlich genug ist (bezüglich der
höchsten Temperatur, auf welche man diese Materie bringen will), damit man dahin
gelangt die austretenden Gase vollständig abzukühlen, d.h. die ganze bei der
Verbrennung erzeugte Wärme zu benutzen.
Mittelst dieser allgemeinen Regeln ließen sich die Dampfmaschinen nach meiner
Ueberzeugung bedeutend verbessern.
Man hat schon längst die Dampfmaschinen durch Warmluftmaschinen zu ersetzen gesucht;
dabei stieß man aber auf bedeutende Schwierigkeiten anderer Art. Erst nachdem Ericsson die Vortheile bekannt machte, welche er durch
seinen Regenerator mit Drahtgeweben erzielte, zeigte sich die Möglichkeit einmal
gute Warmluftmaschinen herzustellen, welche weniger Brennstoffaufwand erfordern als
die Dampfmaschinen.
Der Zweck des Ericsson'schen Regenerators ist, der
austretenden Luft ihre Wärme mittelst der Drahtgewebe zu entziehen, dann mittelst
derselben die eintretende kalte Luft zu erhitzen, und durch diesen Kunstgriff wird
eine der größten Schwierigkeiten der Warmluftmaschinen gehoben; aber ungeachtet
dieses Regenerators wird eine Warmluftmaschine, mit Cylinder und Kolben, übermäßig
voluminös werden.
Erstens darf man nämlich der Luft keine so hohe Temperatur ertheilen, welche das
Schmieren des Kolbens vom Arbeitscylinder verhindern würde, und aus diesem Grunde
konnte Ericsson nicht so weit gehen, daß das Volum der
kalten Luft verdoppelt wird; folglich überschreitet sein Speisecylinder an Inhalt
die Hälfte des Arbeitscylinders, und verbraucht über die Hälfte der erhaltenen
Kraft.
Man weiß auch, daß die Luft ein sehr schlechter Wärmeleiter ist, und daß es sehr
schwierig ist das Brennmaterial gut nutzbar zu machen, wenn man Luft in
geschlossenem Gefäß durch einen äußeren Ofen (mit freiem Luftzutritt) erhitzen will;
wahrscheinlich um dieser Schwierigkeit abzuhelfen, hat Ericsson seine Maschine als einfachwirkende gebaut, wodurch sowohl ihr
Volum als der Einfluß der Reibungen verdoppelt wird.
Auf den ersten Anblick scheint es, daß man nur den Druck der Luft zu vergrößern
braucht, um das große Volum der Ericsson'schen Maschine
zu vermindern; aber die Theorie lehrt, daß für eine gegebene Temperatur der warmen
Luft der Druck eine gewisse bestimmte Gränze nicht überschreiten darf, weil über
derselben das Volum der Maschine anstatt vermindert, im Gegentheil vergrößert
würde.
Die Theorie lehrt zugleich, daß die Wirksamkeit der Drahtgewebe um so mehr abnehmen
wird, je niedriger die Temperatur der warmen Luft und je höher der Druck ist.
Zur möglich besten Benutzung der Wärme müßte man also die Temperatur der warmen Luft
erhöhen und den Druck sehr vermindern können, was einerseits das Schmieren des
Kolbens vom Arbeitscylinder verhindern, und andererseits das schon zu bedeutende
Volum der Ericsson'schen Maschine vergrößern würde.
Hauptsächlich müßte man das ergänzende Erwärmen der Luft, durch einen äußern Ofen,
aufgeben. Die Verbrennung müßte innerlich geschehen, in dem Rohr, welches vom
Gehäuse der Drahtgewebe zum Arbeitscylinder geht, damit man die heißen
Verbrennungsgase anwenden und die ganze Wärme, welche durch eine stets vollkommene
Verbrennungsweise erzeugt wurde, benutzen könnte.
Nur ein sehr kleiner Theil des von den Drahtgeweben kommenden Luftstroms dürfte
glühendes Brennmaterial durchziehen und derselbe müßte sich nachher mit dem andern
Theil des Stroms vereinigen, in einer Feuerkammer wo die Temperatur der hinreichend
gemischten Gase nach Belieben erhöht oder erniedrigt werden könnte, mittelst einer
einfachen Klappe, womit man einen mehr oder weniger reichlichen Luftstrom durch den
Ofen ziehen lassen kann. Durch eine solche Anordnung würde man aber den schädlichen
Raum übermäßig vergrößern; überdieß könnte hierbei Asche in den Arbeitscylinder
gezogen werden, welche größere Reibungen und die Abnutzung des Kolbens veranlassen
würde.
Ericsson hat also durch seinen Regenerator mit
Drahtgeweben eine sehr wichtige Verbesserung der Warmluftmaschinen erzielt; aber die
von ihm ausgeführte Maschine läßt in mehrfacher Hinsicht noch viel zu wünschen
übrig.
Die Theorie führt auf sichere Regeln, welche eine Warmluftmaschine, wie die Ericsson'sche, in eine absolut vollkommene Kraftmaschine,
hinsichtlich der möglich besten Benutzung der Wärme, verwandeln würden; aber diesen
theoretischen Regeln entsprechen wahrhaft unübersteigliche Schwierigkeiten, sofern
man die Anwendung von Cylindern und Kolben nicht aufgibt.
Alle diese Schwierigkeiten verschwinden jedoch durch Anwendung der Turbine, welche
für die Maximalleistung keineswegs wie die eigentlichen Reactionsräder eine
unendlich große Umdrehungsgeschwindigkeit erfordert, sondern eine endliche
Geschwindigkeit, deren Größe, im Centrum der Eintrittsöffnungen gemessen, nicht viel mehr als
die Hälfte von der absoluten Geschwindigkeit der eintretenden Flüssigkeit betragen
muß.
Mit einer Turbine wird man weder einen schädlichen Raum, noch Unterbrechungen der
Bewegung haben, wie bei den Luftmaschinen mit Cylindern und Kolben. Die heißen Gase
werden überall mit einer constanten Geschwindigkeit circuliren, immer in derselben
Richtung, und man braucht weder Schieber noch Ventile mehr. Die Turbine wird sich
auch gleichförmig umdrehen, und zur Fortpflanzung der Bewegung braucht man bloß ein
Räderwerk, um die Welle der Arbeitsmaschine mit einer mäßigeren Geschwindigkeit in
Umdrehung zu setzen.
Mit einer Turbine hat man keinen Nachtheil zu befürchten, wenn Asche aus dem Ofen
mitgezogen werden sollte, und die Temperatur der heißen Gase wird keine andere
Gränze haben, als diejenige wobei das für die Turbine angewandte Material anfängt
rothglühend zu werden oder seine Cohäsion zu verlieren; diese Temperatur beträgt
wenigstens das Doppelte von derjenigen, auf welche die Ericsson'sche Maschine beschränkt ist; eine hohe Temperatur ist aber, wie
bemerkt, eine von den wesentlichen Bedingungen der Wirksamkeit der Drahtgewebe,
sowie einer guten Benutzung der Wärme.
Auch der schwache Druck der heißen Gase, welchen die Theorie verlangt, ist für die
vortheilhafte Anwendung der Turbine ein wesentlicher Umstand; denn nur dadurch, daß
man den Druck der heißen Gase hinreichend verringert, kann man die absolute
Austrittsgeschwindigkeit dieser Gase durch eine Oeffnung vermindern, so daß eine
Turbine mit beiläufig halb so großer Tangentialgeschwindigkeit für die Praxis keine
übermäßige Umdrehungsgeschwindigkeit hat. Andererseits muß sich eine gut construirte
Turbine mit einem schwachen Druck noch schnell genug umdrehen, daß der für sie
erforderliche Raum kaum von Belang ist.
Die praktische Ausführung einer Turbine mit heißen Gasen kann allerdings
Schwierigkeiten machen; ich glaube aber, daß es gelingen wird dieselben zu besiegen,
und daß die Turbine nebst dem erwähnten geschlossenen Ofen einen Apparat bildet,
welchem nur noch die Ericsson'schen Drahtgewebe und ein
gutes Gebläse mit kalter wenig comprimirter Luft fehlen, um in Bezug auf die möglich
beste Benutzung der Wärme eine ziemlich vollkommene Kraftmaschine herzustellen.
Wegen der ununterbrochenen stetigen Bewegung der Gase in den Röhren kann man jedoch
die Ericsson'schen Drahtgewebe nicht anwenden, sondern
muß sie durch eine äquivalente Anordnung ersetzen; eine solche ist ein vertical
gestellter großer Röhrenkessel, wobei die von der Turbine kommenden heißen Gase
durch alle Röhren von oben nach unten circuliren, und die vom Gebläse kommende kalte
Luft um diese Röhren herum von unten nach oben zieht.
Bei dieser Anordnung kann man alle Theile der Maschine, außer der Turbinenwelle und
dem Mechanismus des Gebläses mit kalter Luft, durch Umhüllen mit schlechten
Wärmeleitern gegen die äußere Abkühlung schützen; und andererseits werden bei
Anwendung eines hinreichend großen Röhrenofens die aus der Turbine tretenden heißen
Gase am Schornstein des Röhrenofens mit einer Temperatur anlangen, welche nicht viel
größer als diejenige der umgebenden Luft ist, daher offenbar das ganze System allen
theoretischen Bedingungen hinsichtlich der möglich besten Benutzung der Wärme
genügen wird.
Folgerungen.
Dampfmaschinen. – Die Dampfmaschinen mit Cylinder
und Kolben lassen sich hauptsächlich durch ein vollkommeneres Heizsystem verbessern;
dasselbe bestünde einerseits im Einblasen von Luft in einen geschlossenen Ofen,
andererseits in einem Dampfkessel von der Form eines Röhrenofens, welcher eine fast
vollständige Abkühlung der heißen Verbrennungsgase vor ihrem Eintritt in den
Schornstein bewerkstelligen kann.
Luftmaschinen. – Die Theorie der mit heißen Gasen
betriebenen Kraftmaschinen hat durch Ericsson's
Regenerator unbestreitbar eine ganz neue Seite gewonnen. Aus Obigem ergibt sich, daß
hinsichtlich der besten Benutzung der Wärme die vortheilhafteste Luftmaschine aus
vier Haupttheilen bestehen muß, nämlich:
1) einer durch heiße Gase von sehr hoher Temperatur und sehr niedrigem Druck
betriebenen Turbine;
2) einem großen Röhrenofen, mit sehr zahlreichen und engen verticalen Röhren, deren
Wände sehr dünn sind; die heißen ausgedehnten Gase, welche abgekühlt werden sollen,
treten oben in die Röhren ein, wogegen die kalte comprimirte Luft, welche erwärmt
werden soll, von unten um die Außenseite der Röhren herumzieht;
3) einem geschlossenen Ofen, welcher eine verticale Säule von Brennmaterial (in
überschüssiger Menge) enthält, durch deren im glühenden Zustande befindlichen Fuß
eine kleine Menge bereits erhitzter Luft zieht, welche vom Röhrenofen kommt; während
die übrige vom Röhrenofen kommende Luft sich in eine Feuerkammer begibt, worin, nach
ihrer gehörigen Vermischung mit jenen Verbrennungsgasen, die Temperatur ziemlich
gleichförmig werden und den für die Turbine gewählten Wärmegrad dann nicht
überschreiten wird;
4) einem guten Gebläse, um kalte Luft, unter einem schwachen Druck, in den Röhrenofen
zu treiben. Die Herstellung eines solchen Gebläses dürfte jedoch mit bedeutenden
Schwierigkeiten verbunden seyn, daher man genöthigt seyn wird, verschiedene Systeme
zu versuchen, wovon wir folgende anführen wollen: einen vervollkommneten Ventilator
mit Centrifugalkraft, welcher auf derselben Welle wie die Turbine angebracht ist;
oder einen doppelt-wirkenden Cylinder mit kalter Luft, welche über und unter
dem Kolben comprimirt wird; oder einen doppelt-wirkenden Cylinder, aber mit
heißer Luft über und mit kalter Luft unter einem dicken Kolben, welcher mit
Metallbürsten geliedert ist, um einen luftdichten Schluß zu vermeiden.
Zu diesen vier Haupttheilen kommt ein Röhrenapparat, welcher so angeordnet ist, daß
der vom Röhrenofen ausgehende Luftcanal sich in der Nähe des Ofens gabelförmig in
zwei Wege theilt; an der Verzweigungsstelle ist ein Ventil angebracht, mittelst
dessen man den anfänglichen Luftstrom in beliebigem Verhältniß sowohl nach dem einen
Wege richten kann, der ihn durch das Brennmaterial in eine Feuerkammer führt, als
auch nach dem andern Wege, welcher ihn direct in die Feuerkammer leitet, wodurch man
in dieser Kammer eine mehr oder weniger hohe Temperatur hervorbringen kann. Wenn das
Ventil ganz geschlossen ist, hört die Verbrennung auf. Ueberdieß kann man mittelst
einer Klappe den Ofen von der Feuerkammer absperren, und wenn diese zwei Organe
geschlossen sind, ist man nicht mehr behindert den Deckel des Ofens abzunehmen, um
letztern von oben mit frischem Brennmaterial zu beschicken, während die Turbine
mittelst der Wärme, welche durch die heißen Gase an kalte Luft im Röhrenofen
abgegeben wird, fortwährend in Gang bleibt.