Titel: | Sharp's Kolbenventil für Locomotiven. |
Fundstelle: | Band 128, Jahrgang 1853, Nr. LVIII., S. 253 |
Download: | XML |
LVIII.
Sharp's Kolbenventil für
Locomotiven.
Aus Armengaud's Génie industriel, April 1853, S.
175.
Mit einer Abbildung auf Tab. IV.
Sharp's Kolbenventil für Locomotiven.
Man hat sich überall bemüht, die zweckmäßigsten Mittel zur Verminderung der Kraft
aufzufinden, welche die Dampfvertheilungsschieber wegen ihrer oft bedeutenden
Oberfläche erfordern, und man hat dieselben entweder durch sogenannte
Gleichgewichts-Ventile oder durch Kolben-Ventile zu ersetzen gesucht.
Der bekannte englische Maschinenbauer Sharp, welcher sich
ebenfalls viel mit dieser Frage beschäftigte, hat aber eine ganz besondere
Construction angewendet.
Der Schieber wird bei seinem System durch zwei hohle Kolben ersetzt, die sich in dem
Cylinder selbst bewegen, und die Oeffnungen für die Ein- und Ausströmung des
Dampfes abwechselnd öffnen und verschließen. Hr. Sharp
wurde zu diesem Mechanismus durch den ungeheuren Druck geführt, welchen die Schieber
in Hochdruckmaschinen, hauptsächlich aber bei Locomotiven, zu ertragen haben, und
unter welchem sie sich bewegen müssen, da sie dem Dampf ihre ganze, oft sehr
bedeutende Oberfläche darbieten; dieß hat aber zwei große Nachtheile: zuvörderst
eine sehr bedeutende Kraftabsorption und dann eine sehr starke Abnutzung.
Fig. 7 stellt
das von Hrn. Sharp zur Vermeidung dieses doppelten
Nachtheiles angewendete Mittel dar; sie ist ein Längendurchschnitt des Cylinders mit
dem Vertheilungsmechanismus.
Der Treibkolben ist in A abgebildet; die Schieber
bestehen in ausgehöhlten Kolben B, die zu beiden Enden
des Dampfcylinders angebracht sind, welcher aus diesem Grunde etwas länger als
gewöhnlich ist. Beide Kolben haben gleichen Durchmesser und sind mit einer Liederung
wie der Dampfkolben versehen; der eine ist im Durchschnitt dargestellt; man ersieht
aus demselben, daß der Dampf aus der Mittlern Oeffnung ausströmt, und daß die Menge des für jeden
Kolbenzug unnützen Dampfes gleich der Basis der mittlern Oeffnung des hohlen Kolbens
multiplicirt mit seiner Höhe ist.
Um diese Kolben so leicht als möglich zu machen, verfertigt man sie aus möglichst
schwachem Blech, da sie keinen andern Druck als den der Liederung auszuhalten haben.
(In der rühmlichst bekannten Maschinenfabrik von Cail und
Comp. zu Paris werden jetzt Kolben für Locomotiven mit ihrer Kolbenstange aus einem
Stück geschmiedet; der Deckel besteht ebenfalls aus Schmiedeisen. Die Kolben werden
dadurch weit leichter und dauerhafter und es ist bei denselben die so häufige
Trennung der Kolbenstange von dem Kolbenkörper durch Lösung der Keile, wodurch
manche Unfälle herbeigeführt werden, nicht zu befürchten.)
Die Buchstaben a bezeichnen die Eingangs – und d die Ausströmungs-Oeffnungen des Dampfes. Die
Pfeile bezeichnen die Richtung, welche der Dampf nimmt. Diese Oeffnungen dehnen sich
über die ganze Peripherie des Cylinders aus, sind aber an gewissen Punkten von
Scheidern unterbrochen, um die Liederung zusammenzuhalten.
Man begreift, daß, da diese Oeffnungen an der ganzen Peripherie der beiden Kolben
angebracht sind, der Druck des durch dieselben strömenden Dampfes sich gegenseitig
neutralisirt und die Reibung der Kolben keineswegs vermehrt wird.