Titel: | W. Marston's Gewehr, welches sehr schnell geladen werden kann und dessen Lauf sich selbst reinigt. |
Fundstelle: | Band 128, Jahrgang 1853, Nr. LXII., S. 260 |
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LXII.
W. Marston's Gewehr, welches sehr schnell
geladen werden kann und dessen Lauf sich selbst reinigt.
Aus dem Mechanics' Magazine 1853, Nr.
1538.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Marston's Gewehr.
Unter allen Gewehren, bei welchen die Ladung an der Schwanzschraube bewerkstelligt
wird, zeichnet sich das von dem Büchsenmacher William Marston zu New-York erfundene, durch die Schnelligkeit, womit es
geladen und abgefeuert wird, sowie durch den Vortheil aus, daß das Innere des Laufs nach
einer noch so großen Anzahl von Schüssen stets blank und rein bleibt. Die rasche
Einführung dieses Gewehrs im Dienste der Regierungen von Amerika, Frankreich und
England ist besonders seiner einfachen Construction und den zahlreichen mit seiner
Handhabung verbundenen praktischen Vortheilen zuzuschreiben. Dasselbe gestattet
vermöge der Einrichtung des hinteren Theils des Laufs, die Länge des letzteren um
die Länge einer Patrone zu verkürzen, und bietet der Explosion eine solide
rückwirkende Fläche dar, welche durch keine noch so starke Entladung erschüttert
werden kann. Auf welche Weise dieser Zweck erreicht wird, ist aus Fig. 17 und 18 zu
entnehmen. Ein Ladehebel G der ersten Art, welcher sich
hinter dem Drücker um einen Zapfen F dreht und so
gebogen ist, daß er, wie Fig. 17 zeigt, ein
geeignetes Schutzblech für den Drücker bildet, endigt sich innerhalb des Schaftes in
eine excentrische Rinne. Gegen diese Rinne stemmt sich der Riegel B,
Fig. 18,
welcher die Stelle der Schwanzschraube und des Ladstockes zugleich vertritt. Ein an
dem hinteren Ende dieses Riegels befestigter Bolzen C
tritt in jene Rinne und setzt dadurch den Ladehebel in den Stand, den Riegel mit
einer leichten und raschen Bewegung zurückzuziehen oder ihn vorwärts in den Lauf zu
schieben. Dieses ist so ziemlich der ganze auf den hintern Theil des Laufes Bezug
habende Theil der Erfindung.
Was nun die Construction der Patronen anbelangt, so ist das Aeußere derselben aus den
Figuren
19, 20 und 21 zu entnehmen. Sie bestehen aus einer cylindrischen Hülse von
Pappdeckel, deren Durchmesser etwas kleiner ist als derjenige des Laufes. In diese
Hülse bringt man die Füllung und schließt sie vorn durch die gewöhnliche Spitzkugel,
welche eingekittet wird, und hinten durch eine kreisrunde Lederscheibe, welche in
der Mitte durchbohrt ist. Die Operation des Ladens geht nun auf folgende Weise vor
sich. Man öffnet den Ladehebel oder man zieht ihn vom Schaft hinweg nach außen,
wodurch der Riegel zurückgezogen wird, so daß im Lauf eine Oeffnung zur Aufnahme der
Patrone entsteht. Nachdem die letztere eingesetzt worden ist, schließt man den
Ladehebel, wodurch die Patrone vorwärts in den Lauf geschoben wird. Das Ende des
Riegels nächst der Patrone bildet einen genau in das Kaliber des Laufes passenden
Cylinder, welcher der Explosion eine Gränze setzt, und von der Mitte dieser
Begränzungsfläche aus erstreckt sich ein Canal durch seinen Körper nach seiner
oberen Fläche. Wenn der Ladehebel seine Bewegung vollbracht hat, so fällt das obere
Ende dieses Canals genau mit dem der Warze zusammen, wodurch ein zusammenhängender
Canal gebildet wird, der sich von der Warze bis zur Füllung der Patrone durch die
Lederscheibe hindurch erstreckt. In diesem Zustande wird das Gewehr durch Anziehen des
Drückers abgefeuert.
Die Selbstreinigung des Gewehrs findet auf folgende Weise statt. Mit dem Schuß wird
auch die Hülse hinausgetrieben, aber die Lederscheibe gegen welche die Explosion in
entgegengesetzter Richtung wirkt, bleibt zurück. Bei der nächsten Ladung jedoch wird
diese Lederscheibe vor der Patrone hergetrieben, und da sie etwas größer ist als der
Querschnitt des Laufs, da ferner ihr Rand gut mit Fett getränkt ist, so nimmt sie
beim Abfeuern während ihrer raschen Bewegung durch den Lauf alle vom vorhergehenden
Schusse zurückgebliebenen Uneinigkeiten mit sich hinweg.
Was das Schloß anbelangt, so unterscheidet sich dieses von dem gewöhnlichen Schlosse
nur insofern, als die Federn u.s.w. in ihm wie in einem Gehäuse eingeschlossen sind,
und daß es nicht in dem Schaft eingelassen, sondern neben denselben angeschraubt
wird.
Das Laden dieses Gewehrs geschieht mit einer Schnelligkeit und Leichtigkeit, welche
selbst Colt's Revolver übertrifft, und die Reinigung des
Laufs beim jedesmaligen Abfeuern ist so vollständig, daß derselbe bei einem solchen
Gewehr nach mehreren tausend Schüssen noch vollkommen blank war. Ein anderer
bedeutender praktischer Vortheil besteht darin, daß kein Rückstoß stattfindet. Die
Rückwirkung des Pulvers gegen den Riegel wird nämlich auf das wirksame Ende des mit
ihm in Contact befindlichen Hebels übertragen und, nachdem sie in Folge der
Veränderung der Richtung auf die Hälfte reducirt worden ist, von der starken
Drehungsachse des Hebels aufgefangen.
Die Lederscheiben werden in einer Maschine ausgeschlagen, durchlöchert, gepreßt und
mit Fett getränkt; zur Anfertigung der Patronen werden in einer großen Fabrik zu
New-York Weiber und Kinder verwendet. Diese Arbeit geht so rasch von statten,
daß binnen, 30 Stunden eine ganze Armee mit der gehörigen Munition versehen werden
kann.