Titel: | Praktische Regel zur Bestimmung der Stärke gußeiserner Wasserröhren; von dem amerikanischen Ingenieur J. C. Trautwine. |
Fundstelle: | Band 128, Jahrgang 1853, Nr. LXXVIII., S. 335 |
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LXXVIII.
Praktische Regel zur Bestimmung der Stärke
gußeiserner Wasserröhren; von dem amerikanischen Ingenieur J. C. Trautwine.
Aus dem Civil Engineer and Architect's Journal, März 1853,
S. 87.
Trautwine's Regel zur Bestimmung der Stärke gußeiserner
Wasserröhren.
Es fehlt den Praktikern an einer einfachen Regel zur Bestimmung der Metalldicke
gußeiserner Röhren, damit sie dem Druck verschiedener Wasserhöhen oder Gefälle
widerstehen können. Die meisten Schriftsteller, welche den Gegenstand berühren,
begnügen sich mit der Angabe theoretischer Regeln, welche aber bekanntlich Resultate
geben, die viel zu niedrig für den praktischen Gebrauch sind. Nach Barlow soll eine 16 Zoll weite Röhre, welche den Druck
einer 100 Fuß hohen Wassersäule auszuhalten hat, eine Eisendicke von 1/100 Zoll
haben, also nur ungefähr doppelt so dick seyn, wie ein gewöhnlicher Briefbogen.
Andere Schriftsteller über Maschinen- und Ingenieur-Wesen theilen die
Resultate einiger sehr unvollkommenen Experimente mit, welche an Zahl viel zu
beschränkt sind, um allgemeine Folgerungen daraus ziehen zu können; andere
Schriftsteller endlich übergehen den Gegenstand mit Stillschweigen oder bemerken,
daß sich darüber keine allgemeine Regel geben lasse.
Die Thatsache, daß die theoretische Metallstärke für die praktische Anwendung ganz
ungenügend ist, scheint gelehrte Ingenieure abgehalten zu haben die Ursache genau zu
untersuchen; die Praktiker nahmen daher diejenigen Ergebnisse von Versuchen als
Anhaltspunkt, wobei sie sicher seyn konnten die Röhren nicht zu schwach zu haben;
diese Vorsicht hat aber in vielen Fällen die Kosten von Röhrenanlagen wesentlich
erhöht. Die bei der Untersuchung dieses Gegenstandes in Betracht kommenden
Grundsätze bieten zwar bedeutende Schwierigkeiten hinsichtlich der
wissenschaftlichen Lösung dar, gestatten jedoch, meines Erachtens, eine einfache und
vollkommen genügende praktische Lösung.
Barlow nahm bei Aufstellung seiner Regel an, daß die
absolute Festigkeit des Gußeisens 18000 Pfd. auf den Quadratzoll betrage; Hodkinson hat aber später durch zahlreiche Versuche
bewiesen, daß es nicht zweckmäßig und sicher sey, mehr als 15000 Pfd. per Quadratzoll als äußerste absolute Festigkeit des
gewöhnlichen Gußeisens anzunehmen. Ich nahm daher 5000 Pfd. per Quadratzoll als die sichere Gränze für Wasserröhren an, und
indem ich die Barlow'sche Regel nur in dieser Beziehung
abänderte, habe ich die folgende Tabelle berechnet. Jedem mit dem Gegenstande
vertrauten Praktiker wird es aber einleuchten, daß selbst die in der Tabelle
aufgestellten Metallstärken für den wirklichen Gebrauch nicht groß genug sind, und
es entsteht nun die Frage, warum dieß der Fall ist? Die Antwort ist ganz einfach
die, daß bei den engeren Röhren eine größere Metallstärke deßhalb nöthig ist, um
eine Sicherheit gegen das Zerbrechen beim Transport und beim Legen zu haben, und daß
es sowohl bei engen als bei weiten Röhren sehr schwierig ist, sie überall und ihrer
ganzen Länge nach von gleicher Dicke zu gießen, sowie ohne Luftblasen und ohne
andere Mängel.
Nach einer sorgfältigen Untersuchung sehr vieler Beispiele, die von verschiedenen
Quellen entlehnt sind, glaube ich annehmen zu dürfen, daß die additionelle
Metallstärke, welche zum Schuh gegen den unregelmäßigen Guß hinreichend ist, auch
die nöthige Sicherheit beim Legen u.s.w. gewährt. Hierbei können allerdings
Ausnahmen stattfinden, wollte man sich aber gegen solche vollkommen sichern, so würden in vielen Fällen die Auslagen
unnöthigerweise so vergrößert, daß die Anwendung von Wasserröhren auf sehr enge
Gränzen beschränkt bleiben müßte. Es ist daher offenbar zweckmäßiger, den verhältnißmäßig geringen Nachtheil einzelner Brüche zu
riskiren, als eine ausgedehnte gußeiserne Wasserleitung unnöthig stark zu
machen.
Wasserröhren von der gewöhnlichen Länge von 9 Fuß können nicht gut eine geringere
Eisenstärke als 3/8 Zoll haben, und bei sehr weiten Röhren ist eine Stärke von 3/8
Zoll über die berechnete nicht zu groß, um hinsichtlich der Unregelmäßigkeiten und
Mängel des Gusses vorzusorgen. Als eine gute praktische Regel für die Metallstärke
gußeiserner Röhren, damit sie die Höhe verschiedener Wassersäulen mit Sicherheit
tragen können, glaube ich folgende aufstellen zu können: Zu
der in nachstehender Tabelle angegebenen Stärke addire man noch 3/8 Zoll bei allen unter 12 Zoll weiten
Röhren; 1/2 Zoll bei allen denen, welche 12 bis 30 Zoll weit sind; und 5/8
Zoll bei allen denen, die 30 bis 48 Zoll im Durchmesser haben. Soll auch noch das
Rosten berücksichtigt werden, so addire man statt 3/8, 1/2 und 5/8 Zoll, respective 1/2,
5/8 und 3/4 Zoll hinzu.
Textabbildung Bd. 128, S. 337
Innerer Durchmesser oder Bohrweite
der Röhre in Zollen; Wassersäule, in Fußen; Wasserdruck gegen die Röhrenwände,
in Pfunden auf den Quadratzoll; Röhrenstärke, in Zollen
Barlow's Regel. – Man multiplicire den Druck gegen
den inneren Durchmesser der Röhre in Pfunden per
Quadratzoll, mit dem halben inneren Durchmesser in Zollen, und dividire das Product
mit der Differenz zwischen der Festigkeit des Metalles per Quadratzoll (die in der obigen Tabelle zu 5000 Pfd. angenommen wurde)
und dem Druck in Pfunden per Quadratzoll. Der Quotient
wird alsdann die erforderliche Metallstärke in Zollen seyn.