Titel: | Ueber photographischen Stahlstich; von Hrn. Niepce aus Saint-Victor. |
Fundstelle: | Band 128, Jahrgang 1853, Nr. XC., S. 372 |
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XC.
Ueber photographischen Stahlstich; von Hrn.
Niepce aus
Saint-Victor.
Aus den Comptes rendus, Mai 1653, Nr.
21.
Niepce, über photographischen Stahlstich.
Ich habe in Verbindung mit dem Kupferstecher Hm. Lemaitre
eine neue Anwendung von den Verfahrungsarten meines verstorbenen Onkels (Joseph
Nicephorus Niepce) gemacht.Beschrieben in den Comptes rendus, 1839, t. IX p. 255. Derselbe löste Asphalt in Lavendelöl auf, wodurch ein Firniß entsteht,
welcher im Aussehen dem Firnißgrund der Kupferstecher ähnlich ist. Mit diesem Firniß
überzog er mittelst eines Tupfbällchens eine Kupfer- oder Zinnplatte, legte
dann die rechte Seite eines gefirnißten Kupferstichs auf die präparirte Platte,
bedeckte sie mit einem Glase, und setzte sie eine oder zwei Stunden lang dem Licht
aus; hierauf hob er den Kupferstich ab, und bedeckte die Platte mit einem
Auflösungsmittel, welches in Steinöl und Lavendelöl bestand. Diese Operation hatte
zum Zweck, das unsichtbare Bild zum Vorschein zu bringen, indem jene Mischung den
Firniß an allen denjenigen Stellen auflöste, welche gegen die Einwirkung des Lichts
geschützt blieben; wogegen alle diejenigen Stellen, auf welche das Licht gewirkt
hatte, unauflöslich geworden sind; das Metall wurde folglich an allen den Schatten
des Kupferstichs entsprechenden Theilen bloßgelegt. Er vertrieb hierauf das
Lösungsmittel mechanisch, indem er Wasser auf die Platte goß; dieselbe wurde nun
getrocknet, womit die Operation beendigt war.
Mein Onkel hatte anfangs bloß den Zweck, eine Platte durch das Licht so zu
präpariren, daß sie nachher mit Scheidewasser geätzt werden konnte; später änderte
er seine Ideen, und suchte ein directes Bild auf Metall hervorzubringen, den
jetzigen Daguerre'schen Lichtbildern analog. Deßhalb vertauschte er die Kupferplatte
mit einer Zinnplatte und endlich die Zinnplatte mit einer Silberplatte.
Neues Verfahren. – Ich komme nun auf die
Abänderungen, welche ich mit Hrn. Lemaitre an dem
beschriebenen Verfahren gemacht habe.
Nachdem die anzuwendende Stahlplatte mit Kreideweiß von Schmutz gereinigt worden ist,
gießt man auf die polirte Oberfläche derselben Wasser, welches mit ein wenig
Salzsäure versetzt ist (1 Thl. Säure auf 20 Thle. Wasser), damit der später
aufzutragende Firniß dem Metall vollkommen anhaftet. Die Platte muß dann sogleich
mit reinem Wasser gut gewaschen, hierauf getrocknet werden. Man trägt nun mittelst
einer mit Leder überzogenen Walze auf die polirte Fläche den in Lavendelöl
aufgelösten Asphalt auf; der so aufgetragene Firniß wird einer mäßigen Wärme
ausgesetzt, und nachdem er trocken ist, die Platte gegen Licht und Feuchtigkeit
geschützt aufbewahrt.
Auf die so präparirte Platte legt man die rechte Seite des Lichtbildes, welches auf
einer mit Eiweiß überzogenen Glasplatte oder auf mit Wachs getränktem Papier
dargestellt wurde, und setzt dem Licht während mehr oder weniger langer Zeit aus,
welche von der Art des zu copirenden Bildes und von der Stärke des Lichts abhängt;
meistens reicht eine Viertelstunde im Sonnenlicht und eine Stunde im zerstreuten
Licht hin. Zu lange darf man dem Licht nicht aussetzen, weil sonst das Bild schon
vor Anwendung des Auflösungsmittels sichtbar wird, letzteres also keine Wirkung mehr
hervorbringt.
Als Auflösungsmittel wenden wir eine Mischung von 3 Theilen rectificirtem Steinöl und
1 Theil Benzin an. Dieses Verhältniß gibt meistens gute Resultate; man kann es aber
nach der Dicke der Firnißschicht und nach der Zeit welche dieselbe dem Licht
ausgesetzt war, abändern, denn je mehr Benzin das Lösungsmittel enthält, desto
wirksamer ist es. Die ätherischen Oele bringen dieselbe Wirkung hervor wie das
Benzin, d.h. sie lösen diejenigen Theile des Firnisses auf, welche von der
Einwirkung des Lichts verschont blieben. Der Schwefeläther wirkt hingegen im
umgekehrten Sinne.
Um die Einwirkung des Lösungsmittels schnell aufzuhalten und dasselbe vollständig von
der Platte zu entfernen, richten wir auf letztere einen Wasserstrahl; wir trocknen
hierauf die Platte, womit die photographischen Operationen beendigt sind.
Nun folgen die Operationen des Kunststechers.
Zusammensetzung der Beize:
Salpetersäure von 36°
Baumé
1 Maaßtheil;
destillirtes Wasser
8 Maaßtheile;
Alkohol von 36 Procent nach
Tralles
2 Maaßtheile.
Die in diesem Verhältniß zusammengesetzte Beize äußert ihre Wirkung sogleich, nachdem
sie auf die wie angegeben präparirte Stahlplatte gegossen worden ist; dagegen wirkt
verdünnte Salpetersäure ohne zugesetzten Alkohol erst nach einer Berührung von
wenigstens zwei Minuten; wir lassen die Beize nur sehr kurze Zeit auf der Platte,
ziehen diese heraus, waschen sie, und trocknen den Firniß mit dem Stich gut, um dann
das Aetzen weiter fortsetzen zu können, ohne die photographische Schicht zu
verletzen. Hierzu benutzen wir sehr fein gepulvertes Harz, welches auf den Boden
einer dazu bestimmten Büchse gebracht und mittelst eines Blasebalgs in Bewegung
gesetzt wird, so daß sich eine Art Staubwolke bildet, die man auf die Platte fallen
läßt, wie man es für die getuschte Manier zu thun pflegt. Die Platte wird dann
erwärmt; das Harz bildet auf dem gesammten Stich ein Netz, durch welches der Firniß
in Stand gesetzt wird längere Zeit der ätzenden Wirkung der Beize (mit Wasser
verdünnte Salpetersäure ohne Zusatz von Alkohol) zu widerstehen. Dadurch entsteht in
den Schatten ein feines Korn, welches die Druckschwärze zurückhält, so daß man
zahlreiche gute Abdrücke erhalten kann, nachdem der Firniß und das Harz durch die
bekannten Mittel beseitigt worden sind.
Man kann sonach alle auf Glas und auf Papier dargestellten Lichtbilder ohne Anwendung
der camera obscura auf Stahl copiren und einätzen.
Die Proben welche wir der Akademie vorlegen, sind noch unvollkommen, aber nicht
retouchirt; wir hoffen übrigens bald den gewünschten Grad von Vollkommenheit
erreichen zu können.Die Erfinder wurden zur Mittheilung ihres Verfahrens durch die
Veröffentlichung von Talbot's Methode des
photographischen Stahlstichs (S. 296 in diesem Bande des polytechn.
Journals) veranlaßt.A. d. Red.