Titel: | Verfahren um mit einem negativen Lichtbild eine beliebige Anzahl positiver Bilder von verschiedenen Dimensionen darzustellen; von Hrn. Heilmann. |
Fundstelle: | Band 130, Jahrgang 1853, Nr. XI., S. 50 |
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XI.
Verfahren um mit einem negativen Lichtbild eine
beliebige Anzahl positiver Bilder von verschiedenen Dimensionen darzustellen; von Hrn.
Heilmann.
Aus dem Cosmos, Revue encyclopédique, 1853, t. III
p. 125.
Heilmann's Verfahren um mit einem negativen Lichtbild positive
Lichtbilder von verschiedenen Dimensionen darzustellen.
Sir John Herschel schrieb an den Herausgeber des Athenaeum folgenden Brief, dd. 6 Juli:
„Die Veröffentlichung des nachfolgenden Schreibens meines Schwagers Hrn.
John Stewart, welcher sich zu Pau (in den Pyrenäen)
aufhält, durch Ihre Zeitschrift, wäre mir sehr angenehm. Die Nützlichkeit des
von ihm empfohlenen Verfahrens zum Copiren der Lichtbilder scheint mir
unbestreitbar. Ich habe bloß bezüglich der Schlußstelle zu bemerken, daß nun
Jedermann in den Stand gesetzt ist, gewissermaßen mikroskopische oder auf sehr
kleines Taschenformat concentrirte Ausgaben von Werken zum Nachschlagen, wie
Landkarten, Logarithmentafeln, Wörterbüchern etc. herzustellen, denn der ganze
Apparat dazu besteht im Wesentlichen in einer kleinen achromatischen Linse von
einem Zoll oder anderthalb Zoll Durchmesser, mit einem messingenen Rohr welches
vor und hinter der Linse mit Schiebern oder Rahmen von solcher Größe versehen
ist, daß sie die anzuwendenden Platten aufnehmen können; die Operation erheischt
nämlich bloß, daß
die Strahlen in der Mitte oder nahe bei derselben auffallen.“
Pau, den 11. Juni 1853.
Ich habe Ihnen, mein theurer Herschel, unlängst einige
Lichtbilder von lebenden Thieren, sowohl einzelnen als in Heerden, überschickt,
welche ich in kleinem Maaßstab auf mit Collodium überzogenen Glasplatten dargestellt
hatte. Für solche Gegenstände muß die Operation sehr rasch ausgeführt werden; die
Dauer der Exposition kann nur ein Bruchtheil einer Secunde seyn, und doch haben die
von mir erhaltenen Bilder soviel Tiefe und sind so harmonisch, daß ich hoffe bald
mikroskopische Bilder von lebendigen Wesen hervorbringen zu können. Meine
Untersuchungen sind in diesem Zeitpunkt unterbrochen, aber einer meiner hiesigen
Freunde, Hr. Heilmann, welcher denselben Weg verfolgt,
hat eine hinreichende Methode entdeckt, um mit einem negativen Bild eine beliebige
Anzahl positiver Copien von verschiedenen Dimensionen darzustellen, wobei den
positiven Bildern die ganze Zartheit der Details erhalten bleibt.
Folgendes ist das Verfahren des Hrn. Heilmann:
Man bringt das negative Bild, von welchem eine positive Copie gemacht werden soll, in
einen Rahmen am Ende a einer camera obscura oder einer Büchse welche so construirt ist, daß sie das
Licht vollkommen ausschließt. Die Fläche oder Platte welche das positive Bild
empfangen soll, also ein mit Eiweiß oder Collodium überzogenes Glas, empfindliches
Papier etc., wird in einem andern Rahmen angebracht, am entgegengesetzten Ende c der Büchse; und zwischen den zwei Enden a und c, schaltet man bei
b eine Linse ein. Das negative Bild in a wird dem Licht des Himmels ausgesetzt, indem man
besorgt ist, daß in die Büchse nur die Strahlen gelangen welche durch die
durchsichtigen Theile des Bildes gedrungen sind; die Strahlen werden durch die
(achromatische) Linse gesammelt, welche sie auf die empfindliche Platte in c wirft; das positive Bild entsteht um so rascher, je
intensiver das eingedrungene Licht und je größer die Empfindlichkeit der Schicht
ist. Indem man die Entfernungen von a bis c und von c bis b abändert, kann man dem positiven Bild alle gewünschten
Dimensionen geben. Ich erhielt auf diese Weise mit einem negativen Bild auf einer
halben Platte positive Bilder von der vierfachen Größe des Originals, und andere
dreißigmal kleinere Bilder, welche auf Uhrgläsern, Brochen, Fingerringen etc.
angebracht werden können.
Einer der interessantesten und wichtigsten Vortheile welche man durch diese einfache
Anordnung erzielt, ist ohne Zweifel der, daß man im Stande ist, die Dimensionen der Gemälde
und Porträte zu ändern. Die auf Collodium erhaltenen negativen Bilder, mit unendlich
zarten mikroskopischen Details, verwandelten sich in sehr vergrößerte positive
Bilder, ohne im geringsten ihre Vollkommenheit einzubüßen. Hinsichtlich der Porträte
insbesondere, wird man gewiß eher gewinnen als verlieren; denn die Leichtigkeit
womit man später die Dimensionen des Porträts vergrößern kann, gestattet es anfangs
sehr klein und in sehr großer Entfernung, mit größerer Schnelligkeit und folglich
mit größerer Genauigkeit aufzunehmen; man ist so gegen die Verunstaltungen
gesichert, welche sonst vorkommen, weil es nicht möglich ist, die verschiedenen
Theile eines zu naheunahen Gegenstandes gleichzeitig in den Brennpunkt zu bringen. Die Vergrößerung
des auf Glas aufgenommenen Bildes hat überdieß zur Folge, daß ihm die Härte des
Profils benommen wird, welche alle auf Collodium dargestellten Porträte zeigen.
Dieses Verfahren besitzt noch andere Vortheile. Will man von einer Bildhauerarbeit
oder irgend einem Bild einen Kupferstich anfertigen, so erhält man nach dieser
Methode sogleich eine vollkommene Zeichnung in der gewünschten Dimension.
In den Fällen wo die Anwendung eines großen Instruments unmöglich oder unbequem ist,
kann man sich eines kleinen photographischen Apparats bedienen, um später die Bilder
in größerem Maaßstab herzustellen.
Abgesehen von der Möglichkeit die Dimensionen zu vergrößern oder zu verkleinern,
werden auch die positiven Bilder, welche man in dem neuen Apparat genau mit den
Dimensionen des ursprünglichen Bildes darstellt, die Feinheit der kleinsten Details
der negativen Bilder viel besser wiedergeben, als die nach den bisherigen Methoden
erhaltenen positiven Copien.
Das negative Bild kann in a in umgekehrter Stellung
angebracht werden, so daß es auf dem Glase ein Bild gibt, welches man von hinten
betrachten kann.
Nach der neuen Methode lassen sich positive Copien wenigstens eben so schnell und
leicht darstellen, als nach dem bisherigen Verfahren in Berührung mit Papier,
welches mit Jodsilber präparirt ist; und da hier keine Berührung mehr statt findet,
so werden die negativen Bilder, besonders diejenigen auf Glas, viel besser
conservirt. Auch kann man nach der neuen Methode positive Copien nicht bloß auf
Papier, sondern auch auf den härtesten und festesten Substanzen, auf Porzellan,
Elfenbein, Glas, Metallen etc. darstellen.
Diese eben so einfache als sinnreiche Entdeckung dürfte viel dazu beitragen, daß man
die wesentliche Eigenschaft des Collodium, Bilder mit außerordentlich feinen Details
zu liefern, besser benutzt, weil sie durch Vergrößerung der Dimensionen gemildert
werden und viel von ihrer Härte verlieren. Ich zweifle daher nicht, daß das
beschriebene Verfahren bald allgemein angewandt werden wird, besonders für
Porträte.Hr. Abbé Moigno, Redacteur des Cosmos, bemerkt hinsichtlich der Originalität
dieses Verfahrens Folgendes: „Unseres Wissens hat man schon längst
vergrößerte oder verkleinerte Copien von Lichtbildern nach einem
Verfahren gemacht, welches mit dem beschriebenen theoretisch identisch
ist. Hr. Ferrier hat von seinen großen
Ansichten des Innern vom Londoner Krystallpalast Hunderte von Copien im
sechsten Theil ihrer Größe gemacht. In der Operationsweise findet aber
ein wesentlicher Unterschied statt; Hr. Ferrier nimmt einfach als Gegenstand das negative Bild und
erhält davon mit seiner camera obscura auf
dieselbe Art ein Bild, wie er es mit einer Naturansicht gemacht haben
würde; um auf diese Weise positive Copien darzustellen, ist natürlich
viel mehr Zeit erforderlich, als nach der gewöhnlichen Methode durch
Berührung in einem Rahmen. Das Originelle und Neue bei Heilmann's Methode besteht darin, daß er
einen besondern Apparat construirt, in den nur diejenigen Lichtstrahlen
dringen, welche durch die negative Glasplatte gegangen sind; diese
Glasplatte und die empfindliche Platte auf welcher sich das positive
Bild zeichnen muß, haben den Brennpunkt derselben Linse
gemeinschaftlich; es kann hierbei kein Licht verloren gehen und die
Beleuchtung bleibt beträchtlich stark.“
Wenn Ihre alte Idee, die Documente von öffentlichem Interesse in concentrirter Form
mittelst mikroskopischer negativer Bilder aufzubewahren, einmal ausgeführt werden
soll, so wird dieses Verfahren, unmittelbar positive Copien in großem Maaßstab
darzustellen, ohne daß man eine Beschädigung der Originalplatten zu befürchten hat,
sehr gute Dienste leisten.
John Stewart.