Titel: | Ueber Beobachtung der atmosphärischen und terrestrischen Elektricität; von E. Romershausen. |
Fundstelle: | Band 130, Jahrgang 1853, Nr. XLV., S. 193 |
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XLV.
Ueber Beobachtung der atmosphärischen und
terrestrischen Elektricität; von E. Romershausen.
Mit einer Abbildung.
Romershausen, über Beobachtung der atmosphärischen und
terrestrischen Elektricität.
Die wichtige Rolle, welche die Elektricität in dem gesammten Naturhaushalt spielt und
insbesondere ihr Einfluß auf die organische Schöpfung, auf den Gesundheitszustand
und das Gedeihen der vegetativen und animalischen WeltRomershausen's
galvano-elektrischer Apparat zur Förderung der Vegetation und
Fruchtbarkeit des Bodens etc. Marburg bei Elwert 1851. (Neue
Einrichtung 1853.)„Die Heilkräfte
der Elektricität und des Magnetismus.“ 2te Aufl. Marburg
bei Elwert 1853. , ist nachgerade
so allgemein anerkannt, daß es eine erfreuliche Erscheinung ist, wenn sich in
neuerer Zeit wieder mehrere Naturforscher mit diesem Gegenstand beschäftigen.
Vereinzelte Beobachtungen der wechselnden elektrischen Zustände, wie ich sie seit
vielen Jahren gemacht habe, können nur von localem Interesse seyn und zu einer
allgemeineren Uebersicht
ihres Einflusses auf meteorologische Erscheinungen kann man nur durch eine eben so
allgemeine Verbreitung dieser Beobachtungen wie die damit in naher Beziehung
stehenden des Barometers, Thermometers und Hygrometers etc. gelangen. Dazu ist aber
vor allem eine Verständigung über die geeignetsten
Vorrichtungen erforderlich, um dieselben soviel als möglich vergleichbar zu
machen und in gegenseitige Beziehung zu bringen. Hierüber scheinen nun immer noch
sehr differente Ansichten zu herrschen, namentlich: ob zu diesen Beobachtungen feststehende oder bewegliche Apparate zu benutzen sind?
Ich erlaube mir daher, als einen geringen Beitrag zur Erledigung dieser Frage, hier
einige Erörterungen aus meiner langjährigen Beschäftigung mit diesem Gegenstande
mitzutheilen und der öffentlichen Prüfung vorzulegen.
Um im Folgenden verständlich zu seyn, muß ich einige allgemeine Bemerkungen
vorausschicken, und inwieweit dieselben auf meiner zum Theil heterodoxen Ansicht
über das Wesen und die Bewegungs- und Richtungsverhältnisse der
Agentien beruhen, mich auf meine frühern Aufsätze in dieser Zeitschrift
beziehen.Polytechn. Journal Bd. CXVII S. 321,
Bd. CXXIV S. 416, Bd. CXXV S. 181, Bd. CXXVII S. 198.
1) Da allen materiellen Substanzen, nach Verhältniß ihrer Capacität, Elektricität
inhärirt, so ist der Erdkörper, als Inbegriff derselben, die allgemeine Lagerstätte
und der ursprüngliche Herd aller elektrischen Processe.
2) Die Elektricität wird in fortwährender Aufregung und Thätigkeit erhalten durch die
in Folge der Sonnenstrahlung örtlich wechselnde Temperatur – durch Einwirkung
des kosmischen Magnetismus und durch die unausgesetzten chemischen Processe im
Innern und auf der Oberfläche der Erde etc.Polytechn. Journal Bd. CXXVII S.
210.
3) Diese freie terrestrische Elektricität strömt in unendlicher Schnelligkeit
hin- und herfluthend zur Erhaltung und Herstellung des dynamischen
Gleichgewichts fortwährend vom (+) zum (–) hin. Ihre Hauptlagerstätte ist,
wie bei jedem mit freier Elektricität geladenen Körper, die Oberfläche; sie
verdichtet sich, wie bei diesem, an den äußersten Hervorragungen derselben, an
Berggipfeln, Felsecken, den Spitzen der Bäume, der Blätter, den Hervorragungen der
Gebäude etc. und strebt daselbst bei höherer Spannung zu entweichen.
4) Da die Luft, bei ihrem geringen materiellen Gehalt, sehr wenig elektrische
Capacität besitzt und im völlig reinen und trockenen Zustande einer der besten Isolatoren ist, so bildet sie unter diesen Verhältnissen eine die Erdkugel
umgebende isolirende Hülle und sichert die terrestrische Elektricität gegen
Zerstreuung. Die Luft ist aber nie völlig rein und trocken, sondern immer mehr oder
weniger mit Gasen und leitendem Wasserdunst gemischt.
Nach Verhältniß dieser Mischung dringt die gespannte Erdelektricität in die
Atmosphäre ein; die aufsteigenden Dunstpartikeln wirken bei diesem Proceß ganz wie
die Spitzen und vermitteln mehr oder weniger eine elektrische Ladung des Luftstroms.
Auch möchte wohl die durch Atmosphärendruck an der Erdfläche condensirte Luft
hierbei in Mitwirkung treten.
5) Die Erdkugel gleicht demnach bei ihrer fortwährenden elektrischen Thätigkeit (2)
einem isolirten, mit freier Elektricität auftretenden Leiter. Wie dieser einen
bestimmten, mit der Entfernung abnehmenden Wirkungskreis hat, so auch der Erbkörper.
Da aber die Leitkraft der die Erde umgebenden Luft im verkehrten Verhältniß zu ihrer
Trockenheit steht, so ist dieser elektrische Wirkungskreis derselben sehr
veränderlich – bald sehr nahe auf die Erdoberfläche beschränkt und bald sich
bis in die höchste Wolkenregion hin erstreckend.
6) Da sich nun ein jeder mit der Erde in unmittelbarer leitender Verbindung stehende
Körper nach Verhältniß seiner Capacität in völlig gleicher Spannung mit derselben
befindet, so kann er in diesem gebundenen Zustand keine sichtbare Wirkung nach Außen
hin zeigen. Dieses muß aber sofort erfolgen, wenn er in diesem dynamischen
Gleichgewichtszustande gegen die Erde isolirt und mehr oder weniger aus dem
elektrischen Wirkungskreis derselben entfernt wird. Die durch die dominirende
Erdspannung seither in gleicher Vertheilung (latent) gehaltene Elektricität eines
solchen Leiters wird also mit der Entfernung aus dem Wirkungskreis derselben frei
und tritt in selbstthätiger Wirksamkeit auf. Diese Art einer Elektricitätserregung
scheint man seither nicht beachtet zu haben, ob sie gleich sowohl bei Beobachtung
der Luftelektricität als auch bei vielen andern elektrischen Erscheinungen von
wesentlichem Einfluß ist.
7) In Beziehung auf unsern hier vorliegenden Zweck wollen wir uns diese Erscheinung
an beigefügtem bildlichen Schema anschaulich machen.
Es sey:
e der elektrisch thätige Erdkörper;
Textabbildung Bd. 130, S. 196
k eine mit der Erde leitend verbundene, also in völlig
gleicher Spannung befindliche Metallkugel;
a die die Erde umgebende Atmosphäre bei mehr trockener
Luftbeschaffenheit;
d die zeitweilige Gränze des elektrischen
Wirkungskreises der Erde.
So lange die Kugel k mit e
leitend verbunden ist, befinden sich beide in gleicher elektrischer Vertheilung und
Spannung; die Elektricität von k ist durch die des
dominirenden e gebunden und gehalten. Wird k in diesem eben bestehenden gleichen
Spannungs-Verhältniß gegen e isolirt und
senkrecht aufwärts nach a hin bewegt, z.B. über die
zeitweilige Gränze d des elektrischen Wirkungskreises
von e hinauf entfernt, so tritt die seither von e gebunden erhaltene Elektricität von k frei thätig, hier also positiv (ausströmend) nach
Außen hinauf, und zwar immer nach Verhältniß der frühern Spannung und der Entfernung
von e, wie dieses auch stets ein empfindliches
Elektroskop nachweist, welches mit k leitend verbunden
ist. Da nun aber k, während der Entfernung von e, durch fortdauernde Anziehung und Abstoßung der mehr
oder minder feuchten Lufttheilchen immer einen Theil seiner frühern Elektricität
verliert, so erscheint es bei seiner Herabbewegung und Annäherung zu e, in Beziehung auf die noch fortbestehende Spannung
desselben, negativ (einströmend) gerichtet, wie auch dieses das Elektroskop anzeigt.
Inwieweit bei dieser Erscheinung auch die sogenannte Vertheilung oder Fernwirkung
von e
Polytechn. Journal Bd. CXXIV S.
416. betheiligt ist, wage ich nicht zu entscheiden. Innerhalb der Gebäude, in
Zimmern deren Wände und Decke nur eine leitende Fortsetzung der Erdspannung bilden,
kann sich dieser Erfolg natürlich nicht zeigen.
8) Eine gleiche Erscheinung ergibt sich, wenn wir bei trockener Luftbeschaffenheit
auf einem freien Raume einen längeren Leiter senkrecht aufstellen, welcher nahe bei
e getrennt werden kann. In verbundenem Zustande ist
er in gleicher Spannung mit e und die terrestrische
Elektricität drängt sich, wie bei allen Hervorragungen, condensirend zur Spitze hin.
Isoliren wir nun denselben unten gegen e, verbinden ihn
daselbst mit einem empfindlichen Elektroskop und heben plötzlich die Verlängerung
ab, so zeigt sich oft eine sehr lebhafte Elektricitätserregung.
Dasselbe erfolgt auch in vermindertem Grade, wenn wir einen unter gleicher Spannung
mit e befindlichen Leiter mit einem Metallcylinder
verdecken, ihn isoliren und diesen plötzlich abheben, indem wir hier die nach
bekanntem Gesetz auf der Außenfläche der Metallhülle condensirte Elektricität
hinwegnehmen, also zwischen beiden eine elektrische Differenz veranlassen.
9) Alle diese Erscheinungen zeigen sich aber unter besondern Umständen in
polar-entgegengesetzter Richtung, indem sowohl die veränderliche
Beschaffenheit der Luft, als auch jede Veränderung der zeitweiligen elektrischen
Dichtigkeit von e eine proportionale Veränderung in a erzeugt und so umgekehrt.
10) Je trockener und isolirender der Luftraum zwischen e
und a ist, desto beschränkter ist der elektrische
Wirkungskreis von e; je feuchter und leitender hingegen,
desto weiter erstreckt sich dieser Wirkungskreis, oft bis in die höchste Luftregion,
wo sich die elektrisch geladenen Dünste anziehen und zu Wolken verdichten. Jede
Wolke ist daher mehr oder weniger elektrisch geladen. Es kann daher, namentlich bei
Temperaturveränderungen, ein Zustand eintreten, wo a
mehr als e
geladen ist. Die Stromrichtung des Pfeils p ist alsdann die umgekehrte, also a positiv (ausströmend) und e negativ (einströmend) gerichtet. Diesen Zustand zeigen häufig schon die
ersten niederfallenden und ableitenden Regentropfen, Schneeflocken etc. Bei
fortdauerndem Niederschlag gleicht sich aber das elektrische Verhältniß zwischen e und a bald wieder aus,
wobei wir oft momentane abwechselnd auf- und niedergehende Strömungen
beobachten. Vereinigen und verdichten sich dergleichen elektrisch überladene
Wolkenmassen, namentlich wenn zwischen e und a trockenere und isolirende Luftströmungen eintreten, so
bilden sie gleichsam eine elektrische Batterie, deren gewaltsame Entladungen
blitzend im Gewitter auftreten und diese Ausgleichung zwischen a und e herstellen. Auch
hier zeigen sich meist zwischen beiden wechselnde Rückschläge. Hiernach leuchtet es
nun auch ein, daß unter genannten Verhältnissen der zwischen e und a bewegte Körper k die polar entgegengesetzte Stromrichtung anzeigen muß.
Wenn es nun auch der Raum nicht gestattet, hier die aus der veränderlichen
elektrischen Beschaffenheit zwischen e und a hervorgehenden, vielfach verwickelten meteorologischen
Erscheinungen näher zu erörtern, so werden doch diese wenigen Bemerkungen zur
Erklärung der Veränderungen der atmosphärischen Elektricität in den verschiedenen
Jahres- und Tageszeiten, bei andauernder Trockenheit oder Nässe, bei Nebel,
Regen, Schnee und Hagel einstweilen zureichen.
11)Aus der seitherigen Darstellung geht nun von selbst hervor, daß alle zwischen e und a beweglichen und in
den Luftraum erhobenen Apparate, nicht die vorhandene elektrische Labung der
Atmosphäre, sondern nur den Grad der elektrischen
Erregung eines mit der Erdelektricität in gleicher Spannung befindlichen und mit der
Entfernung von e elektrisch frei auftretenden Leiters
anzeigen. Hierher gehören also: Cavallo's in die Luft
gestoßene elektrische Angelruthe – Volta's durch
Verbrennung eines kohlenstoffhaltigen Körpers an der Auffangspitze an sich schon
elektrisch erregte und daher unbrauchbare Wetterstange – die in die Luft
geschossenen Pfeile verschiedener Einrichtung – Saussure's in die Luft geschleuderte Metallkugel und der neuerdings von
Dellmann angegebene ApparatPoggendorff's Annalen Bd. LXXXIX S. 258. u.s.w.
12) Ich selbst benutzte in früheren Jahren solche bewegliche
Apparate zur Beobachtung der Luftelektricität, wurde aber durch die
bekannten instructiven Versuche Ermann's und Prechtl's auf die Nichtigkeit dieser Beobachtungen
aufmerksam gemacht. Eine sorgfältige Wiederholung derselben mit einer sehr einfachen
Vorrichtung im Freien überzeugte mich, daß bei gewöhnlich mehr trockener
Luftbeschaffenheit ein jeder von der Erdfläche senkrecht aufwärts bewegte Leiter positiv und bei der Herabbewegung negativ erregt erscheint – daß aber bei einer mit der Erdfläche
parallelen und langsamem FortbewegungVersuche, welche ich damals im Interesse der Jäger
zur Erklärung des von ihnen sogenannten Brandes
scharfschießender Gewehre anstellte, zeigten, daß auch ein in großer
Geschwindigkeit parallel mit der Erdfläche bewegter Leiter, wahrscheinlich
durch Reibung und Kompression der Luft, elektrisch motivirt wird; denn eine
in dieser Richtung abgeschossene Flintenkugel, welche am Ziele eine
isolirte, mit einem empfindlichen Elektroskop verbundene Kupferplatte traf,
zeigte immer eine bedeutendere elektrische Erregung, als wohl der bloße
Druck und Contact der Metalle veranlassen konnte.
keine Elektricitätserregung stattfindet.Ermann scheint die Resultate seiner Versuche
lediglich von der vertheilenden Wirkung des Erdkörpers abhängig zu machen;
dieses widerspricht aber den bekannten Gesetzen einer solchen Vertheilung,
und der eigentliche Grund dieser Erscheinungen ist offenbar der unter (6)
angegebene. Andere Einwürfe Configliani's (Schweigger's Journal Bd. II S. 69) möchten sich wohl nach
Obigem von selbst widerlegen. Auch zeigte mir ein öfterer Vergleich mit den Anzeigen eines feststehenden
Apparats, daß beide fast niemals übereinstimmen. Ich benutze daher zur Beobachtung
der Luftelektricität zwischen e und a seit mehreren Jahren eine solche ältere feststehende Franklin'sche Wetterstange, wie ich sie mit
mehreren Verbesserungen in Poggendorff's Annalen Bd. LXIX S. 71 und Bd.
LXXXVIII S. 571 angegeben habe.
13) Eine solche feststehende Borrichtung ist nach Obigem
allein im Stande die wechselnde Ladung und Spannung des Luftraums in einer
bestimmten Höhe über e anzuzeigen. Dazu ist aber
erforderlich, daß die mit feinen Platinspitzen versehene Auffangstange über die
Bedachung eines freistehenden Hauses zureichend hinausragt (3) und nebst ihrer
Zuleitung zu dem Elektroskop aufs sorgfältigste gegen die Erde isolirt ist. Wenn nun
auch die a. a. O. dargestellte Einrichtung dieses Apparats noch mehrfacher
Verbesserungen fähig ist, so hat er sich doch bereits im praktischen Gebrauch
zureichend bewährt.So sagt z.B. Dr. Guivartowsky (Bulletin de la
Société Impériale des Naturalistes de Moscou
1849 p. 608) in seinen Observations faites à Moscou sur l'electricité, pendant
l'épidemie cholerique: „J'employai un instrument qui se
prête parfaitement à ce genre de recherches,
l'electroscope de Romerhausen, donf la
description se trove dans les Annales de Poggendorff T. LXIX pag.
71. Cet instrument, d'une sensibilité extrême, marque
avec précision l'intensité et la nature de
l'electricité atmosphèrique etc.“
Auch stimmen die chemischen Prüfungsmittel der Schönbein'schen, für das vegetative und animalische Leben wichtigen
Ozonbildung nur mit den Anzeigen eines solchen feststehenden Apparats überein.
14) Es ist daher ein sehr übereiltes Urtheil, wenn Dellmann zur Empfehlung seiner beweglichen
Vorrichtung den feststehenden Apparaten alle Brauchbarkeit abspricht und
namentlich auch den von mir angegebenen seinem Tadel unterwirft. Wenn er dieser
Vorrichtung unzureichende Isolirung und retardirte Ladung vorwirft, so hat er wohl
nicht bedacht, daß eine absolute Isolirung eine Unmöglichkeit ist, daß aber
jedenfalls ein solcher feststehender Apparat vollkommener
isolirt werden kann als ein beweglicher. Namentlich
möchte wohl seine sogenannte Sammelkugel (nach Obigem Zerstreuungskugel) während des
Transports zu dem Elektroskop schon durch die Körpernähe einen bedeutenden Verlust
erleiden. Hinsichtlich der scheinbar retardirten Ladung hat ihn wahrscheinlich der
Umstand zu dem unverdienten Tadel verleitet, daß die bewegliche Vorrichtung
allerdings fast immer eine bedeutende Elektricitätserregung anzeigt, während die
feststehende bei der oft zeitweilig zwischen e und a bestehenden Gleichgewichtsvertheilung kaum merklich
irritirt wird. Da aber nach Obigem jeder bewegliche Apparat, also auch der Dellmann'sche, zu der erforderlichen Beobachtung der
elektrischen Beschaffenheit der Atmosphäre zwischen e und a völlig ungeeignet ist, so wird jede weitere Erörterung
dieser differenten Ansichten überflüssig seyn.
15) Da indessen die veränderliche und rastlos thätige Erdelektricität allen
elektrischen Processen zum Grunde liegt – da sie unstreitig auf alle mit der
Erde leitend verbundenen Organismen vom wesentlichsten Einfluß ist und auch wir
selbst dieser wechselnden Spannung unterworfen sind (3), indem sie auf unsern
Gesundheitszustand, auf unser Nerven- und Gefäßsystem fortwährend einwirkt
– und in Verbindung mit der Wärme, die Haupttriebkraft der Pflanzenwelt zu
seyn scheint, also Gedeihen und Fruchtbarkeit von ihrer Einwirkung abhängig sind
– so ist eine gleichzeitige Beobachtung derselben sehr wünschenswerth. Zu
diesen Beobachtungen möchte nun wohl der übrigens sehr sinnreich construirte Apparat
Dellmann's brauchbar seyn, wenn die Bedingungen
erfüllt werden können, welche bei jeder solchen beweglichen
Vorrichtung zu beachten sind.
16) 9. Die Errichtung eines solchen Apparats darf (nach 3 und 7) nicht zur Seite eines freistehenden Gebäudes, sondern muß über der höchsten
Giebelspitze desselben angebracht werden, um die Seitenwirkung des Hauses
zu vermeiden. Am besten wäre die Aufstellung desselben auf einer ebenen und völlig
freien Fläche, deren Höhe über dem Meere ermittelt ist. Da aber diese Beobachtungen
nicht bloß an bestimmten Tageszeiten vorzunehmen sind, sondern die oft plötzlich
eintretenden und vorübereilenden Erscheinungen eine stete Aufmerksamkeit des
Beobachters fordern, so ist die Anlage auf der Wohnung desselben vorzuziehen.
b. Sowohl am höchsten Punkt der Erhebung, als auch am
tiefsten der Herabbewegung, muß der bewegte Körper durch leitende Berührung der zu
dem Elektroskop führenden und sorgfältigst isolirten Leitung den Grad der
differenten Spannung anzeigen, da nur auf diese Weise die eigentliche Beschaffenheit
der freien terrestrischen Elektricität ermittelt werden kann.
c. Um mehrere Apparate dieser Art einigermaßen
vergleichbar zu machen, müssen:
α) die bewegten Körper von
allgemein bestimmter Dimension und gleicher elektrischer Capacität und Tenacität
seyn – also von demselben Metall;
β) sowohl die Höhe über der
Erdfläche, zu welcher der Körper erhoben, als auch die Geschwindigkeit seiner
Bewegung müssen gleichförmig seyn;
γ) die Temperatur, der Druck
und Feuchtigkeitsgrad der Luft, wie auch die Windrichtung, müssen gleichzeitig
bemerkt werden, da dieses in naher Beziehung zu der elektrischen Ladung der
Atmosphäre steht, also auch den elektrischen Wirkungskreis der Erde
modificirt.
17) Die Hauptschwierigkeit einer erfolgreichen allgemeinern Verbreitung dieser für
Meteorologie und den gesammten Naturhaushalt hochwichtigen Beobachtungen der
atmosphärischen und terrestrischen Elektricität, scheint mir in dem Mangel eines
vergleichbaren mathematisch genauen Meßinstruments für
schwache Elektricitätsgrade zu liegen. Die nach der verschiedenen
Luftbeschaffenheit sehr veränderliche Schnelligkeit, womit freie Elektricität auch
bei bestmöglicher Isolirung entweicht, ist das allgemeine, schwerlich zu besiegende
Hinderniß. Indessen wollen wir die Hoffnung nicht aufgeben, daß auch dieses
Hinderniß durch die neuerdings vereinten Bemühungen der Naturforscher noch beseitigt
werden wird, umsomehr, da die Konsequenzen des scharfsinnigsten, auf wankende
Thatsachen gegründeten Calculs oft mehr in die Irre, als zum Fortschritt führen.