Titel: | Ueber einen neuen Firniß für den photographischen Stich auf Stahlplatten; von Hrn. Niepce. |
Fundstelle: | Band 130, Jahrgang 1853, Nr. LXVI., S. 275 |
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LXVI.
Ueber einen neuen Firniß für den photographischen
Stich auf Stahlplatten; von Hrn. Niepce.
Aus den Comptes rendus, Octbr. 1853, Nr.
18.
Niepce, über einen neuen Firniß für den photographischen
Stahlstich.
Dieser neue Firniß für den photographischen StahlstichsMan vergl. Niepce's
frühere Abhandlung über diesen Gegenstand im polytechn. Journal Bd. CXXVIII S. 371. Wir wollen das
Verfahren, wie die photographischen Stiche auf Stahl erhalten werden, im
Wesentlichen noch einmal beschreiben: man macht von dem Gegenstand
(Kupferstich) zuerst eine negative Copie auf einer mit Eiweiß oder Collodion
überzogenen Glastafel; mit dieser negativen Copie stellt man ein positives
Bild dar, indem man sie auf ein mit Eiweiß überzogenes Glas legt; endlich
erzeugt man mit diesem positiven Bild ebenfalls durch Contact ein Bild auf
der mit Judenpech überzogenen Stahlplatte. Wenn man die Stahlplatte vom
Licht wegnimmt, und ihre Oberfläche im Gegenlicht betrachtet, so bemerkt man
kaum Spuren eines Lichtbildes; das Bild erscheint aber plötzlich, wenn man
auf die Stahlplatte eine Mischung von Benzin und Steinöl (das sogenannte
Auflösungsmittel) gießt. Endlich fixirt man das Bild, indem man die
Stahlplattemit Wasser wascht. Nachdem diese Operation
beendigt ist, braucht man bloß noch nach dem gewöhnlichen Verfahren der
Kunststecher den Stahl mit Säuren zu ätzen. Die große Schwierigkeit, auf
welche die HHrn. Niepce und Lemaitre fließen, bestand darin, auf der Stahlplatte eine
vollkommen gleichförmige Schicht von Judenpech zu erhalten. Nun gelang es
aber Hrn. Niepce einen Firniß, dessen Grundlage das Judenpech ist,
darzustellen, welcher sich eben so leicht und regelmäßig verbreitet wie das
Collodion. A. d. Red. ist so flüssig wie Eiweiß (Albumin) und verbreitet sich eben so leicht wie
das Collodion, trocknet
auch eben so schnell, so daß man in zehn Minuten, nachdem man die Stahlplatte damit
überzogen hat, schon operiren kann. Seine Zusammensetzung ist folgende:
Benzin
100
Gramme
reines Judenpech
5
„
reines gelbes
Wachs
1
„
Nachdem die Substanzen aufgelöst sind, druckt man den Firniß durch Leinenzeug, dann
läßt man ihn absetzen um ihn zu decantiren; wenn der Firniß zu dick wird, setzt man
ihm Benzin zu.
Ich habe auch das Auflösungsmittel auf folgende Weise abgeändert:
Steinöl
5
Theile
Benzin
1
„
Es ist mir ferner gelungen meinen Firniß so empfindlich für das Licht zu machen, daß
ich in zehn Minuten, höchstens einer Viertelstunde in der camera obscura operiren kann, und einige Minuten reichen hin, wenn man
durch Contact der Sonnenstrahlen operirt.
Man macht den Firniß empfindlich, indem man auf die Stahlplatte wasserfreien
Schwefeläther gießt, welcher einige Tropfen Lavendelöl enthält.
Nachdem die Platte trocken ist, setzt man sie dem Licht aus.
Sind die photographischen Operationen beendigt, so ätzt man die Stahlplatte nach dem
von Hrn. Lemaitre (im
polytechn. Journal Bd. CXXVIII S. 373)
angegebenen Verfahren.
Bemerkungen. Es ist wesentlich, daß die Stahlplatte
vollkommen gereinigt wird, ehe man den Firniß aufträgt; hiezu benutzt man Steinöl,
um den Firniß zu beseitigen, dann Alkohol und Tripel mit Baumwolle, um die Platte
vollkommen zu trocknen. Man muß die Feuchtigkeit durch alle möglichen Mittel
vermeiden, denn sie ist für den Firniß höchst schädlich. Der auf die Platte gelegte
Kupferstich muß zwei bis drei Stunden dem Licht exponirt werden, wenn man durch
Contact (ohne Aether) operirt; übrigens hängt dieß von der Stärke des Lichts und von
der Dicke der Firnißschicht ab. Ich empfehle diese Schicht nicht zu dick
anzubringen.
Bei dem Verfahren durch Contact erhält man eine kräftigere Zeichnung als mittelst der
camera obscura.
Damit die photographische Operation gut gelingt, darf das Metall nur an denjenigen
Theilen welche den dunkelsten Schatten entsprechen, bloßgelegt seyn; die
Halbschatten werden dann von selbst vorhanden seyn. Nachdem man das Auflösungsmittel
beseitigt hat, setzt man die Platte dem Licht aus, damit der Firniß trocknet und
fest wird. Man muß die Wirkung des Auflösungsmittels immer schnell hemmen, und wenn
das Wasser den Firniß wegnimmt, so ist dieß ein Beweis, daß das Licht nicht gewirkt
hat, oder daß Feuchtigkeit vorhanden war.
Dieser Firniß läßt sich auch sehr gut auf lithographischem Stein anwenden.
Ich habe bei dem mitgetheilten Firniß das Benzin durch Lavendelöl zu ersetzen
gesucht; obgleich aber diese Substanz gegen das Licht viel empfindlicher ist als das
Benzin, glaubte ich letzteres vorziehen zu müssen, weil es viel schneller verdunstet
und eine gleichförmigere Schicht gibt.
Vielleicht wendet man jedoch dereinst das Lavendelöl mit dem Aether an, um in der camera obscura zu operiren.
Bei Anwendung von Lavendelöl muß man die Platte erwärmen nachdem man den Firniß
ausgebreitet hat, um ihn schneller zu trocknen, und dessenungeachtet muß man noch 24
Stunden warten bevor man operiren kann.
Ich habe nicht gesäumt, vorstehende Beobachtungen zu veröffentlichen, um die
Anwendung dieser Verfahrungsarten leicht zu machen, welche in geschickten Händen
schon so schöne Resultate gegeben haben. Mein einziger Zweck ist, dieses Verfahren,
welches mir die Zukunft der Photographie zu seyn scheint, zu verbreiten; sein
vollkommenes Gelingen wird meine schönste Belohnung seyn.