Titel: | Ueber die Kartoffelkrankheit; von Thornton J. Herapath. |
Fundstelle: | Band 130, Jahrgang 1853, Nr. LXXV., S. 310 |
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LXXV.
Ueber die Kartoffelkrankheit; von Thornton J.
Herapath.
Aus der Chemical Gazette, 1853, Nr.
263.
Herapath, über die Kartoffelkrankheit.
Die Beobachtungen und Untersuchungen des Verfassers über die Kartoffelkrankheit
führten ihn zu folgenden Resultaten:
1) Daß diese Krankheit (der Mehlthau) der Kartoffeln weder unmittelbar noch mittelbar
durch die Verheerungen eines Schmarotzer-Insects verursacht wird.
2) Daß sie die Wirkung einer Art fauler Gährung oder anfangenden Zersetzung der
stickstoffhaltigen, d.h. eiweißartigen Bestandtheile des Safts oder Zelleninhalts
ist.
3) Daß diese Zersetzung entweder durch einen eigenthümlichen Schwamm, den Botrytis infestans, direct veranlaßt wird, oder, was
wahrscheinlicher ist, daß dieser Schwamm erst zum Vorschein kommt, nachdem der
Gährungsproceß schon eine Zeit lang gedauert hat, in welchem Falle er also eine Wirkung, und nicht die Ursache
der Krankheit ist.
4) Daß der Mehlthau durch lange fortgesetzten und ausschließlichen Gebrauch
thierischen, stickstoffhaltigen Düngers erzeugt werden kann, weil solcher Dünger die
Kartoffelpflanze überreizte und für die Krankheit empfänglicher machte, und dieselbe
Wirkung auf sie hatte, wie ein Uebermaaß von geistigen Getränken auf den
menschlichen Organismus; er schadet nämlich den Geweben der Pflanze und macht den
Organismus empfindlicher gegen die atmosphärischen und andern Einflüsse.
5) Daß thierische oder viel Stickstoff enthaltende organische Dünger beim Anbau der
Kartoffeln und überhaupt aller Wurzelgewächse nur mit vieler Vorsicht angewendet
werden sollten; der beste Dünger für die Kartoffelpflanze sind nämlich die
anorganischen Verbindungen, welche man in einigen Ländern des Continents anwendet
oder früher angewandt hat.
6) Daß die Krankheit, wo sie einmal eingekehrt ist, epidemisch wurde.
7) Daß sie, wenn nicht ansteckend, doch contagiös ist.
8) Daß sie bloß durch Wiederherstellung der ursprünglichen Constitution der Pflanze
auszurotten ist.
9) Daß dieses wünschenswerthe Resultat nur durch Einführung einer ganz andern Art des
Anbaues, als gegenwärtig gebräuchlich ist, erreicht werden kann.
10) Daß diese Abänderungen des Anbaues bestehen müßten: a) in sorgfältigem Trocknen der Saatkartoffeln nach dem nun in einigen Theilen
Deutschlands befolgten Verfahren; b) im Einweichen
derselben auf kurze Zeit in eine verdünnte Kupfervitriol-Auflösung, von
beiläufig derselben Stärke, wie man sich ihrer zum Einlegen (Beizen) des Weizens
bedient; c) im Anbau derselben in magerm, gehörig trockengelegtem (drainirtem) Boden; d) endlich in der Anwendung eines unorganischen
Düngmittels, wie oben erwähnt, statt des landwirthschaftlichen Stalldüngers etc.,
dessen man sich gegenwärtig bedient.
Schließlich schlägt der Verfasser folgenden Versuch vor, um die Kartoffeln
aufzubewahren. Man bewahre dieselben wie gewöhnlich auf, bringe aber in die Mitte
jedes Haufens (dem Inhalt eines Sacks entsprechend) eine gewisse Menge ungelöschten Kalks, nicht in unmittelbare Berührung mit
den Knollen, sondern in ein poröses Gefäß (z.B. einen alten geflochtenen Korb)
eingeschlossen, welches mit einer dicken Lage Stroh oder Heu bedeckt und umgeben
wird. Dadurch werden die Knollen trocken erhalten, und da
die Gegenwart von Feuchtigkeit in der Luft die Zersetzung der Kartoffeln durch
Fäulniß sehr befördert, so wird durch dieses Verfahren eine Hauptursache ihres
Verderbens beseitigt. Der Kalk wird, sobald er sich gelöscht hat, entfernt und kann
dann noch als Düngemittel verwendet werden; nöthigenfalls ersetzt man ihn durch
frischen. Der Versuch ist leicht anzustellen und würde, selbst im Großen ausgeführt,
nicht viel kosten; er kann durchaus keine nachtheiligen Folgen haben und wird ohne
Zweifel ein vortheilhaftes Ergebniß liefern.