Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 130, Jahrgang 1853, Nr. , S. 433 |
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Miscellen.
Miscellen.
Preisaufgaben der Société
d'Encouragement in Paris.
Chemische Künste.
1°. Preis von 6000 Franken, im J. 1854 zu ertheilen, für die ökonomische
Fabrication von Ammoniak und Ammoniaksalzen behufs der Verwendung in der
Landwirthschaft.
In Oesterreich hat man Salmiak und nebenbei kohlensaure Bittererde bereitet,
indem man die Mutterlauge der Salinen mit dem durch Destillation gefaulten Harns
gewonnenen Ammoniak zersetzte; zu demselben Zweck ließe sich das alkalische
Wasser der Steinkohlengas-Anstalten verwenden, welches kohlensaures
Ammoniak, schwefelwasserstoffsaures und blausaures Ammoniak enthält. Die
bekannten Versuche Faraday's über die Ammoniakbildung beim Glühen der stickstofffreien
organischen Substanzen mit den fixen Alkalien bei Luftzutritt; ferner die
Wirkung des Stickstoffs auf die mit caustischem oder kohlensaurem Natron
imprägnirte Kohle; endlich Boussingault's Versuche über die Verdichtung des atmosphärischen
Sauerstoffs – machen es sehr wahrscheinlich, daß man zur ökonomischen
Fabrication der Ammoniaksalze gelangen kann.
2°. Preis von 3000 Franken, im J. 1854 zu ertheilen, für die ökonomische
Fabrication eines in den Haushaltungen und Gewerben anwendbaren Brennmaterials
mittelst des Torfs.
Die Gesellschaft ist überzeugt, daß man mit dem Torf ein Brennmaterial darstellen
kann, welches zu den Abdampf-Operationen im Großen, also in den
Alaunfabriken, Brennereien, Brauereien, Salinen etc., sowie auch zum Brennen des
Kalks, der Backsteine, Ziegel, des Porzellans und Steinguts, und selbst zur
Glas- und Roheisen-Fabrication sehr vortheilhaft verwendet werden
kann.
3°. Preis von 6000 Franken, im J. 1855 zu ertheilen, für die ökonomische
Bereitung des Sauerstoffs, als Mittel hohe Temperaturen in der Industrie
hervorzubringen.
Die Gesellschaft verweist auf die merkwürdigen Versuche von Boussingault, über die Verdichtung des atmosphärischen Sauerstoffs
durch den glühenden Baryt, und über die Leichtigkeit womit der überoxydirte
Baryt den aufgenommenen Sauerstoff fahren läßt. Die Entdeckung eines technischen
Verfahrens, welches gestatten würde, mittelst des Baryts oder eines andern
Körpers, den atmosphärischen Sauerstoff zu fixiren und ihn hernach ökonomisch in
Gasform überzuführen, wäre für die Metallurgie, die Glas- und
Porzellanfabrication, überhaupt alle Industriezweige welche eine hohe Temperatur
anwenden müssen, sehr vortheilhaft. – Selbst für die Beleuchtung könnte
man vielleicht aus dieser Entdeckung Nutzen ziehen, weil jetzt ein Theil der
Wärme als reiner Verlust aufgewendet werden muß, um die vier Fünftel Stickstoff
der atmosphärischen Luft zu erhitzen, mit welcher man die Verbrennung des
Leuchtgases unterhält.
4°. Preis von 10,000 Franken, im J. 1865 zu ertheilen, für die Entdeckung
eines Verfahrens, mit künstlichen Materialien welche wohlfeil zu stehen kommen,
einen hydraulischen Mörtel zu bereiten, welcher der Wirkung des Meerwassers,
wenigstens zehn Jahre lang, vollkommen widerstehen kann.
Die Erfahrung hat gelehrt, daß der künstlich bereitete hydraulische Kalk bei den
Bauten welche sich in süßem Wasser befinden, während einer gewissen Anzahl von
Jahren vollkommen widersteht, was aber bei seiner Anwendung zu den Bauten im
Meerwasser nicht der Fall ist, indem hier Elemente ins Spiel kommen, welche die
Adhärenz des unter dem Wasser erhärteten Mörtels nach und nach aufheben.
– Die künstliche Puzzolane verändert sich nach einer mehr oder weniger
kurzen Zeit im Meerwasser jedesmal. Dagegen bleibt die natürliche italienische
Puzzolane unverändert, ihr Preis ist aber außerordentlich hoch.
Oekonomische Künste.
1°. Preis von 2000 Franken, im Jahr 1854 zu ertheilen, für die
Ausarbeitung einer allgemeinen Instruction, welche die Angabe der verschiedenen
Sorten unverbrennlicher Materialien für Bauzwecke, ihrer gewöhnlichen
Dimensionen, ihrer bequemsten Anwendung, ihres Preises etc. enthält. Der
Verfasser muß in verschiedenen Abschnitten die verschiedenen Arten von
Materialien behandeln, das unverbrennlich gemachte Holz, die Metalle,
natürlichen und künstlichen Steine, Ziegel, und auch die verschiedenen Theile
der Gebäude, Mauern, Wände, Fußböden, Treppen, Dächer, Decken etc.
2°. Preis von 3000 Franken, im Jahr 1854 zu ertheilen, für neue
Verfahrungsarten, neue Arten von Materialien oder neue Constructionsweisen,
wodurch die Unverbrennlichkeit erzielt werden kann. Den betreffenden
Mittheilungen müssen Muster oder Modelle beigegeben werden.
Landwirthschaft.
1°. Preis von 3000 Franken, im J. 1855 zu ertheilen, für die Bestimmung
des Einflusses, welchen die Bewässerungsarten mittelst des Regenwassers oder
Quellwassers auf das
Wachsthum der Bäume, auf die Bildung und Beschaffenheit des Holzes haben. Diese
Frage wurde schon von einem unserer geschicktesten Förster, Hrn. Chevandier Sohn, studirt, sie
erfordert aber eine noch viel umfassendere Experimental-Untersuchung. Der
Versuch muß mindestens fünf Jahre dauern, und vergleichsweise auf Flächen von
wenigstens einer Hektare angestellt werden, der Schlag muß beim Beginn des
Versuchs wenigstens ein zehnjähriger seyn.
2°. Preis von 3000 Franken, im J. 1860 zu ertheilen, für die Bestimmung
des Einflusses, welchen die Art der wirthschaftlichen Behandlung und des
Lichtens auf den Ertrag an Holz derselben Art in gleichem Boden hat.
Außerordentlicher Preis.
Preis von 1000 Franken, im J. 1854 zu ertheilen, für das beste Werk über die
Wirkungen der Kartoffelnahrung auf die Constitution, das Temperament, den
Charakter der Individuen; auf die Sitten und Institutionen der Völker.
Insbesondere soll ermittelt werden, ob die Kartoffeln mit Nutzen das Roggenbrod
ersetzen, in welchem Verhältniß sie nähren, endlich ob der Kartoffelbranntwein
weniger löslich ist, als der aus Wein oder Korn bereitete Branntwein.
Die Abhandlungen, mit den Modellen, Proben, Zeichnungen etc. sind portofrei an
den Secretär der Société d'Encouragement
pour l'industrie nationale, rue Bonaparte No. 44 in Paris,
einzusenden.
Die Gerste-Schneidmaschine.
Bezüglich einer im 2ten Novemberheft (S. 314 in diesem
Bande) des polytechnischen Journals mitgetheilten Notiz über eine
Gerste-Zerkleinerungsmaschine, bemerkt der Unterzeichnete, daß dergleichen
Maschinen schon seit mehreren Jahren von seiner Anstalt geliefert werden. Dieselben
sind äußerst einfacher Construction und zerschneiden jedes Gerstenkorn zum Behuf der
Graupendarstellung in drei oder zwei Theile, je nach der Größe des Korns. Die
Maschine kann für die Hand zugerichtet werden, eignet sich aber besser für ein
Roßwerk oder noch kräftigere Motoren. Mit einem zweipferdigen Göpel bewegt, liefert
sie stündlich 2 Dresdner (= 1 bayer.) Scheffel getheilte Gerste, und bewirkt durch
ihre sichere und fördernde Thätigkeit einen Gewinn von 33–45 Proc. bei der
nachherigen Graupenbereitung. Sie ist zugleich mit einem Schüttelwerk versehen,
welches fremde Theile aus der aufgeschütteten Frucht sondert. Ihre solide, einfache
Construction erlaubt eine Garantie von 5 Jahren Frist für dieselbe zu bieten; an
Reparaturen ist dabei fast nicht zu denken. Ihr Preis ist 150 Rthlr., ihr Gewicht
circa 7 Centner.
Leipzig, den 29. Decbr. 1853.
Dr. W. Hamm, Fabrik
landwirthschaftlicher Maschinen.
Neue Schleifsteine aus Südamerika.
Hr. Oberhäuser, der berühmte
Optiker in Paris, zeigte unlängst bei seiner Anwesenheit in München in einer Sitzung
des Central-Verwaltungsausschusses des polytechnischen Vereins daselbst einen
Schleifstein für feine Schneidwerkzeuge vor. Dieser hatte ein beinahe
chalcedonartiges Aussehen, gibt am Stahle lebhafte Funken, besitzt ein
außerordentlich feines Korn und eine Masse von seltener Gleichförmigkeit, so daß
diese Steine beim Gebrauche nie concav werden, sondern immer eben bleiben. Der
vorgezeigte Stein war ungefähr 8 Zoll lang, 1 Zoll dick und 1 1/2 Zoll breit und
kostete 13 bis 14 fl. Derlei Abziehsteine werden erst seit Kurzem aus Südamerika
nach Paris gebracht und finden reißenden Absatz, weil sie eben so unübertrefflich
wie unverwüstlich sind. Ein achtbarer Geognost erkannte diesen Schleifstein, der
gegenwärtig im Besitze des polytechnischen Vereins ist, als Kieselschiefer aus dem Gneisfels. Ob derselbe in seiner Masse nur aus
amorpher Kieselsäure oder aus dieser mit eingemengter krystallinischer Kieselsäure
bestehe, blieb noch unentschieden. (Kunst- und Gewerbeblatt des polytechn.
Vereins für Bayern, 1853, S. 455.)
Higgin's Beizmittel zum
Drucken gemischter Zeuge.
Das Beizmittel, welches sich der Chemiker J. Higgin in
Manchester am 24. Nov. 1852 patentiren ließ, ist eine Auflösung von Zinnoxyd und
Thonerde in Aetznatron (alumino-stannate of
soda). Um dasselbe zu bereiten, fällt man Zinnchlorid mit Aetznatron, und setzt
dann von letzterm soviel zu, daß der Niederschlag sich wieder auflösen kann; man
erhält so Zinnoxyd-Natron (zinnsaures Natron).
Dieser Auflösung setzt man Thonerde-Natron zu, welches man folgendermaßen
bereitet: man löst Alaun auf (soviel daß man 1 Pfd. Thonerde auf je 14 Pfd.
metallischen Zinns im Zinnoxyd-Natron hat) und versetzt dessen Lösung
allmählich mit Aetznatron, bis die anfangs gefällte Thonerde sich vollständig wieder
aufgelöst hat.
Beide Auflösungen werden nun vermischt; man kann das Gemisch auch durch Abdampfen in
den Zustand eines trocknen Pulvers bringen, welches man zum Gebrauch nur wieder in
Wasser aufzulösen braucht.
Diese Beize wird zum Grundiren der Zeuge auf etwa 12° Twaddell (9°
Baumé) verdünnt, worauf man die mit ihr getränkten Zeuge durch Schwefelsäure
passirt, wie es gegenwärtig für das Zinnoxyd-Natron geschieht. Auf diese
Weise befestigt man eine Verbindung von Thonerde und Zinnoxyd in dem Zeug, welcher
nach dem Waschen und Trocknen bedruckt werden kann. (London
Journal of arts, October 1853, S. 277.)
Ueber die Entdeckung kleiner Mengen von Mangan auf nassem
Wege; von Dr. Julius Löwe.
Schon Crum gibt an, daß wenn man eine Lösung eines
Manganoxydulsalzes mit Bleihyperoxyd und Salpetersäure kocht, die Lösung eine
tiefrothe Farbe durch Bildung von Uebermangansäure einnimmt. Ich habe gefunden, daß
es beider genannten Körper nicht bedarf, um diese scharfe und höchst
charakteristische Reaction des Mangans auf nassem Wege auf gleiche Weise
hervorzurufen. Setzt man nämlich zur Lösung eines Manganoxydulsalzes
frischbereitetes unterchlorigsaures Natron oder Kalk, so scheidet sich je nach der
Menge des vorhandenen Metalls entweder sogleich oder doch nach sehr kurzer Zeit
Mangansuperoxyd als feiner braunschwarzer Niederschlag aus. Erhitzt man nun die
Lösung mit dem ausgeschiedenen Hyperoxyde bis zum Kochen und erhält sie bei geringen
Mengen kurze Zeit darin, so bildet sich ebenfalls auf Kosten des Sauerstoffs der
unterchlorigen Säure Uebermangansäure, welche, nachdem sich das noch überschüssige
Superoxyd abgesetzt hat, die darüberstehende Flüssigkeit intensiv kirschroth färbt.
Die geringsten Spuren genannten Metalles geben sich auf diese Art, wie bei der Crum'schen Reaction, zu erkennen, und ist auch die
Färbung durch unbedeutende Menge nur äußerst schwach, so läßt sie sich doch mit
Sicherheit wahrnehmen, wenn man das Reagensgläschen, in welchem der Versuch
ausgeführt wurde, auf ein weißes Blatt Papier stellt. In dem Gange der qualitativen
Analyse, wo man vermittelst Kali- oder Natronlauge die Oxyde des Eisens,
Mangans etc. von denen des Zinks, Chroms und der Thonerde trennt, kann man in dem
erhaltenen Alkaliniederschlage die Gegenwart des Mangans, selbst bei kleineren
Mengen unter dem Eisen etc. auf gleiche Art nachweisen, nur muß man den Niederschlag
vorher mit etwas Wasser ausgewaschen haben, da sonst bei Anwesenheit von zu viel ätzendem
Alkali sich leicht etwas Eisensäure bilden könnte, welche sich in ihrer Farbe nicht
viel von der Uebermangansäure unterscheidet und somit leicht Täuschungen veranlassen
würde. Denn ich habe gefunden, daß wenn man zu mäßig concentrirter kochender
Kali- oder Natronlauge, in der Eisenoxydhydrat suspendirt ist,
unterchlorigsaures Natron setzt, welches einen kleineren Ueberschuß von Soda
enthält, die Flüssigkeit in kürzester Zeit sich kirschroth färbt von entstandenem
eisensaurem Kali.
Clay's Verfahren zum Reinigen
des Steinkohlengases.
John Clay in Cottingham, Yorkshire, ließ sich am 18.
Decbr. 1852 ein Verfahren zum Reinigen des Steinkohlengases von Ammoniak und
Schwefelwasserstoff patentiren, welches darin besteht, das Kalkhydrat in dem
sogenannten trocknen Reiniger mit Torfkohle, Kochsalz und
Rotheisenstein, in gepulvertem Zustande vermengt, anzuwenden. Auf 2 Th.
Torfkohlenpulver nimmt er 1 Th. gepulvertes Kochsalz und 1 Th. gepulverten
Rotheisenstein. Nachdem dieses Gemenge mit den gasförmigen Unreinigkeiten gesättigt
ist, kann man es als Dünger benutzen. (London Journal of
arts, Decbr. 1853, S. 424.)
Gallois' Vorschrift für ein Brod, welches viel wohlfeiler
als das bloß aus Weizenmehl bereitete ist.
Man läßt 26 Pfd. Kartoffeln mit Wasser oder Dampf kochen. Wenn sie gut gekocht und
noch heiß sind, schält man sie und stampft sie dann in einem Mörser, bis die ganze
Masse einen gut bindenden Teig bildet, welcher leicht zwischen den Händen gerollt
und ausgezogen werden kann. Man beeilt sich das Ganze durch einen Durchschlag oder
ein grobes Drahtsieb zu passiren, indem man es mit der Hand oder mittelst eines
hölzernen Stößels drückt und reibt.
Den so durchgeschlagenen Kartoffelteig, nebst 3 Pfd. gewöhnlichem Sauerteig und 10
Pfd. Mehl, rührt man alsdann mit 8 Pfd. Wasser an, in welchen man vorher 1/4 Pfd.
Bierhefe vertheilt hat.
Dieses Gemisch bildet einen Sauerteig, welchen man anderthalb bis zwei Stunden lang
gähren lassen muß.
Hierauf setzt man 22 Pfd. Wasser zu, in welchem man 6 Loth Kochsalz aufgelöst
hat.
Nachdem dieses neue Gemisch gut verrührt worden ist, werden ihm 40 Pfund Mehl
einverleibt, indem man damit einen gehörig gekneteten Teig bildet.
Dieser Teig wird sogleich ausgewirkt, d.h. in Stücke von solcher Form und solchem
Gewicht abgetheilt, daß sie dem Brod entsprechen, das man erhalten will; man bringt
dieselben in Backschüffeln, worin sie bei gelinder Wärme bleiben, bis sie sich
gehörig gehoben haben; doch darf man nicht zu lange warten, weil der Teig sonst
zusammenfallen und das Brod schwer würde.
Nachdem sich die Brode genügend gehoben haben, werden sie sogleich in den Ofen
eingeschossen. Wenn der Ofen gehörig angeheizt ist, dauert das Backen ungefähr
fünfunddreißig Minuten für Brode von 4 Pfund.
Mit diesen Quantitäten erhält man 88 bis 94 Pfd. Brod, je nach der Güte der
Kartoffeln und des Mehls.
Die angewandten Materialien sind also folgende:
Kartoffeln, 26 Pfd., welche nach dem
Schälen und Durchschlagen geben
24
Pfd.
–
Loth
ordinäres weißes Weizenmehl
50
„
–
„
Sauerteig
3
„
–
„
Bierhefe
–
„
8
„
Kochsalz
–
„
6
„
Wasser
30
„
–
„
–––––––––––––
Summe
107
Pfd.
14
Loth
Hiernach lassen sich die Gestehungskosten dieses Brodes nach dem Preis des Mehls, der
Kartoffeln und der Handarbeit an jedem Orte berechnen. Payen, Mitglied des Instituts. (Moniteur
industriel, Decbr. 1853, Nr. 1815.)
Die Gall'sche Weinveredlung.
Gall sagt in seiner Darstellung guter Mittelweine aus
unreifen Trauben: „die zu lösende Aufgabe bestehe darin, einmal aus dem
gegebenen Ertrag neben geringeren Sorten durch Ausscheidung des besten Gewächses
und besondere Behandlung desselben feinere Sorten darzustellen und dann durch
Anwendung künstlicher, übrigens naturgemäßer Mittel, wie sie erfahrungsgemäß
auch in andern Ländern angewendet worden, die geringen Weine in bessere, relativ
gute umzuwandeln.“ Die Stoffe, welche die Natur in den reifen Trauben
zur Darstellung des Weines an die Hand gibt, sind im Wesentlichen Zucker, freie Säure (Weinsäure, Traubensäure und
Citronensäure), Wasser. Ein gewisses Verhältniß dieser drei Stoffe gibt dem aus den
Trauben bereiteten Weine besondere Güte und Vorzüge. In Jahrgängen, in denen die
Traube nicht vollkommen zur Reise gelangt, sind die genannten Stoffe nicht im
richtigen Verhältniß entwickelt. Während nun in vorzüglichen Jahren die Natur in den
Trauben noch besondere ätherische Stoffe entwickelt, welche den vorzüglichen Weinen
ihr so hochgeschätztes Aroma geben, das künstlich nicht gemacht werden kann, fehlen
in gewöhnlichen oder schlechten Jahren diese ätherischen Stoffe theilweise oder
gänzlich. Da sie nun nicht künstlich dargestellt werden können, so bleibt in diesen
Fällen nur noch übrig, die obengenannten drei, in den unreifen Trauben in andern
Mengen vorhandenen Stoffe durch geeignete Zusätze in das gehörige Verhältniß zu
bringen, um den zu bereitenden Weinen, wenn auch nicht das Bouquet, so doch durch
Erhöhung des Zuckergehaltes und Verminderung des Säuregehaltes die Eigenschaften
brauchbarer, mittelguter Weine zu ertheilen.
Die in den unreifen Trauben im Ueberschuß vorhandene Säure wird durch die Reife zum
Theil in Zucker und Wasser
umgewandelt, welche in der vollkommen reifen Traube im richtigen Verhältniß
vorhanden sind. In einem aus unreifen Trauben bereiteten Moste ist nur bei einer
gewissen Menge Wasser zu wenig Zucker und zu viel Säure
vorhanden. Da der Zucker bei der Gährung sich in Weingeist verwandelt, so
ist der aus solchem Moste entstandene Wein wegen zu geringer
Entwickelung von Weingeist zu schwach, und wegen übermäßig vorhandener Säure zu
sauer. Aroma hat er wenig oder keines. Was einem solchen Weine aber noch zu
geben ist, ist das, daß durch Hinzufügung von Zucker dem
Moste die Möglichkeit gegeben wird, die gewünschte Quantität Weingeist zu
entwickeln, während durch Wasserzuschuß die Säure auf das richtige Verhältniß herabzubringen ist.
Es muß also einem sauren Traubensaft so viel Zucker und Wasser
hinzugefügt werden, daß diese drei Stoffe in richtigem Verhältniß vorhanden
sind. – Dieß ist die Grundlage des ganzen Geschäfts, und man sieht,
daß Gall nicht durch künstliche, zusammengesetzte,
chemische Präparate oder durch mystische Geheimmittel aller Art, durch Schmiererei
zu Werke geht, sondern einfach die Natur belauscht und derselben da zu Hülfe kommt,
wo sie in ihrer vollständigen Entwickelung durch äußere Einwirkungen gehemmt
wurde.
Wirft man noch die Frage auf: Was für Zucker soll
angewendet werden? so ist hier nur zu bemerken, daß es auf die Preise desselben
ankommt, indem aller im Handel vorkommende Zucker bei der Gährung Weingeist gibt.
Rohrzucker ist bei seiner etwa um 1/3 stärkeren
Wirkung dem anderen vorzuziehen, wenn er nicht durch Zölle etc. zu theuer kommt. Die
Hauptfrage ist aber nun die: Wie soll das richtige Verhältniß gefunden werden? Antwort: In gutem Moste
guter Jahrgänge sind enthalten auf 1000 Pfd.:
240 Pfd. Zucker, 6 Pfd. Säure und 754 Pfd. Wasser (und einige andere unwesentliche
Bestandtheile). Das wäre somit ein Normalmost. Haben wir nun einen Most wie der
heurige, der statt 6 Pfd. 9 Pfd. Säure enthält, so hätte man, wollte der Zuckerbedarf berechnet werden, so zu rechnen: 6 Pfd.
Säure des Normalmostes brauchen 240 Pfd. Zucker, wie viel Pfd. Zucker sind zu den 9 Pfd. Säure des zu
verbessernden Mostes nöthig? Die Proportion heißt also: 6 : 240 = 8 : x (x – 360 Pfd.
Zucker). Den Zuckerbedarf hätten wir nun, und es handelt sich nur noch um die Menge
des Wasserzuschusses. Dieser wird durch folgende Rechnung
gefunden: 6 Pfd. Säure des Normalmostes brauchen 754 Pfd. Wasser; wie viel Wasser
brauchen die 9 Pfd. Säure des zu verbessernden Mostes? Proportion: 6 : 754 = 9 : x (x = 1131 Pfd.
Wasser).
Der zu verbessernde Most enthält also in 1000 Pfd.: 120 Pfd. Zucker, 9 Pfd. Säure und
871 Pfd. Wasser. Man hat also hinzuzusetzen 360 Pfd. – 120 = 240 Pfd. Zucker,
1131 – 871 = 260 Pfd. Wasser und hat dann 360 + 9 + 1131 = 1500 Pfd. Most,
dessen Bestandtheile in richtigem Verhältniß stehen. Probe des richtigen
Verhältnisses:
1) Wie viel Säure ist in 1000 Pfd. Most enthalten, wenn 1500
Pfd. Most 9 Pfd. Säure haben? 1500 : 1000 = 9 : x (x = 6).
2) Wie viel Zucker ist in 1000 Pfd. Most enthalten, wenn 1500
Pfd. Most 300 Pfd. Zucker haben? 1500 : 1000 = 360 : x
(x – 240).
3) Wie viel Wasser haben 1000 Pfd. Most, wenn 1500 Pfd. Most
360 Pfd. Wasser enthalten? 1500 : 1000 = 1131 x (x = 754).
Der verbesserte Most enthält also die Bestandtheile des
Normalmostes in richtigem Verhältniß.
Kennt man nun das Verhältniß der Bestandtheile eines zu verbessernden Mostes, so muß
es nach den gegebenen Auseinandersetzungen leicht seyn, den Bedarf von Zucker und
Wasser auszurechnen.
Nun entsteht aber noch die Hauptfrage: Wie soll der Nichtchemiker den Zuckergehalt des zu veredelnden Mostes, sowie dessen Säuregehalt ermitteln?
Der Zuckergehalt des Mostes kann durch die Oechsle'sche Weinwaage
ermittelt werden.
Bevor der Most mit der Oechsle'schen Mostwaage untersucht
wird, muß er auf eine Temperatur von 14° R. gebracht werden, da die Angaben
der fraglichen Waage auf diese Temperatur sich beziehen.
Der Säuregehalt eines Mostes kann durch das von Gall angegebene Acetimeter oder in Ermangelung desselben
auf andere Art, auf chemischem Wege gefunden werden. Daß diese Untersuchung genau seyn muß, geht daraus hervor, weil sich nach dem
Säuregehalt die viel bedeutenderen Mengen von Zucker
und Wasser bestimmen.
Bevor Zucker und Wasser zugesetzt werden, hat eine Entschleimung des Mostes voranzugehen, namentlich des weißen, durch arsenikfreie Schnitten, wodurch die im
Moste enthaltenen, von den unreifen Trauben in großer Menge gelieferten schleimigen
Stoffe niedergeschlagen werden, von denen der nach 1 bis 2 Tagen wasserhell
gewordene Most abgelassen und dann der weitern Behandlung unterworfen wird. Die
Gährung läßt man in verschlossenen Räumen vor sich gehen.
Zu bemerken ist, daß 1 Pfd. Zucker durch die Gährung etwa 1/2 Pfd. Weingeist
liefert. Gute deutsche Mittelweine haben 7 bis 10 Procent Weingeist. Der
Zuckergehalt des Mostes muß also zur Erzeugung solcher Mittelweine auf 14 bis 20
Proc. gebracht werden. Der Säuregehalt darf nicht unter 4, 5 und nicht über 6 per mille betragen. Bei dem rothen Weine ist kein, oder
ein viel geringerer Wasserzuschuß zu geben, da derselbe seine Säure selbst
frühzeitig als Weinstein abscheidet. (Schweiz. Gewerbefreund, 1853, S. 185.) Ueber
die von Dr. Gall durch sein
Veredlungsverfahren erzielten Resultate wurde schon im polytechn. Journal Bd. CXXIII S. 166 berichtet. Die Redact.
Ueber die Wirkung des schwefelsauren Kalks auf vegetabilische
Substanzen (mit Bezug auf die Kartoffelkrankheit); vom Ritter Claussen.
Vor einiger Zeit machte ich mehrere Versuche über die Wirkung des schwefelsauren
Kalks auf vegetabilische Substanzen. Ich stellte einen Theil der damals von mir
gebrauchten Substanzen sorgfältig bei Seite; als ich etwa zwei Wochen später zu
meinen Versuchen zurückkehrte, war ich erstaunt, zu finden, daß bei denjenigen Portionen der
Vegetabilien, welche der Einwirkung von schwefelsaurem Kalk ausgesetzt gewesen
waren, keine Zersetzung stattgefunden hatte, während die nicht so behandelten
vollständig verdorben waren. Unter den angewandten Vegetabilien befand sich eine
Anzahl Kartoffeln, deren jede von der herrschenden Krankheit befallen war; einige
derselben sind bis jetzt gesund geblieben, die andern sind vor einiger Zeit gänzlich
verfault. Ich verschaffte mir hernach mehr Kartoffeln, und auch einige Runkelrüben;
jene waren, so weit ich es beurtheilen konnte, alle krank. Ich theilte die
Kartoffeln in drei Portionen. Ein Loos brachte ich in ein Gefäß mit einer schwachen
Auflösung von Schwefelsäure, und von diesem brachte ich sie in ein Gefäß mit
Kalkwasser. Bei dem zweiten Loos wurde das Verfahren umgekehrt, nämlich die
Kartoffeln zuerst in das Kalkwasser und dann in die Säure gebracht. Das dritte Loos
wurde unberührt gelassen. Zehn Tage hernach untersuchte ich die Kartoffeln, und
fand, wie ich erwartete, daß die nicht mit schwefelsaurem Kalk behandelten rasch
verdarben. Diejenigen, welche zuerst in das Kalkwasser und dann in das Sauerwasser
gebracht worden waren, zeigten sich nahezu verdorben; während diejenigen, welche auf
die zuerst beschriebene Art behandelt worden waren, so gesund blieben als sie
anfangs waren. Nach dem Aufschneiden zeigte es sich, daß der erkrankte Theil der
Kartoffeln sich innerlich nicht ausgebreitet hatte, und der Geschmack der Wurzel
hatte durch die Anwendung des Verfahrens gar nicht gelitten; auch glaube ich nicht
daß der schwefelsaure Kalk ihre Keimkraft benachtheiligen kann. Auf die Runkelrüben
wirkte der schwefelsaure Kalk ähnlich wie auf die Kartoffeln. Ich bemerke noch daß
ich bei andern Gelegenheiten Salzsäure und andere Säuren mit gleichem Erfolg
angewandt habe; es scheint nur Bedingung zu seyn, daß das angewandte Agens sehr
schnell in Berührung mit den zu conservirenden Substanzen ein Salz zu erzeugen
vermag. Nach den bisherigen Erfahrungen gibt es kein sicheres Mittel, um das
Erkranken der Kartoffel zu verhindern, während sie sich im Boden befindet und zur
Reife gelangt; es wäre daher ein sehr großer Vortheil, wenn ein Verfahren entdeckt
würde, durch dessen Anwendung die Kartoffeln nach dem Herausnehmen gegen das in
Folge der Krankheit eintretende Verderben geschützt werden könnten. Die Resultate,
welche ich mitgetheilt habe, scheinen mir die Möglichkeit anzudeuten, diesem Verlust
zu begegnen. Ich bin durch meine Geschäfte jetzt verhindert über die Anwendbarkeit
dieses Verfahrens im Großen Versuche anzustellen, wobei sich keine unübersteiglichen
Schwierigkeiten darbieten dürften. Die von mir angewandte Säure war sehr schwach,
beläufig 1 Theil auf 200 Theile Wasser; das Kalkwasser hatte die Consistenz der
Milch. Die Materialien sind also nicht kostspielig, so daß der Vorschlag gewiß
berücksichtigt und geprüft zu werden verdient. (Aus dem Athenaeum durch die Chemical Gazette, 1853,
Nr. 266.)
Liebig veröffentlichte schon im J. 1845 (polytechn.
Journal Bd. XCVIII S. 416), daß nach seinen
Versuchen aufgelöste Schwefelsäure dem Fortgang der Fäulniß der Kartoffeln sicher
Einhalt thut; er empfahl, die kranken Kartoffeln – um sie leicht und mit
geringen Kosten längere Zeit aufbewahren und dann verschiedenartig verwenden zu
können – in etwa 1/4 Zoll dicke Scheiben zu schneiden und diese in Wasser zu
tauchen, welches 2 bis 3 Procent Schwefelsäure enthält. Nach 24 bis 36 Stunden kann
man die saure Flüssigkeit abziehen, und was noch davon übrig bleibt, läßt sich durch
wiederholtes Eintauchen in frisches Wasser entfernen. Auf diese Art behandelt,
trocknen die Kartoffeln leicht. Liebig wandte dieses
Verfahren an, weil er bei Untersuchung gesunder und kranker Kartoffeln gefunden
hatte, daß dieselben ein beträchtliches Quantum vegetabilischen Caseïns
enthalten, welches sich durch Säuren niederschlagen läßt.
Claussens Vorschlag ist im
wesentlichen derselbe, denn indem er die aus der Säure genommenen Kartoffeln in
Kalkwasser bringt, entfernt er die überschüssige Säure statt des Auswaschens durch
Neutralisation.
Die Redact.