Titel: | Untersuchungen über verschiedene Methoden beim Härten des Stahls; von Hrn. V. Legrip zu Chambon. |
Fundstelle: | Band 131, Jahrgang 1854, Nr. X., S. 29 |
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X.
Untersuchungen über verschiedene Methoden beim
Härten des Stahls; von Hrn. V.
Legrip zu Chambon.
Aus dem Journal de Chimie médicale, Juli 1853, S.
448.
Legrip's Untersuchungen über verschiedene Methoden beim Härten des
Stahls.
Das Härtungsmittel, welches von den Eisenarbeitern zu Commentry und zu
Montluçon angewendet wird und mir zur Untersuchung übergeben wurde, ist eine
schwarze, sich fettig und plastisch anfühlende Masse; ihr unangenehmer Geruch
gleicht dem der Seife und des gegerbten Leders, ihr widriger Geschmack dem des
gekäueten Leders. Auf glühende Kohlen geworfen, zeigt sich außer dem rußigen Geruch,
den der Rauch verbreitet, der eines fetten Oels. Ohne Flamme ist der Rückstand
schwierig einzuäschern, er bleibt weich so lange er heiß ist, und wenn man das
Erhitzen verstärkt, so entzündet sich die Masse, brennt wie ein Fett mit einigem
Knistern ohne viel Rückstand.
Ich werde das Verfahren bei der Analyse dieser Substanz nicht speciell mittheilen.
Mit kaltem und warmem Wasser habe ich daraus mehrere unauflösliche und bloß
beigemengte Körper abgeschieden, während andere Bestandtheile nach dem Abdampfen
erhalten wurden. Der Alkohol ist das zweite Hauptlösungsmittel für die Bestandtheile
dieses Präparats. Endlich wurden mittelst der geeigneten Reagentien als Bestandtheile der Masse nachstehende
erkannt:
Textabbildung Bd. 131, S. 29
holzig-faserige; kohlige;
vegetabilische; Stoffe; im Wasser unlösliche Bestandtheile; verschied. Silicate;
Hammerschlag; als; Sand; beigemengt; salpetersaures Kali; schwefelsaures Eisen;
eisenblausaures Kali; Chlornatrium; im Alkohol gar nicht oder nur wenig lösliche
Salze; fettes Oel; kohlensaures Kali; Wasser; Verlust; im Wasser und im Alkohol
lösliche Bestandtheile; Summa
Ohne die guten Eigenschaften bezweifeln zu wollen, welche die Eisenarbeiter diesem
Präparat beim Härten zuschreiben, muß man doch anerkennen, daß es nur ein
unbestimmtes Gemisch ist, zusammengesetzt von Jemanden, der auch nicht die
geringsten wissenschaftlichen Kenntnisse besitzt oder die Bemühungen zur Erkennung
der Zusammensetzung vereiteln wollte.
Nach Beendigung dieser Analyse erkundigte ich mich bei den Eisenarbeitern nach den
besten üblichen Härtemitteln; die meisten entsprachen meinem Verlangen und Jeder
erklärte das von ihm angegebene Mittel für das beste; dasselbe war stets entweder
eigene Erfindung des Arbeiters oder er hatte eine gewisse Summe einem, wo nicht
geschicktem, doch schlauem Arbeiter dafür bezahlt.
Ehe ich nun über die Untersuchungen berichte, welche ich in wissenschaftlicher
Hinsicht anstellen zu müssen glaubte, will ich die verschiedenen Präparate angeben,
die zur Stahlhärtung verwendet werden, so wie sie mir von verschiedenen Personen
wörtlich mitgetheilt worden sind.
1. Härtewasser (Montluçon).
Potasche von der besten Sorteflüssiges
chlorsaures Kali
von jedem
1/2 Kilogr.
Wasser
4 Liter
Man muß dieses Härtewasser mehr oder weniger warm anwenden, je nachdem man eine
geringere oder größere Härte haben will.
2. Verfahren beim Härten der Hämmer aus
Gußstahl (Ferté-sous-Jouarre).
Blutlaugensalz
200 Gramme
Galläpfel
100 „
Jagdpulver
25 „
kohlensaures
Natron
100 „
Salpeter
50 „
schwarze Seife
700 „
Man pulverisirt diese Substanzen und vermengt sie mit der Seife, um einen Teig daraus
zu machen. Die rothglühend gemachten Hämmer werden in dem Teige gehärtet und dann in
Wasser gesteckt, in welchem Blutlaugen salz aufgelöst worden.
Andere Eisenarbeiter lösen 250 Gramme von diesem Teige in 4 Litern Flußwasser auf und
Härten darin die hell kirschroth gemachten Hämmer.
3. Verfahren beim Härten des Eisens, und
um die Einsatzhärtung zu vermeiden. (Ferté-sous-Jouarre).
Das Eisen muß weißglühend gemacht werden, worauf man gepulvertes Blutlaugensalz
darauf streut und das Ganze ins Wasser steckt. Das Eisen wird alsdann an der
Oberfläche so hart, daß es von einer guten Feile nicht angegriffen wird.
4. Teig zum Härten der
Mühlenhämmer.
Schwarze Seife
250
Gramme
Blutlaugensalz
100
„
pulverisirte
Ochsenklauen
100
„
graues Salz
100
„
Salpeter
15
„
Chinarinde, graue
30
„
Jagdpulver
25
„
Man vermengt die pulverisirten Substanzen mit der Seife zu einem Teige.
Offenbar haben von diesen empirischen Härtemitteln das zweite und das vierte die
größte Aehnlichkeit mit dem von mir analysirten.
Jedenfalls würde eines von den angewendeten Salzen im Allgemeinen zum Härten genügt
haben, nämlich das Blutlaugensalz; ich meine für die größern Schneidwerkzeuge und
die Hammerspitzen, denn ob es zu kleinern und dünnern Stücken, z.B. zu Messerschmiedarbeiten,
ebenfalls anwendbar sey, fragt sich noch.
Bei meinen Untersuchungen über die Härtung gieng ich von der Ansicht aus, daß man bei
Versuchen mit kleinen und zerbrechlichen Gegenständen die genauesten Beobachtungen
anstellen und dann sichere Folgerungen auf die Härtung größerer Stücke ziehen könne,
welche für intelligente Arbeiter die besten Winke geben würden. Ich hoffte auf diese
Weise ohne sehr große Mühe ein Härtewasser zu ermitteln, welches, mit dem
gewünschten Temperaturgrade des Metalls übereinstimmend, stets das verlangte
Resultat liefert. Bei diesen Versuchen unterstützte mich ein geschickter
Messerschmied, der sich sehr viele Klingen von Federmessern, kleinen und großen
Taschenmessern, Küchenmessern, Fleischermessern etc., gegen 200 Stück verschaffte.
Es wurden nun verschiedene Härtewasser bereitet und damit Versuche angestellt, deren
Resultate in der nachstehenden Uebersicht angegeben sind. Von Seiten des
Messerschmieds wurde dabei die größte Sorgfalt angewendet.
Resultate beim Härten in verschiedenen Bädern.
1. Kalkhaltiges Brunnenwasser:
Undichter Stahl, starke Härtung, die Stücke sehr verworfen oder verzogen, keine
zerbrochen. Es ist ein Anlassen erforderlich.
2. Dasselbe Wasser mit gerade so viel Potasche, daß der Kalk daraus niedergeschlagen
wird:
Hoher Härtegrad, undichter Stahl, die Stücke wenig verworfen; keine Klinge
zerbrochen. Ein geringes Anlassen erforderlich.
3. Dasselbe Wasser mit 25 Grammen einfach-kohlensaurem Kali auf 1 Liter:
Minder weißer Stahl, starke Härtung, sehr verworfene Stücke, keine zerbrochenen
Klingen. Ein geringes Anlassen ist erforderlich.
4. Flußwasser:
Undichter Stahl, so starke Härtung, daß etwas Anlassen erforderlich ist; einige
Stücke etwas verworfen, keines zerbrochen.
5. Dasselbe Wasser mit 25 Grammen Blutlaugensalz auf 1 Liter: Bedeutende Härtung,
undichter Stahl, einige Stücke verworfen, kein Bruch; außer der Verwerfung würde
dieß Resultat sehr genügend seyn.
6. Dasselbe Wasser mit 25 Grammen sal tartari
(einfach-kohlensaurem Kali) auf 1 Liter:
Sehr loser (undichter) Stahl, starke Härtung, welche ein Anlassen erfordert; einige
große Klingen waren verworfen, keine zersprungen.
7. Dasselbe Wasser mit 25 Gram. reiner Kaliseife auf 1 Liter: Wenig loser Stahl,
schwache Härtung, das Anlassen nicht vertragend; einige Klingen hatten sich
verzogen, zwei waren zerbrochen.
8. Dasselbe Wasser, vermischt per Liter mit 25 Gram. des
im Eingang erwähnten Präparats:
Wenig loser Stahl, schwache Härtung, welche kein Anlassen erfordert; Verziehungen
kleiner und großer Klingen; die größten zerbrachen.
9. Destillirtes Wasser:
Sehr loser Stahl, schöne und gute Härtung, nur ein Stück hatte sich etwas verzogen.
Die Härtung ist so stark, daß sie ein geringes Anlassen erfordert.
10. Luft, starker Strom:
Schwarzer Stahl, keine Brüche; zwei große Klingen hatten sich etwas verzogen. Die
Härtung war bedeutend genug, um ein Anlassen zu ertragen.
Nach unsern Bemerkungen kann jeder Härtegrad stets besser in einem Mittel erlangt
werden, welches bloß eine abkühlende Eigenschaft hat, wie
die Luft, das Wasser oder selbst Quecksilber;Man s. die Abhandlungen von Treviranus und Malberg im polytechnischen Journal Bd. CXXVIII S. 141 und 428.A. d. Red. wir sind jedoch der Meinung, daß wenn man das zu härtende Stück stärker oder
schwächer glüht, das bloße Wasser sehr gut alle erforderlichen Härtegrade geben
kann, besonders dünnern Stücken, die sich leicht verziehen. Zu einer sehr schwachen
Härtung kann man jedoch Luft anwenden, und zu einer sehr hohen Härtung Quecksilber
gebrauchen; letzteres dürfte aber unerachtet der großen Vortheile, die es darbietet,
wenig in Gebrauch kommen.
Fette Körper können nur einen geringen Grad von Härtung geben, und da sich die
organische Materie zersetzt, so wird sich um so mehr Kohlenstoff mit dem Eisen
verbinden, je langsamer dessen Abkühlung erfolgt; es bildet sich folglich an der
Oberfläche eine Schicht gekohlten Eisens mit Ueberschuß von Kohlenstoff; daher sagt
man, daß der Stahl dicht (nicht lose) sey. Jedoch fällt das gekohlte Eisen, welches
sich auf dem Stück in dem Herde gebildet hat, so gut wie in dem Wasserbade
größtentheils zu Boden. Harzige Substanzen verhalten sich wie die fettigen.
Ein Wasserbad mit Seife, sey es nun Natron- oder Kaliseife, gibt eine minder
weiche Härtung und dennoch einen ziemlich dichten Stahl; denn auch hier liefert die
organische Materie, unerachtet der Salzbasis, bei ihrer Zersetzung eine anhaftende
Schicht von Kohlenstoffeisen.
Da die dem Wasser zugesetzten salzigen Stoffe stets Kali- oder Natronsalze
sind, oder eine andere, in Beziehung zum Eisen elektropositive, Basis haben, so
dienen sie nur zur Erhöhung der Dichtigkeit des Wassers; man erhält daher eine
höhere Härtung, weil die Wärme aus dem Stück rascher absorbirt wird; dünne Stücke
verziehen sich dabei und reißen auch häufig. Oft zersetzt sich auch die Säure der
salzigen Materie, und wenn dann, wie bei den kohlen-, weinstein-,
essig-, klee- und blausauren Salzen, Kohlenstoff frei wird, so erhält
man, unerachtet der hohen Härtung, wegen des beim Eintauchen gebildeten
Kohlenstoffeisens, doch keinen losen Stahl.
Je mehr von löslichen Salzen das Härtewasser enthält, desto weniger ist es nach
unserer Meinung zum Härten feiner Gegenstände geeignet, wie sie beim Messerschmied
so häufig vorkommen. Besonders scheinen die Kalksalze mehr als alle übrigen, das
Wasser zum Härten feiner Stahlarbeiten ungeeignet zu machen. Hat man aber nur
kalkiges Wasser an einem Ort, so kann man es doch anwenden wenn man ihm etwas
kohlensaures Kali oder Natron zusetzt, um allen Kalk zu fällen, dabei jedoch einen
Ueberschuß des Alkalis vermeidet.
Nach dem destillirten Wasser muß man immer dem Regen- oder Schneewasser den
Vorzug geben und dasselbe daher sammeln; nach diesem kommt weiches Flußwasser.
Niemals darf man das Härtewasser aber von solchen Stellen eines Flusses nehmen, wo
es schon verunreinigt ist, d.h. unterhalb Färbereien, Bleichereien, Gerbereien
etc.
Wenn wir nun zugeben müssen, daß zum Härten von Messerschmiedsarbeiten kein salziges
Härtewasser, was immer für einer Art, dem reinen Wasser vorzuziehen sey, so gilt
dieß doch nicht für alle andern Eisen- und Stahlarbeiten, wie z.B. für
Hämmer, Schneidewaaren, wie Beile, Meißel etc. So geben einfach-kohlensaures
Kali und Natron, Weinsteinsalz und Blutlaugensalz stets eine gute Härtung, und zwar
eine um so höhere, je mehr von diesen Salzen das Härtewasser enthält, und man kann
den Nutzen dieser Substanzen daher nicht bestreiten, besonders da man kein Verziehen
und keine Risse zu befürchten hat.
Von der Benutzung der Fette, der Harze, thierischer Substanzen, wie Ochsenklauen,
Leder, getrocknete und pulverisirte Lohe etc., haben wir keinen Nutzen beim Härten
beobachten können; eben so wenig ist es zu billigen, daß man eine Menge von Dingen,
ohne jeden Grund, als Härtungsmittel wählt.
Beim Härten der Spitzhämmer, womit die Mühlsteine geschärft werden, hat ein von uns
vorgeschlagener Teig sehr gute Resultate geliefert; die Spitze brach, unerachtet
ihrer großen Härte, nicht leicht ab; der Teig hatte folgende Zusammensetzung:
Blutlaugensalz,
Sal tartari (einfach-kohlensaures
Kali),
von jedem 125 Gramme;
weiche grüne
Seife,Schweineschmalz,
von jedem 250 Gramme.
Um dieses Härtungsmittel zu bereiten, werden die Salze pulverisirt, mit der Seife
vermengt und dann das geschmolzene Schmalz genau damit vermischt, indem man das
Ganze so lange rührt, bis es kalt ist.
Um diesen Teig anzuwenden, macht man die Spitze des Werkzeugs stark rothglühend,
taucht sie in den Teig und härtet sie alsdann in einem Bade von reinem Wasser oder
in einer Auflösung von Blutlaugensalz. – Aber auch andere Gegenstände, wie
grobe Schneidwaaren, die eine hohe Härtung ertragen können, lassen sich sehr gut mit
diesem Teige Härten und hielten sich dann sehr gut, ohne auszubrechen.