Titel: | Kolben für horizontale Gebläsecylinder; von Hrn. C. Völckner, Maschinendirector zu Petersdorf in Mähren. |
Autor: | C. Völckner |
Fundstelle: | Band 131, Jahrgang 1854, Nr. XXI., S. 81 |
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XXI.
Kolben für horizontale Gebläsecylinder; von Hrn.
C. Völckner,
Maschinendirector zu Petersdorf in Mähren.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Völckner's Kolben für horizontale Gebläsecylinder.
Jeder Hüttenmann weiß, wie wichtig die Construction der Kolben bei Gebläsen ist und
wie dieselbe zum Effect des Gebläses und zum größeren oder geringeren
Kraftverbrauche beiträgt, so daß es jedenfalls hier am Platze ist, Erfahrungen
gemeinnützig mitzutheilen, welche über diesen oft so wenig beachteten Theil der
Cylindergebläse gemacht wurden. Noch wichtiger wird die Kolbenconstruction jedoch
jetzt, wo horizontale Gebläse beliebt zu werden beginnen, welche bei schlechtem
Kolben bedeutend wirkungsloser als verticale von gleicher Construction und gleichem
Kraftverbrauch sind. Diese Behauptung ist erfahrungsmäßig durch die ungleichmäßige
Abnutzung der Liederungen fast aller bekannten Arten von horizontalen Gebläsen und
der mehr oder weniger starken Durchbiegung und Vibration der liegenden Kolbenstangen
begründet. Einen zweiten sehr wichtigen Uebelstand führt das Schmieren der
horizontalen Gebläsekolben mit sich; der in den Cylinder geworfene Graphit ballt
sich nämlich an der untern Seite des Cylinders zusammen, bildet so größere Klumpen
und gibt folglich zu Stößen und Brüchen Veranlassung. Um diesen Uebelständen zu
begegnen, welche mir von erfahrenen Hüttenmännern entgegen gehalten wurden, als ich
für den Bau eines 50pferdigen Cylindergebläses – ein horizontales vorschlug – construirte ich den hier zu beschreibenden
Kolben, welcher sich vollkommen bewährt hat. Zwei Kolben von 36 Zoll Durchmesser
nach dieser Construction erhöhten den Effect eines horizontalen Cylindergebläses bei
dem neuen Hohofen zu Buchbergsthal, welches früher fortwährenden Anständen und
Reparaturen oben bemerkter Art unterworfen war, um 100 Cntr. wöchentlicher
Roheisenerzeugung, sie erforderten noch keine Reparatur und haben einen sanften Gang, absorbiren auch
geringere Kraft als die von mir verworfenen Stulpliederungen. Drei Punkte waren es,
auf welche ich bei der Construction mein Augenmerk richtete:
1) Vermeidung des schädlichen Raumes;
2) zweckmäßige Stellvorrichtung zum Nachspannen der Liederung in
kürzester Zeit;
3) ein Material zur Liederung, welches jedes Schmieren unnütz
macht.
Diese drei Zwecke habe ich vollständig erreicht.
Den in Fig. 1
im Grundriß und theilweise im horizontalen Durchschnitt, in Fig. 2 im Querdurchschnitt
gezeichneten Kolben führte ich für das schon bemerkte 50pferdige Gebläse bei 60 Zoll
Cylinderdurchmesser aus.
A ist der gußeiserne Kolbenkörper, welcher ähnlich einem
Stirnrade mit Armen versehen und auf gewöhnliche Weise mittelst Keiles auf der
Kolbenstange befestigt ist.
B, B sind zwei Ringe, welche mittelst der Schrauben b am Kolbenkörper befestigt, mit diesem ein Ganzes
bilden und auf den prismatischen Kanten des aufrechten Ringes vom Kolbenkörper
aufgeschliffen sind.
C, C sind die Liederungen, welche je zwischen der
Scheidewand des Kolbenkörpers und einem Deckel liegen, durch jene aber nicht
comprimirt werden können, sondern elastisch eingespannt sind. Hinter jeder Liederung
liegt ein Ring von Bandeisen aus drei bis vier über einander greifenden Stücken
gebildet, so daß derselbe, wenn er expandirt, in den Stößen gedeckt bleibt.
c, c sind die zum mechanischen Verstellen der Liederung
dienenden Excentrics, welche, wenn sie gedreht werden, auf den Bandeisenring wirken
und durch denselben die Liederung an die Cylinderwand drücken. Sie stehen mit ihren
Zapfen in der ringförmigen Wand des Kolbenkörpers und in den Deckeln, und sind
oberhalb der letztern mit Sperrrädern und Klinken versehen, welche ein genaues
Verstellen ermöglichen, einen Rückgang aber verhindern. Zur Anwendung dieser
Excentrics veranlaßte mich der Umstand, ein Nachstellen ohne Oeffnung der
Kolbendecke bewerkstelligen zu können, was bei Anwendung von Stellschrauben nöthig
würde. Mittelst der Sperrrädchen, deren Zähne numerirt sind, ist es möglich ein ganz
genaues und gleichmäßiges Dichten herzustellen, was in sehr kurzer Zeit durch
Vorrücken um je einen Zahn bewerkstelligt wird.
D, D sind Blechdecken, welche auf der Nabe des
Kolbenkörpers und auf den Vorsprüngen der beiden Deckel mittelst Kittes luftdicht
befestigt sind und so zur
Verdrängung des schädlichen Raumes im Gebläsecylinder dienen; durch diese, und
zweckmäßige Anbringung der Saug- und Druckklappen, reducirte ich den
schädlichen Raum so, daß derselbe bei diesem horizontalen Cylinder 1/25 von dem
eines gut construirten verticalen Cylinders betrug, welcher gleichen Durchmesser
hatte.
Die Hauptsache besteht nun in Anfertigung der nicht zu schmierenden Liederung. Ich
nehme dazu starke Leinwand oder Segeltuch, spanne dasselbe aus, und bestreiche es
auf beiden Seiten mehrmals mit einer Mischung von feingeschlämmtem Graphit und sehr
schwachem Leimwasser, bis sich auf beiden Seiten der Leinwand dicke Schichten
Graphit festgesetzt haben. Aus der so präparirten Leinwand werden ringförmige
Segmente von beiläufig 2 Fuß Länge nach Schablone geschnitten und mit einer
Hammerbahn etwas glatt gerieben. Nachdem die Excentrics auf den niedrigsten Hub
gestellt sind, wird der Kolben so verpackt, daß die Fugen der einen Schicht von der
andern stets überdeckt werden, jedoch jedes Segment vor dem Einlegen mit
pulverisirtem Talk (Speckstein) eingerieben.
Man packt beiläufig 1 Zoll höher lose ein als die Liederung durch Festschrauben des
Ringes zusammengepreßt wird; jedoch muß sich dieselbe leicht schieben lassen.
Nachdem die Ringe aufgeschraubt sind, wird die Ungleichheit der Oberfläche der
Liederung mittelst Raspel und Feile bearbeitet und nimmt hierdurch schon ein
metallisches Aeußere an. Hat dieselbe einige Zeit gearbeitet, so nimmt der
Gebläsecylinder im Innern eine schöne dunkelschwarze Politur an, und das Aeußere der
Liederung ist von polirtem grauem Gußeisen schwer zu unterscheiden. Die nach dieser
Construction angefertigten Kolben arbeiten jetzt seit dem letzten Nachstellen der
Liederung ungefähr 3 Monate ohne eine Veränderung und ohne Einwerfen von Graphit in
die Cylinder; so daß sich bei nur 2 Zoll breiten Leinwandringen eine Dauer von
vielen Jahren für eine Liederung vorhersagen läßt. Zu beobachten ist noch, daß beim
Schneiden der Segmente die Schablone so viel als möglich diagonal über die Maschen
gelegt werden muß, damit soviel als möglich Spitzen der Fäden zum Reiben kommen.