Titel: | Ueber Gasretorten aus feuerfesten Steinen. |
Fundstelle: | Band 131, Jahrgang 1854, Nr. XXXII., S. 126 |
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XXXII.
Ueber Gasretorten aus feuerfesten
Steinen.
Aus dem Technologiste, Januar und April 1853, durch das
polytechn. Centralblatt 1853, Lief. 5 und 12.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Ueber Gasretorten aus feuerfesten Steinen.
I. Ueber Gasretorten aus feuerfesten
Steinen, nach J. E. Clift.
Clift verwendet zur Bereitung des Leuchtgases aus
Steinkohlen Retorten, die aus feuerfesten Steinen construirt sind. Solche Retorten
sind in der von ihm geleiteten Gasanstalt in Birmingham schon seit mehreren Jahren
in Anwendung, und man hat sie später auch in verschiedenen anderen Städten Englands
eingeführt.
Es existirt seit langer Zeit ein Vorurtheil gegen die Anwendung von Gasretorten aus
Thonmasse, welches aus der geringeren Wärmeleitungsfähigkeit dieses Materials, im
Vergleich mit der des Eisens, entsprungen ist. Die Erfahrung hat aber dem Verfasser
gelehrt, daß man mit einem gegebenen Quantum Brennstoff bei Anwendung der
Steinretorten eben so viel Gas entwickeln kann, wie bei Anwendung eiserner Retorten.
Es erklärt sich dieß einigermaßen dadurch, daß das Eisen, wenn es als besserer
Wärmeleiter die Wärme schneller auf die zu erhitzende Steinkohle überträgt,
andererseits auch beim Entleeren und Beschicken der Retorten und überhaupt bei jedem
abkühlenden Einfluß eine stärkere Abkühlung erleidet, als die Masse der
Steinretorten, die eine mehr gleichmäßige Hitze behält und bei größerer Dicke eine
Art Wärmereservoir bildet. Hiermit hängt es auch zusammen, daß eine eiserne Retorte
in der ersten Stunde nach dem Beschicken viel weniger Gas entwickelt, wie eine
Steinretorte unter sonst gleichen Umständen.
Der Verf. hat Versuche darüber angestellt, welche Mengen von Gas aus einer eisernen
und einer Steinretorte, die mit einer gleichen Menge derselben Steinkohle beschickt
sind, von halbe zu halbe Stunde, von dem Moment des Beschickens an gerechnet,
entwickelt werden, und dabei, als Mittel vieler derartiger Versuche, die
nachstehenden Resultate erhalten.
Die eiserne Retorte lieferte
Die Steinretorte lieferte
in
der
englischeKubikfuß Gas
in der
englischeKubikfuß Gas
1. halben Stunde
250
1. halben Stunde
480
2. „ „
630
2. „ „
1800
3. „ „
1340
3. „ „
2000
4. „ „
2300
4. „ „
2000
5. „ „
2600
5. „ „
2300
6. „ „
2640
6. „ „
2300
7. „ „
2600
7. „ „
2460
8. „ „
2600
8. „ „
2400
9. „ „
1700
9. „ „
2000
10. „ „
1630
10. „ „
1630
11. „ „
1690
11. „ „
860
12. „ „
700
12. „ „
550
–––––––
––––––––
zusammen
20680
zusammen
20780
Die Retorten des Verf. sind ganz aus feuerfesten Steinen hergestellt, mit einer
Platte von Gußeisen an jedem Ende, durch welche die Hälse mit der Retorte verbunden
werden. Damit die Retorten bei dieser Ausführung den gehörigen Halt bekommen, sind
(wie es nach der undeutlichen Beschreibung scheint) um sie in gewissen Abständen
starke eiserne Bänder gelegt, die den mittleren Theil der Retorten tragen und
ihrerseits von eisernen Klammern, die in dem Mauerwerk des Ofens befestigt sind,
getragen werden. Gewöhnlich werden drei Retorten zusammengelegt, eine große und zwei
kleinere. Die letzteren, welche zu unterst liegen, haben 15 Zoll Breite, 15 Zoll
Höhe und 20 Fuß Länge. Die Steine, woraus der Boden und die Seitenwände dieser
Retorten bestehen, sind 16 Zoll lang und 3 Zoll dick. Die obere Seite der Retorten
wird aus Steinen von 9 Zoll Länge und 3 1/2 Zoll Höhe gebildet. Die Steine sind an
den Seiten mit Falzen versehen, so daß sie über einander greifen. Die Fugen werden
mit feuerfestem Thon gefüllt und verstrichen. Die obere große Retorte hat 5 Fuß 3
Zoll Breite und 20 Fuß Länge. Sie ist, ebenso wie die kleineren, an beiden Enden
offen, um von beiden Seiten beschickt werden zu können. Die Steine, woraus sie
gefertigt wird, sind den oben beschriebenen ähnlich. Der Ofen hat zwei Feuerungen,
die mit der Rückseite an
einander stoßen und durch eine Mauer in der Mitte des Ofens getrennt sind. Jede
Feuerung erhitzt die halbe Länge der Retorten. Die Feuerluft umspült zunächst die
kleineren Retorten und geht dabei zugleich an jeder Seite der großen Retorte hin,
kehrt dann um und geht nun noch über der großen Retorte hin und her, um dann in die
Esse zu entweichen. Die große Retorte scheint auf der oberen ebenen Seite eines
Gewölbes zu ruhen. Vielleicht wird dieses direct und zuerst von der Flamme bespült
und dadurch die Hitze dem Boden dieser Retorte mitgetheilt.
Clift führt über die Dauer dieser Retorten an, daß er im
Jahre 1842 12 Paare derselben herstellen ließ und sie mit kurzen Unterbrechungen
unausgesetzt bis 1852 benutzt habe, wo sie wegen Aenderungen in der Fabrik aus
einander genommen wurden, aber ohne Zweifel noch mehrere Jahre lang mit nur geringen
Reparaturen gehalten haben würden. 12 andere Oefen mit solchen Retorten, die er 1844
ausführen ließ, wurden seitdem fortwährend benutzt und sind noch in gutem Zustande.
Die Reparaturkosten für Retorten und Oefen betrugen bei diesen zwölf Oefen in den
acht Jahren seit ihrer Errichtung durchschnittlich nur 25 Frcs. für jeden Ofen pro Jahr. Die eisernen Retorten bleiben dagegen unter
den günstigsten Umständen nicht länger als 18 Monate lang brauchbar. Nach einer von
Clift ausgeführten Berechnung würden 20 Oefen, jeder
mit fünf eisernen Retorten, und im Stande, in 24 Stunden 20,000 Kubikfuß Gas zu
liefern, in einem Zeitraume von 10 Jahren für ihre erste Anlegung und fortwährende
Instandhaltung eine Ausgabe von 5387 Pfd. St. 10 Shilling, 20 Oefen mit je fünf
Retorten von Steinen und gleicher Leistungsfähigkeit in demselben Zeitraume nur
einen Aufwand von 858 Pfd. St. veranlassen, oder auf je 10,000 Kubikfuß erzeugtes
Gas würden bei Benutzung eiserner Retorten im Durchschnitt 9 Pence, bei Benutzung
von Steinretorten dagegen nur ungefähr 1 1/2 Pence an Ausgabe für Retorten und Oefen
zu rechnen seyn, wonach rücksichtlich dieser Ausgabe bei Anwendung der Steinretorten
im Vergleich mit der eiserner Retorten eine Ersparniß von ungefähr 84 Procent
stattfinden würde.
Die Dauerhaftigkeit der Steinretorten ist dem Umstande zuzuschreiben, daß sie nicht
aus einem Stück, sondern aus mehreren Theilen bestehen; zieht bei stattfindender
Abkühlung die Masse der Retorten sich zusammen, so erweitern sich die Fugen zwischen
den Steinen, während umgekehrt beim Erhitzen der Retorten die Fugen in Folge der
Ausdehnung der Steine enger werden. Während also die gewöhnlichen thönernen Retorten
bei plötzlichen Temperatur-Aenderungen leichte Risse bekommen, entstehen
diese hier nicht, weil den Theilen, woraus die Retorten bestehen, für die Ausdehnung und
Zusammenziehung Spielraum gegeben ist. Wenn die Retorten neu sind, lassen sie in den
ersten 24 Stunden durch ihre Fugen Gas entweichen, aber dieser Verlust wird
fortwährend geringer, und nach Verlauf dieser Zeit halten die Retorten, wenn das
Feuer angemessen unterhalten wurde, unter einem Druck von 10–12 Zoll Wasser
vollkommen dicht. Dieß rührt davon her, daß die Retorte sich inwendig mit Kohle
überzieht und diese alle Fugen ausfüllt und verstopft. Als Clift Steinretorten nach siebenjähriger Benutzung aus einander nahm, fand
er die Fugen derselben bis zu ihrer halben Höhe mit Kohle ausgefüllt. Die Reparatur
der Steinretorten ist leicht. Durch Löcher in der Ofenwand kann man die Retortenwand
übersehen und jede schadhafte Stelle daran entdecken. Man kann ferner, wenn eine
solche vorhanden ist, mit dazu bestimmten Werkzeugen, die man durch die Ofenlöcher
einführt, den betreffenden Stein aus der Retortenwand herausnehmen und durch einen
anderen ersetzen, ohne daß deßhalb der Ofen außer Gang gesetzt werden und sich
abkühlen muß.
Die langen und an beiden Enden offenen Retorten, die Clift
erst seit einem Jahre benutzt, sind besser als solche von der halben Länge, die an
einem Ende geschlossen sind. Letztere überziehen sich im Innern sehr mit Kohle,
namentlich an dem verschlossenen Ende, wo der Kohlenüberzug oft mehrere Zoll dick
und sehr hart wird. Man muß diese Retorten etwa alle acht Monate außer Gang setzen
und erkalten lassen, um diese Incrustationen herauszuschaffen, die sich beim
Erkalten ablösen. In den langen, an beiden Seiten offenen Retorten setzt sich die
Kohle nicht in dem Maaße und nicht so fest an, was davon herzurühren scheint, daß
beim Oeffnen der Retorten jedesmal ein Luftstrom durch dieselben hindurchgeht.
Außerdem wird bei Anwendung der langen Retorten der Retortenraum besser benutzt, wie
bei Anwendung kurzer, weil letztere auch mit ihrem hinterm Ende in der Mauer liegen,
und dieses Ende deßhalb nicht genügend heiß und also nicht gehörig benutzt wird,
während bei den langen Retorten in der Mitte des Ofens nur eine ganz dünne Mauer,
lediglich zur Scheidung der Feuercanäle der beiden einander gegenüberstehenden
Feuerungen, angebracht ist.
II. Gasbereitungsöfen mit thönernen und
eisernen Retorten, nach A. Croll.
Die im Vorstehenden besprochenen Gasretorten aus feuerfesten Steinen haben die
eisernen Retorten bereits zum Theil aus den Gasanstalten verdrängt. Die Eigenschaft,
welche sie besitzen, während des Beschickens mit einer frischen Steinkohlenportion
die normale Hitze fast unvermindert beizubehalten, und ihre Dauerhaftigkeit
compensiren die geringe Vermehrung der Brennstoff-Consumtion, welche die
Folge ihrer geringeren Wärmeleitungsfähigkeit ist. Bei den eisernen Retorten ist es
schwer, sie in ihrer ganzen Ausdehnung auf einer höheren und gleichförmigen
Temperatur zu erhalten, und zu vermeiden, daß sie an gewissen Stellen stärker vom
Feuer angegriffen werden, wie an anderen. Man hat diesen Zweck dadurch zu erreichen
gesucht, daß man die eisernen Retorten in irdene Retorten oder Müffe einschließt, um
sie dadurch der directen Wirkung der Flamme zu entziehen; dieses Mittel ist aber
unbequem und kostspielig und von unsicherem Erfolge, da das sich bildende Eisenoxyd
bei starker Hitze mit dem Thone zusammenschmilzt. A. Croll, Ingenieur der Great central gas works
in London, hat nun auf diesen Werken eine Einrichtung in Anwendung gebracht, welche
die Vortheile beider Arten von Retorten ohne ihre Nachtheile darbieten soll. Diese
Einrichtung ist durch Fig. 28 auf Tab. II in
einer Vorderansicht des betreffenden Ofens, durch Fig. 29 in einem
Querdurchschnitt desselben dargestellt. Die Oefen dieser Art enthalten in Beziehung
zu dem Raume, welchen sie einnehmen, eine verhältnißmäßig große Zahl von Retorten,
was in Bezug auf Brennstoff- und Raumersparniß ein wesentlicher Vortheil ist.
In der Gasanstalt, welche sie benutzt, fabricirt man täglich 900,000 Kubikfuß Gas
mit 12 Oefen, welche eine Fläche von 18 Fuß Breite und 120 Fuß Länge einnehmen, und
man versichert, daß dieselbe mit diesen Oefen täglich 1,200,000 Kubikfuß Gas
fabriciren könnte. Außer der verhältnißmäßig großen Zahl von Retorten ist bei diesen
Oefen die Kleinheit des Feuerraumes auffallend, welcher zu der Zahl der Retorten
nicht in angemessenem Verhältniß zu stehen scheint, gleichwohl aber doch dieselben
in starker Hitze erhält.
a, a... sind thönerne Retorten, welche um den Feuerraum
b, b angebracht und der unmittelbaren Einwirkung der
Flammen ausgesetzt sind. c, c... sind eiserne Retorten,
die unter dem Feuerraume liegen, und durch die von oben heruntersteigende Feuerluft
erhitzt werden. Alle diese Retorten erstrecken sich von der Vorder- bis zur
Hinterseite des Ofens; sie haben die doppelte Länge der gewöhnlichen Retorten und
werden von beiden Seiten her beschickt und gefeuert. Wie man sieht, besteht das
Princip dieser Einrichtung darin, daß die thönernen Retorten, welche die stärkste
Hitze erfordern und vertragen können, unmittelbar über und neben der Feuerung
liegen, die eisernen Retorten dagegen, für welche eine so starke Hitze nicht
angemessen ist, so angebracht sind, daß die Feuerluft erst auf sie wirken kann,
nachdem sie bereits einen Theil ihrer Hitze an die thönernen Retorten abegeben hat. Bei
dieser Einrichtung und der Wärmeleitungsfähigkeit des Eisens wird der Feuerluft noch
ein großer Theil Wärme entzogen, welcher bei der gewöhnlichen Einrichtung verloren
geht. Es entspringt also hieraus eine Brennstoffersparniß, und in der That wird in
diesen Oefen das Gas aus einer gewissen Menge Steinkohle mit 12 bis 15 Proc.
Brennstoffaufwand abgetrieben, während derselbe bei den gewöhnlichen Oefen 25 bis 35
Proc. beträgt.
Die eisernen Retorten halten bei der hier beschriebenen Einrichtung durchgehends 2
Jahre lang aus, während sie bei der gewöhnlichen in 8 bis 10 Monaten unbrauchbar
werden. Weil die Reparaturen minder häufig sind, so genügt eine geringere Zahl von
Reserveretorten.
Ueber die Construction der Retorten und Oefen wird noch Folgendes bemerkt: die
thönernen Retorten bestehen aus einem Stück und sind mit eisernen Hälsen versehen.
Die eisernen Retorten bestehen mit ihren Hälsen aus einem Stück. Da so viele
Retorten zusammenliegen, so würden die Röhren d auf
einer Seite des Ofens nicht wohl alle Platz finden; sie sind deßhalb bei einer
Anzahl Retorten an der einen, und bei den übrigen Retorten an der anderen Seite des
Ofens angebracht. Diese Röhren münden in den Vorlagen e
aus, welche auf hohlen Säulen f ruhen, die unter sich
durch Querstangen g verbunden sind. Diese Säulen dienen
zugleich, die (in Fig. 30 einem Theile nach angedeuteten) eisernen Bühnen h mit zu tragen, welche bei der Bedienung der oberen
Retorten benutzt werden. i, i sind Behälter mit Wasser,
welches durch seine Verdunstung die Roststäbe vor zu starker Erhitzung schützt.
Diese Stäbe sind rund und in jeder Feuerung ist bloß einer angebracht. Die runde
Form gestattet, ihn leicht von der Schlacke reinigen zu können.
Eine Scheidewand j erstreckt sich quer durch den Ofen, um
die beiden Feuerungen von einander zu trennen. Die Mauern k,
k dienen nur dazu, die Retorten zu tragen; sie sind durchbrochen, damit der
Zug durch sie hindurchgehen kann. Die Oeffnungen l, l
gestatten der Feuerluft den Eintritt aus der oberen in die untere Abtheilung des
Ofens. Nachdem sie die eisernen Retorten umspült hat, strömt sie durch die
Oeffnungen m in die horizontalen Canäle n, die mit der Esse communiciren. Die Oeffnungen m sind mit Schiebern versehen, um den Zug zu reguliren.
o, o sind Zugänge zu den Canälen n, um diese zu reinigen.