Titel: | Pettitt's künstlicher oder Fischguano. |
Fundstelle: | Band 131, Jahrgang 1854, Nr. XXXVIII., S. 144 |
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XXXVIII.
Pettitt's künstlicher oder
Fischguano.
Aus dem Practical Mechanic's Journal, Nov. 1853, S.
195.
Pettitt's künstlicher oder Fischguano.
Die Ausschreibung eines Preises von 1000 Pfd. St. von Seite der Royal Agricultural Society für einen künstlichen Dünger,
welcher den Guano vortheilhaft ersetzen kann, hat in Edwin Pettitt's Fischguano ihre Beantwortung – wenn auch nicht im
buchstäblichen Sinne, doch im Geiste der Aufgabe – gefunden. Bekanntlich ist
nicht nur an wahrhaft gutem Guano Mangel, sondern es werden auch verschiedene
geringere Sorten und verfälschte Waare, welche mit dem wirklichen Guano kaum mehr
als den Namen gemein haben, in Massen verkauft.Man sehe Girardin's Untersuchung der verschiedenen
im Handel vorkommenden Guanosorten, im polytechn. Journal Bd. CXXX S. 59. Diese Thatsachen und die Betrachtung des sehr gedrückten Zustandes der
Fischereien in den Colonien, sowie in Irland und Schottland, führten zu der dem Hrn.
Pettitt patentirten Erfindung eines künstlichen
Guanos, welcher das Befruchtungsvermögen des besten peruanischen Guanos besitzt und
in Folge der mit ihm erhaltenen praktischen Resultate im Handel bereits sehr
geschätzt ist.
Der eigentliche Guano ist einfach Fischmasse, welche, nachdem sie im Magen des
Seevogels eine Zersetzung erlitten hat, auf den unfruchtbaren Inseln des stillen
Meeres abgelagert wird und dort austrocknet. Pettitt's
Patent-Guano ist ebenfalls die Fischmasse, welche aber durch chemische
Agentien zersetzt und dann auf künstlichem Wege getrocknet wurde.Er behandelt nämlich die Fische mit Schwefelsäure, bis die teigige Consistenz
eingetreten ist, und trocknet dann die Masse durch künstliches Erwärmen aus,
worauf sie den Dünger darstellt; man sehe die Patentbeschreibung im
polytechn. Journal Bd. CXXIX S.
159. Um den wirklichen Werth seines Products streng zu erproben, bereitete Pettitt verschiedene Dünger und übergab sie einigen
angesehenen Chemikern und Landwirthen zur Analyse und zu praktischen Versuchen.
Folgende Tabelle enthält das Ergebniß der Analysen im Vergleich mit mehreren ächten
Guanosorten.
Vergleichende Analysen verschiedener Guanosorten.
Textabbildung Bd. 131, S. 145
Analysirt von; Prof. Way; Thomson;
Way u. Ure; Ure und Teschmacher; Nesbitt; Way, Ure u. Teschmacher; Pettitt's
Guano; Peruan. Guano; Ichaboe-Guano; Chili-Guano;
Patagon-Guano; Boliv. Guano; Saldanha Bay Guan; Sharks Bay Guan;
Feuchtigkeit; organ. Materie; Sand etc.; phosphors. Erden; Alkalisalze;
Ammoniak
Nach den in dieser Tabelle zusammengestellten Ergebnissen läßt sich der Werth jeder
Guanosorte leicht berechnen, indem der gegenwärtige Maßstab zur Beurtheilung der
Dünger der ist, daß jedes Pfund Ammoniak, welches die Analyse ergibt, 6 Pence (18
kr.), und jedes Pfund saurer phosphorsaurer Kalk 3/4 Pence (2 1/4 kr.) werth ist.
Bezüglich der Frage, ob der Rohstoff – Fische – in hinreichender Menge
zur Düngerfabrication zu haben ist, hält sich Hr. Pettitt
zunächst an Irland; er war aber auch bemüht, statistische Notizen darüber an den
Küsten von England, Neufundland, Labrador, und bei den großen norwegischen
Fischereien einzuholen. Es ist Thatsache, daß bei den bestehenden Fischereien an der
englischen Küste, wo die Arbeit theuer, die Bevölkerung groß und Gelb reichlich
vorhanden ist, wo ferner der Markt für eßbare Fische bedeutend und dem Anschein nach
niemals überführt ist, Fische zu einem Preis gekauft werden können, welcher
Capitalisten veranlassen dürfte, sich auf diesen neuen Industriezweig einzulassen,
nämlich zu 30 Shilling per Tonne (18 fl. per 20 engl. Centner). Hunderte von Schiffsladungen Fischsubstanz könnten
von den brittisch-nordamerikanischen Colonien und von den
Loffoden-Inseln in Norwegen für wenig mehr als die Fracht bezogen werden. Daß
Fische in Ueberfluß zu gleichem Zweck an den irischen Küsten gefangen werden
könnten, geht aus einem im Jahr 1836 für das Haus der Gemeinen nach amtlichen
Erhebungen ausgearbeiteten blauen Buch über die irische Fischerei hervor; aus diesem
Bericht ersteht man, daß es an der ganzen Westküste von Irland von Fischen wimmelt;
daß es Robben in großer Menge gibt, welche, das Fell und die Leber ausgenommen,
keine Anwendung finden; daß jährlich Wallfische an die Küste kommen und daß viele
Tausende von großen Sonnenfischen oder sich sonnenden Hayfischen von 20 bis 40 Fuß
Länge, jetzt, abgesehen von ihrer Leber, gar nicht benutzt werden; daß große Massen
von dem Abfall der Fischereien, also den stickstoffreichsten Theilen, jährlich an
den Einsalzstationen weggeworfen werden; daß 44,000 irische Fischer nur ein halbes
Jahr Beschäftigung haben; daß das außerordentliche Fortpflanzungs-Vermögen
der Fische es unmöglich macht, die brittischen, geschweige erst die
irisch-atlantischen Gewässer zu erschöpfen; daß ohne Zweifel an der irischen
Westküste, und zwar in Galway, die Fische wohlfeiler als zu 30 Shilling per Tonne zu kaufen sind. Während der Düngerfabrikant
bis 2 Pfd. St. 10 Shilling für die Tonne Fische zahlen kann, ist gar nicht
anzunehmen, daß deren Preis jemals so hoch steigen wird, wenn der Einkauf mit
Einsicht geschieht.
Der besprochene, von der englischen maritimen Bevölkerung gut aufgenommene Plan, kann
für Irland eine wahre Wohlthat werden. Die Ausgaben des Staats zur Unterstützung der
irischen Fischereien belaufen sich seit dem Anfang dieses Jahrhunderts auf 250,000
Pfd. St.; da aber die Regierung die Bevölkerung nicht mit Geld versehen kann, um die
gefangenen Fische anzukaufen, so war diese Unterstützung nicht von nachhaltig
wohlthätiger Wirkung.
Um 50 Tonnen Fisch-Dünger zu bereiten, wobei wir 30 Procent Gewichtsverlust
wegen des Wassergehalts der Fische annehmen, sind erforderlich:
100 Tonnen Fische zu 2 Pfd. Sterl. per Tonne
200 Pfd.
Sterl. – Shill.
an chemischen Zuthaten
(Schwefelsäure)
17
„ 10
„
für Arbeit 10 Shill. per Tonne fertigen Düngers,
oder für 50 Tonnen
25
„
– „
––––––––––––––––––
(Dividirt
mit 50)
242 Pfd. Sterl. 10 Shill.
Unkosten des Fabrikanten für einen
durchschnittlich zu 9 Pfd. St.
verkäuflichen Dünger
4
„ 17
„
Der große Gewichtsverlust in Folge des Austrocknens ließe sich durch theilweises
Austrocknen der Fische mittelst eines geeigneten Verfahrens und nachherigen Zusatz
gepulverter Torfkohle mit Vortheil vermindern. Es leuchtet ein, daß die Differenz
zwischen 9 Pfd. St. und 4 Pfd. St. 17 Shill. – also 4 Pfd. St. 3 Shill.
– reichlich hinreicht, um die Kosten des Betriebs, die Interessen des
Capitals und einen angemessenen Gewinn zu decken. Hr. Pettitt hat den Preis der Agricultural Society
von 1000 Pfd. St. nicht in Anspruch genommen, weil er eine Waare, wovon die Tonne 9
Pfd. St. werth ist, nicht um 5 Pfd. St., den von der Gesellschaft festgesetzten
Preis, zu verkaufen gesonnen ist.