Titel: Ueber die Beeinträchtigung der Haltbarkeit von gußeisernen Gegenständen durch ungleichmäßige Abkühlung derselben nach dem Gusse; vom Maschinen-Ingenieur Hagen in Hannover.
Fundstelle: Band 131, Jahrgang 1854, Nr. LIII., S. 204
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LIII. Ueber die Beeinträchtigung der Haltbarkeit von gußeisernen Gegenständen durch ungleichmäßige Abkühlung derselben nach dem Gusse; vom Maschinen-Ingenieur Hagen in Hannover. Aus dem Notizblatt des hannoverschen Architekten- und Ingenieur-Vereins, 1853, Bd. III S. 57. Mit Abbildungen auf Tab. III. Hagen, über die Beeinträchtigung der Haltbarkeit von gußeisernen Gegenständen durch ungleichmäßige Abkühlung derselben nach dem Gusse. Wer die Gesetze der Schwindung und Zusammenziehung des Gußeisens bei dessen Erstarrung nach dem Gießen genauer kennt, wird ihren großen Einfluß auf die Haltbarkeit der fertigen Stücke sehr hoch anschlagen und in der Constructionslehre die Beachtung dieser Gesetze für eben so wichtig halten, als eine aus der Festigkeitslehre richtig entnommene Rechnung für die einzelnen Stärken eines Stückes. Wie oft ereignet es sich in einer Gießerei, daß Gegenstände, welche zum Tragen oder Uebertragen schwerer Lasten bestimmt sind, schon vor ihrer Aushebung aus der Gießform Risse und Sprünge zeigen oder solche durch die geringen Erschütterungen beim Putzen erhalten. Von welchen gefährlichen Folgen kann es begleitet seyn, wenn Sachen im Vertrauen auf ihre volle Haltbarkeit in Gebrauch genommen werden, weil sie sich während ihrer Bearbeitung ganz erhalten und keinerlei äußere Zeichen ihres Mangels an innerem Zusammenhalt an sich tragen. Der Bruch erfolgt dann, früher oder später, gewiß, und wenn der Constructeur die Ursache nur in seinen Festigkeitsformeln sucht, so wird er mit Mißtrauen gegen diese erfüllt werden müssen. Der Gießer schreibt solche Vorgänge auf die von ihm sogenannte „Spannung“ im Stücke, welche, sowie auch eine andere nicht minder wichtige Erscheinung „das Saugen“, ihr Entstehen in der ungleichzeitigen Erstarrung und Schwindung des in die Gießform eingegossenen Eisens haben. Dünnere Theile von kleinerem Querschnitte werden früher erkalten als massigere Theile von größerem Querschnitte; entlegene vom Ganzen abspringende Theile früher als zusammenliegende und sich verbindende; flach liegende Theile früher als in die Tiefe der Form springende; die den Außenseiten der Form nahe liegenden früher als die der Innenseite zugewendeten; die mit kälterem feuchterem Formmaterial von größerer Wärmeleitung in Berührung befindlichen Theile früher als die mit warmem getrocknetem oder gebranntem Material von geringerer Wärmeleitung bedeckten u.s.w. Kommt das Eisen auf seinem Laufe vom Eingusse nach den entfernten Stellen der Form an, so wird es ermattet seyn und deßhalb früher in Erstarrung übergehen als das Eisen in der Nähe des Eingusses und in den Partien der Form, welche vom Durch- und Nachströmen der heißen Masse vorgewärmt wurden. Die Wirkungen aller dieser Einflüsse und Unregelmäßigkeiten liegen sehr nahe; die früher erkaltenden Theile werden schwinden und in ihrer Zusammenziehung die mit ihnen in Verbindung stehenden noch hoch temperirten, vielleicht gar flüssigen Partien, an den Verbindungsstellen zuerst aussaugen oder in der Art nach sich ziehen, resp. zusammendrücken, daß hierbei ein Zustand ohne Spannung gedacht werden kann. Geht nun aber die Erstarrung auch auf diese Theile über und sind bei ihrer eigenen Schwindung die früher erkalteten Theile nicht durch Elasticität entsprechend nachgiebig, so müssen die sich entgegen arbeitenden Kräfte in den schwächern Theilen die Haltbarkeit ganz oder theilweise aufheben. Wird sich so in den meisten Fällen die Spannung in Gußstücken erklären lassen, so erklärt sich das Saugen des früher erstarrenden Eisens aus Theilen, welche noch flüssiges Eisen enthalten, ebenso aus der einfachen Ursache. Ein massiver gußeiserner Cylinder, der mit dem Eingusse auf einer der kreisrunden Stirnflächen eingeformt ist, wird im äußern Umfange zuerst erstarren, die dann in Schwindung übergehende Kruste wird durch ihren nach Innen gerichteten Druck einen Theil der innern noch flüssigen Masse nach dem Eingusse zu ausweichen lassen, und wenn nun bei ringsum fortschreitender Erstarrung von Außen nach Innen die innern heißen Eisentheile nachträglich ebenfalls schwinden und sich zusammenziehen, so kann man sich denken, daß es schließlich an Eisenmasse fehlen wird, um die an der Achse des Cylinders liegenden Stellen ausgefüllt und massiv zu erhalten. Zerschlägt man solche Cylinder, so finden sich gewöhnlich in der Mitte nahe unter dem Eingusse Drüsenöffnungen mit so loser zackiger Eisenmasse an den Wänden, daß sie durch leichte Hammerschläge in krystallisirten Eisenklumpen abfällt. Auf den Bruchflächen ist aber jedesmal deutlich zu erkennen, wie das Gefüge nach der Mitte immer grobkörniger und lockerer wird und so das Eisen in eine Eigenschaft übergeht, bei der von Festigkeit gar nicht mehr die Rede seyn kann. Erhält der Gießer durch Nachstoßen mit einem Stabe die Eingußöffnung offen und gießt während der Erstarrung flüssiges Eisen nach, so wird dieses vom Gußkörper begierig nachgesogen und immer dazu beitragen, die Drüsen möglichst zu vermeiden und ein dichteres Gefüge zu erzielen. Dieses Nachsaugen und die Bildung grobkörniger Bruchgefüge ist besonders bemerkbar und nachtheilig bei massigen Gußstücken, deren Haltbarkeit dadurch unter Umständen ebenso beeinträchtigt werden kann, als die Haltbarkeit anderer Sachen durch die vorhin besprochene Spannung. Handelt es sich nun um die Mittel, mit denen der Spannung und dem Saugen entgegen zu arbeiten ist, so wird der Gießer nur solche verwenden können, welche auf möglichst gleichmäßige Abkühlung aller Theile eines Stückes berechnet sind. Er kann gleich nach geschehenem Gusse die voraussichtlich leichter erkaltenden Partien der Form bedeckt und warm halten, massigere langsamer erkaltende von Sand entblößen; er hat in der dort weniger, hier mehr gerötheten Eisenfarbe ein zuverlässiges Anhalten, wo er die Kühlung zurückhalten und wo er sie befördern muß; er kann durch richtiges Ansetzen der Eingüsse, durch die Wahl des Formmaterials und durch vieles andere Zuthun die schädlichen Wirkungen ungleicher Kühlung vermindern, wenn er nur nicht Modelle oder Zeichnungen bekommt, welche durch ihre fehlerhafte Gestalt und Stärken-Vertheilung alle seine derartigen Bemühungen erfolglos lassen. Angemessene Constructionen, in denen die vorerwähnten Erscheinungen gehörig berücksichtigt sind, tragen außerordentlich dazu bei, dem Gießer eine Aufgabe zu erleichtern, und da sich eine Gießerei nicht verantwortlich hält für ein Mißlingen, welches auf Fehler in den ihr zugeschickten Modellen und Zeichnungen zurückgeführt werden kann, so ist es für den Mechaniker und Baumeister von doppelter Wichtigkeit, in seinen Constructionen vorsichtig zu Werke zu gehen. Was er in dieser Beziehung thun kann, mögen ihm einige aus der Praxis genommene bestimmte Beispiele zeigen. Der Guß des Druckcylinders einer hydraulischen Presse ist besonders geeignet, das Saugen und die Bildung grobkörniger haltloser Querschnittsflächen zu veranschaulichen, weßhalb ich darüber ausführlicher sprechen will. In den Rüben-Zuckerfabriken, wo der Rübenbrei mit hydraulischen Pressen ausgepreßt wird, kommt es sehr häufig vor, daß Druckcylinder der Länge nach durchplatzen, ohne daß die Bruchflächen unganze Stellen oder überhaupt gröbere Gußfehler zeigen, welche als Ursache des Bruches angesehen werden können, auch ohne daß die Schuld auf unvorsichtige oder böswillige Behandlung der Sicherheitsventile des Pumpwerkes zu schieben ist. Der Maschinenbauer, welcher von dem Fabrikanten zur Verantwortung herangezogen wird, untersucht den Fall; er findet die Sicherheitsventile ganz in Ordnung, findet die Wand des Cylinders ungleich stärker als der beabsichtigte höchste Druck der Presse nöthig macht, und wenn er nun noch obenein hört, daß dieser Bruch schon bei etwa halbem Drucke der Presse entstanden ist, so wird er ganz rathlos, verständigt sich mit dem Fabrikanten über den Schaden und die Ursache bleibt gewöhnlich unbekannt. Aus der Art und Weise, wie der Cylinder gegossen und construirt ist, kann man sich aber viele Fälle erklären, bei denen der Cylinder trotz der genügenden Wandstärke und gußfehlerfreien Beschaffenheit eine ganz außer Verhältniß stehende geringe Haltbarkeit besitzt. Fig. 10 zeigt das gewöhnliche Verfahren, wie Preßcylinder eingeformt und abgegossen werden; die ganze Form wird unterhalb der Hüttensohle aufgebauet und in ihr fest gestampft, das Modell A steht mit der Mündung nach unten im untersten Ladentheile, der Kern B, von gebranntem Lehm, wird oben durch dünne Blechstützen a (Kernsteifen) gegen die Form abgestützt und schließlich für den sogenannten verlornen Kopf eine Oeffnung C gelassen, welche 12'' bis 15'' hoch ist und an der engsten Stelle 6'' bis 8'' Durchmesser mißt. Durch die beiden Eingußröhren b, b gelangt das oben eingegossene flüssige Eisen zunächst in den unten gestellten dicken Cylinderkopf, steigt in der Form hoch, bis es oben aus der Oeffnung C überläuft. c sind Strohseile oder lockere Stricke, welche aus der Hüttensohle herausgeführt, beim Gusse angezündet werden und zur Ableitung von Gasen dienen. Die Erstarrung des Eisens wird nun am äußern Umfange der Form beginnen, an der innern Kernseite aber aufgehalten, weil hier die Kühlung an dem gebrannten Lehm, und überhaupt die Ausstrahlung der Hitze nach Innen verschwindend klein ist gegen dort, wo die Wärme ringsum einen Ausweg hat und immer ein kühlenderes Formmaterial von größerer Wärmeleitung angewendet wird. Tritt nun das Festwerden und die Schwindung des sich am Kerne befindlichen Eisens später ein, so wird das gewaltsame Zusammengehen der äußeren Kruste erst einen Theil der flüssigen Masse hinwegdrücken, und da dieser nun bei fortschreitender Erstarrung von Außen nach Innen nicht vollständig zurückkehren kann, wenn die innere Kruste sich bildet und zusammensinkt, so entsteht mitten in der Wand ein grobkörniges lockeres Gefüge, was sich jedesmal unter sonst gleichen Umständen um so gröber zeigt, je dicker die Wand ist und was endlich sogar in kleine hohle Räume übergehen kann. Viel frappanter als in den Wandungen zeigt sich diese Erscheinung noch im Innern des dickern Cylinderkopfes und namentlich oben unter dem verlorenen Kopfe. Wird derselbe abgeschlagen, so stößt man oft auf Drusen, in welche eine ganze Faust bequem eingelegt werden kann und welche bis nahe an die innere Cylinderwand reichen, so daß schon aus diesem Grunde mancher Guß unbrauchbar geworden ist. Daß eine Cylinderwand, welche nur in ihrer innern und äußern Kruste wirklich haltbares, dazwischen aber gelockertes Eisen hat, nicht den vollen Widerstand leisten kann, wird nun erklärlich seyn, und ebenso erklärlich, daß unter Umständen eine dickere Wand weniger als eine dünnere halten kann, weil bei dieser eine gleichmäßigere Erkaltung und deßhalb ein gleichförmigeres dichteres Gefüge vorhanden ist. Auch wird ein kürzerer Cylinder gleichförmiger auf dem Bruche ausfallen als ein längerer. Eine andere Schwächung der Haltbarkeit eines Cylinders, wenn dieser nämlich, wie in der Figur, mit angegossenen dicken Verstärkungen behufs Verbindung mit dem Helme durch schmiedeiserne Preßstangen versehen ist, besteht darin, daß das Saugen der dünnern Cylinderwand aus dem flüssigen Eisen des Kopfes wegzieht und dadurch, besonders an der Uebergangsstelle, ebenfalls sehr leicht Saugöffnungen oder lockeres Eisen entstehen. Was kann nun die Gießerei und was die Construction des Stückes dazu beitragen, diese Uebel möglichst abzuwenden? Die erstere wird einen großen Fehler begehen, wenn sie, wie es an vielen Orten geschieht, die Form über der Hüttensohle aufbauet und zu dem auswendigen Formmaterial nassen Sand und nicht, wie es durchaus seyn soll, getrocknete Masse nimmt. Der Gießer muß nach dem Gusse sofort dazu schreiten, mit einem Stabe in dem verlornen Kopfe einen Canal offen zu halten, durch welchen mit kurzen Intervallen Eisen nachgegossen und dadurch das Saugen aus den massiveren Theilen des Cylinders selbst verhütet wird. Die Construction dagegen wird ihr Streben darauf richten müssen, der Cylinderwand die zulässig geringste und den anderen Theilen eine damit möglichst übereinstimmende Stärke zu geben. Da nun bei einer bestimmten Druckkraft, welche eine Presse ausüben soll, die Wandstärke des Cylinders von dem Durchmesser desselben der Art abhängig ist, daß die erstere genau in dem Verhältnisse dünner seyn kann, wie der letztere größer wird, so ist nicht genug zu empfehlen, solchen Cylindern so große Durchmesser zu geben, als praktische Gegengründe anderer Art nur irgend gestatten, um durch die Stärkenberechnung auf das geringste Maaß der Wanddicke zu gelangen.Es bezeichne D und d die Durchmesser, S und s die Wandstärken, P und p die Drückungen pro 1 Quadratzoll in Pfunden von den Cylindern zweier Pressen; k sey die sichere absolute Festigkeit von 1 Quadratzoll Gußeisen.Denkt man sich in beiden Cylindern einen Ring von 1'' Höhe abgegränzt, so werden diese Ringe einen Querschnitt von (d'' . 1'' . p Pfd.)/(2 . k) und (D'' . 1'' . P Pfd.)/(2 . k) Quadratzoll haben müssen, um gegen das Zerreißen geschützt zu seyn, und dieselbe Stärke in Zollen müssen die Cylinderwände haben. Es verhält sich also S : s = D . P : d . p, und wenn der Gesammtdruck auf die Preßkolben in beiden Pressen gleich angenommen wird, so ist P : p = d² : D², mithin S : s = D . d² : d . D² = d : D.Es mag noch darauf aufmerksam gemacht werden, daß ein Cylinder mit größerem Durchmesser bei sonst gleichem Gesammtdrucke leichter im Gewichte ausfallen muß als einer mit kleinerem Durchmesser, und daß deßhalb oft bedeutend an Eisen gespart werden kann. Bei großen und massigen Cylindern sollen die Preßstangen-Ansätze gar nicht mit angegossen werden, die Cylinder sollen vielmehr mit gleich dicker Wand bis zur Mündung auslaufen und hier mit einem ringsum laufenden Rande versehen seyn, mit welchem sie dann in ein besonders zu gießendes Kopfstück eingesetzt werden. Gestattet man sich aber bei kleineren und kürzeren Cylindern aus Rücksicht auf billigere Herstellung und Bearbeitung das Zusammengießen beider Stücke, so sehe man außer auf möglichste Gleichhaltung der Stärken noch darauf, daß der Rundtheil in den dicken Kopftheil nicht mit einer scharfen Ecke n, Fig. 11, sondern durch eine eingesetzte starte Hohlkehle übergeht, so wie denn überhaupt scharfe Ecken an Stellen, wo Theile zusammenlaufen, gänzlich zu vermeiden sind. Es werden sich an Verbindungsstellen schwacher Theile mit dicken, besonders wenn der Uebergang ohne eingesetzte Ecken geschieht, immer Spuren zeigen, wie erstere aus letzteren gesogen haben. Bei einer gußeisernen Stange mit kreuzförmigem Querschnitte, Fig. 12, werden scharfe Ecken im Kreuzpunkte meistens eingesogen und unter sich, wenn nicht Oeffnungen, doch schlechtes Eisen zeigen. Man soll deßhalb auch den Boden des Preßcylinders nicht eben und mit scharfer Ecke gegen die Wand laufend construiren, sondern die Form von einem Halbkreise nicht sehr abweichen lassen und die Stärke mit der von der Cylinderwand ziemlich gleich halten. Daß eine so ungleiche Abkühlung wie die bei einem Preßcylinder von unzweckmäßiger Construction auch eine nachtheilige Spannung im Stücke zurücklassen muß, läßt sich wohl erwarten. Ich will dieselbe jedoch in diesem Falle, wo sie von untergeordneter Wichtigkeit ist, nicht weiter verfolgen, sondern ihre zerstörende Wirkung an einigen andern Beispielen vorstellen. Hat man es mit einem gußeisernen Fenster zu thun, dessen Sprossen dünn sind, dessen einfassender Rahmen aber dick ist, so werden die erstern ungleich rascher erkalten, sich zusammenziehen und die noch heiße, leicht folgende Eisenmasse des Rahmens an den Verbindungsstellen theils aussaugen, theils mit sich ziehen. Erkaltet und schwindet der Rahmen nachträglich auch, so werden die dünnen Sprossen rückwirkenden Widerstand leisten und wenn sie nicht durch ihre Elasticität aus der Ebene des Fensters weichen, so muß ein Bruch im Rahmen entstehen. Man verhütet diesen Bruch, wenn dem Rahmen keine zu sehr von den Sprossen abweichende Stärke gegeben wird und wenn der Gießer in nöthigen Fällen nach dem Gusse den Rahmen von Sand frei macht und rasch abkühlen läßt. Von der verderblichsten Wirkung kann die Spannung in Rädern aller Art werden. Die Abkühlung des Kranzes, der Speichen und der Nabe muß als ganz gleichmäßig vorausgesetzt werden, wenn das Rad gar keine Spannung und die volle Haltbarkeit besitzen soll. Bei kleinern Rädern mit großer Ebenmäßigkeit aller Theile und namentlich mit einer nicht zu dicken Nabe, ist dieß gewöhnlich anzunehmen, bei größern Rädern wächst die Schwierigkeit mit dem Durchmesser, und der Praktiker wird in jedem besondern Falle die Gränze kennen, wo diese Schwierigkeit gar nicht mehr zu überwinden ist. Er ordnet dann entweder Theilungsfugen an den Stellen des Rades an, wo sie den Zweck nicht hindern und zugleich der Spannung sichern Ausweg geben, oder er läßt die einzelnen Theile des Rades gießen und diese nachher zu einem Ganzen zusammenarbeiten. Die Natur dieser Spannung ergibt sich aus ihrer Entstehung, während diese so verschieden ist wie die verschiedene Beschaffenheit der Räder selbst. Hat das Rad eine im Verhältniß zu Kranz und Speichen sehr dicke Nabe, so erkalten jene früher als diese, treiben die noch nachgiebige Nabe zusammen und wenn diese nachher selbst schwindet, so folgen die erstarrten zusammenhängenden Theile des Kranzes und der Speichen nicht mehr; sie zerreißen entweder oder behalten eine Spannung, welche die Arbeitsfähigkeit des Rades in Frage stellt. Ist es ein Schwungrad mit massivem Kranze, so wird dieser gewöhnlich später als Nabe und Speichen schwinden und auf diese einen nachtheiligen Druck nach Innen ausüben. Erstarret eine Seite des Rades früher als die anderen Seiten, so wird der spannende Druck nicht allein radial, sondern auch zugleich transversal gerichtet seyn. Auch hierbei kann sich der Gießer nur durch Sorge für gleichmäßige Abkühlung schützen; er kann aber auch außerordentlich viel dadurch thun und es durch Uebung und Aufmerksamkeit dahin bringen, auch sehr große Räder vor Spannung zu schützen, wobei er in der helleren oder dunkleren Färbung der verschiedenen Theile des Rades immer ein sicheres Anhalten hat, Kühlung zu fördern oder zurückzuhalten. Der Constructeur sorgt wie immer für gleichmäßige Stärkenvertheilung, macht besonders die Radnaben nicht unnöthig stark, gibt den Speichen bei leichteren Sachen (Riemscheiben oder kleinen Schwungrädern) keine geradlinige, sondern eine einfach oder doppelt gebogene und dadurch elastisch nachgiebige Form u.s.w. Muß er vom Gusse in einem ungetheilten Stücke abgehen, so läßt er bei Schwungrädern Theilungsfugen quer durch den Kranz, und bei Stirnrädern radial durch die Nabe gießen und letztere nachher mit einem schmiedeisernen Bande umziehen. Reichen diese Mittel auch nicht mehr aus und wird der Guß des Rades in einzelnen Stücken nöthig, so kommen so viele verschiedene Constructionen zur Anwendung, daß die Mittheilung derselben hier zu weit führen würde. Eine kreisrunde Scheibe, welche am Umfange dünn ist und nach der Mitte zu dick anläuft oder hier mit einer Verstärkung versehen ist, wie z.B. die Scheibe einer Turbine, welche den Schaufelkranz trägt, empfängt sehr häufig schon in der Gießlade am äußern Umfange einen radial laufenden Riß. Das Innere der Scheibe wird nämlich nicht so rasch kühlen und schwinden als der äußere Umfang, aber der Schwindung des letztern so viel Widerstand entgegenstellen, daß Spannung und in Folge dessen der Riß entsteht. Die concave Form, Fig. 13, welche man einem Turbinenteller gewöhnlich gibt, ist nöthig, damit der Mitteltheil dem Drängen des Kranzes seitwärts ausweichen kann. Die angeführten Beispiele werden ausreichen, um die Entstehung, Wirkung und Verhütung des Spannens und Saugens in Gußstücken aufzuklären; sie zeigen zur Genüge, wie schwierig unter Umständen die Herstellung von tragfähigem Gußwerk seyn kann und wie wichtig es bei größern Bauten aus Gußeisen ist, auf die Tüchtigkeit der Fabrication, nicht minder aber auch bei der Construction auf die Ausführbarkeit eines guten Gusses zu achten.

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