Titel: | Hydraulischer Centrifugal-Regulator, anwendbar bei Dampfmaschinen und Wasserrädern; von Hrn. de Bavay zu Brüssel. |
Fundstelle: | Band 131, Jahrgang 1854, Nr. LXII., S. 246 |
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LXII.
Hydraulischer Centrifugal-Regulator,
anwendbar bei Dampfmaschinen und Wasserrädern; von Hrn. de Bavay zu Brüssel.
Aus dem Bulletin du Musée de l'Industrie, Juni
1853, S. 289.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
de Bavay's hydraulischer Centrifugal-Regulator.
Die Construction dieses Apparats beruht auf dem physikalischen Grundsatz, daß eine
Flüssigkeit aus einem Gefäß mit einer constanten Geschwindigkeit ausströmt, wenn das
Niveau, d.h. die Höhe der Flüssigkeit über der Ausströmungs-Oeffnung,
constant bleibt.
Geht man von diesem Grundsatz aus, so wird man leicht einsehen, daß man einen
Dampfmaschinen-Regulator auf folgende Weise construiren kann. Es werde irgend
ein Wasserhebungs-Apparat durch die Dampfmaschine bewegt, und das gehobene
Wasser werde in ein Gefäß ausgegossen und fließe aus demselben durch eine Oeffnung
ab, deren Weite man reguliren kann; in diesem Gefäß befinde sich ein Schwimmer, mit
dem Einströmungsventil in Verbindung gebracht, und die Ausströmungs-Oeffnung
habe eine solche Einrichtung, daß sie den Bewegungen des Schwimmers genau folgt;
dieß ist der wesentliche Punkt, auf welchem die Erfindung beruht.
Sehen wir nun, wie sich der Apparat verhalten wird: angenommen, wenn die Maschine mit
ihrer Normalgeschwindigkeit geht, mache der Hebungs-Apparat 60 Umgänge in der
Minute und die Ausströmungs-Oeffnung sey so regulirt, daß alles in das Gefäß
einströmende Wasser genau durch sie ausströmen kann, so wird der Schwimmer offenbar
unbeweglich bleiben. Wenn nun aus irgend einem Grunde die Geschwindigkeit der
Maschine zunimmt, so wird diejenige des Wasserhebungs-Apparates ebenfalls
zunehmen, die in einer gegebenen Zeit in das Gefäß eingeführte Wassermenge wird
beträchtlicher werden, und die Ausströmungsöffnung wird nicht mehr zureichen; es ist
daher klar, daß das Wasser in dem Gefäß steigen, der Schwimmer sich aufwärts bewegen
wird, und da derselbe mit dem Ventil in Verbindung steht, so wird er dasselbe
schließen.
Die aufsteigende Bewegung des Schwimmers wird so lange dauern, bis die Dampfmaschine
durch den Schluß des Ventils ihre Normalgeschwindigkeit wiedererlangt hat; sobald
dieß der Fall ist, wird die Oeffnung wieder genau hinreichend seyn, um alles
eingeführte Wasser auslaufen zu lassen; es wird daher der Schwimmer unbeweglich
bleiben und das Ventil in seiner Stellung erhalten.
Wenn sich die Geschwindigkeit der Dampfmaschine vermindert hat, so wird gerade das
Entgegengesetzte stattfinden, die Geschwindigkeit des Hebungs-Apparates wird
sich vermindern, die Menge des eingeführten Wassers wird derjenigen des abgeführten
nicht mehr gleich seyn, der Wasserstand in dem Gefäß wird daher sinken, mit ihm der
Schwimmer, und dieser folglich das Ventil wieder öffnen; die sinkende Bewegung des
Schwimmers wird so lange dauern, bis die Dampfmaschine durch Wiederöffnen des
Ventils ihre Normalgeschwindigkeit wieder erlangt hat; sobald dieß der Fall ist,
wird die in das Gefäß eingeführte Wassermenge wieder genau gleich der abfließenden
seyn, der Schwimmer wird neuerdings unbeweglich bleiben und das mit ihm verbundene
Ventil in der neuen Stellung erhalten, bis sich wieder eine Störung im Gange der
Dampfmaschine zeigt.
Der Apparat ist in Fig. 1 im Aufriß, und in Fig. 2 im Grundriß
dargestellt; gleiche Buchstaben bezeichnen gleiche Gegenstände.
A ist ein sogenanntes Segner'sches Rad (roue à tympan), welches
an einer Welle angebracht ist, die durch die Rolle B in
Bewegung gesetzt wird, welche ihrerseits mit einer der durch die Dampfmaschine
getriebenen Wellen mittelst eines Laufriemens verbunden ist. Das Rad A ist in Fig. 3 für sich allein
dargestellt.
C, C ist ein mit Wasser gefüllter Trog von Zinkblech, in
welchen das Segner'sche Rad taucht; das Wasser, welches
es auffaßt, fließt durch seine Achse in das cylindrische Gefäß D von Zink- oder Kupferblech. E ist der Schwimmer, welcher durch drei kleine Flügel
b, b, b frei in dem Gefäß D geführt wird. Am Gefäß D ist ein
ausgebohrter Cylinder von Rothguß F, F angebracht, der
an seinen beiden Enden offen ist und in freier Verbindung mit dem im Gefäß D befindlichen Wasser steht. In dem Cylinder F, F befindet sich ein zweiter Cylinder G, G von dünnem Kupferblech, ebenfalls an seinen beiden
Enden offen, und von etwas kleinerem Durchmesser als der innere Durchmesser des
Cylinders F, F; an seinem unteren Ende ist er mit einem
Rande versehen, welcher genau von demselben Durchmesser abgedreht ist wie der
Cylinder F, F. Der Cylinder G,
G ist im Centrum mit einer senkrechten Stange H
versehen, welche mit dem am Schwimmer E befestigten
Stück I verbunden ist.
Nun wird man leicht einsehen, daß bei dieser Anordnung der Schwimmer E und der Cylinder G, G mit
einander verbunden sind, und daß letzterer den Bewegungen des Schwimmers genau
folgen muß.
Die Pfeile bezeichnen den Lauf des Wassers; offenbar kann es aus dem Gefäß D nur durch das Innere des Cylinders G, G ausfließen, dessen oberer Querschnitt die
Ausfluß-Oeffnung ist.
Wenn der Apparat in Ruhe ist, so correspondirt dieser obere Querschnitt mit der Linie
ef, welche den Wasserstand in dem Troge C, C bezeichnet; die Linie gh gibt die Höhe an, welche der Wasserstand in dem Gefäß D erreichen muß, damit das Gewicht des verdrängten
Wassers gleich demjenigen des Schwimmers ist. Die Fallhöhe wird daher die senkrechte
Entfernung zwischen diesen beiden Linien seyn, und diese Höhe wird stets dieselbe
bleiben, der Schwimmer mag steigen oder sinken, weil die
Ausströmungs-Oeffnung allen seinen Bewegungen folgt.
Wir haben bemerkt, daß die Ausströmungs-Oeffnung auf solche Weise muß regulirt
werden können, daß, wenn die Dampfmaschine mit ihrer Normalgeschwindigkeit geht, sie
genau zum Abfluß alles Wassers hinreicht, welches das Segner'sche Rad in das Gefäß D führt. Zu dem
Ende ist die Oeffnung, welche das Gefäß D mit dem untern
Theil des Cylinders F, F in Verbindung setzt, mit einem
Schütz K versehen, dessen Stange L zu dem Hebel M geht, welchen wir vorläufig
als unbeweglich annehmen wollen. Das Ende der Stange L
ist mit einem Schraubengewinde versehen und in eine am Hebel M befestigte Mutter eingeschraubt, so daß man die Höhe des Schützes nach
Belieben stellen kann.
Der hier beschriebene Regulator erfüllt die beanspruchten Bedingungen vollkommen,
aber er hat den Fehler, nicht rasch genug zu wirken, wenn die mit ihm verbundene
Dampfmaschine eine größere Geschwindigkeit erlangt. Man wird dieß leicht begreifen;
denn die einzige Wassermenge, welche wirkt um den Schwimmer steigen zu machen, ist
der Wasser-Ueberschuß, welcher durch die beschleunigte Bewegung des Segner'schen Rades veranlaßt wird, und dieser Ueberschuß
ist nicht sehr beträchtlich im Vergleich mit dem Wasservolum, welches erforderlich
ist damit der Schwimmer um eine gewisse Höhe steigt; auch muß man diesem Schwimmer
einen ziemlich großen Querschnitt geben, damit die disponible Kraft ausreicht. Um
diesen Nachtheil zu verbessern, hat man mit diesem Regulator einen sehr kleinen
Regulator P mit Centrifugalkraft verbunden, welcher
durch die Welle des Segner'schen Rades in Bewegung
gesetzt wird. Dieser kleine Regulator muß so adjustirt werden, daß, wenn die
Maschine mit ihrer Normalgeschwindigkeit geht, die Kugeln sich nicht von einander
entfernen, jedoch sehr nahe daran sind, sich zu öffnen; wenn alsdann eine
Beschleunigung stattfindet, so öffnen sich die Kugeln und wirken auf den Hebel M, mit welchem die Stange L
verbunden ist; der Schütz K sinkt, verengt die
Ausströmungs-Oeffnung, und der Schwimmer steigt dann. Sobald die
Normalgeschwindigkeit wieder hergestellt ist, nähern sich die Regulatorkugeln P einander wieder und führen den Schütz K in seine anfängliche Stellung zurück.
Man ersieht aus Fig.
1 wie die Verbindung mit dem Einströmungs-Ventil mittelst einer
Schnur, zweier Rollen und eines Gegengewichts hergestellt ist.
Wir haben noch eine Bemerkung über das Ventil zu machen. Ein Ventil bewegt sich ohne
alle Anstrengung auf seiner Achse, weil sich die Pressionen um diese Achse herum das
Gleichgewicht halten; dieß ist jedoch nur so lange der Fall, als es sich nicht dem
Ende seines Laufes nähert. Sobald sich das Ventil in einer sehr kleinen Entfernung
von dem Ende seines Laufs befindet, zeigt sich plötzlich ein sehr beträchtlicher
Druck, der es schließt; offenbar hebt dieser Druck sogleich alle Bedingungen der
Wirkung des Regulators auf. Um diesen plötzlichen Druck aufzuheben, ist die
Ventilachse mit einem Hebel R versehen, an dessen Ende
sich ein Knopf befindet, der sich frei in der Nuth des Stückes S bewegt. Die Länge dieser Nuth ist so berechnet, daß
wenn sich das Ventil dem Ende seines Laufes nähert, der Knopf des Hebels R das am Ende des Stückes S
angebrachte Gewicht hebt, welches Gewicht genau den Druck ausgleichen muß, der in
diesem Augenblick auf das Ventil stattfindet. Wenn sich das Ventil neuerdings
öffnet, so ruht das Gewicht auf dem festen unter ihm befindlichen Hinderniß, und
wirkt nicht mehr.
Damit dieser Regulator die Maschine in einer genau constanten Geschwindigkeit erhält,
ist es unerläßlich, daß der Wasserstand in dem Troge C,
C stets genau derselbe bleibt. Nun kann dieser Wasserstand aber offenbar
nicht genau derselbe bleiben, weil die im Gefäß D
enthaltene Wassermenge, welche in dem Troge C, C
aufgenommen wird, nach der Stellung des Schwimmers variirt. Um diesem Fehler
abzuhelfen, bringt man an dem Troge C, C einen Ueberfall
q an und läßt beständig einen schwachen Wasserstrahl
in den Trog laufen.
Dieser Regulator gibt die besten Resultate; man hat ihn bei mehreren Maschinen zu
Gent angewendet, und der Director einer dortigen Fabrik stellte dem Erfinder das
Zeugniß aus, daß sein Regulator fast unmerkliche Widerstands-Unterschiede
anzeigt und sich daher besonders für solche Maschinen eignet, welche sehr wandelbare
Widerstände zu überwinden haben.
Seit einiger Zeit nehmen die Regulatoren die Aufmerksamkeit der Maschinenbauer ganz
besonders in Anspruch; alle Fabrikanten begreifen, daß die Regelmäßigkeit des Ganges
ihrer Triebmaschinen einen großen Einfluß auf die Qualität und das Quantum der Producte hat,
und daß dadurch häufige, stets sehr kostspielige Brüche von Maschinentheilen
vermieden werden. Die in der neuesten Zeit vorgeschlagenen Regulatoren sind
sämmtlich Luft- oder Wasser-Regulatoren, welche Kolben und Ventile
enthalten, die durch den kleinsten fremdartigen Körper oder durch die geringste
Abnutzung sehr bald außer Thätigkeit gesetzt werden. Anders ist es mit dem
beschriebenen Regulator; obgleich er mittelst des Wassers wirkt, so hat er doch
weder Kolben noch Ventil, überhaupt kein Stück, welches in Unordnung gerathen oder
abgenutzt werden könnte.