Titel: | Ueber die Auflöslichkeit des Krappfarbstoffs in den fetten Oelen; von Hrn. Eduard Schwarz. |
Fundstelle: | Band 131, Jahrgang 1854, Nr. XCV., S. 345 |
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XCV.
Ueber die Auflöslichkeit des Krappfarbstoffs in
den fetten Oelen; von Hrn. Eduard
Schwarz.
Aus dem Bulletin de la Société industrielle de
Moulhouse, 1854, Nr. 122.
Schwarz, über die Auflöslichkeit des Krappfarbstoffs in den fetten
Oelen.
Nachdem man gefunden hatte, daß der Farbstoff des Krapps harziger Natur ist,
behandelte man ihn mit den verschiedenen chemischen Agentien welche die Eigenschaft
besitzen die Harze aufzulösen; man hatte dabei theils die Absicht, den Farbstoff in
reinerem (concentrirtem) Zustande für, das Färben zu gewinnen, theils ein Extract
desselben welches sich auf die Zeuge drucken läßt. Zu diesem Zweck hat man früher
Alkohol, Aether, Aetzammoniak und Aetzkali, concentrirte Schwefelsäure, und zuletzt
Holzgeist angewandt. Meines Wissens hat man aber noch niemals ein Krappextract mit
einem fetten Oel dargestellt, und dieses Extract zum Färben bedruckter
Baumwollenzeuge benutzt. Ich theile im Folgenden meine in dieser Hinsicht
angestellten Versuche mit.
1. Versuch. Ich ließ Krappblumen (fleur de garance) eine Viertelstunde mit ihrem acht- bis zehnfachen
Gewicht Mohnöl kochen; das nun stark gefärbte Oel filtrirte ich durch Flanell, und
ließ es durch Ruhe sich vollständig klären. Ich goß dann dieses Oel in kochendes
Wasser und färbte darin mit verschiedenen Beizen bedruckte Baumwollenzeuge.
Dieselben sättigten sich nach und nach, wie beim gewöhnlichen Färben, und lieferten
Farben welche ebenso lebhaft waren und das Aviviren ebenso gut aushielten, wie
diejenigen welche man mit Krappblumen bei der gewöhnlichen Behandlung erhält. Der
Farbstoff wird durch dieses Verfahren so vollständig ausgezogen, daß der Rückstand,
von dem ihn tränkenden Oel gehörig befreit, beim Färben kein Pigment mehr
abgibt.
2. Versuch. Auf ähnliche Weise behandelte ich Garancin,
filtrirte das gefärbte Oel noch heiß, durch Papier, und erhielt damit beim Färben
Farben, die zu meinem großen Erstaunen vollständig denjenigen Aviviroperationen
widerstanden, durch welche die mit dem Garancin nach der gewöhnlichen Behandlung
gefärbten Farben großentheils abgezogen werden.
3. Versuch. Ich kochte Garancin mit Mohnöl, wie bei dem
vorhergehenden Versuch; aber, anstatt den holzigen Rückstand durch Filtriren
abzusondern, warf ich das Ganze in kochendes Wasser und färbte darin ein mit Beizen
bedrucktes Zeugstückchen. Diesesmal erhielt ich Farben, welche den Aviviroperationen
nicht so gut widerstanden, und deren Ton auf die Gegenwart saurer Stoffe im Färbebad
schließen ließ.
Diese zwei letzten Versuche beweisen offenbar, daß im Garancin keineswegs der
Farbstoff gesäuert ist, sondern der Holzstoff wegen seiner Porosität einen Theil der
Schwefelsäure zurückgehalten hat, welche zur Fabrication dieses Products diente.
Diese kleine Menge Säure, welche sich in Folge der eingetretenen Erhitzung in der
Holzfaser fixirt hat, wird ihr bei den Operationen des Auswaschens mit kaltem Wasser
nicht entzogen, obgleich man in Avignon ein sehr kalkreiches Wasser zum Auswaschen
des Garancins anwendet. Erst in der Wärme des Färbebades wird diese Säure frei
gemacht und modificirt dann die Eigenschaften des in diesem Bad aufgelösten
Farbstoffs in solcher Weise, daß die erzeugten Farben den Aviviroperationen nicht
widerstehen.
Diese Folgerung stimmt ganz mit einer Beobachtung überein, welche ich bei einer
Arbeit über den Krappcarmin gemacht habe. Ich überzeugte mich nämlich, daß man nur
dann einen vollkommen neutralen Carmin erhalten kann, wenn es gelingt den ganzen
holzigen Theil des Krapps zu zersetzen, ohne ihn in Kohle zu verwandeln; denn das
Absorptionsvermögen dieser letztern ist noch größer als dasjenige der Holzfaser.
Sobald ich diesen Zweck erreicht hatte, erhielt ich ein Product, welches mit
destillirtem Wasser, ohne allen Zusatz von Kreide, eben so lebhafte und dauerhafte
Farben gab wie die Krappblumen.
Ich habe den Rückstand welchen die Krappblumen nach dem Erschöpfen durch kochendes
Oel hinterlassen, mit Schwefelsäure von verschiedenen Graden zu behandeln versucht;
aber diese Versuche lieferten mir nur Producte von mittelmäßigem Färbevermögen: ich
glaube daher, daß man mit Hülfe des Oels den Farbstoff fast vollständig ausnutzen
könnte, wenn dieses Auflösungsmittel nicht selbst einen Theil des Farbstoffs
zurückhielte. Da jedoch bei den Operationen im Großen dasselbe Oel mehrmals benutzt werden könnte,
so wäre es nicht nöthig es bei jeder Färbeoperation zu erschöpfen.
Sollten auch die von mir mitgetheilten Thatsachen keine unmittelbare Anwendung
finden, so dürften sie doch als Beitrag zur Kenntniß der Eigenschaften des
Krappfarbstoffs von Interesse seyn.
Bericht über vorstehende Abhandlung; von Hrn. Gustav
Schaeffer.
Ich habe nach den Angaben des Hrn. Schwarz Krappblumen mit
ihrem zehnfachen Gewicht Mohnöl behandelt; das heiß durch Papier filtrirte Oel war
stark gefärbt und es wurde zum Färben von Zeugstückchen benutzt, welche mit
verschiedenen Beizen bedruckt waren. Die erhaltenen Farben waren lebhaft und
widerstanden den Avivagen. – Hr. Schwarz sagt, daß
der Rückstand, nachdem er von allem ihn tränkenden Oel befreit war, beim Färben
keinen Farbstoff mehr abgab, woraus er schloß, daß das Oel den Farbstoff fast
vollständig ausgezogen haben muß; meine Versuche haben diese Behauptung nicht
bestätigt, denn als ich den öligen Rückstand verseifte, löste sich noch ziemlich
viel Farbstoff auf, mit welchem sich Zeugstückchen, die mit verschiedenen Beizen
bedruckt waren, neuerdings färbten.
Als Hr. Schwarz das Garancin auf ähnliche Weise
behandelte, wie vorher die Krappblumen, erhielt er Farben, welche den
Aviviroperationen widerstanden. Aus dieser auffallenden Thatsache schloß er, daß die
Ursache, weßhalb man bisher mit dem Garancin keine so lebhaften und den Avivagen so
gut widerstehenden Farben erhalten konnte, wie mit Krapp oder Krappblumen, diese
ist, daß der Holzstoff des Garancins stets eine gewisse Menge von der zu seiner
Fabrication angewandten Säure zurückhält, ungeachtet häufigen Auswaschens mit kaltem
Wasser. Zur Unterstützung dieser Behauptung kochte Hr. Schwarz Garancin mit Oel, und, ohne den holzigen Rückstand durch Filtriren
abzusondern, warf er das Ganze in kochendes Wasser und färbte darin ein bedrucktes
Zeugstück, welches weniger lebhafte Farben lieferte, die den Aviviroperationen nicht
widerstanden. Ich habe diesen Versuch wiederholt und vollkommen bestätigt
gefunden.
Um ohne Dazwischenkunst eines Oels zu ermitteln, ob die im Holzstoff des Garancins
zurückgehaltene Säure seinen Farbstoff modificirt und weniger haltbar macht,
digerirte ich 1 Th. Garancin mit 3 Th. Aetzammoniak mehrere Stunden bei gewöhnlicher
Temperatur; dieses Gemisch wurde im Wasserbad zur Trockne abgedampft, um alles
überschüssige Ammoniak zu verjagen. Beim Färben mit diesem Product erhielt ich satte
und lebhafte Farben; das Rosenroth und Violett hatten den bläulichen Ton, welcher
diesen Farben, wie man sie gewöhnlich mit Garancin darstellt, stets fehlt; ich habe
auch bemerkt, daß das mit Ammoniak behandelte Garancin Farben lieferte, welche den
Aviviroperationen merklich besser widerstanden, ohne jedoch so haltbar zu seyn wie
die mit dem öligen Extract erhaltenen.
Das Ausziehen des Krappfarbstoffs mittelst der fetten Oele gestattet vielleicht keine
unmittelbare und directe Anwendung in den Kattundruckereien, weil der Farbstoff nur
unvollständig ausgezogen wird und die Anwendung eines öligen Extracts zum Färben
viele Schwierigkeiten darbietet; die Versuche des Hrn. Schwarz haben uns aber mit einer wichtigen Thatsache bekannt gemacht: daß
nämlich die mit Garancin gefärbten Farben hauptsächlich deßwegen nicht so haltbar
sind wie die mit Krapp oder Krappblumen gefärbten, weil der
Holzstoff des Garancins noch Säure enthält; man ersieht daraus, daß es
keineswegs unmöglich ist, lebhaftere und haltbarere Farben zu erhalten als man nach
den in den Fabriken gebräuchlichen Verfahrungsarten bekommt. Diese Versuche sind
daher von hohem Interesse für alle diejenigen welche sich mit der Färberei
beschäftigen.