Titel: | Ueber die Kautschukwaaren-Fabrication von Fritz Sollier in Surène bei Paris; Bericht von Hrn. Jacquelain. |
Fundstelle: | Band 131, Jahrgang 1854, Nr. CI., S. 362 |
Download: | XML |
CI.
Ueber die Kautschukwaaren-Fabrication von
Fritz Sollier in
Surène bei Paris; Bericht von Hrn. Jacquelain.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement, August 1853, S. 422.
Jacquelain, über Sollier's
Kautschukwaaren-Fabrication.
Ich werde die Verarbeitung des Kautschuks in Sollier's
FabrikDiese Fabrik wurde im J. 1852 an die HHrn. Guibal
in Paris, rue Vivienne, verkauft. unter sechs Rubriken beschreiben.
Bereitung des gereinigten Kautschukteiges. – Aus
dem gereinigten Kautschukteig werden alle andern Kautschukproducte angefertigt.
Wie der Kautschuk aus Indien, Guyana und Brasilien zu uns gelangt, muß er nothwendig
zuerst bei Zutritt eines Wasserstrahls und zwischen Walzen bearbeitet werden, um ihn
von dem größten Theil der fremdartigen Körper mineralischen und pflanzlichen
Ursprungs zu befreien, die sich dem eingesammelten Safte, während er der Luft ausgesetzt ist,
anhängen.
Hat man es mit Kautschuk in Blöcken zu thun, so werden diese zuvörderst in etwa 5
Millimeter dicke Blätter geschnitten, indem man diese Masse perpendiculär dem dünnen
und schneidenden Rand einer Scheibe von Stahl darbietet, welche sich mit großer
Geschwindigkeit um eine horizontale gußeiserne Achse bewegt. Der auf diese Scheibe
herabfallende Wasserstrahl hat den Zweck, die Scheibe und den Kautschuk beständig
abzukühlen und so das Zerschneiden zu erleichtern.
Ist aber der rohe Kautschuk schon so dünn wie dickes Leder, so braucht man ihn nur
mehrmals zwischen zwei horizontalen Walzen hindurchzulassen, welche sich mit
verschiedener Geschwindigkeit drehen und auf welche beständig kaltes Wasser fließt,
welches die erdigen Beimengungen lockert und wegführt.
Der Kautschuk gleicht alsdann zerrissenem oder unregelmäßig löcherigem Papier.
Nachdem diese mechanische Reinigung und Zertheilung des Kautschuks bewirkt und
derselbe wieder an der Luft getrocknet ist, bringt man 100 Kilogr. Kautschuk und 400
Kil. rectificirtes Terpenthinöl in viereckige hölzerne Kasten von 80 Centimeter
Seite, welche inwendig mit stark verzinntem Eisenblech gefüttert sind. Man rührt die
Mischung von Zeit zu Zeit um. 24 Stunden reichen gewöhnlich hin, damit das
Terpenthinöl den Kautschuk durchdringt, seinen Zusammenhang aufhebt, ihn aufschwellt
und in eine steife Gallerte verwandelt.
Diese teigige Masse wird nun in die verschiedenen Abtheilungen von Behältern aus
verzinntem Eisenblech gebracht, deren cylindrische Seitenflächen sowohl, wie der
Boden und die Querwände zwischen den Abtheilungen mit zahlreichen Löchern versehen
sind. Diese Behälter stellt man, zu acht über einander, in eine hohle kupferne
Säule, die am untern Ende mit dem Hals einer Blase, am oberen mit einem Helme und
Schlangenrohr in Verbindung steht.
Zwei Reservoirs, das eine mit Wasser, das andere mit Terpenthinöl gefüllt, speisen
die Blase in dem Maaße als diese beiden Flüssigkeiten, welche anfangs in dieselbe
gebracht worden, sich in Dämpfe verwandeln, und nachdem die
Terpenthinöl-Dämpfe durch alle Kautschukbehälter circulirt haben, verdichten
sie sich in dem Schlangenrohr.
Nachdem das Hindurchleiten der Dämpfe zwei Stunden gedauert hat, hat der
Kautschukteig eine gleichmäßige Temperatur angenommen, ist zugleich flüssiger
geworden, jedoch nicht in dem Maaße, daß die Masse durch die Löcher der Behälter
ausfließen könnte.
Der Kautschukteig wird nun sogleich in den Cylinder einer Fadennudelpresse gebracht,
auf dessen Boden man vorher 4–5 Drahtgewebe oft von der Feinheit Nr. 100
gelegt hat. Er wird dann noch warm mittelst des Stempels hindurchgepreßt und fließt,
gereinigt von allen fremdartigen Körpern, welche von den Drahtgeweben zurückgehalten
werden, aus dem Cylinder heraus. Die zur Aufbewahrung dieses Teiges dienenden Kisten
werden aus Holz gefertigt und mit Weißblech gefüttert.
Wasserdichte Zeuge. – Soll ein Gewebe mit diesem
Kautschukteig wasserdicht gemacht werden, so wird ein Stück desselben von 33 Metern
Länge in Form eines endlosen Tuches auf zwei hölzernen Trommeln ausgespannt, die man
durch eine Kurbel in Bewegung setzt; die Dicke jeder aufzutragenden Schicht bestimmt
der Zwischenraum zwischen dem Gewebe und einem eisernen Querlineal, welches in jedem
beliebigen Abstand von dem Gewebe und stets parallel zu demselben angebracht werden
kann.
Nun gießt ein Arbeiter seinen Teig entweder unmittelbar oder durch einen Trichter
längs einer Seite des Lineals auf das Gewebe, während ein anderer den Zeug durch
Drehen der Kurbel in Bewegung setzt, so daß er unter dem Teig und dem Lineal
weggleitet. Der etwas abgerundete und ganz gerade untere Rand des Lineals breitet
die Masse in einer gleichmäßigen Schicht auf dem Gewebe aus. Ein Zeug, auf welchen
man wenig Kautschukmasse aufträgt, erhält gewöhnlich 5 bis 8, ein dicker
bestrichener bis zu 15 Schichten.
Um ein ganz gutes Anhaften aller Schichten zu bezwecken, ferner ein klebriges
Anfühlen oder von eingeschlossener Luft herrührende, kleine Bläschen zu vermeiden,
endlich damit der Zeug so schnell als möglich seinen Terpenthinölgeruch verliert,
muß man nothwendig, ehe eine neue Schicht aufgetragen wird, das vollständige
Trocknen der vorhergehenden Schicht abwarten. Zum Auftragen einer Schicht sind
gewöhnlich 10 Minuten, zum Trocknen derselben 10 bis 15 Minuten erforderlich.
Soll ein Zeug auf beiden Seiten mit Kautschuk überzogen werden, so muß die ganze
Seite, welche mit dem Ueberzug schon versehen worden ist, reichlich mit Talk
bepudert, auf den Trommeln umgewendet und der Kautschuküberzug auf der andern Seite
ebenso angebracht werden.
Oft verbindet man zwei Zeuge mit einander durch eine zwischen ihnen befindliche Lage
von Kautschuk. In diesem Falle trägt man nur eine oder zwei Schichten auf einen der
Zeuge auf und rollt ihn, wenn der Ueberzug trocken ist, auf eine Walze. Dem andern
auf die Trommeln ausgespannten Zeuge gibt man 6 bis 8 Schichten von Kautschukteig,
bringt dann das Ende des ersteren Gewebes an der mit Kautschuk überzogenen Seite mit
demselben in
Berührung und dreht nun an der Kurbel, wobei das mit 8 Kautschukschichten versehene
Gewebe das andere vermöge der Adhäsion der Kautschukmasse mit fort- und von
der Walze abzieht, und beide sich zu einem einzigen Stücke verbinden.
Um diese Adhäsion vollkommen zu machen, läßt man dieses Stück zuletzt durch ein
Walzwerk gehen.
Blätter von reinem Kautschuk. – Wie wir gesehen
haben, ist die Fabrication der wasserdichten Zeuge eine Operation, welche im
Wesentlichen mit der in den Apotheken gebräuchlichen Anfertigung der auf Leinwand
aufgestrichenen Diapalmae- und Diachylon-Pflaster (Sparadrap) übereinstimmt.
Angenommen nun, man wolle statt den Kautschuk auf einen Zeug aufzutragen, ein
Kautschukblatt von 30 Meter Länge, 1,30 Met. Breite und 1 Millimet. Dicke
anfertigen, so trägt man zu diesem Behufe auf ein endloses Tuch eine oder zwei
Schichten Mehlkleister auf, und nachdem dieser Ueberzug trocken ist, bringt man, wie
bei der Darstellung der wasserdichten Zeuge, die erforderliche Anzahl von
Kautschukschichten über einander an. Um ein Kautschukblatt von 1 Millimeter Dicke zu
erhalten, sind gewöhnlich 40 Schichten von Kautschukteig erforderlich. Jede Schicht
erfordert zum Auftragen 10 Minuten und zum Trocknen etwa 25 Minuten. Die 30 Meter
lange Fläche würde sonach zu ihrer Vollendung 24 Stunden erheischen; da aber das
Trocknen der Schichten in dem Maaße, als das Blatt an Dicke zunimmt, langsamer
erfolgt, so sind, um ein compactes und homogenes Kautschukblatt fertig zu erhalten,
48 Stunden Zeit erforderlich. Da die erste Kautschukschicht an ihrer Unterlage, dem
Mehlkleister, nicht so stark haftet, wie die Kautschuktheile unter sich adhäriren,
so kann das Kautschukblatt von seiner Unterlage abgelöst werden, ohne im mindesten
zu zerreißen, besonders wenn man das endlose Tuch an der andern Seite schwach
befeuchtet.
Ein einziger Uebelstand zeigte sich dabei bisher, und diesen wußte Hr. Sollier geschickt zu beseitigen. So sorgfältig man
nämlich den Mehlkleister bereiten und auftragen mochte, so bekam das endlose
Leinentuch doch immer Runzeln und Rauhheiten, welche sich auf dem Kautschukblatte
abprägten, so daß dieses nur auf einer Seite glatt ausfiel. Wenn man aber auf das
endlose Tuch zuerst eine Mischung von Mehlkleister und Melasse aufträgt, dann
darüber mehrere Schichten eines Gemisches von Tischlerleim und Melasse, so erhält
man eine geschmeidige und glänzende Unterlage, welche ein auf beiden Seiten
vollkommen glattes Kautschukblatt liefert.
Die hier beschriebenen Manipulationen zur Darstellung der reinen Kautschukblätter
sind in gleicher Weise vorzunehmen bei der Fabrication von Blättern aus durch
Incorporation geschwefeltem oder aus geschwefeltem und zugleich in der Masse
gefärbtem Kautschuk.
Blätter von geschwefeltem und in der Masse gefärbtem
Kautschuk. – Es versteht sich, daß für die erstem Blätter dem
Kautschukteig eine gewisse Menge Schwefel, und für die letztem außer dem Schwefel
noch Farbstoffe beigemischt werden müssen.
Die Schwefelblumen eignen sich wegen ihrer feinen Zertheilung, wenn sie ganz frei von
Schwefelsäure und trocken sind, zu diesem Zweck vortrefflich. Die Farbstoffe müssen
ebenfalls vollkommen trocken und sehr fein zertheilt seyn.
Je nachdem nun der Kautschukteig z.B. grau, weiß, blau, roth etc. werden soll,
benutzt man Schwefel allein, oder Schwefel und Zinkoxyd, oder künstlichen
Ultramarin, oder Zinnnober mit Schwefel und Zinkoxyd gemengt. Bei der gallertartigen
Consistenz des Kautschukteigs und seiner Klebrigkeit eignet sich zum Vermischen
desselben mit diesen Stoffen am besten eine Reibmaschine mit massiven Cylindern, die
durch Dampf bewegt wird.
Die Masse wird zweimal in dieser Maschine bearbeitet; die erste Bearbeitung dauert
für 60 Kubikcentimeter Masse ungefähr eine Stunde, die letzte nicht weniger als
sechs Stunden.
Da diese Bearbeitung stets einen Verlust an Terpenthinöl zur Folge hat, wodurch der
Teig dicker wird, und da der Zusatz pulveriger Stoffe in demselben Sinne wirkt, so
muß man, um das Reiben zu erleichtern und die Erhitzung der Cylinder zu vermindern,
dem so zu behandelnden Teige etwas mehr Terpenthinöl zusetzen.
Auf diese Weise erhält man ganz homogene, sehr zarte Kautschukteige von verschiedenen
Farben, aus denen durch Formen und Pressen Gegenstände der mannichfaltigsten Art
verfertigt werden können.
Vulcanisiren. – Der Hauptzweck des Vulcanisirens
ist, den Kautschuk weniger veränderlich zu machen durch die Abwechslung von Wärme
und Kälte unter dem Einfluß der atmosphärischen Feuchtigkeit. Der vulcanisirte
Kautschuk besitzt nämlich eine größere und dauernde Elasticität als der gewöhnliche;
er wird bei der Temperatur von 32° R. nicht so weich, unter dem Einfluß der
Sonnenstrahlen nicht so klebrig, bei anhaltender Kälte von – 4° R.
nicht mehr rissig und hart, und nimmt, selbst einem starken und andauernden Drucke
ausgesetzt, nach Aufhören desselben seine Elasticität und seine frühem Dimensionen
wieder an.
Da der vulcanisirte Kautschuk in der Regel 10 Proc. Schwefel enthält, so kommt dem
Fabrikanten der entsprechende Preis-Unterschied zwischen Schwefel und
Kautschuk zu gut.
Man kennt gegenwärtig vier Verfahrungsarten den Kautschuk zu vulcanisiren:
1) Das Einverleiben von Schwefelblumen und darauf folgendes Erhitzen der Masse auf 92
bis 104° R. (Im J. 1843 dem Hrn. Godyear
patentirtes Verfahren.)
2) Das Eintauchen des Kautschuks in geschmolzenen und auf 92 bis 96° R.
erhitzten Schwefel, bis er 1/10 oder 1/6 seines Gewichtes davon absorbirt hat;
darauf erhitzt man den Kautschuk auf 120 bis 144 R., je nach der Dicke des
Gegenstandes längere oder kürzere Zeit (Am 9. Sept. 1843 dem Thomas Hancock in England patentirtes Verfahren.)
3) Man taucht den Kautschuk in der Kälte etwa zwei Minuten lang in eine Mischung von
Schwefelkohlenstoff und Chlorschwefel, setzt ihn einer Wärme von 15° R. aus,
wascht ihn mit Kalilösung, dann mit Wasser, und trocknet ihn an der Luft. (Dieses
Verfahren wurde am 1. October 1846 dem Hrn. Parkes in
London patentirt.)
4) Man taucht den Kautschuk drei Stunden lang in eine wässerige Lösung von
Fünffach-Schwefelkalium von 25° Baumé, wäscht mit Alkalilösung,
dann mit Wasser, und trocknet an der Luft. (Verfahren, welches sich Gérard und Aubert am 6.
Nov. 1851 in Frankreich patentiren ließen.)
Hr. Sollier verfährt beim Vulcanisiren seiner Producte
nach den Methoden von Godyear und Hancock, je nachdem er mit geschwefeltem oder nicht geschwefeltem
Kautschukteige arbeitet; er wendet aber dabei gewisse Vorsichtsmaßregeln an, die als
wesentliche Verbesserungen zu betrachten sind.
Vor Hrn. Sollier's Patent vom 12. August 1849 war kein
Verfahren bekannt, um sehr lange Kautschukblätter gleichförmig zu vulcanisiren. Hr.
Sollier kam auf den Gedanken, das Kautschukblatt in
verticaler Lage und im ausgespannten Zustande in dem Schwefelbade anzubringen, indem
er den obern Rand des Blattes an einander nahen Stellen an einer kreisförmig
gebogenen eisernen Stange in dem oberen Theile des Schwefelbades, und den unteren
Rand an einer ähnlichen durch Gewichte am Boden des Bades niedergehaltenen Stange
befestigt.
Um noch längere Kautschukblätter im Bad zu vulcanisiren, befestigt er sie in gleicher
Weise an zwei spiralförmig gebogenen Stangen, von denen nach dem Einsenken in das
Schwefelbad die eine oben, die andere unten in demselben sich befindet. Auf diese
Weise wird der Kautschuk vom Schwefel gleichmäßig durchdrungen, ohne daß sich Falten
oder Blasen bilden.
Das Schwefelbad wird von Hrn. Sollier auch als Wärmequelle
zum Erhitzen des durch Incorporation geschwefelten Kautschuks benutzt, was viel
ökonomischer ist, als die Anwendung eines besondern, auf 92 bis 108° R.
erhitzten Raumes. Dieses Verfahren (vulcanisation close)
kommt sowohl bei den Blättern aus geschwefeltem Kautschuk, wie bei den mit
geschwefeltem Kautschuk überzogenen Zeugen in Anwendung. Soll nämlich ein Zeug,
welcher den Kautschuküberzug erhalten hat, vulcanisirt werden, so wird derselbe,
sobald die aufgetragenen Schichten trocken sind, mit Talk überpudert, um die
Adhäsion zu verhüten, und dann auf einen Muff (hohlen Cylinder) von Eisenblech
gerollt; das Ganze wird hierauf ein paarmal mit Multon umwickelt, auf die hölzerne
Achse eines Cylinders von Eisenblech gesteckt und auf dessen Oeffnung ein Deckel
gelegt, welcher den inneren und äußeren Cylinder zugleich verschließt. An dem
letztern befinden sich zwei kleine Kamine, welche die Gase ausströmen lassen und
zugleich gestatten, an Kautschukproben gleicher Art wie der in Behandlung
befindliche Zeug, die man auch in den Apparat gebracht hat, den Zeitpunkt zu
erkennen, wo man den Cylinder aus dem Schwefelbade herausnehmen muß, in welchem man
ihn durch Stangen und Gewichte befestigt hatte.
Gewöhnlich sind bei den mit Kautschuk überzogenen Zeugen vier Stunden, und bei dem
nicht mit einem Gewebe verbundenen Kautschuk zwei Stunden zum Vulcanisiren
erforderlich. Uebrigens hängt die Dauer der Erhitzung auch von der Dicke der zu
behandelnden Stücke, so wie auch davon ab, ob sie die Temperatur des Bades durch
Vermittlung einer Büchse aus Eisenblech oder einer bronzenen Form empfangen.
Beim Vulcanisiren kleiner Gegenstände benutzt Sollier
manchmal Papiersäcke welche stark mit Mehlkleister überzogen sind, um die
Infiltration von Schwefel zu verhüten. Durch diese verschiedenen, am 15. September
1851 patentirten Methoden vermeidet Sollier das
langweilige Abreiben des anhängenden Schwefels, welches früher erforderlich war, als
die Gegenstände zum Theil ohne Umhüllung in das Schwefelbad getaucht wurden.
Sollier benutzt also das Schwefelbad theils zum Schwefeln
des Kautschuks, theils als Wärmequelle, je nachdem er ein directes oder indirectes
Vulcanisiren anwendet. Sein Schwefelbad hat 80 Centimeter Tiefe und 2,25 Meter
Durchmesser; es wird mit wenig Steinkohlenklein leicht auf 92° R.
erhalten.
Nach dem Vulcanisiren besitzt der Kautschuk noch einen unangenehmen Geruch, seine
Farbe ist matt, er fühlt sich trocken und mehlig an, und seine Oberfläche überzieht
sich bald mit Schwefelpulver, was oft mehrere Monate fortdauert.
Alle diese Uebelstände werden dadurch beseitigt, daß man die Oberfläche des
Kautschuks mehr oder weniger tief entschwefelt, indem man den Kautschuk zuerst
1–2 Stunden lang in Kalilösung von 35° Baumé und dann in
unterchlorigsaurem Natron kocht, hierauf mit kaltem Wasser wäscht und an der Luft
trocknet. Nach diesen verschiedenen Behandlungen ist der Kautschuk in der Regel
weicher anzufühlen, zeigt angenehmere Farben, und besitzt, je nachdem die
Entschwefelung mehr oder weniger tief ging, die Durchscheinheit des reinen
Kautschuks.
Firniß für den Kautschuk. – Hr. Sollier war bemüht, einen Firniß zu erfinden, welcher dem
vulcanisirten Kautschuk Glanz und Weichheit ertheilt, und der dabei eben so
unveränderlich ist wie dieser. Um einen solchen Firniß zu bereiten, schmilzt man
vulcanisirten Kautschuk in einem gußeisernen Gefäße unter beständigem Umrühren;
sobald er vollkommen flüssig ist, setzt man Terpenthinöl, Steinöl oder rectificirtes
Steinkohlentheeröl in kleinen Mengen zu, bis die Flüssigkeit aus 1 Theil
vulcanisirtem Kautschuk und 15 Thln. des Auflösungsmittels besteht.
Diese Flüssigkeit, welche nöthigenfalls filtrirt werden muß, wird in einer oder zwei
Schichten aufgetragen, jedoch in Vermischung mit einer Auflösung von gewöhnlichem
Kautschuk, um dem Firniß mehr Geschmeidigkeit zu geben.
Der Ueberzug besitzt um so mehr Glanz, je klarer und verdünnter die gemischte
Auflösung aufgetragen wurde und je sorgfältiger, namentlich vor Staub geschützt, das
Trocknen geschah. Auf diesen Firniß nahm Hr. Sollier am
7. October 1850 ein Patent.
Am 15. Januar 1851 ließ sich Sollier folgende Mischung
patentiren:
vulcanisirter Kautschuk
0,25 Kilogr.,
gewöhnlicher
Kautschuk
1,00 „
ätherisches Oel
7,00 „
Kleine Gegenstände braucht man nur in diesen Firniß einzutauchen und dann der Sonne
auszusetzen, um einen glänzenden, geschmeidigen und fest haftenden Ueberzug zu
erhalten. Man kann auf folgende Weise verfahren: wenn ein Kautschukblatt fast fertig
ist, überzieht man es mit einer oder zwei Schichten reinsten verdünnten Kautschuks,
läßt sie trocknen und überpudert sie mit Schwefel, worauf die Einwirkung einer Wärme
von 32° R., dann das Vulcanisiren und zuletzt die Entschwefelung, das Waschen
mit Wasser und das Trocknen an der Luft folgt.
Die Idee, den Kautschuk an der Oberfläche zu färben, rührt von Storow her (1837). Die Anwendung von Kupfersalzen, für sich allein oder in
Verbindung mit schwefelsaurem Indigo, diejenige des Ultramarins, Zinnobers,
essigsauren Kupfers, chromsauren Bleies, Uranoxyds, Bleiweißes etc. ließ sich Parkes in London am 1 October 1846 patentiren. Hr. Sollier zieht die Schwefelmetalle (mit Ausnahme des
Auripigments) mit Recht als Farbstoffe vor; die künstlichen Ultramarine, welche
schöne blaue, gelbe und grüne Farben liefern, erleiden nämlich bei der Temperatur
des Vulcanisirens durch den überschüssigen Schwefel nicht die geringste Veränderung.
Das für Gelb benutzte Auripigment sollte als giftig verboten und wo möglich durch
das Schwefelcadmium ersetzt werden. Was Hrn. Sollier vor
seinen Vorgängern auszeichnet, ist die Wahl der Farbstoffe und vorzüglich die
gleichförmige Einverleibung derselben mittelst der Reibcylinder.
Hr. Sollier verarbeitet auch den Kautschuk von Assam,
wovon Kilogr. 1 Frk. 75 Cent, kostet (während der Kautschuk von Para [Brasilien] auf
4 Franken zu stehen kommt) und ist deßhalb im Stande z.B. gute Tücher zu Wagendecken
(statt der getheerten oder gefirnißten) zu 3 Fr. per
Quadratmeter zu liefern.