Titel: | Neue Verfahrungsarten zum Reinigen des Getreides vom Kornwurm, wofür die französische Akademie der Wissenschaften Preise zuerkannte. |
Fundstelle: | Band 131, Jahrgang 1854, Nr. CV., S. 395 |
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CV.
Neue Verfahrungsarten zum Reinigen des Getreides
vom Kornwurm, wofür die französische Akademie der Wissenschaften Preise
zuerkannte.
Nach den Comptes rendus, Januar 1854, Nr.
5.
Verfahrungsarten zum Reinigen des Getreides vom
Kornwurm.
Der Kornwurm zeigte sich seit dem Anfang dieses Jahrhunderts in vierzehn Departements
Frankreichs, welche zusammen eine Fläche von 2000 Quadratmeilen einnehmen, und
besonders haben in vier Departements im Jahr 1849 und 1850 die Verheerungen
desselben einen sehr beträchtlichen Theil der Ernte aufgezehrt; im Allier z.B.
betrug der Verlust 20 Procent des 1850 geernteten Getreides, in weniger als drei
Monaten verlor auf vielen Pachthöfen das Getreide 80 bis 90 Procent an Gewicht.
Das vom Kornwurm angegriffene Getreide verursacht den Arbeitern welche dasselbe
dreschen und werfen, meistens heftige Spannung der Fibern. Der von solchem Getreide
entweichende Staub verschlimmert die geringste Schramme, und die Heilung der
Aufschärfungen oder Wunden, welche bei solchen Arbeitern häufig vorkommen, wird
durch ihn bedeutend verzögert.
Das Brod welches mit dem vom Kornwurm angegriffenen Getreide bereitet wurde, ist
schon wegen seines Geruchs und seiner Consistenz oft ungenießbar, und wird überdieß
als schädlich betrachtet; man schreibt ihm einige Krankheiten der Eingeweide oder
der Leber zu, welche an Orten beobachtet wurden wo der Kornwurm seine Verheerungen
anrichtete. Gewiß ist, daß selbst solche Thiere welche das Korn am gierigsten
fressen, wie die Hühner,
die Mäuse und sogar die Schweine, das vom Kornwurm angegriffene Getreide unberührt
lassen.
Es ist daher in mehrfacher Hinsicht eine Sache von der größten Wichtigkeit, das
Getreide vom Kornwurm befreien zu können, ohne daß es dadurch für seine Verwendung
zur Brodbereitung oder zur Saat im geringsten benachtheiligt wird, und ohne daß beim
Reinigen solchen Getreides die Arbeiter dem Einfluß des aus demselben entweichenden
Staubes ausgesetzt werden. Die Akademie hat deßhalb aus der Montyon'schen Stiftung (zur Belohnung von Erfindungen durch welche ein
Gewerbe weniger ungesund gemacht wird) drei Preise denjenigen Personen zuerkannt,
welche Reinigungsmethoden für das Getreide entdeckt haben, die sich bei der
Anwendung im Großen bewährten.
Erster Preis. – Denselben erhielt ein Landwirth,
Hr. Arnaud, welcher schon im Jahr 1839, wo er die
Dreschmaschine auf feinem Gute einführte, die Beobachtung machte, daß diese Maschine
ein vom Kornwurm gereinigtes Getreide liefert. Er bemühte sich dann mit Erfolg, die
Dreschmaschine so abzuändern, daß sie für das vom Kornwurm angegriffene Getreide
anwendbar ist, dessen Stroh zu leicht bricht als daß die jetzt gebräuchlichen
Dreschmaschinen zu diesem Zweck benutzt werden könnten.
Hr. Arnaud wendet seine modificirte Dreschmaschine (machine à battre) bereits seit acht Jahren auf
seinem Gute an, und während in seiner Nachbarschaft der Kornwurm bedeutende
Verheerungen anrichtet, wird seine Ernte von demselben gereinigt; das Insect findet
sich weder in seinen Speichern noch in seinem Saatkorn.
In denjenigen Bezirken, wo der Kornwurm sich häufig zeigt, sollten daher Arnaud'sche Dreschmaschinen von den Gemeinden zum
allgemeinen Gebrauch angeschafft werden; eine solche Maschine kostet beiläufig 1500
Franken.
Zweiter Preis. – Derselbe wurde Hrn. Herpin zuerkannt, welcher schon im Jahr 1842 beobachtete,
daß das vom Kornwurm angegriffene Getreide durch heftige Erschütterungen von
demselben befreit wird; er folgert aus dieser Wahrnehmung, daß eine zweckmäßig
abgeänderte Putzmühle ein guter Reinigungsapparat seyn muß. Es ist sehr zu wünschen,
daß Hr. Herpin im Verfolg seiner Versuche den Beweis
liefert, daß die so abgeänderte Putzmühle mit Vortheil zur Behandlung großer Massen
von Getreide behufs der Reinigung vom Kornwurm angewandt werden kann, denn diese
Maschine ist bekanntlich sehr verbreitet.
Dritter Preis. – Derselbe wurde Hrn. Doyère, einem geschickten Naturforscher,
zuerkannt, welcher seit langer Zeit mit gründlichen Forschungen über den Kornwurm
beschäftigt ist.
Hr. Doyère hat eine streng wissenschaftliche
Untersuchung und genaue Versuche in großem Maaßstab über drei Methoden zum Reinigen
oder Conserviren des Korns angestellt: über die Anwendung der Wärme, das Schlagen
(Erschüttern), und die Benutzung der Silos.
Er bewies, daß das vom Kornwurm heimgesuchte Getreide von den Insecten durch bloße
Erhöhung der Temperatur auf 55° Celsius (44° Reaumur) befreit werden
kann, welche Temperatur ohne Einfluß auf den Keim und auf den Kleber ist. Er fand
ferner, daß das vom Kornwurm angegriffene Getreide, wenn man es heftigen und
wiederholten Stößen aussetzt, von seinen Feinden gereinigt wird. Diese zwei
Principien benutzte Hr. Doyère zur Construction
zweier Apparate, welche mit vollständigem Erfolg im Großen versucht worden sind. In
dem ersten wird die Reinigung durch die bloße Wärme bewirkt; in dem zweiten (tue-teigne genannt) geschieht dieß durch
wiederholte Stöße.
Die Versuche welche zu Bourges im Großen und öffentlich angestellt wurden, ließen
über die Wirksamkeit seiner Apparate keinen Zweifel übrig, und man benutzt dieselben
seitdem in Versailles zum Reinigen des Korns vor seiner Ablieferung in die
Armeemagazine.
Man mag übrigens das Erwärmen oder das Schlagen (Erschüttern) des Korns anwenden, so
betragen die Reinigungskosten nicht über 15 Centimes per
Hektoliter.
Hr. Doyère hat sich überzeugt, daß wenn man das
Getreide, welches in der Maschine mit heißer Luft behandelt worden ist, dann mit
Vorsichtsmaßregeln, die bei der Praxis im Großen leicht zu beobachten sind, in Silos
bringt, dasselbe sich länger conservirt als es je erforderlich ist. Seine
Rathschläge in dieser Hinsicht hat der Gouverneur von Algerien zum Verproviantiren
der Armee angenommen.