Titel: | Ueber die Fabrication von Kohlen-Cylindern zu galvano-elektrischen Batterien; von Eduard Greßler in Erfurt. |
Fundstelle: | Band 131, Jahrgang 1854, Nr. CXX., S. 437 |
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CXX.
Ueber die Fabrication von Kohlen-Cylindern
zu galvano-elektrischen Batterien; von Eduard Greßler in Erfurt.
Aus der Zeitschrift des
deutsch-österreichischen Telegraphen-Vereins, Februar 1854, S.
57.
Greßler, über die Fabrication von Kohlen-Cylindern zu
galvano-elektrischen Batterien.
Die Kohle bildet in der Spannungsreihe der galvano-elektrischen Stoffe eines
der äußersten Glieder auf elektro-negativer Seite,
und steht in dieser Beziehung noch über dem elektro-negativsten Metalle, dem
Platin, während auf der entgegengesetzten Seite, der elektro-positiven, das Zink unter den Metallen den äußersten
Standpunkt einnimmt. Kohle in Cylinderform wurde zuerst von Bunsen zur Erzeugung des galvanischen Stromes angewendet. Zur Darstellung
der Kohlen-Cylinder wurde ein Gemenge von gepulverten Kohks und gepulverten
Steinkohlen in eiserne Formen gefüllt, festgestampft und so der Glühhitze
ausgesetzt; die geglühte, in hohem Grade poröse Masse wurde dann mit so viel rohem
dicken Zuckersyrup getränkt, als sie aufzunehmen vermochte, und nun von Neuem der
Glühung unterworfen. Letzteres Verfahren wurde mehreremal wiederholt, bis die
Kohlen-Cylinder diejenige Dichtheit und Festigkeit erlangt hatten, welche man
erreichen wollte, worauf schließlich das Fabricat noch zum Weißglühen erhitzt
wurde.
In Beziehung auf kräftige und constante Stromentwickelung lassen so bereitete
Kohlen-Cylinder nichts zu wünschen übrig, doch sind sie leicht zerreibbar und
zerbrechlich; auch müssen sie zur Erlangung einer regelmäßigen Form in der Regel
noch abgedreht werden, so daß die Bereitung überaus schwierig und umständlich, und
die Ausbeute an ganzem und brauchbarem Fabricate verhältnißmäßig gering ist.
Gegenwärtig wird folgendes Verfahren bei Fabrication der Kohlen-Cylinder
angewendet, welches einfacher und sicherer ist und bei gehöriger Sorgfalt
Kohlen-Cylinder von vortrefflicher elektromotorischer Wirkung und Haltbarkeit
liefert.
Gute Kohks werden auf einer Pferdemühle gepulvert und mit Steinkohlentheer zu einer
plastischen Masse verarbeitet; dieser Masse wird am besten durch Einpressen in eine
sauber ausgedrehte und polirte Messingmatrize diejenige Form gegeben, welche das
Fabricat erhalten soll; dann wird sie einige Tage in einem verschlossenen Raume zum
Trocknen aufgestellt, und endlich in dem geschlossenen Raume eines Glühofens, vor
der directen Berührung mit der Flamme geschützt, stark gebrannt.
Das Brennen geschieht bei anfangs schwachem, allmählich aber bis zur Weißglühhitze
gesteigertem Feuer; nachdem zuletzt 6 bis 8 Stunden hindurch Weißglühhitze
unterhalten worden, läßt man das Feuer erlöschen und nimmt die Kohlen erst nach
vollständiger Abkühlung des Ofens heraus.
Der zur Aufnahme der Kohlen-Cylinder bestimmte Raum im Ofen ist rund, und nach
verschiedenen Seiten hin mit verschließbaren Oeffnungen versehen. Einige dieser
Oeffnungen, und zwar die von der Feuerung abgewendeten, werden beim Beginn der
Arbeit offen gehalten, um den sich bildenden flüchtigen Stoffen und Gasen den Abzug
zu gestatten. Während der eigentlichen Glühoperation sind alle Oeffnungen
geschlossen. An seinem unteren Theile, unterhalb obiger Abzugscanäle, besitzt der
Ofen andere verschließbare Oeffnungen, um das Fabricat während der Arbeit beobachten
und hiernach die Feuerung leiten zu können. Bis jetzt wurde die Feuerung mit Holz
bewirkt.
Auf diese Weise lassen sich künstlich geformte Kohlen von höchster elektromotorischer
Wirkung in den verschiedenartigsten Formen und Größen darstellen, ohne daß nach dem
Glühen zur Erlangung einer Gleichmäßigkeit oder besonderen Gestalt weder ein
Abdrehen, noch irgend eine Bearbeitung weiter erforderlich wäre. Es werden in der
Fabrik des Verfassers Kohlen-Cylinder von 3 Zoll Höhe und 2 Zoll Durchmesser
bis 12 Zoll Höhe und 8 Zoll Durchmesser, sowie massive Kohlenrollen derselben und
anderer Größen, und massive Kohlenplatten zu Trogapparaten von verschiedener Gestalt
und von verschiedener Größe und Dicke angefertigt; auf Verlangen werden auch dazu
passende Thonzellen, wie auch nach den besten Constructionen und den neuesten
Erfahrungen gefertigte vollständige Batterien geliefert.
Auch werden diese Kohlenfabricate: Kohlencylinder, Kohlenrollen, Kohlenplatten,
Kohlenspitzen zu Glühversuchen u.s.w., in jeder anderen gewünschten Form und Größe,
nach Zeichnungen oder Modellen, auf Bestellung hergestellt.
Die so gefertigten, künstlich geformten Kohlen sind ziemlich hart, von durchaus
gleichmäßiger Dichte und Farbe, stahlgrau und sehr porös.
Obschon die Anfertigung der Kohlen-Cylinder auf diesem Wege sicherer und
zweckmäßiger ist, als nach der Eingangs erwähnten ursprünglichen Methode, so sind
dabei dennoch mehrfache Schwierigkeiten zu überwinden und mehrfache Bedingungen
sorgfältig zu berücksichtigen, und dennoch ist selbst bei hinlänglicher Erfahrung
und sorgfältigster Umsicht ein verhältnißmäßig ansehnlicher Ausschuß an mißrathenem
Material, und mitunter selbst das Mißlingen eines ganzen Brandes nicht immer zu
vermeiden.
Zunächst muß, nach Qualität der Kohks und nach ihrem großem oder geringem
verhältnißmäßigen Gehalt an Kohle, der Steinkohlentheer gewählt werden, und zwar so,
daß, je reicher die Kohks an Kohle sind, um so dünnflüssiger der Theer; und
umgekehrt, wenn die Kohks an Kohle ärmer sind, ein um so concentrirterer Theer zur
Bereitung der Masse angewendet wird.
Die sehr sorgfältige Berücksichtigung und Prüfung beider Bestandtheile ist um so
unerläßlicher, da sowohl Kohks wie Theer, selbst aus denselben Quellen bezogen, bei
verschiedenen Lieferungen nie von gleichmäßiger Beschaffenheit erlangt werden.
Bei fehlerhafter Zusammensetzung der Masse ist nicht nur die Hauptarbeit, das Glühen,
schwieriger, so daß verhältnißmäßig viel Ausschuß erhalten wird, der Brand auch wohl
gänzlich mißräth, sondern es fehlt auch dem Fabricate der nöthige Zusammenhang und
die erforderliche elektromotorische Kraft.
Ist die richtige Zusammensetzung der Masse, das mit den Händen und geeigneten
Holz- und Metall-Instrumenten stattfindende Einpressen derselben in
Formen, das Herausnehmen der geformten Masse ohne Zerbrechen oder Abstoßen einzelner
Theile und Randstücke, und endlich das bis zu einem gewissen Grade in einem
verschlossenen Raume an der Luft stattfindende Ab- und Austrocknen derselben
sachgemäß erfolgt, dann werden die Kohlen-Cylinder auf unterlegte getrennte
Thonstücke in den Glühofen eingesetzt, und wie oben angegeben, gebrannt.
Die Dauer der ersten Periode des Brandes, vom Beginn des Feuerns bis zur Erreichung
der Weißglühhitze, ist nach Beschaffenheit der im Ofen stehenden
Kohlen-Cylinder abzumessen; die Weißglühhitze darf dann erst eintreten, wenn keine Gase mehr entweichen, folglich die
Verbindung und Umwandlung der eingesetzten Masse zu gleichförmiger Kohle
stattgefunden hat. Dieser Zeitraum währt etwa zwei Stunden; die Leitung und
Steigerung der Hitze während dieser Periode ist die eigentliche Kunst des Arbeiters,
und von ihrer umsichtigen Führung hängt das Gelingen der Operation ab. Wird zu
Anfang des Brandes, nachdem die flüchtigen Theile des angewandten Steinkohlentheers
ausgetrieben worden und nun die Zersetzung und Verbindung des Rückstandes mit den
Kohks zu gleichförmiger Kohlenmasse erfolgt, die Hitze nur um etwas zu schnell
verstärkt, so bläht sich die Kohlenmasse auf, wird blasig und wie mit kleinen Pocken
übersäet und durchsetzt, welche entweder sogleich oder bei dem spätem Gebrauche
zerfallen.
Wenn entgegengesetzten Falles in dieser Periode das Feuer zu langsam gesteigert wird,
so daß die geformten Kohlen eine verhältnißmäßig zu lange Frist in diesem Stadium
des Glühens verbleiben, so sinken sie formlos zusammen und sind noch viel weniger
brauchbar, als die blasigen Fabricate.
An der Schwierigkeit, einmal der richtigen Zusammensetzung der Masse aus Kohks und
Steinkohlentheer, und ferner der richtigen Leitung des Feuers bis zum Weißglühen der
Kohlen, scheitert in vielen Fällen das Gelingen der Arbeit, und es ist unbedingt
einige Geduld und längere Erfahrung erforderlich, um diesen Bedingungen zu genügen
und den unter allen Umständen stattfindenden Verlust an Ausschuß auf das möglichst
geringste Maaß herabzusetzen.
Das richtige Verfahren beim Brennen, nämlich die angemessene Steigerung und
Unterhaltung des Feuers, die genaue Berücksichtigung der Eigenthümlichkeit des
Ofens, des Zuges der Feuerung, der Wandstärke, ferner der Beschaffenheit der
Atmosphäre, ob sie hell und rein oder trübe und nebelig, ob sie still oder stürmisch
ist, und der sonst dabei vorkommenden Umstände, ist rein Sache der Uebung und
Erfahrung. Von der sorgfältigen Berücksichtigung dieser verschiedenen Momente ist
das Resultat der Operation abhängig; dabei vorkommende Versehen können das Mißrathen
eines Theiles oder selbst des ganzen Brandes herbeiführen, oder zur Erzeugung eines
Fabricates führen, welches mitunter nicht einmal in der Säure steht, sondern darin
zerfällt, und dem jedenfalls die erforderliche elektromotorische Kraft fehlt.
Uebrigens ist der Werth und Vorzug der Kohle zu galvano-elektrischen Zwecken
vor Metallen und jedem andern Material nicht zu verkennen; sie ist
elektro-negativer als jedes Metall, und
folglich der polare Gegensatz zwischen Kohle und Zink größer, als zwischen zwei
Metallen, z.B. Kupfer und Zink, oder Eisen und Zink u.s.w.; sie ist porös und wird
von den Flüssigkeiten, in welchen sie steht, vollständig durchdrungen, so daß jedes
einzelne Theilchen der Kohle, selbst im Innern, zur Wirkung kommt, während bei
Metallen ausschließlich die Oberfläche wirkt, so daß schon aus diesem Grunde eine
Combination mit Kohle von ungleich kräftigerer Wirkung als die zweier Metalle ist;
sie ist konstanter in ihrer Stromentwickelung als jedes Metall, und ist durchaus
unveränderlich und unabnutzbar in jeder Flüssigkeit, sogar in den stärksten Säuren
und billiger bei der Anschaffung und noch mehr beim Gebrauch, als die Metalle.
Aus diesen Gründen ist Kohle unbezweifelt zur Erzeugung des galvanischen Stromes,
besonders zu telegraphischen Zwecken, wo Dauer und Gleichmäßigkeit der Stromstärke
von so großer Bedeutung sind, geeigneter als Metalle, um so mehr, da man in neuerer
Zeit auch sichere Mittel aufgefunden hat, bei der Uebertragung des Stromes von der Kohle auf den
metallischen Leiter die Oxydation des letztern und dadurch veranlaßte
Unterbrechungen des Stromes zu verhüten.