Titel: | Verfahren, auf lithographischen Steinen Lichtbilder für den Druck hervorzubringen; von den HHrn. Lemercier, Lerebours, Barreswil und Davanne zu Paris. |
Fundstelle: | Band 132, Jahrgang 1854, Nr. XV., S. 65 |
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XV.
Verfahren, auf lithographischen Steinen
Lichtbilder für den Druck hervorzubringen; von den HHrn. Lemercier, Lerebours, Barreswil und Davanne zu Paris.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement, Febr. 1854, S. 84.
Verfahren auf lithographischen Steinen Lichtbilder für den Druck
hervorzubringen.
Um auf Stein mittelst der Photographie ein Bild zu erhalten, welches dieselben
Eigenschaften wie die lithographische Zeichnung darbietet, ist eine Substanz
erforderlich, die folgende Bedingungen vereinigt:
1) muß sie auf dem Stein eine gleichförmige und regelmäßige Schicht bilden;
2) muß sie für das Licht empfindlich seyn, so daß ein späteres Abwaschen alle weißen
Theile der Zeichnung bloßlegen und die Halbtöne entwickeln kann;
3) muß sie auf dem Stein so haftend bleiben, daß sie denselben gegen die Wirkung der
Beize schützt;
4) endlich muß sie einen Ueberzug darstellen, welcher die gewöhnliche lithographische
Schwärze annehmen kann.
Das Judenpech, welches Nicephorus Niepce zuerst anwandte und das seitdem in der Photographie unbenutzt
blieb, schien uns alle diese Bedingungen zu vereinigen, und es gelang uns bald,
mittelst dieser Substanz sehr scharfe und kräftige Bilder zu erhalten. Das Verfahren
ist folgendes:
Man sucht unter den verschiedenen Sorten von Judenpech, welche im Handel vorkommen,
dasjenige aus, welches am empfindlichsten für das Licht ist. Zu dieser Probe genügt
es, eine Auflösung des Judenpechs in Aether zu machen, sie in dünner Schicht auf
irgend einer Fläche, z.B. einem Blatt Papier, zu verbreiten, und dann dem Licht
auszusetzen. Das beste Judenpech ist dasjenige, welches nach der Exposition dem
Waschen mit Aether am besten widersteht.
Man nimmt von dem geeigneten Judenpech ein gewisses Quantum, welches sich nur durch
Erfahrung bestimmen läßt, weil die Auflöslichkeit eines jeden etwas verschieden ist.
Man zerreibt es zu feinem Pulver, und macht davon eine Auflösung in Aether. Diese
ätherische Auflösung muß so bereitet seyn, daß sie auf dem Stein, worauf sie
verbreitet wurde, eine sehr dünne und regelmäßige Schicht hinterläßt, welche nicht
einen Firniß bildet, sondern was die Graveure das Korn
nennen; wenn man den Stein mit einer Loupe betrachtet, so muß diese Schicht auf der ganzen Oberfläche
eine Art regelmäßigen Bruchs darbieten und Furchen wo der Stein entblößt ist. Die
Feinheit dieses Korns, welches man bei einiger Uebung erhält, hängt sehr von dem
Trockenheitszustand des Steins ab; ferner von der Temperatur, welche so hoch seyn
muß, daß sie eine rasche Verflüchtigung des Aethers veranlaßt; endlich von der
Concentration der Flüssigkeit.
Es scheint uns, daß man die Bildung des Korns erleichtert, wenn man dem Aether ein
wenig, von einem Auflösungsmittel zusetzt, welches weniger flüchtig als er selbst
ist.
Nachdem die Judenpech-Auflösung so bereitet ist, nimmt man einen gewöhnlichen
lithographischen Stein, legt ihn vollkommen horizontal auf eine Unterlage, überfährt
ihn mit einem Pinsel um den Staub abzuputzen, und gießt soviel (sorgfältig
filtrirte) Flüssigkeit darauf, als erforderlich ist um die ganze Oberfläche zu
bedecken; der Ueberschuß geht über den Rand, lauft auf jeder Seite herab, und um zu
verhindern daß die Flüssigkeit von den Rändern zurücktritt, wodurch die doppelte
Dicke entstünde, fährt man mit einem Glasstab über die Kanten des Steins, was das
Abfließen erleichtert.
Während dieser Operation muß man die geringste Bewegung in der Luft vermeiden, welche
sowohl durch den Athem als durch zu rasche Bewegungen des Körpers veranlaßt werden
kann, wodurch Schwingungen auf der Oberfläche der Flüssigkeit hervorgebracht würden;
das Judenpech wäre alsdann von ungleicher Dicke, und die Operation müßte wiederholt
werden.
Nachdem die Schicht vollkommen trocken ist, legt man ein negatives Lichtbild darauf,
welches nach irgend einem Verfahren auf Papier oder Glas dargestellt worden ist, und
setzt einem lebhaften Licht aus, während einer mehr oder weniger langen Zeit, welche
man nur durch Erfahrung bestimmen kann.
Wenn man die Operation als beendigt erachtet, nimmt man das negative Bild weg, und
wascht den Stein mit Aether; überall wo das Licht durchdringen konnte, ist das
Judenpech unauflöslich geworden und bleibt folglich auf
dem Stein haftend; es löst sich hingegen an allen denjenigen Stellen auf, wo es
durch die Schatten (das Schwarz) des negativen Bildes geschützt war.
War die Dauer der Exposition zu kurz, so ist das Bild auf dem Stein zu leicht und
bietet keine Halbtöne dar; im entgegengesetzten Fall ist das Bild schwer und die
Feinheiten sind verloren. Man muß beim Waschen eine reichliche Menge Aether anwenden, weil sich
sonst Flecken bilden würden, welche man nicht mehr beseitigen könnte.
Ist das Bild gut gelungen und trocken, so nimmt man mit ihm dieselben
lithographischen Präparirungen vor, wie mit einer Kreidezeichnung; man säuert es
zuerst mit schwacher Säure, welche mit Gummiwasser versetzt ist, hierauf wascht man
mit vielem Wasser ab, nöthigenfalls mit Terpenthingeist, worauf man den Stein mit
der gewöhnlichen lithographischen Druckfarbe einschwärzt. Ein gut präparirter,
gehörig gesäuerter Stein, dessen Judenpech nicht durch eine zu lange Exposition verbrannt wurde, muß beim Ueberfahren mit der Walze
unmittelbar die Schwärze annehmen, und eine Zeichnung von dichtem und regelmäßigem
Korn geben, ohne daß es nothwendig ist die geringste
Ausbesserung daran zu machen. Mit diesem Stein werden die Abzüge wie mit
jedem andern lithographischen Stein gemacht; die Zeichnung verbessert sich beim
Drucken, sie wird durchsichtiger und glänzender. Man kann eben so viele Abdrücke wie
von einer gewöhnlichen Lithographie machen.Dem Original ist ein solcher Abdruck beigelegt. – Die Hauptoperationen und die Theorie dieses Verfahrens Lichtbilder auf lithographischen Steinen
für den Druck hervorzubringen, wurden bereits im Polytechn. Journal Bd. CXXVIII S. 368 mitgetheilt. A. d.
Red.