Titel: | Systematische Zusammenstellung der Mittel zur Ersparung der Brennstoffe bei den Abdampfungs-Anstalten; von P. T. Meißner, k. k. emerit. Professor. |
Autor: | Paul Traugott Meißner [GND] |
Fundstelle: | Band 132, Jahrgang 1854, Nr. XXIV., S. 101 |
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XXIV.
Systematische Zusammenstellung der Mittel zur
Ersparung der Brennstoffe bei den Abdampfungs-Anstalten; von P. T. Meißner, k. k. emerit.
Professor.
(Schluß von S. 30 des vorhergehenden
Heftes.)
Meißner, systematische Zusammenstellung der Mittel zur Ersparung
der Brennstoffe bei den Abdampfungs-Anstalten.
c. Die möglichst vollständige
Begünstigung der Dampfentbindung auf der Oberfläche der erhitzten
Flüssigkeit. Diese kann befördert werden:
1.durch möglichst große Ausdehnung der Oberfläche der zu
verdampfenden Flüssigkeit; denn es ist klar, daß dabei, weil die
Verdampfung nur an der Oberfläche stattfinden kann, unter übrigens gleichen
Umständen an der ausgedehnteren Oberfläche auch mehr Dämpfe entweichen müssen.
Diese Vergrößerung der Oberfläche kann aber bewirkt werden:α.durch größere Ausdehnung der Pfannfläche
selbst, was wohl keiner ausführlichen Deduction bedarf. Aber es
ist noch nothwendig auf die hin- und wieder herrschende
irrthümliche Meinung aufmerksam zu machen, als gehe die Abdampfung
rascher von statten, wenn die Flüssigkeit mit einer Salzhaut bedeckt
sey. Dieß ist ein großer Fehlschuß; denn offenbar
wird durch die Salzhaut kein Wasser verdampfen können, und also die
verdampfende Oberfläche um so viel vermindert werden, als die
Ausdehnung der Salzhaut beträgt. Wenn nun gleichwohl ein
größeres Ausbringen stattfindet, so erfolgt dieß nur aus dem Grunde, weil man heftigeres Feuer angewendet hat.
Aber in diesem Falle muß sodann die Flüssigkeit höher erhitzt werden,
damit im Innern derselben gespannte Dämpfe entstehen und die Salzhaut
durchbrechen können. Die höhere Temperatur der Flüssigkeit bedingt
jedoch eine höhere Temperatur im Feuerherde und consequent mehr
Wärmeverlust durch die Pfannstatt und den Schornstein.β.Durch fortgesetztes sprudelndes Umrühren der
erhitzten Flüssigkeit mittelst irgend einer mechanischen
Vorrichtung; wodurch bei derselben Pfannenfläche die Flüssigkeit eine
– aus in die Augen springendem Grunde – bei Weitem größere
Verdampfungsfläche erlangt. – Der Erfolg ist, wie der Verfasser
bei
anderen Salzauflösungen im Fabrikswege erfahren hat, ein sehr
bedeutender; denn er entspricht nicht nur der Größe der vermehrten
Oberfläche, sondern gewährt noch den Vortheil, daß die Verdampfung in
minder hoher Temperatur vor sich geht und eben darum die
Pfannsteinbildung erschwert und der Boden der Pfanne geschont wird, und
eben in Folge der niedrigeren Temperatur und der Beschleunigung der
Operation auch die Entweichung der Wärme durch die Pfannstatt und den
Schornstein vermindert werden muß. Dieses Verfahren würde jedoch
nur bei der Erzeugung des kleinkörnigen Salzes anwendbar seyn; weil es
bei der heftigen Bewegung der Flüssigkeit zur Bildung größerer Krystalle
an Zeit gebricht. – Bei der Darstellung des großkörnigen Salzes
müßte man sich also darauf beschränken, ohne heftige Bewegung das
Salzhäutchen von der Oberfläche abzuziehen. Auch dieses wäre aber schon
ein annehmbarer Gewinn, weil die ganze mit Salzhäutchen bedeckte Fläche
keine Verdampfung gestattet.γ.Durch eine mechanische Vorrichtung, welche die
Flüssigkeit fortwährend aufschöpfte und in dünnen Strömen wieder
durch die Luft in die Pfanne zurückrinnen ließe. Diese Methode
hat dem Verfasser im praktischen Leben noch mehr geleistet als die
vorige.
2.Durch sorgfältige Verhütung des Zutrittes von kalter Luft
auf die Verdampfungsfläche; weil diese, indem sie die Dämpfe berührt,
denselben Wärme entzieht und sie augenblicklich zum Theil in äußerst kleine
Wassertröpfchen condensirt, die dann in Gestalt eines dichten Nebels auf die
Flüssigkeit niedersinken; während nur der Rest der Dämpfe mit der nun erwärmten
Luft durch den Schornstein oder Dunstfang entweicht. Dieser Verlust ist von
allen Fachmännern häufig besprochen und von allen Seiten ist auch wiederholt die
Behauptung aufgestellt worden, daß der auf diesem Wege entstehende Schaben am
Nutzeffect ein höchst bedeutender sey, daher man auch längst schon die Pfannen
durch verschiedenartige Deckel zu verschließen gesucht, die in den Dampfschlot
mündeten, damit dem Abzug der Dämpfe Raum gegeben und gleichwohl der Zudrang
kalter Luft abgehalten werde. Der Erfolg ist indessen immer nur ein partieller
gewesen; weil durch die mangelhaften Verschließungsmittel immer noch sehr viel
kalte Luft eindringen konnte. Ja, man hält es bis auf die neueste Zeit (Karsten's Salinenkunde Bd. II, S. 642) für ganz
unmöglich, die Pfannen mit dem Dampfdeckel luftdicht zu verschließen; weil sich, bei der
Differenz der Ausdehnung zwischen Holz und Eisen und der immensen Größe der
Pfannen, der Bord der Pfanne mit dem Deckel allerdings nicht luftdicht
vereinigen läßt. – Auch dieser Glaube an Unmöglichkeit wäre jedoch
vermieden worden, wenn man richtig definirt hätte, was man eigentlich will; denn
es würde sich sodann bald gefunden haben, daß man im
Grunde nicht die Pfanne, sondern die dampfende Oberfläche der Flüssigkeit
gegen den Andrang der Luft absperren will. – Und hat man nur
erst diese Wahrheit entdeckt, so wird man zuletzt auch noch erfinden müssen, daß man den Pfannendeckel an und für sich dampfdicht
construiren soll; daß man ferner diesen Deckel ein wenig kleiner machen
soll, als die Pfanne ist. Daß man diesen Deckel ferner, wie eine
pneumatische Glocke, mit seinem untern Rande ein klein wenig in die
Flüssigkeit eintauchen lassen soll, um die vollständige Absperrung zu
bewirken. – Damit aber auch das Ausheben des Salzes nicht
gehindert werde, so wird man endlich noch erfinden, daß man in solchem Falle die
oben B. b. erwähnte Vorrichtung mit Vortheil
anwenden könne, und die zum Ausziehen des Salzes bestimmte schiefe Wand der
Pfanne außerhalb des Deckels vorstehen lassen, und durch Untermauerung gegen die
Hitze schützen müsse u.s.w.
3.Durch Ueberströmung der Abdampfungsfläche mit warmer
Luft, die man mittelst passender Vorrichtungen entweder in der Umgebung
der Pfannstatt oder mit Hülfe der Hinterhitze erwärmt. – Auch dieses
Verfahren wirkt ohne Zweifel sehr ausgiebig, insofern der warme Luftstrom nicht
nur die auf der Flüssigkeit ruhenden Dämpfe austreibt, sondern auch selbst eine
seiner Temperatur entsprechende Menge Wasser aufzulösen und zu entführen vermag.
Aber diese Methode bedingt unausweichlich die luftdichte Abschließung der
Flüssigkeit gegen den Andrang kalter Luft; und konnte daher bis jetzt bei Weitem
das nicht leisten, was sie bei luftdichtem Verschlusse (vorhin 2) zu gewähren
vermocht hätte. Was insbesondere den Vorschlag unseres berühmten Born anbetrifft – nach welchem die Flüssigkeit
gar nicht von unten erhitzt, sondern durch alleinige Ueberströmung ihrer
Oberfläche mit heißer Luft verdampft werden sollte, so verdient derselbe große
Beachtung und sogar einen Versuch. Aber man wird – wenn der Erfolg ein
vollkommener seyn soll – sehr sorgfältig darauf bedacht seyn müssen, daß wirklich nicht
nur die untere Fläche, sondern jedes Partikelchen des heißen Luftstroms mit der
Flüssigkeit in genügende Berührung gebracht werde. Unter welchen Umständen der
Verfasser hiervon den glänzendsten Erfolg voraussehen möchte, wird weiter unten
vorkommen.
d. Die möglichst vollständige
Benützung der Nachhitze, deren Verwendung auf folgenden Wegen sich
darbietet:
1.Zur Erwärmung der Vorwärmpfannen, wie es häufig auch
bisher stattgefunden hat, aber an mehreren Orten ohne gute Gründe wieder
verworfen worden ist; weil dieses Verfahren nur dort
nutzbringend seyn kann, wo die Fähigkeit der Pfanne, Wärme aufzunehmen, im
Verhältnisse zur Größe des Feuers so klein ist, daß ein großer Theil der
Wärme ungenützt in den Schornstein entweichen müßte; während im
umgekehrten Falle die von der Hauptpfanne abgehende geringere Wärmequantität die
Vorwärmpfannen nur wenig erhitzen kann: so zwar, daß nicht nur dabei wenig zu
gewinnen ist, sondern sogar Schaden entstehen kann, insofern nämlich in Folge herabsinkender Temperatur die – zwischen
den Kampagnen stets beginnende Verrostung der Pfannen ins Extreme gesteigert
wird. – Daher sollte man die Nachhitze lieber zu anderen Dingen
verwenden wie weiter unten, nach B. e. 2. dd, vorkommt. –
2.Zur Trocknung des Salzes, wie es gleichfalls an
vielen Orten geschieht, und allerdings sehr zweckmäßig ist. –
3.Zur Trocknung des Brennmaterials, welche von der
höchsten Wichtigkeit ist; weil sie unter Umständen den doppelten Nutzeffect
herbeiführen kann, wie dieß folgerecht aus den oben sub
A. a. gegebenen Daten hervorgeht.
4.Zur Erwärmung der den Feuerstellen zuzuführenden
Luft; weil dabei genau so viel Wärme erspart wird, als die Luft mitgebracht
hat. – Auf das Höchste würde der Vortheil durch Verwendung der
Nachhitze ohne Zweifel in dem Falle steigen, wenn man auch jene Wärme ersparen
sollte, welche gegenwärtig noch fast allgemein zur Beförderung der
Luftzuströmung in das Feuer im Rauchsange geopfert wird. – In solchem
Falle könnten nämlich die vorgedachten Anstalten so weit vergrößert werden, daß
den erhitzten Gasen die Wärme bis auf ein Minimum entzogen würde. Aber die
Zuströmung der Luft müßte sodann freilich – wie es in England bereits an
einigen Orten stattgefunden hat – durch mechanische Hülfsmittel, also
entweder durch Gebläse oder durch Ventilatoren bewirkt werden. –
e. Durch wiederholte Benützung der bereits einmal
benützten Wärme. – Die vorhin besprochene Anordnung der Hinterhitze ist sehr
wohl zu unterscheiden von der hier genannten Benützung derjenigen Wärme, die bereits
einmal zum Zwecke gedient hat; denn dort handelte es sich eigentlich nur darum,
einen Entgang der noch nicht benützten Wärme zu verhüten, während hier ein absoluter
Gewinn beabsichtiget wird, indem man die bereits einmal gebrauchte Wärme wieder
zurück zu bekommen strebt, um sie wiederholt nützlich anwenden zu können.
–
In dieser Richtung hat man auch bisher sehr oft zu wirken gesucht, indem man den von
der Pfanne entweichenden Dampf bald zum Vorwärmen der Soole, bald zum Trocknen des
Salzes verwendete. Der Erfolg blieb jedoch immer weit hinter der Erwartung zurück
und wirkte endlich so entmuthigend, daß man allmählich der Benützung des Dampfes
weit weniger Beachtung zuwendete, als dieselbe verdient. Auch diese Erwartung wäre
indeß umgangen worden, wenn man es nicht abermals unterlassen hätte sich von den
vorwaltenden Umständen eine richtige und scharfe Definition zu schaffen. –
Der Verfasser will es versuchen, die Wahrheit dieser Behauptung nachzuweisen.
α. Die Hauptaufgabe des
Salinisten ist: möglichst viel Wasser mit möglichst wenig Wärme (Brennmaterial)
zu verflüchtigen.
β. Es ist allgemein anerkannte
Thatsache, daß eine bestimmte Quantität Wassers q
von 0° C. um bis zu 100° C. erwärmt zu werden, eine bestimmte
Menge von Wärmestoff (entsprechend einer bestimmten Menge Brennmaterials)
benöthigt, die wir x nennen wollen.
γ. Ebenso bekannt ist es auch,
daß jene Menge Wassers = q, wenn sie bereits durch
ein x Wärme bis zu 100° E. erwärmt worden
ist, zu ihrer Umwandlung in die Dampfform noch 5 1/2 x Wärme benöthigt.
δ. Aus diesen gegebenen Daten
stellt sich nun aber consequent heraus, daß 6 1/2 x
in dem entweichenden Dampfe (= q) eine
unveränderliche Größe bilden – unabhängig von allen
Nebenumständen; denn der Brennstoff, der Ofen, die Gebahrung mit
demselben u.s.w. möge noch so mangelhaft seyn, so wird dieß nur die Quantität
des verbrauchten Brennstoffes verändern, im Dampfe jedoch müssen jedesmal 6 1/2
x Wärme enthalten seyn, weil diese Menge der Wärme zum Bestande der Dampfmenge =
q durchaus bedingt ist. – Eine kleine
Veränderung kann diese Größe nur relativ erleiden, wenn das Wasser = q eine höhere Temperatur hatte, als es in Dampf
verwandelt wurde; absolut aber enthält der Dampf dennoch 6 1/2 x Wärme. Eine Wärmemenge von 6 1/2 x wäre aber gewiß eine sehr lockende Beute –
wenn man sie erhaschen könnte – und sehr nahe liegt eben darum die Frage:
Warum denn alle Versuche, die von der Hauptpfanne
abziehenden Dämpfe zur Vorwärmung der Soole zu verwenden, nicht günstigere
Resultate gehabt haben?
Diese Frage läßt sich jedoch – wenn man abermals definirend
vorwärts schreitet – vollkommen genügend beantworten: denn der aus der
Pfanne entweichende Dampf ist eine Mischung aus Wasser = q und Wärmestoff = 6 1/2 x und hat eine
Temperatur, die im günstigsten Falle 100° erreicht, und daher –
weil überhaupt eine Flüssigkeit der anderen nie eine
höhere Temperatur ertheilen kann, als sie selbst besitzt – an
eine andere Flüssigkeitsmenge = q in keinem Falle
mehr als 1 x und selbst dieses auch bei der
anhaltendsten Berührung kaum vollständig abzugeben vermag; während 5 1/2 x mit dem Dampfe entweichen. Unter diesen
Umständen könnte man nun zwar allerdings auf die Idee verfallen: da nach der
Abgabe von 1 x noch 5 1/2 x übrig blieben, diese zur Erwärmung neuer Mengen Wassers = q zu verwenden, was bei zweckmäßigen Apparaten ohne
Zweifel möglich wäre. Allein auch dieser Ausweg würde nur zur neuen Frage
führen: was nun – bei
dem Umstände, daß die Hauptpfanne täglich nur 1 q Wassers verdampfen könnte – mit der enormen Menge warmen
Wassers oder warmer Soole anzufangen sey? – Sollte man
diese große, täglich mehr anschwellende Menge warmen Wassers aufbewahren, bis
sie nach und nach an die Reihe käme? – Das geht nicht, weil sie erkalten
würde. – Alle hier angeführten Betrachtungen führen ferner
consequent zur Ueberzeugung: daß der entweichende
Wasserdampf auch auf anderen Wegen, dort, wo man aus allen Kräften bemüht
ist des Wasserüberflusses los zu werden, aus dem Grunde nicht wieder direct
zu verwenden ist, weil er selbst Wasser enthält und also durch seinen
Zutritt statt Wasser zu entfernen, Wasser hinzubringen würde. –
Ist man jedoch zu
dieser klaren Ansicht gelangt, dann entwickelt sich durch eine Reihe von Fragen
und Schlüssen, die hier übersprungen werden mögen – auch die Frage: ob es nicht möglich seyn werde, die Wärme des Dampfes an
einen anderen Körper zu übertragen, der die Fähigkeit besäße, die
empfangene Wärme – ohne zu schaden, für die Zwecke der
Salinistik wieder abzugeben? –
Diese Capitalfrage kann nun aber glücklicherweise mit Ja
beantwortet werden und der Körper von den fraglichen Eigenschaften ist
– die atmosphärische Luft. – Die atmosphärische Luft ist
nämlich vollkommen fähig, dem Wasserdampfe die Wärme größtentheils abzunehmen.
Sie ist auch fähig, diese Wärme wieder an das Wasser abzugeben und dasselbe in
den Zustand des Dampfes überzuführen. Und die Benützung dieser Eigenschaft
bietet daher – wenn es auch nur gelänge, von den 6 1/2 x, die gegenwärtig im Dampfe entweichen, 3 1/2 x zur Wiederverwendung zurück zu bekommen –
eine Quelle der Ersparung dar, die etwa durch
Verbesserung auf jenen Wegen möglich ist, auf welchen so viele würdige
Männer bisher ihren Scharfsinn erschöpft haben.
Zur Vervollständigung der hier niedergelegten Ideen erscheint es nun mehr noch
nothwendig, einige Andeutungen beizufügen, über die Fragen:
1) in welcher Weise die Uebertragung der Wärme vom Dampfe an die Luft; und
2) auf welchem Wege die Benützung der erhaltenen warmen Luft für die Zwecke der
Salinistik zu bewerkstelligen wäre? –
1.Die Uebertragung der Wärme vom Wasserdampfe an die
Luft möchte wohl am besten zu bewerkstelligen seyn, wenn man den Dampf
aus der, nach B. c. 2, abgeschlossenen Pfanne durch
ein metallenes Röhrensystem (aus Gußeisen, Eisenblech, oder vielleicht
zweckmäßiger, daher wohlfeiler aus Kupfer) streichen ließe, welches mehrere
gegen die Ableitung der Wärme möglichst geschützte gewölbte Kammern durchzöge,
während gleichzeitig diese Kammern von der zu erwärmenden Luft in entgegengesetzter Richtung durchströmt würden, so
zwar, daß fortwährend der kälteste Dampfstrom dem kältesten Luftstrom, also
consequent der heißeste Dampfstrom dem heißesten Luftstrom begegnete und mithin
dem Dampf nicht nur die möglichst größte Wärmemenge entzogen, sondern auch
zugleich die Luft
zur möglichst höchsten Temperatur gesteigert werden müßte. Wie groß die auf
solchem Wege zu requirirende Menge der warmen Luft seyn werde, läßt sich leicht
ermessen, wenn man bedenkt, daß dieselbe Wärmemenge, welche erfordert wird, 1
Kubikfuß Wasser von 0° bis zu 100° C. zu erwärmen, nach genauen
Ausmittelungen auch hinreichend ist, 2885 Kubikfuße Luft von 0° bis auf
100° C. in der Temperatur zu erheben, daß daher – weil der
Wasserdampf 6 1/2mal so viel Wärme enthält als das Wasser, aus dem derselbe
gebildet wurde – mit 6 1/2 zu multipliciren ist, und sonach ein einziger
Kubikfuß Wassers, wenn er in Dampf verwandelt worden, 18752 Kubikfuße Luft bis
nahe zu 100° C. erwärmen kann. –
2.Die Benützung der warmen Luft für die Zwecke der
Salinistik bietet sich auf mehreren Wegen dar, auf welchen jedoch immer
nur die Entfernung des Wassers – dieses Hauptfeindes der Salinisten
– bezweckt wird. aa.Man kann damit das Brennmaterial trocknen,
indem man dasselbe in abgeschlossenen Räumen von zweckdienlicher Größe
und Einrichtung von der warmen Luft durchströmen läßt, und –
damit es nicht wieder Feuchtigkeit aus der Luft aufnimmt –
sogleich der Verwendung zuführt. – Wie groß der dießfällig zu
erwartende Vortheil sey, wird einleuchtend durch die oben A. a gegebenen Bemerkungen ersichtlich.
– Aber es kann nicht oft genug wiederholt
werden, daß die Verwendung möglichst trockenen Brenn das
ausgiebigste Mittel zur Ersparung desselben ist; daß man jedoch aus
oben A. a angeführten Gründen diesen
Gegenstand bis heute nicht hoch genug taxirt hat, und ein
strenger Calcul ohne Zweifel nachweisen würde, daß man, selbst wenn das
Brennmaterial durch Separatfeuer getrocknet werden sollte, noch im
Vortheil seyn würde, weil man in diesem Falle das
auszutreibende Wasser nur mit einer Temperatur von 100° C.
entlassen könnte, also – weniger Wärme verlieren würde, als
dasselbe Wasser den Feuerstellen entzieht. –
bb.Man kann damit das Salz trocknen, indem
dasselbe in wohlverwahrten Kammern oder Kästen von der heißen Luft
durchströmt wird. – Die Trocknung in solcher Weise ist auch bei
Weitem ausgiebiger, als die bisher an vielen Orten übliche Methode auf
Platten oder Canälen, die der Dampf oder Rauch von unten bestreicht;
weil in diesem Falle der Wärmestoff zuerst die Platten durchdringen muß,
während in jenem Falle die wärmeabgebende Luft das Salz nicht nur unmittelbar berührt, sondern auch selbst Wasser aufzunehmen und zu entführen fähig ist.
– Der Erfolg wird zwar ein langsamerer seyn, als mit
Separatfeuern, und also größere Trockenkammern bedingen, aber –
kein oder wenig Brennmaterial consumiren.cc.Man kann damit das Feuer ernähren, indem die
warme Luft in zweckdienlich angelegten Canälen den Feuerstellen
zugeführt wird: denn die ganze in der eingeführten Luft enthaltene Wärme
wird barer Gewinn seyn, insofern sie die Herabsetzung der Temperatur,
welche kalte Luft verursachen würde, vermindert.dd.Es läßt sich endlich damit auch die Verdampfung
des Wassers beschleunigen, wenn man die warme Luft in breiten
möglichst dünnen Schichten über die Oberfläche der zu verdampfenden
– und oben in B. c. 2. erwähnten
Weise pneumatisch abgesperrten – Flüssigkeit selbst in dünnen
Strömen hindurchtreibt, damit die möglichst vollständige Berührung der
Luft mit dem zu verdampfenden Wasser erreicht werde. – In
allen hier sub aa, bb, cc und dd angeführten Fällen wäre es aber noch
näher auszumitteln: ob, und in welchen Fällen es möglich und
vortheilhaft seyn werde, durch Aufopferung von einem Theile der Wärme
die erforderlichen Strömungen der Luft und des Dampfes hervorzubringen;
oder, ob es nicht gerathener seyn werde, dieses Opfer zu ersparen und in
allen Fällen und weit vortheilhafter jene Bewegung mittelst mechanischer
Hülfsmittel, nämlich durch Gebläse oder Ventilatoren zu erzwingen?
– In den Fällen aa, bb und cc insbesondere liegt es wohl klar vor
Augen, daß die warme Luft, nachdem sie die Apparate durchströmt und also
Wasser aufgenommen hat, immer wieder durch das oben B. e. 1 erwähnte Röhrensystem entlassen
werden müsse, damit sie dort ihr Wasser fallen lasse, die Wärme hingegen
an die das Röhrensystem umgebende Luft abgeben könne, und so jenen
Cyklus bewirke, durch welchen fortwährend ein Theil der bereits
benützten Wärme zu neuer Anwendung wieder zurückgegeben würde.
– Wie groß die durch die Anwendung der hier von aa bis dd und
vorzüglich bei dd angedeuteten Maaßregeln
herbeizuführenden Ersparnisse seyn würden, ist leicht zu ermessen,
sobald man in Erwägung nimmt: daß, erfahrungsmäßig, die warme Luft
ungemein begierig eine ihrer Temperatur angemessene Menge und namentlich
1 Kubikfuß trockener Luft von 100° C. 256 Grane Wassers
aufzulösen vermag; daß aber auch ein Kubikfuß Luft, welcher eine etwas
niedrigere Temperatur besäße, immer noch nicht viel weniger Grane
Wassers werde beseitigen können, weil sie, nach oben angegebener Weise,
in fortwährender Strömung begriffen, auch viele Wassertröpfchen oder
Wasserbläschen in Gestalt des Nebels mit sich fortreißen würde.
– Noch viel höher würde aber der Effect sich gestalten, wenn
man die Luft, nachdem sie bereits durch den abziehenden Wasserdampf bis
nahe zu 100° E. erwämt worden wäre, in einer separaten
Heizkammer, mittelst Separatfeuer – oder noch zweckmäßiger und
mit Vermeidung des oben sub. B. d. 1
gerügten Uebelstandes, mittelst der Hinterhitze der Sudpfanne –
in der Temperatur bis mehrere Grade über 100° C. steigerte, weil
sie sodann, aus bekannten Gründen, das Niedergehen von bereits
gebildeten Dämpfen auf die Oberfläche der Flüssigkeit wohl ganz und gar
verhindern würde. – Mit diesen Maaßregeln würde endlich auch
noch der Vorschlag von Born (oben B. c. 3) zu vereinigen seyn, nämlich: die
Verdampfung des Wassers in Behältern von Holz oder Stein, die von unten
gar nicht beheizt, sondern nur an der Oberfläche der darin enthaltenen
Flüssigkeit von der heißen Luft bestrichen würden, vorzunehmen; denn der
Erfolg würde ohne Zweifel Born's Hoffnungen
in dem Maaße übersteigen, als man vermocht hätte, dem entweichenden
Wasserdampfe mehr Wärme abzunehmen. – Aber man müßte auf diesem
Wege unausweichlich mittelst mechanischer Gewalt die heiße Luft in
dünnen Strömen durch die Flüssigkeit treiben,
weil widrigenfalls – wenn nämlich nur die Oberfläche der
abzudampfenden Flüssigkeit von der heißen Luft bestrichen würde –
nur die untere Fläche des Luftstromes die Wasserfläche berühren und
Wasser ausnehmen könnte, während der übrige Theil der warmen Luft mit
dem Wasser in keine Berührung käme und den größten Theil der Wärme nicht
abgeben, und auch kein Wasser aufnehmen könnte. –
Der Verfasser liebt es nicht, in ernsten Dingen seiner Phantasie die Zügel schießen
zu lassen, und darf wohl behaupten, daß er sich in dieser Hinsicht noch nie
lächerlich gemacht hat, und daher keineswegs Lust hat, dieses am Ende seiner
Lebensbahn nachzutragen. – Dennoch nimmt er aber keinen Anstand, sich zur
festen Meinung zu bekennen: Man werde durch die Anwendung aller im Vorigen berührten
Kunstgriffe das Ausbringen des Salzes – relativ auf dieselbe Menge des
Brennstoffes – ganz gewiß um 1/3, wahrscheinlich um 1/2, und wenn es gelingen
sollte, die angedeuteten
Maaßregeln vollständig zu erschöpfen, auch wohl möglicherweise um einen noch höheren
Bruchtheil der bisherigen Ausbeute steigern können. –
Um aber am Ende auch noch das Uebrige vom Uebrigen zu thun, will er hier consequent
die Frage niederlegen: was und wie es denn anzufangen wäre, wenn man gar kein
Brennmaterial hätte? – In diesem Drange der Noth würde er es versuchen, mit
Hülfe der Wasserkraft, unaufhörlich die gewöhnliche atmosphärische Luft
einzuspannen, indem er dieselbe in dünnen Strömen durch die Salzsoole treiben ließe,
welche zu dieser Absicht in einem flachen Bassin von Holz oder Stein dargeboten
würde. – Zu diesem Gedanken führten ihn zunächst zwei Erfahrungsdata; denn es
ist bekannt, daß trockene Luft von 10° C. in jeden Kubikfuß 4,8 Grane Wasser
aufnimmt, und daß die Salzsoole, in flachen Gefäßen der Luft ausgesetzt, Wasser
verliert und das Salz fallen läßt. – Jedermann wird bei dieser Angabe die
Analogie mit den Gradir-Anstalten einfallen; aber sie unterscheidet sich auch
wieder von diesen dadurch, daß das niederfallende Salz reiner ausfallen und die
Umkrystallisation vielleicht nicht bedingen würde. – Jedermann wird auch
leicht berechnen, daß in heißen Klimaten auch ein nicht zu verwerfender Erfolg in
Aussicht stehe, wenn man Wasserkraft in großem Maaßstabe zur Disposition hätte.
– In kalten feuchten Klimaten wäre freilich kein glänzendes Resultat zu
erwarten; weil selbst, wenn die Luft von 15° C. ganz trocken wäre, und 100000
Kubikfuß Luft durch die Soole getrieben würden, nur 60 Pfd. Salz ausgeschieden
werden könnten. – Eines Versuches ist aber dieser Gegenstand dennoch werth,
schon im Interesse der Wissenschaft! –
Die praktische Aufgabe wird es nun seyn, aus den im vorigen berührten
Ersparungsmitteln für die Umstaltung oder den Neubau von Sudhäusern diejenigen zu
combiniren, die sich mit einander vereinigen lassen, ohne mit den örtlichen
Manipulationsverhältnissen, und ohne mit den verschiedenen Arten des Brenn, den
verschiedenen Bauverhältnissen, der verschiedenen Soole und der Form des zu
erzeugenden Salzes zu collidiren. –
Wien am 23. August 1851.