Titel: | Ueber unmittelbare Analyse der hydraulischen Kalksteine und der Cemente; von Hrn. Sainte-Claire Deville. |
Fundstelle: | Band 132, Jahrgang 1854, Nr. XXVII., S. 115 |
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XXVII.
Ueber unmittelbare Analyse der hydraulischen
Kalksteine und der Cemente; von Hrn. Sainte-Claire Deville.
Aus den Comptes rendus, Decbr. 1853, Nr.
26.
Deville, über unmittelbare Analyse der hydraulischen
Kalksteine.
In einer bereits veröffentlichten AbhandlungAnnales de Chimie et de Physique, t. XXXVII p. 5, daraus im Journal für praktische Chemie,
1853, Nr. 17. habe ich eine neue allgemeine Methode der chemischen Analyse beschrieben,
die ich den gemischten Weg nenne und welche die Uebelstände vermeiden soll, die der
nasse und der trockene Weg darbieten. Ich erhitze nämlich die geeigneten Metallsalze
bei gemäßigter Temperatur (zwischen dem Siedepunkt des Wassers und der Temperatur wo
die Sesquioxyde ihre Löslichkeit in Säuren verlieren), wodurch ich die Anwendung der
Niederschläge als Trennungsmittel vermeiden und mich auf gasförmige oder flüchtige
Reagentien beschränken kann; die Salpetersäure und das salpetersaure Ammoniak sind
die Hauptagentien bei dieser neuen Methode. Im Folgenden beschränke ich mich auf die
Anwendung des salpetersauren Ammoniaks zur Analyse der hydraulischen Kalksteine und
der Cemente.
Die Aufgabe, welche ich mir gestellt hatte, besteht aus zwei Theilen: 1) man soll aus
einem hydraulischen Kalkstein den kohlensauren Kalk und die kohlensaure Bittererde
ausziehen, ohne den Thon und die anderen Bestandtheile im geringsten zu verändern;
2) man soll aus einem Cement den freien Kalk ausziehen, welchen es enthält, und den
hydraulischmachenden Bestandtheil isoliren, nämlich das
Thonerde-Kalk-Silicat, welches die Säuren und eine große Menge Wasser
so schnell verändern (angreifen), wie überhaupt die Silicate mit überschüssiger
Basis.
Alle diese Analysen werden bloß mit dem salpetersauren Ammoniak ausgeführt. Dieses
Salz löst mit Beihülfe des Wassers den kohlensauren Kalk in der Siedhitze auf; es
entwickelt sich dann kohlensaures Ammoniak und die übrigen Bestandtheile bleiben
unverändert; dieselben (der Thon) können dann weiter untersucht werden.
Um den freien Kalk in den Cementen direct zu bestimmen, bringe ich sie mit
salpetersaurem Ammoniak in der Kälte in Berührung (in dem Apparat, welchen ich in den Annales de Chimie et de Physique t. XXXIII p. 85 beschrieben habe) und titrire dann bloß mit
Schwefelsäure.
Ich theile noch eine Beobachtung mit, welche die erste Folge der Anwendung meiner
Methoden war. Der bläulichgraue Kalkstein, welchen man zur Cementfabrication in
Vassy anwendet, enthält außer Erdharz auch Schwefelkies, und zwar mindestens 6 Proc.
vom Gewicht des Kalksteins; um sich davon zu überzeugen, braucht man nur ein Stück
des Steins in Berührung mit der Luft zum Rothglühen zu erhitzen; das Erdharz
verbrennt bald und dann entwickelt sich ein sehr starker Geruch von schwefliger
Säure. Ebelmen hatte gefunden, daß die Jurakalksteine
Schwefelkies enthalten, und er vermuthete, daß alle bläulichgrauen Kalksteine
schwefelkieshaltig seyen. Nun haben aber die Kalksteine, welche hydraulischen Cement
liefern, gewöhnlich diese Farbe, und es ist daher wahrscheinlich, daß alle
hydraulischen Kalksteine schwefelkieshaltig sind.
Ich mußte daher natürlich vermuthen, daß der Cement selbst Gyps enthält; in der That
fand ich im gebrannten Cement von Vassy fast 5 Procent Gyps, und im römischen Cement
von Pouilly 3 1/2 Procent.
Offenbar ist es in praktischer Hinsicht interessant, die näheren Bestandtheile der
Kalksteine und der Cemente zu bestimmen, ferner zu ermitteln, welche Wichtigkeit
zufällige Bestandtheile, wie Schwefelkies und Gyps, haben, und welchen Einfluß
letztere auf die Conservirung oder Veränderung der Cemente in verschiedenen
Flüssigkeiten (süßem Wasser oder Meerwasser) ausüben. Mit einer solchen Untersuchung
bin ich seit längerer Zeit in Verbindung mit dem Ingenieur P. Michelot beschäftigt, und wir werden deren Hauptresultate bald der
Akademie der Wissenschaften mittheilen.