Titel: | Neues Colorimeter; von Dr. Alex. Müller in Chemnitz. |
Fundstelle: | Band 132, Jahrgang 1854, Nr. XXXIII., S. 132 |
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XXXIII.
Neues Colorimeter; von Dr. Alex. Müller in
Chemnitz.
Aus dem Journal für praktische Chemie, 1853, Nr.
24.
Mit einer Abbildung auf Tab. II.
Müller's Colorimeter.
So verlockend an und für sich die Idee ist, aus der Farbenintensität einer Lösung auf
deren Gehalt an färbenden Stoffen zu schließen, und so sehr bei Realisirung
derselben die oft mühevolle quantitativ-chemische Analyse abgekürzt und
erleichtert würde, so haben doch diese Anwendung der Colorimetrie mancherlei
hindernde Umstände wenig allgemein werden lassen. Einmal sind nur für wenige Stoffe
erst die Gränzen festgestellt, innerhalb deren das Princip der Colorimetrie ein
richtiges ist, daß nämlich die Farbenintensität einfach proportional sey dem Gehalt
an färbendem Mittel – die Chloride des Kupfers und Kobalts haben in
concentrirter saurer Lösung eine andere Wirkung auf das durchfallende Licht als in
verdünnter wässeriger; dem chromsauren Kali schreibt man die Eigenthümlichkeit zu,
daß die Farbe seiner Lösung nicht umgekehrt der Verdünnung abnehme u.s.w.
Andererseits aber und wohl in noch höherem Grade stellte sich der häufigeren
Anwendung des colorimetrischen Verfahrens die Umständlichkeit entgegen, für jeden
Versuch eine neue Farbprobescala zu bilden, oder die Gefahr, bei längerem Gebrauch
einer Probescala durch deren allmählich eintretende Veränderung zu unrichtigen
Resultaten zu gelangen; und, wären alle diese Einwände beseitigt, so liegt auch an
den gebräuchlichen Apparaten einige Schuld; es ist theils eine mißliche Aufgabe, 20
oder mehr Glasröhren von genau denselben Dimensionen, demselben Glas und derselben
Wandstärke auszusuchen, theils geringe Farbenunterschiede aus der Brennlinie jener
Glascylinder abzulesen.
Hinsichtlich des colorimetrischen Princips kann für bedeutend verdünnte Lösungen, wie
sie bei solchen Analysen in Anwendung kommen, die Richtigkeit kaum bezweifelt
werden, obwohl gründliche Untersuchungen hierüber sehr erwünscht seyn müssen;
wichtiger schien mir gegenwärtig die Vervollkommnung der Beobachtungsmethode
überhaupt, indem dann weitere Forschungen nicht ausbleiben werden. Auf welchem Wege
ich die Lösung dieser Aufgabe versucht, übergebe ich hiermit der öffentlichen
Beurtheilung.
In Kürze war mein Ziel:
1) Erlangung einer unveränderlichen Normalfarbe.
2) Beobachtung der Farbe zwischen parallelen Glasebenen.
3) Engere Begränzung der Beobachtungsfehler.
Zur Erreichung dessen wählte ich den in Fig. 18 abgebildeten
Apparat, welcher in größter Einfachheit folgendermaßen beschaffen ist:
Zur Aufnahme der gefärbten Flüssigkeit dient der verticale Cylinder A; er ist von Glas, unten bei e durch eine möglichst farblose, biplane Glasplatte horizontal
geschlossen, seitlich mit einer nach Millimetern getheilten Scala d, d versehen und oben einen Korkring c, c haltend; in letzterem ist das unten gleichfalls
durch ein farbloses Glasplättchen geschlossene Röhrchen a mit einiger Reibung verschiebbar. Die Basis für dieses teleskopische
Röhrensystem bildet das Holzkästchen B; der durch die
geriffelten Knöpfe k, k drehbare Spiegel i sendet weißes Wolkenlicht nach oben durch das
Diaphragma und die darauf liegende, der zu prüfenden Flüssigkeit complementär gefärbte Glasscheibe g, von wo aus der gefärbte Strahl die Flüssigkeit in A durchdringt und nach seinem Austritt durch a hindurch beobachtet werden kann.
Nehmen wir als analytische Flüssigkeit in A eine bis zur
schwachen Färbung verdünnte Eisenrhodanidlösung und als g eine smalteblaue Glasplatte an, so kann, besonders leicht wenn das
Glasrohr A durch Umgebung mit einem undurchsichtigen
Mantel vor sichtlich einfallendem Licht geschützt ist, das Röhrchen a allmählich so verschoben werden, daß seine Bodenplatte
bei höchster Stellung röthlichgelb, bei tieferer nach und nach blasser bis weiß und endlich bei tiefster rein smalteblau
erscheint.
Wer nur einigermaßen ausgebildeten Farbensinn besitzt, findet selbst bei
außerordentlich schwach gefärbten Lösungen die Stellung für Weiß bis auf Bruchtheile
von Millimetern leicht wieder und hierauf nun gründe ich mein colorimetrisches
Verfahren:
Man sucht für eine verdünnte Lösung von bekanntem Gehalt und für eine complementär
gefärbte Glasplatte den Neutralitäts- oder Nullpunkt, liest ihn an der Scala
z.B. bei n ab und notirt die Entfernung von der
Bodenplatte, also die Höhe der wirksamen Flüssigkeitssäule nach Millimetern nebst
Gehalt der Flüssigkeit auf der benützten Glasplatte. – Für jede mit derselben
Glasplatte fernerweit angestellte Prüfung einer Flüssigkeit von gleicher Natur
ergibt sich der Gehalt an färbendem Stoff durch umgelehrte Proportionalität der
wirksamen Flüssigkeitssäulen oder der Entfernungen der Bodenplatte in a von der Bodenplatte e.
Beispiele der Anwendung dieser Methode werde ich in nächster Zeit zu veröffentlichen
Gelegenheit haben.